03 | Ego
Ihr Süßen, ich wünsche euch einen schönen Sonntag :) Hier kommt das nächste Nio-Kapitel für euch, mit Überraschungsgästen (okay, nach dem letzten vermutlich eher weniger überraschend, aber gut, haha) :D Viel Spaß.
Nio warf Kaia einen unauffälligen Blick zu. Er verstand einfach nicht, was sie an diesem Typen fand, der aussah wie ein strebsamer BWL-Student und auch so redete. Die untergehende Sonne tauchte den Garten in ein orangerotes Licht. Der Duft von gegrilltem Fleisch und Gemüse lag in der Luft, auf dem Grill brutzelten ein paar Würstchen vor sich hin. Die Stimmung hätte so gut sein können, doch dass Kaia diesen Typen eingeladen hatte, dämpfte seine Laune. Seit sie gemeinsam zum Essen um den großen Tisch herum saßen, schnappte er immer mal wieder ein paar Fetzen der Unterhaltung auf, die der ungebetene Gast mit Kaia und Lia führte und war zu dem Schluss gekommen, dass er ein Idiot war. Bevor Kaia bemerken konnte, dass er schon wieder genervt zu ihnen herüberschaute, widmete er sich wieder seinem Steak. Naomi saß zufrieden neben ihm. Sie fügte sich überraschend gut in die Gruppe ein, doch er konnte daran so gar nichts Befriedigendes finden. Dafür war er viel zu sehr mit Kaia und diesem Lackaffen beschäftigt.
„Der Salat schmeckt wirklich super, Cassie", schwärmte Naomi und drehte Nios Patentante den Kopf zu. Cassie, die sich inzwischen einen Hoodie übergezogen hatte, schenkte Naomi ein Lächeln.
„Danke. Das Rezept habe ich allerdings von Willow", erwiderte sie und deutete mit einem Grinsen auf ihre jüngere Schwester, die ihr gegenübersaß. Wie Cassie selbst hatte sie wilde Korkenzieherlocken, die sie heute allerdings zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte.
„Meinst du, du könntest mir das Rezept von dem Dressing verraten?", fragte Naomi lächelnd. Willow nickte. Wieder sah Nio flüchtig zu Kaia, die gerade mit missmutigem Gesichtsausdruck ein Stück Brot in eine der Grillsaucen auf ihrem Teller tunkte. Cassie, die ihren Blick bemerkte, runzelte fragend die Stirn, doch Kaia schüttelte lediglich den Kopf und griff nach der Schüssel mit den Hähnchenkeulen.
„Möchte noch jemand?", erkundigte sie sich, als sie sich eine herausgenommen hatte, und sah in die Runde. Statt zu antworten, bediente Nio sich ebenfalls daran. Dann hielt er Naomi die Schüssel hin. „Du auch?"
Sie nickte.
„Gerne."
„Scheinst ne gute Esserin zu sein", kommentierte John grinsend. „Passt gut zum Rest von uns."
Während Naomi zufrieden grinste, drehte Kaia sich wieder Leander zu.
„Du wolltest mir noch erzählen, wie deine Prüfungen gelaufen sind", sagte sie und musterte ihn interessiert.
„Ganz gut. Hab fast alle mit 1.0 abgeschlossen", erzählte er und trank einen Schluck aus seinem Glas. Nio seufzte lautlos und unterdrückte ein mitleidiges Lächeln. Er konnte dem Studentendasein so gar nichts abgewinnen.
„Was studierst du denn?"
Erst, als alle Augen auf ihn gerichtet waren, bemerkte Nio, dass er seine Gedanken offen ausgesprochen hatte.
„Sportwissenschaften", antwortete Leander lächelnd.
„Ah", machte Nio und schob sich hastig noch ein Stück Fleisch in den Mund, um sich nicht weiter mit dem Streber unterhalten zu müssen.
„Und was machst du?", hakte Leander neugierig nach. Na super, jetzt wollte er ihm auch noch eine Unterhaltung aufzwingen.
„Ich tune Autos", antwortete Nio vage.
