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Ich will nichtgehen!
Che schob mir einen Zettel zu. "Falls du es dir anders überlegstund früher zurückkommen willst." Er lachte. "Ansonsten treffen wiruns wie dieses Jahr. Ok?" Ich nickte. Sehr ok!
Auf den Zettel stand seineAdresse. Süß! Und ein Bild von Outlaw und Che klebte ein wenig schief darauf.
"Also los! Wir haben noch ein bisschen Weg vor uns.", forderte Che mich auf. Ich musstelachen. Keine Ahnung warum. Alles war bereits im Kofferraum verstaut. Natürlichwürgte Che den Motor des Autos von Falk ab.
"Ist halt so einSchaltwagen.", meinte er nur gelassen. Peinlich, doch trotz Führerschein hatte ich keinen blassen Schimmer davon, wie maneinen Schaltwagen fährt. Ich dachte immer, die gäbe es hier schon gar nichtmehr. Aber das Auto von Ches Vater war schon extrem alt. Zwischen ihm und demCadillac tat sich nicht wirklich viel. Bloß die Farbe. Das Auto warknallorange. Naja. Auf jedem Parkplatz würde man die Autos der Familie Freemanwiederfinden. Ohne Frage.
Der Motor heulte endlaut auf. Die restliche Familietauchte plötzlich im Hof auf. Jeder wollte sich von mir verabschieden.Natürlich musste man dazu noch mal aussteigen. Es dauert schon ziemlich lange.Ich sah Gesichter, die ich davor noch nie gesehen hatte. Echt verrückt. SelbstStrongbow war da. Bloß Flak schlief noch seelenruhig, denn er war nichtanwesend.
Andächtig nahm Strongbow meine Hand in seine. "Glaub an dich. Dann wirddir alles gelingen. Und vergiss nie: Wer dein Freund ist, weißt du erst, wenndas Eis bricht. Alte Eskimoweißheit." Er lächelte. Ich lächelte zurück.Nein, das würde ich bestimmt nie vergessen. Aber ich wusste schon, wer meinwahrer Freund war. Das Eis war schon gebrochen.
Wir fuhren los. So viele Händewinkten uns hinterher. Ich sah noch Tracey, die Abby hochhielt und Joseph, derHarold in die Luft hob, damit beide gut winken konnte. Total niedlich! Derkleine Cousin, mit dem Che gespielt hatte, zeigte noch mal stolz sein Portrait.Das freute mich natürlich. Mir fehlten die alle jetzt schon.
Und unsereGesangseinlagen zu dem Lied aus Music and Lyrics "Pop! Goes MyHeart". Damit hätten wir locker einen Gesangscontest gewinnen können. Wirwären die Ersten. Von hinten! Oder zumindest ich. Che wäre der Erste. Von vorne!
Ichwinkte allen nach. Ganz kräftig. Normalerweise waren Abschiede doch gar nichtschlimm. Abby und Tracey hauchten mir zwei Luftküsse entgegen. Die beiden würde ich auch unglaublich vermissen. Betty hätte echt ihre Freude hier. OhneZweifel.
Che raste weiter. Er lachte, obwohl er irgendwie traurig wirkte.
"Ich freu mich schon auf nächstes Jahr." Dieses Mal war es nicht ich,der dies ununterbrochen wiederholte. Ich lachte.
"Ich mich auch!", erwiderte Che, dessen Gesicht ein betrübtes Grinsen zierte.
Nach einer Zeit hielten wir wieder.
"Erinnerst du dich?" Che deuteteaus dem Fenster. Ein Bach breitete sich vor uns aus. "Wir hatten doch gestern gesagt, dass wir heute weiterüben."
"Reicht denn die Zeit dazu?" Ich war nicht nur skeptisch,weil es der Chattahoochee River war.
"Klar. Das hab ich eingeplant."Che grinste breit. Eingeplant à la Che, aber nun gut. Ich gab mich geschlagen.
