07 | Zwischen Zweifel und Wahrheit

Ihr schönen Menschen, ich wünsche euch einen gemütlichen Sonntag. Hier ist es, das neue Kapitel. Und wir sind gespannt, wie Nio aus der Nummer wieder rauskommt :D

Nio zog scharf die Luft ein, als die Blondine ihn prüfend musterte. Ihre grünen Augen funkelten angriffslustig, während sie Kaia ins Visier nahm. Ausgerechnet hier und jetzt musste Vicky ihm wieder über den Weg laufen, wo er gerade mit ihr unterwegs war. Er wollte nicht, dass Kaia sich schlecht fühlte oder einen falschen Eindruck bekam. Schließlich hatte er Vicky schon seit der Sache mit Naomi nicht mehr angerufen.

„Ich fand einfach, dass alles gesagt war", umschiffte er eine konkrete Antwort. In seinem Augenwinkel sah er, wie Kaia ausatmete und die Arme vor der Brust verschränkte. Vicky stieß einen verächtlichen Laut aus.

„Klar, hab ja auch schön die Beine für dich breitgemacht, weil ich dachte, du würdest es diesmal echt ernstmeinen", fauchte sie, bevor sie sich Kaia zudrehte. „Ich kann dir nur den Rat geben, diesem Arschloch kein Wort zu glauben. Alles, was aus seinem schäbigen Mund kommt, ist gelogen. Außerdem steht der eigentlich auf Models, also keine Ahnung, weshalb er sich mit dir überhaupt abgibt. Sobald eine Bessere daherkommt, tauscht er dich einfach aus. Wirst du sehen."

„Okay, war's das?"

Er drehte Kaia verblüfft den Kopf zu, als sie Vicky mit hochgezogenen Augenbrauen gelangweilt ins Gesicht schaute. Vicky schnappte nach Luft.

„Eigentlich wollte ich dich nur davor bewahren, einen Fehler zu machen, aber so, wie es aussieht, rennst du ja gern mit offenen Augen in dein Verderben", pampte Vicky sie an, bevor sie sich wieder Nio zudrehte. „Na dann viel Spaß mit deinem Moppelchen", kommentierte sie bissig, bevor sie sich wütend an ihm vorbeidrückte und ihn stehenließ. Doch statt ihr hinterherzugucken, sah er besorgt zu Kaia, die ihn ausdruckslos ansah.

„Lässt du es mich erklären?", fragte er hilflos. Sie strich sich schwer seufzend durch ihre Locken.

„Keine Ahnung, was du dazu noch sagen willst. Ich fand es eigentlich ziemlich selbsterklärend...", erwiderte sie trocken, ohne eine Miene zu verziehen. Er schaute ihr prüfend in die Augen, in der Hoffnung, irgendeine Emotion darin ablesen zu können.

„Ich war ein paar Mal mit ihr aus", machte er dennoch einen Versuch.

„Klang eher so, als warst du ein paar Mal mit ihr im Bett", korrigierte Kaia sachlich, noch immer völlig ohne eine Regung in der Stimme.

„Ja, auch", räumte er reumütig ein und ließ frustriert die Schultern sinken. „Aber es hatte nichts zu bedeuten."

„Geht mich ja auch gar nichts an", erwiderte sie, bevor sie ihren Weg fortsetzte. Er sah ihr stirnrunzelnd hinterher. Noch immer versuchte er zu lesen, was sie dachte. Es machte ihn wahnsinnig, dass sie so gar keine wertenden Worte loswurde. Als er ihr nicht folgte, fuhr sie noch einmal zu ihm herum. „Kommst du? Wir sollten besser im Auto weiterreden."

Er seufzte lautlos, dann setzte er sich in Bewegung. Den gesamten Fußweg sprachen sie nicht miteinander. Während sie schweigend nebeneinander herliefen, versuchte er, sich bereits die passenden Worte zurechtzulegen. Das letzte, was er wollte, war sie zu verletzen. Dafür war sie ihm einfach zu wichtig.

Doch auch, als sie kurz darauf neben ihm auf dem Beifahrersitz saß, wusste er nicht, was er sagen konnte, um die Situation erträglicher zu machen. Wahrscheinlich fühlte Kaia sich durch Vickys Aussagen darin bestätigt, dass er einfach nur wahllos von einem Bett zum nächsten hüpfte, sich nahm, was er wollte und sich bei den Frauen anschließend nicht mehr meldete. Er konnte es ihr nicht einmal verübeln. Da er das Radio ausgeschaltet hatte, war lediglich das leise Rauschen der Autoreifen zu hören. Ansonsten herrschte eine gespenstische Stille. Während er den Wagen durch den Verkehr lenkte, sah sie den Lichtern der Stadt dabei zu, wie sie an ihnen vorbeizogen. Es dauerte nicht lang, bis sie die Gegend erreichten, in der Kaia wohnte.

„Hör zu, dass ich Vicky geghostet habe, hat nichts mit dir zu tun", machte er schließlich einen kläglichen Versuch, das bedrückende Schweigen zu brechen. Kaia drehte ihm den Kopf zu.