„Dann ist der Mustang Shelby in der Einfahrt deiner", schlussfolgerte Leander anerkennend. „Geile Karre, man."
„Danke", sagte Nio knapp und kippte schnell einen Schluck Cola seinen Rachen hinunter.
„Hast du den komplett selbst aufgemotzt?", wollte Leander wissen. Nio nickte.
„Du interessierst dich für Autos?", warf nun John von der Seite ein. Leander lächelte.
„Ja, mein Vater sammelt Oldtimer."
„Diese Modellautos, meinst du?", fragte Nio belustigt. Leander schüttelte den Kopf.
„Nein. Richtige Klassiker", erzählte er. John runzelte interessiert die Stirn.
„Was denn so?"
„Einen 328er BMW zum Beispiel."
Marten drehte ihm den Kopf zu.
„Sportwagen-Fan also."
„Ja, so klein und handlich war damals kein anderer", kommentierte Leander.
„Naja, nichts für mich", erwiderte Nio, schob seinen leeren Teller von sich und ließ sich lässig gegen die Lehne sinken. John hingegen stieg voll in ein Gespräch mit Leander ein. Eine ganze Weile unterhielt Nio sich mit Naomi und seiner Mutter, bis die Cassie beim Abräumen des Tisches zur Hand ging. Die anderen fanden sich zu kleinen Grüppchen zusammen. Als Nika zu ihnen zurückkehrte und John schließlich aufstand, um Leander zusammen mit Kaia seine Autos zu zeigen, erkannte Nio, dass sich ihm eine gute Chance bot, mehr über diesen Typen herauszufinden. Also ging er in die Küche, wo Cassie gerade damit beschäftigt war, das dreckige Geschirr in die Spülmaschine zu räumen.
„Brauchst du Hilfe?", fragte er und schenkte ihr ein charmantes Lächeln. Sie musterte ihn skeptisch.
„Bist du sicher, dass es dir gut geht?"
Nio ließ sich nicht beirren, machte ein paar Schritte in den Raum hinein und begann damit, ihr das dreckige Geschirr von der Anrichte zu reichen.
„Die Küche ist ja sonst nicht so der Ort, an den du dich oft verirrst", stichelte Cassie amüsiert, während sie die Teller in die Spülmaschine stellte.
„Dankbarkeit war schon immer genau dein Ding", grinste er frech. Sie schüttelte grinsend den Kopf.
„Unfassbar, wie viel du von deinem Vater hast – das freche Mundwerk zum Beispiel", konterte sie. Nio lachte.
„Ich komme damit ganz gut durchs Leben."
„Das kann ich mir wohl denken", lachte Cassie und warf ihm einen eindeutigen Seitenblick zu.
„Keine Ahnung, was du mir damit sagen willst", gab Nio sich ahnungslos und ließ seinen Blick aus dem Küchenfenster in die Einfahrt gleiten. Die Tore der großen Garage standen offen, sodass er John dabei beobachten konnte, wie er Leander ein paar seiner Fahrzeuge zeigte. Noch immer fragte er sich, weshalb ein hübsches Mädchen wie Kaia ihre heißen Kurven unter diesem geschlitzten Strandrock versteckte, statt sie stolz zu präsentieren. Möglicherweise war das aber auch besser, denn sonst hätte er vermutlich noch häufiger Typen unter die Lupe nehmen müssen, die ihr zu nah kamen.
„Und, was hältst du von Leander?", versuchte er, das Gespräch auf Kaias Besucher zu lenken.
„Ich finde ihn nett", sagte Cassie und steckte das Geschirr in die dafür vorgesehene Halterung.
„Wie lang treffen sich die beiden schon?", fragte er und drehte Kaias Mutter wieder den Kopf zu.
„Keine Ahnung."
„Warum weißt du sowas nicht? Du bist doch ihre Mutter", platzte es fassungslos aus Nio heraus. Cassie lachte.
„Das heißt nicht, dass sie mir über jeden Schritt, den sie macht, Bericht erstattet", kommentierte sie und ließ sich von ihm die Gläser anreichen.