Wir zogen uns um. Würde unshier eh keiner sehen. Deshalb nahmen wir einfach Unterwäsche als Badesachen. Dieses Mal wardas Wasser tatsächlich warm. Flach legte ich mich im Wasser auf den Rücken.Geil! Ich schwamm einfach so!
"Che!", rief ich ihm aufgeregt zu. Leider gelang es mir nicht auszudrücken, was mich so froh machte.
Che lachte. "Das kannstdu schon mal. Und das Andere?"
Dieses Mal war mein Hundepaddeln schon wesentlich besser.Die Bewegungen waren echt nicht allzu schwer. Aber sich über Wasser zu halten,klappte kann doch nur so solala. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl gleichunterzugehen. Aber ich schwamm. Zumindest kurz.
"Bis nächstes Jahr bist duProfi." Che grinste. "Bis ans gegenüberliegende Ufer schaffst du'saber!"
Che schoss wie ein Pfeil durch die Fluten. Ich paddelte hinterher. Irgendwieblieb mein Kopf trocken. Und Luft bekam man da auch. Ich kam an. Wer sagt'sdenn. Ist doch einfach!
Nur Che war weg. Komisch. Ich sah mich in alleRichtungen um.
"Che?" Keine Antwort. Wo war der denn nur? Von einerkräftigen Welle wurde ich angespritzt. Zwei Hände lagen auf meinen Kien. Chelachte. Er sah lustig aus mit so nassen Haaren. In Strähnen hingen sie ihm insGesicht. Mit einer Hand wischte er sie nach hinten.
"Tauchen hier gehtecht toll! Magst du probieren?" In seinem Blick lag überschwänglicher Enthusiasmus, den ich beim besten Willen nicht zu teilen vermochte.
"Nicht unbedingt." Ich bemühte mich um ein gezwungenes Lachen. Wirklich nicht. Aber Che fasste das natürlich als ein Ja auf. An den Beinen zoger mich leicht, sodass sich sanft ins Wasser glitt. Hier konnte man zum Glückimmer noch stehen.
"Also. Einfach nur mit dem Kopf unter Wasser gehen. Kannstdich an mir festhalten. Ich zieh dich hoch, wenn was sein sollte." Chetauchte ab. Ich blieb oben. Ohne mich!
"Ok." Che war wiederaufgetaucht. "Dann machen wir halt ein Spiel."
"Ein Spiel?" Ichwar verwirrt.
"Das geht ganz einfach. Man hält sich an den Händen unddann springt man zu dem Auszählspruch. Und ganz am Ende gehen alle in dieHocke." Ok. Das klang echt nicht gerade schwierig oder aufregend. Warum wollte Che denn bitte so etwas Bescheuertes spielen?
"Bereit?" Che fasste mich an den Händen. Ich nickte. Ich fragte michecht, warum Che gerade so was für Kleinkinder machen wollte. Aber egal. Mirsollte es recht sein. Der Auszählspruch war noch dämlicher als alles anderean dem Spiel an sich. Und das hätte ich kaum für möglich gehalten.
"Allemeine Entchen schwimmen auf dem See." Es war wohl eher ein Lied als einSpruch. "Schwimmen auf dem See. Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in dieHöh." Mit diesen Worten gingen wir in die Knie. Mir kam erst danach, wasdieser seltsame Auszählspruch zu bedeuten hatte. Wenn man im Wasser in die Kniegeht, auch wenn das Wasser im Stehen echt nicht tief ist, geht man mit dem Kopfunter Wasser.
Irgendwie bemerkte ich erst, dass ich, sozusagen, getaucht war,nachdem ich schon wider meinen Kopf über Wasser gestreckt hatte. Unter Wasserwar es tatsächlich nicht allzu schlimm gewesen.
"Hat bei mir damals auchfunktioniert." Che lachte. "Und bei Abby und Harold auch. Die warengenauso bei dem Kopf-unter-Wasser-tun wie du. Man merkt das erst hinterher. Wardoch nicht schrecklich. Oder?"
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