„Das wäre ja auch noch schöner."

„Ich weiß, dass ich das nicht machen sollte, aber manchmal geht es einfach nicht anders", sagte er vage. Sie runzelte skeptisch die Stirn.

„Was hindert dich daran, ehrlich zu den Mädchen zu sein?", wollte sie wissen.

„Niemand sagt, dass ich nicht ehrlich bin", widersprach er. Sie zog eine Augenbraue hoch.

„Sie wirkte ziemlich wütend, wenn du mich fragst", kommentierte sie trocken. Nio, der gerade den Blinker gesetzt hatte, schaute kurz über seine Schulter, bevor er abbog.

„Weil ich keine Beziehung mit ihr wollte", offenbarte er. Kaia schüttelte seufzend den Kopf.

„Das ist so typisch."

„Was?", fragte Nio und warf ihr einen Seitenblick zu. „Jetzt ist ein Typ schon ehrlich und dann ist er wieder das Arschloch?"

„Jemanden einfach nicht mehr anzurufen, ist nicht ehrlich", widersprach Kaia kopfschüttelnd und sah wieder aus dem Fenster.

„So ist das nicht abgelaufen, okay?"

„Wie war es denn?", wollte sie wissen und drehte sich wieder ihm zu.

„Ich habe ihr von Anfang an gesagt, dass ich nur was Lockeres will. Sie hat gesagt, dass es ihr auch so geht. Also haben wir uns ein paarmal getroffen. Sie wollte dann doch mehr und ich habe ihr gesagt, dass ich darauf keinen Bock habe", erzählte er.

„Da hast du sie geghostet...", schlussfolgerte sie trocken und zog eine abfällige Grimasse. „Stilvoll."

„Nachdem ich ihr viermal gesagt habe, dass ich kein Interesse an einer Beziehung habe", stellte er klar und setzte nochmal den Blinker, um in die Straße einzubiegen, an deren Ende Kaia wohnte. Die legte den Kopf schief und musterte ihn erwartungsvoll.

„Also hast du ihr gesagt, was Sache ist, und sie hat es nicht verstanden?", hakte sie nach. Er nickte.

„Mehr kann ich nicht machen..."

Sie schwieg einen Moment, schien über seine Worte nachzudenken. Nio parkte unterdessen den Wagen in der Einfahrt vor dem Haus. Dann stellte er den Motor ab und musterte sie ernst.

„Das hat nichts damit zu tun, dass ich mich bei dir nicht mehr gemeldet habe, okay? Das mit uns ist was ganz anderes", versicherte er. Sie runzelte die Augenbrauen zusammen.

„Warum triffst du dich eigentlich mit mir, wenn du Frauen wie sie haben kannst?"

Er zog irritiert die Augenbrauen zusammen. Wie kam sie überhaupt auf sowas?

„Was meinst du?", wollte er wissen. Sie seufzte, strich sich durch die Locken und ließ ihren Blick aus dem Fenster schweifen.

„Dieses Mädchen hatte eine Bombenfigur", räumte sie ein, dann wandte sie sich wieder ihm zu. „Schöne Brüste, schlanke Taille und endlos lange Beine...", fasste sie Vickys Äußeres zusammen.

„Und?", fragte er, die Augenbrauen noch immer zusammengezogen.

„Naja...", sagte sie und deutete an ihren Kurven herunter, so, als würde diese Geste alles aussagen. Als er begriff, schüttelte Nio seufzend den Kopf. Er wollte nicht, dass sie sich überhaupt solche Gedanken machen musste.

„Das hat doch nichts damit zu tun", erwiderte er und ließ sich in die weichen Polster des Sitzes sinken.

„Ich meine es ernst, Nio. Ständig schleppst du dir diese Perfect-Ten-Models ab. Keine Ahnung, wieso du überhaupt mit mir ausgehst..."

Sie ließ den Satz in der Luft hängen und legte erwartungsvoll den Kopf schief. Nio sah ihr fest in die Augen.

„Scheiße, Kaia", platzte es verständnislos aus ihm heraus. „Denkst du das echt?"

„Kannst du es mir verübeln?", fragte sie ernst. „Du kannst praktisch jede haben, und du datest ausgerechnet eine, die nicht perfekt ist?"

„Ist dir schonmal der Gedanke gekommen, dass mir diese ach-so-perfekten Frauen nichts bieten können? Was nützt mir, wenn die aussehen wie aus nem Katalog, ich mich aber mit denen nicht unterhalten oder mit ihnen lachen kann?"

Kaia zog nachdenklich die Unterlippe zwischen die Zähne. Es machte ihn traurig, zu sehen, wie sie mit sich haderte. Bisher hatte er immer geglaubt, dass sie mit sich und ihrem Körper in Reinen war. Doch als er jetzt in ihre traurigen Augen sah und das verräterische Schimmern bemerkte, erkannte er, dass sie ihre Selbstzweifel nur gut hinter einer Fassade versteckt hatte. Ohne weiter darüber nachzudenken, griff er nach ihrer Hand. Sie zog sie nicht weg.

