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"Jay und Che!Jay und Che! Jay und Che!" Inzwischen hatte sich ein richtiger kleinerSprechchor gebildet. Che lachte nur.

Na gut. Ich gab auf! Was soll's? Schlimmerkann es kaum noch kommen.

Che lächelte mich an. "Machst du's alsodoch?"

"Ausnahmsweise." Ich grinste. "Scherz. Natürlichmach ich. War doch gestern auch ganz witzig."

"Klasse. Dann wirst dudas Lied ja lieben, das ich ausgesucht habe."

"Welches Lied?", wollte ich sofort wissen.

Che grinste. "Wirst du sehen." Langsam schaltete er den Musikspieleran. Das Lied erkannte ich gleich. "Pop! Goes My Heart". Ich musstelächeln.

Ich glaube, später würde ich mir nochmal den Film "Music andLyrics" ansehen. Und natürlich das Lied anhören. Ich glaube, inzwischenwar das zu einem meiner Lieblingsliedern avanciert, obgleich ich es nichtgerade schön sang. Machte jedoch nichts aus.

Außer Che gab es hier eh keinenProfi. Außerdem ging es hier nicht darum perfekt zu sein, wie sonst überall aufdieser Welt, sondern darum glücklich zu sein. Wir fingen an.

Che begann: "I never thought thatI could be so satisfied..." Ichmusste lachen. Che tanzte dazu. Im Allgemeinen sieht der Tanz zu Pop! Goes MyHeart ja schon echt Kacke aus. So total dämlich und demotiviert. Aber glaubtmir, wenn jemand das noch übertreibt und die Hüfte so dermaßen rausschleudert,während er mit den Handgelenken diese komischen, seitlichen Bewegungenausführt, sieht das echt zum Brüllen aus. Aus Scherz machte ich mit.

Wirknallten vor Eifer voll mit den Hüften gegeneinander. Irgendwie konnte mantrotzdem nur lachen, obwohl es weh tat. Danach versuchten wir den Clip ganznachzuspielen. Ich war sowohl die Freundin als sich die Krankenschwester. Ja,da sieht man mal eine gerechte Rollenverteilung. Oh, ich durfte auch noch denArzt spielen. Hätte ich beinahe vergessen. Aber den Einsatz habe ich sowieso beimTanzen zu oft verpasst.

"Und jetzt! Seid ihr bereit für dieAufnahme?" Tracey konnte kaum noch filmen vor Lachen. Also musste es imEndeffekt doch ihr Bruder machen. Er kannte sich nach anfänglichen Zweifelndoch mit der Kamera aus. Es konnte losgehen. "Auf die Plätze. Fertig.Los!"

Wir spielten und sangen. Schnell kam ich als Krankenschwester mit soeiner dummen Perücke angerannt, die mich nicht wirklich zur attraktiven Fraumachte. Für Che musste das genügen. Ein Klavier hatten wir ja. Arg viel mehrbrauchten wir sogar echt nicht.

"Ok. Und wie sieht das jetzt aus?", wollte ich unbedingt in Erfahrung bringen. Wir sahen uns alle schlauerweise zur gleichen Zeit das Video auf einem winzigenBildschirm auf der Kamera an. Natürlich sah ich gar nichts. Zudem fiel dasLicht noch so auf den Bildschirm, dass man von meiner Perspektive aus nurschwarz sehen konnte. Ich lachte einfach immer mit den Anderen. Musste lustigaussehen. Ich konnte es mir ja vorstellen. Joseph bekam sich vor Lachen kaumnoch ein.

"Aber jetzt sollten wir mal was machen, was Jay wirklich tollkann.", schlug Che vor.

"Etwas, was er noch besser kann als tanzen?", fragteTracey belustigt. "Gibt es so was denn überhaupt?"

"Wasdenn?" Für die Übrigen musste meine Frage schon ziemlich dumm kommen. Niemandfragt, für was man selbst begabt ist. Aber ich kannte da tatsächlich nichts.Zumindest nichts, von dem er wusste.

"Wie wäre es mit zeichnen?", erleuchtete mich Che.

"Oh ja!" Tracey, Abby und Harold waren auf der Stelle Feuer undFlamme. Ach ja. Stimmte. Che hatte ja mal eines meiner Bilder zufälligerweisezu Gesicht bekommen. Meinetwegen. Mir gefiel diese Idee sogar relativ gut.

Baldkamen die Kleineren mit Buntstiften und weißem Papier zurück. Glücklicherweisewaren auch ein paar Bleistifte dabei. Zur Not hätte ich auch immer noch meineoben, sollte es nicht reichen. Aber normale Kinder malen ja ohnehin oft mitBuntstiften, wenn man nicht gerade James Fenimore Jones heißt. Irgendwie hatteich Farben nie so gemocht. Alle hatte mich immer für übertrieben melancholischgehalten, weil meine Bilder immer grau in grau gewirkt hatten. Mir hatte es soeinfach nur besser gefallen. Ganz einfach. Keine tieferen Gründe. MitSicherheit ging es hier niemandem außer mir so.

Irgendwie würde ich zu gerne malsehen, wie Che zeichnete oder malte. Wäre doch mal interessant zu wissen.Innerlich hoffte ich irgendwie, er wäre unglaublich unbegabt. Dann könnte ichwenigstens einmal glänzen. Das wäre doch nur fair. Aber natürlich würde ich soetwas nie sagen. Das wäre ja gemein. Und egoistisch.

Jeder schnappte sich einBlatt und einen Stift. Ich ergatterte doch tatsächlich einen Bleistift. Nichtalle fanden am Tisch Platz. Irgendwo gab es aber zum Glück ein Plätzchen zumZeichnen. Wenn es auch nicht gerade ein nobles war.

Ich hatte es mir auf demBoden gemütlich gemacht. Ich lag auf einem Sofakissen und mein Blatt lag aufdem Holzboden. Ging doch super. Selbst auf einem Tisch konnte man nicht besserzeichnen. Che lag neben mir. Allerdings ohne Kissen.

Ich sah auf sein Blatthinüber. Aber da war nichts drauf. Ok. Wahrscheinlich wartete er auf seineInspiration, da er ziemlich abwesend wirkte. In Gedanken versunken kaute er aufdem Ende seines blauen Buntstifts herum. Sowieso sah dieser schon rechtmitgenommen aus. Bestimmt war das sein eigener. Weil niemand teilt gerne seineStifte mit so jemandem, der immer darauf herumkaut und die damit hinten vollkaputt macht. Hätte ich auch nicht gemacht.

Ich begann zuzeichnen.

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