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Aber Che schien Gefallenan dem Starrer gefunden zu haben. Unterdessen zog Kiffer eins leere Bierdosenaus seinem Rucksack und zählte sie. Welch geistreiche Beschäftigung! Alter,konnte der Starrer dem jetzt nicht mal helfen? Der arme Kiffer kann dochunmöglich seinen gesamten Bierdosenvorrat alleine zählen. Das ist dochunmenschlich! Komm. Jetzt hilf ihm schon! Aufi!
Irgendwie hörte der Starrernicht auf meine Gedanken. Er starrte einfach weiter in der Gegend rum. Washätte er auch anderes tun sollen? Dafür war er sicherlich bekannt. Bestimmt warer deswegen von der Schule geflogen. So was hätte ich keine fünf Minutenertragen können. Ohne Witz!
Mit Sicherheit war er wirklich von der Schule verwiesen worden. Zumindest sah er so aus. Natürlich kann niemand starren als Grundangegeben. Aber der war ohnehin nicht ganz ohne. Er sah sowiesodanach aus, also würd er Probleme bereiten. So nach erfolglosem Kleinkriminellen.
Ich lehnte mich gegen dieBrücke.
"Durst?" Kiffer eins hielt mir irgendein Getränk in einerDose hin. Ja, hatte ich. Ich nahm die Dose entgegen. Ich setzte an.
"Gibmal." Mit einem Mal riss Che mir die Dose aus der Hand. Fast wäre mir dieganze Sauerei auf die Hose gelaufen. Ich konnte gerade noch ausweichen
"Was soll das?", fur ich ihn an. Unbeeindruckt roch Che etwas seltsam an der Dose. Dann nahm er auchnoch prüfend einen kleinen Schluck. Sofort spuckte er es im hohen Bogen wiederaus. Er hustete wie verrückt.
"Schmeckt ja widerlich", war seineinziger Kommentar dazu, "Aber ist clean." Er drückte mir die Dosewieder in den Hand.
"Bist du sein Vater, oder was?" Che sah Kiffereins beinahe kampflustig an.
"Ja, bin ich." Es hörte sich todernstan. Kiffer eins war baff. Damit hätte er nicht gerechnet.
"Lass mal so 'neDose rüberwachsen." Che streckte fordernd die Hand aus. "Istwenigstens besser als nichts."
Kiffer eins lachte wie bekloppt, während erChe die Dose rüberreichte. "Also rüberwachsen lassen, ist doch übelstveraltet."
"So? Und was sagt man dann heutzutage?"
Kiffer eins lachte immernoch. "Rübergeben."
"Oh, sorry! Das ist echt out!" Chemusste lachen. "Also entweder du bist drauf, du bist bildungsresistentoder du machst gerade Kopfkino."
Kiffer eins schien gar nichts mehrmitzubekommen. Er glotzte Che unfachmännisch nur dumm an mit seiner megaFresse. Und der Starrer tat das Gleiche. Alter! Wir sind hier unterVerhaltensorginellen! Der Starrer gabals Erster nach. Leider hatte er den Starrwettbewerb verloren. Wie traurig.Kiffer eins machte gnadenlos weiter, als ginge es um sein Leben.
"Ok, dubist drauf.", beschloss Che mit einer abwertenden Handbewegung.Tatsächlich war Kiffer eins vollkommen dicht, da er noch nicht einmal mehrdarauf reagierte. Che drehte sich weg und sah die übrigen Kiffer an.
"Sehtihr? So eingeschränkt seid ihr immer!" Die Kiffer zuckten zusammen, weil Cheso dermaßen dicht neben ihren Ohren brüllte. Ich hätte nie gedacht, dass Che soarg mit Drogen war. "Ja, da guckt ihr, was?"
Der Starrer begriff dieWelt nicht mehr. Che musste ihn gerade aus seinem Tagschlaf geholt haben. Wiegemein. Hust. Mal wach sein schadet auch nicht. Glaub mir.
Der Starrer standauf, fischte irgendetwas aus seinem Rucksack und stellte sich gegen die Wand.Oh nein! Nicht auch das noch.
"Das darfst du nicht!" Hektisch war ichaufgesprungen und hielt den Starrer an den Schultern fest. Auf gar keinen Fallsollte der meine Sachen urinieren. Das war echt widerlich. Aber der ließ garnicht die Hose runter, sondern blickte mich nur seelenruhig an. In seiner Handerkannte ich eine Spraydose.
"Taggst du auch?" Ob ich bitte was? "Taggen. Kennst du das nicht?" Ich schüttelte nur mit wenigVerständnis den Kopf. "Das bedeute, dass du im Zeichen einer gewissen Bandesprayst. Oder eben als Privatperson." Das klang hier ja beinahe formell.
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, so was mach ich eigentlich nicht."Ich bemühte mich wirklich freundlich zu sein.
"Ach so." Der Starrerschüttelte die Dose ausgiebig. Hast du's dann mal? Dann begann er zu sprühen.Im Grunde gekommen sah es ganz nett aus. Nach und nach zeichnete sich auf derWand eine riesige Flasche ab, die einen winzigen Menschen in sich hinein zog,während dieser versuchte, gierig aus ihr zu trinken. Sie besaß auch ein großesSchild: Alkohol. Ich musste grinsen.
"Ist ja leider so." Der Starrerfuhr sich am Nacken durch das Haar. "Die Menschen können nicht genug davonbekommen, bis sie sterben." Er wirkte fast ein wenig verlegen.
"Dubist echt ziemlich gut." Ich lächelte ihn an.
"Magst du auchmal?" Freundlich hielt er mir die Dose hin. "Hab leider nur einEinheitsblau." Erneut fuhr er sich so beinahe schüchtern durch die Haare.
"Gerne." Dankend nah ich die Sprühdose.
"Erst schütteln. Nichtvergessen. Sonst geht da gar nichts oder es gibt 'ne ordentliche Sauerei."
Ich nickte. Noch nie in meinem ganzen Leben habe ich so kräftig geschüttelt.Mir tat danach der gesamte Arm weh. Der Sprayer war mit mir zufrieden."So. Und jetzt lass deiner Kreativität mal freien Lauf." Er lächelteverlegen. "Aber mach's am besten irgendwo hin, wo es kaum auffällig ist. Sonstwird das, ehe du dich versiehst, übersprüht." Ok. Da würde ich draufachten.
Ich suchte mir einen kleinen noch nicht besprühtem Fleck aus.Wahrscheinlich war diese Stelle nicht allzu beleibt. Ansonsten könnte ich mirnicht erklären, warum sie noch frei war. Die ganze Brücke war voller Graffitiund diese dann noch mehrfach übersprüht.
Vorsichtig drückte ich oben auf dieDose. Lustig! Sah beinahe aus wie dieses Airbrushzeug. Irgendwie wild undungezähmt. Als könne man damit wirklich mal sagen, was man denkt.
Ich legtelos. Ein kleiner Eisendraht diente mir als Mauer. Auf jeder Seite saß einMännchen mit dem Rücken dazu. Eine Sprechblase konnte man über der Mauererkennen, die zu beiden Männchen führte. "Da drüben wohnen dieBösen." Beide zeigten mit dem Finger hinter sich auf die Mauer.
Irgendwiehatte ich gerade daran denken müssen, wie Che und ich uns zum ersten Malgetroffen hatten und wir über die deutsche Geschichte geredet hatten. Da warmir automatisch die irische eingefallen. Die Männchen sahen genau gleich aus.
Der Sprayer betrachtete mein Werk mit zufriedener Miene. "Nicht schlechtfür das erste Mal. Warst du schon mal in Irland?"
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