„Warum vergleichst du dich überhaupt mit denen?", fragte er und drückte ihre Finger sanft zusammen. Sie schaute ihm betreten ins Gesicht.

„Weil ich es nicht verstehe. Ich bin doch nicht mal dein Typ."

„Du bist genau mein Typ", widersprach er. Kaia zog verblüfft die Augenbrauen hoch.

„Seit wann das denn?"

„Schon immer", antwortete er wahrheitsgemäß.

„Obwohl ich mehr auf den Hüften habe als die? Und einen größeren Hintern?", hinterfragte sie skeptisch.

„Gerade das mag ich besonders", versicherte er ihr schief grinsend. Ein unsicheres Lächeln huschte über ihre Mundwinkel.

„Ach ja?"

Er nickte.

„Und ich will, dass du weißt, dass ich Vicky seit Wochen nicht getroffen habe", beteuerte er.

„Und selbst wenn – du bist mir keine Rechenschaft schuldig. Wir haben uns schließlich nicht mehr gesehen."

Er runzelte skeptisch die Stirn. War sie tatsächlich so locker, wie sie sich gerade gab, oder überspielte sie lediglich ihre eigene Enttäuschung? Noch immer gewährte sie ihm keinen tiefen Blick in ihre Augen, um darin lesen zu können.

„Kann schon sein, aber ich vor jemandem die Dinge klarstellen will, dann vor dir", sagte er entschieden. Endlich drehte sie ihm den Kopf zu.

„Warum ausgerechnet vor mir?", hakte sie nach.

„Weil du mir wichtig bist. Das mit ihr, das... war bloß Sex, okay?"

„Und wie siehst du das mit uns?", hakte sie nach. Er seufzte. Lang war ihm ein Gespräch mit einer Frau nicht mehr so schwergefallen wie mit ihr. Doch er wollte Kaia keine schlechten Gefühle geben.

„Ich dachte, es wäre klar, dass das zwischen uns auf eine Beziehung hinauslaufen soll...", sagte er.

Kaia musterte ihn verblüfft.

„Eine Beziehung", wiederholte sie trocken.

„Was ist so verwerflich daran?", fragte er verständnislos.

„Naja...", setzte sie an und verschränkte die Arme vor der Brust. „Es geht schon damit los, dass du normalerweise keine richtigen Beziehungen führst."

Er schnaubte wütend.

„So ein Schwachsinn", platzte es aus ihm heraus.

„Ach ja?", fragte sie und zog die Augenbrauen hoch. „Wann hattest du denn deine letzte richtige Freundin?"

Er legte nachdenklich die Stirn in Falten. Noch während er über eine Antwort nachdachte, lachte sie amüsiert auf.

„Siehst du", kommentierte sie wissend. „Du machst das normalerweise gar nicht."

„Weil ich nie Frauen treffe, mit denen ich mir das vorstellen kann...", erklärte er leise. Sie musterte ihn neugierig.

„Und mit mir kannst du dir das vorstellen?"

„Ja. Mit dir. Und nur mit dir", gestand er. Ihre Augen funkelten geheimnisvoll in der Dunkelheit, während er den Kopf gegen die Nackenstütze fallen ließ und zu ihr herüberschaute. Er glaubte zu erkennen, wie sich ihre Mundwinkel zu einem Schmunzeln verzogen, und kniff die Augen ein wenig zusammen, um sicherzugehen.

„Was?", fragte er, als er sah, dass sie tatsächlich schmunzelte.

„Das war süß...", grinste sie. Er runzelte verblüfft die Stirn, als sie sich ihm völlig unerwartet ein Stück entgegenbeugte. Der Duft von Vanille stieg ihm in die Nase und seine Haut wurde warm, als sie ihre Hand an seine Wange legte. Ihre Lippen zogen seine magisch an, doch er war sich nicht sicher, ob er seiner Sehnsucht nachgeben und einfach alles auf eine Karte setzen sollte. Ohne weiter darüber nachzudenken, ob es richtig war, vergrub er seine Hand in ihren Locken und zog sie entschieden das letzte Stück zu sich heran. Doch gerade, als er sie küssen wollte, drückte sie ihm einen sanften Kuss auf den Mundwinkel. Was machte sie nur mit ihm? Jede, der Frauen, die er sonst datete, hätte sich einfach so von ihm erobern lassen, doch sie reizte seine Sehnsucht einfach aus.

„Schlaf gut, Nio", sagte sie so leise, dass sich eine Gänsehaut in seinem Nacken bildete, bevor sie sich von ihm löste und aus dem Auto stieg. Er blieb völlig perplex allein zurück und schaute ihr regungslosnach, bis sie im Haus verschwunden war. 

Puh. Was sagt ihr? Glaubt ihr ihm oder denkt ihr, er versucht sich irgendwie rauszureden? Und könnt ihr euch vorstellen, dass er ernstmeint, was er sagt? Oder will er sie jetzt in Sicherheit wiegen und sich aus der Affäre ziehen?

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