„Interessiert es dich gar nicht, was das für einer ist? Ich meine, was, wenn der Dreck am Stecken hat?", fragte Nio misstrauisch und schaute nochmal zum Fenster hinaus.
„Der?", lachte Cassie amüsiert auf. „Der klaut nicht mal Kaugummi an der Kasse."
„Wie kannst du da so sicher sein?", hinterfragte Nio. Cassie stellte ein paar weitere Gläser in die Spülmaschine.
„Hast du dir den Jungen mal angeschaut?", wollte sie wissen und sah Nio überzeugt ins Gesicht. „Der tut keiner Fliege was zuleide."
„Ganz schön gutgläubig", kommentierte Nio, um ihr Misstrauen zu schüren und sie auf seine Seite zu ziehen. Doch Cassie schien sich davon nicht beeindrucken zu lassen.
„Siehst du, wie entspannt John mit ihm umgeht?", fragte sie und deutete mit einem Nicken aus dem Fenster. „Er wäre nicht so nett zu ihm, wenn er auch nur ansatzweise Bedenken hätte. Und er hat eine sehr gute Menschenkenntnis."
Nio lächelte. Es berührte sein Herz, wie sehr Cassie sich auf John verließ.
„Du vertraust ihm blind, oder?"
Cassie nickte.
„Natürlich."
„Weißt du, Cas. Manchmal wünsche ich mir das auch."
Cassie musterte ihn stirnrunzelnd und klappte den Geschirrspüler zu.
„Was meinst du?"
„Na, so eine Beziehung, wie ihr sie habt. Oder Mama und Papa. Ihr habt so viel miteinander durchgemacht, wart immer füreinander da und habt zusammengehalten. Ich finde das echt stark."
Es tat gut, es offen auszusprechen. Cassie lächelte mild und machte einen Schritt an ihn heran. Dann legte sie ihm die Hand auf die Schulter.
„Das liegt ganz allein an dir, Nio", sagte sie ermutigend.
„Aber ich weiß nicht, ob ich schon bereit dazu bin, mich festzulegen."
Cassie schüttelte den Kopf.
„Ich verstehe das nicht. Worauf wartest du denn? Dass eine bessere vorbeikommt?"
„Keine Ahnung. Ich frage mich, was, wenn ich ihr wehtue, weil ich ihren Ansprüchen nicht gerecht werden kann?"
„Also willst du es gar nicht erst versuchen, nur, weil es vielleicht schiefgehen kann?", hinterfragte Cassie skeptisch. „Wenn wir so gedacht hätten, wärt ihr heute alle nicht hier; allen voran du nicht."
Nio seufzte.
„Ich weiß, dass Mama es mit Papa nie leicht hatte – bis heute nicht. Du weißt, dass ich ihn liebe und immer hinter ihm stehe, aber was Beziehungen angeht, sollte ich mir an ihm kein Beispiel nehmen."
Cassie wollte gerade etwas sagen, als Kaia im Türrahmen auftauchte. Nio musterte sie überrascht. Er hatte sie nicht kommen hören. Sie stand einfach nur so da und musterte die beiden neugierig. Ihre Augen funkelten geheimnisvoll, als sie ein paar Schritte in die Küche hinein machte. Unbehagen breitete sich in ihm aus. Wie viel von ihrer Unterhaltung hatte sie wohl mitbekommen?
Noch jemand, der das Gefühl nicht loswird, dass es in dem Talk über Nios nicht vorhandenes Beziehungsleben eigentlich um Kaia ging? Außerdem finde ich persönlich es gut, dass er erkannt hat, dass eine Beziehung, so, wie sein Vater sie führt, auch nicht gut ist und es besser machen will. Was sagt ihr? Also nicht, dass ich Marten schlechtreden will, aber ein wirkliches Vorbild ist er ja jetzt auch nicht, was Beziehungen angeht. Oder wie seht ihr das? Und meint ihr, Kaia hat gehört, worüber Nio und Cassie gesprochen haben?
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