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"Dein Freund und du können gerne hier bleiben.Bloß wir rauchen da jetzt, verstanden? Ihr könnt mitrauchen. Keine Frage. Ihrkönnt es auch sein lassen. Wie ihr wollt. Aber wehe, ihr verpfeift uns an dieBullen! Sonst gibt's richtig Probleme, verstanden!? Mit solchen Loosern könnenwir gar nicht. Wenn ihr friedlich seid, sind wir das auch." Klare Ansage des Kiffers. Ich nickte. Nicht allzu gerne wollte ich mich nicht allzu gerne mit den Kiffern vom Dienst anlegen.
"Also komm mit und lass deinen Freund ruhig schlafen. Der verpasst nichts,wenn er nicht raucht." Ich nickte erneut.
Zurück unter der Brücke war schonrichtig viel los. Der ganze Kifferclan schien sich hier getroffen zu haben. Eswaren so um die fünf. Gut, das sind natürlich nicht viele im Nachhinein, aberdas ist echt 'ne ganz anderer Situation, wenn du echt Respekt vor denen hastschon. Und vor allem viele für so ein kleines Dorf.
Ein paar hatten es sich mitJoints im Gras bequeme gemacht. Alles klar. Ich beobachtete erst mal dieSituation.
"Hey Jungs, dasist der Freund dazu.", wurde ich von Kiffer eins vorgestellt, "Hab dengerade beim Fluss aufgegabelt. War ziemlich überrascht, nicht wahr?"
Ichkonnte gar nichts mehr antworten. Noch nicht mal mehr nicken. Ich war absolutfertig. Und Che schlief seelenruhig weiter. Natürlich. So was ist dann immertypisch für solche Situationen. Dein Freund schläft ganz entspannt und nebenbeimusst du da mit so 'nem Trupp Kiffern verhandeln. Ja klar. Sonst noch Wünsche?
Che hätte das bestimmt besser gekonnt als ich. Alle Kiffer um mich herummussten so ungefähr mein Alter haben. Oder ein bisschen älter. Tja, ist jaschon mal das gute Einstiegsklientel. Aber die hatten wahrscheinlich eh schondamals angefangen, als ich noch gar nicht wusste, was das Wort"kiffen" eigentlich bedeutet, nehme ich an. Keiner von denen geriet bei meinem Anblick in Panik.
"Auch mal probieren?" Kiffer eins hielt mir einen Jointunter die Nase. Ich hatte noch nie in meinem ganzen Leben so einen Gestankgerochen. Davon wurde selbst Che wach.
"Nein danke.", lehnte ichbetont höflich ab.
"Was ist des?" Che sah mit verschlafenen Augen zuuns hinüber. Er schien sich kein bisschen über die Anwesenheit der Kiffer zuwundern. Ist doch Kindergeburtstag hier. So ein paar Kiffer am Morgen. Wasmacht das schon? Na also. Keine Grund zur Aufregung. Ich saß wie auf glühendenKohlen.
"Magst du?", bot Kiffer eins Che den Joint an.
"Nedanke. Meschugge machen kann ich mich auch selber." Er lachte nur undKiffer eins rauchte den Joint dann eben alleine. Trotz allem schien Che das Angebot verärgert zu haben. Ganz so wie ich ihn kannte. Anti-Drogen.
"Ihr wisst schon, dassihr davon so in drei, vier Jahren sterbt?", merkte Che gelassen an,während er den Che-Guevara-Pulli gegen ein Che-Guevara-T-Shirt tauschte. Ichhatte immer angenommen, er besäße nur blau-weiß-karierte Hemden. Aber mitSicherheit waren die jetzt alle in der Wäsche und er musste umschwenken. Allerdings war ich nicht sehr überzeugt davon, dass man allein vom Gras rauchen innerhalb so kurzer Zeit draufgehen würde. Doch die Spritzen ließen auf den Konsum noch ganz anderer Subtanzen schließen, die durchaus gefährlicher waren.
Kiffereins sah Che verwirrt an. "Was kümmert's dich?"
"Dass du keineSteuern zahlst und trotzdem Steuergelder verwendest für deinen Aufenthalt imKrankenhaus. Das wurde ja schließlich für Leute wie dich gebaut. Da hätte einanderer armer Mensch viel nötiger rein gekonnt, aber du versperrst den Platz.Aber wenigstens ziehst du dann keine Rente ein. Falls du denn jemals gearbeitethättest. Schon mal Geld gespart."
Kiffer eins sah Che entgeistert an. Ich konnte nicht genau sagen, ob er verärgert oder einfach nur geschockt war. "Du bist aber ein Komiker.", meinte er dann nach einiger Bedenkzeit.
"Kann sein. Aber du bist dergrößere." An Ches Selbstsicherheit hatte sich in jedem Fall rein gar nichts geändert. Kiffer eins lachte, um die leichte Unsicherheit zu verbergen, die sich in seinem Gesicht breit gemacht hatte.
"Irgendwann wird dir dein Beinamputiert und du hast kein Geld mehr, aber egal. Yolo!" Ches beschwingteArt machte ihn nervös.
Kiffer eins legte dem Joint weg. "Geht so waswirklich?" Er musste wohl nicht der Hellste sein, doch Che besaß anscheinend genügend Überzeugungskraft.
"Klar. Das passiert oft. Sagt einem nur keiner. Siehst duerst, wenn es schon zu spät ist. Ich kenne viele solche. Die sind dann arm wieKirchenmäuse und Leben zwischen Gefängnis und einem Leben als Bettler. EntwederSelbstmord oder die werden von anderen zur Strecke gebracht. Oder verstümmelthalt. Von ganz allein. Hab ich alles schon gesehen. Ist nichtsaußergewöhnliches. Aber hey! Solange man jetzt Spaß hat. Im Gefängnis ist esnicht ganz geil. Aber als Bettler auch nicht. Naja." Che klang, als würdeer eine lustige Geschichte erzählen.
Die anderen Kiffer legten nach und nachihre Joints bei Seite. Che grinste. Ziel erreicht. Seine Devise.
"Wiesowollt ihr denn nicht mehr rauchen?" Che klang beinahe überrascht, "Nurmit einem Bein ist es doch auch ganz lustig."
Kiffer eins sah Che miteinem Blick an, den ich nicht deuten konnte. "Jetzt hör schon auf damit.Wir tun's auch, ok?" Sollte das jetzt versöhnlich sein? Ich verstand denSinn gar nicht.
Che grinste nur frech weiter. "Klar hör ich auf. Ich habja nur erzählt."
"Wo kommst du denn her, dass es da so wasgibt?" Kiffer eins tat völlig unberührt.
"Aus einem Reservat. Dakannst du mal sehen, was leiden bedeutet. Das hier sind Peanuts gegen dieProbleme da." Wo er Recht hatte, hatte er Recht. Seine Aussage schien Eindruck hinterlassen zu haben.
"Echt?" Ein Anderer, der auch schon vorhin nichtgeraucht hatte, blickte zu Che hinüber. Ich hätte ihn für taub gehalten. Vorhinhatte er in keinster Weise auf die Begrüßung von Kiffer eins reagiert. Er hatteeinfach nur dagesessen und aufs Wasser gestarrt. Als wäre er gelähmt.
"Ja.Da siehst du's mal, was die immer vor einem verheimlichen wollen." DerAndere starrte Che an wie eine großartige Sensation. Auch in solchenAugenblicken bemerkt man doch immer wieder, wie kacke es ist, Lehrer zu sein.Entweder die Schüler starren dich unentwegt an wie Autos oder sie ignorierendich eiskalt. Beides würde mich übertrieben nervös machen. Ne, als so was gehtschon mal gar nicht.
Nun begann der Andere zu allem Überfluss auch nochdamit, mich unentwegt anzustarren.
Ne komm, Mann. Jetzt lass die Scheiße undverpiss dich. Du nervst!
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