Kapitel 2
Am nächsten Morgen wachte ich in Ardys Armen auf, im Schlaf hatte ich mich eng an ihn gekuschelt und auch jetzt genoss ich seine Wärme. Immer noch war ich ihm unendlich dankbar, dass er immer für mich da war, wenn sich so ungefähr jeder Andere von mir abwendete. Ich kannte so viele Leute, die mich unterstützten, wenn ich gut drauf war, mit denen man feiern gehen konnte oder einfach mal chillen. Aber wenn ich Sorgen hatte oder jemanden zum Reden brauchte, waren diese Leute nicht da. Ich machte ihnen keinen Vorwurf, aber trotzdem war ich umso erleichterter, dass ich Ardy an meiner Seite hatte, der sich auch um mich kümmerte, wenn ich mal eine Down – Phase hatte. Einen Brudi zu haben, dem man alles anvertrauen konnte und an dessen Seite alles Schlechte besser und das Gute unvergesslich wurde war meiner Meinung nach das größte Glück, das einem passieren konnte. Ein Brudi. Nur ein Brudi... Oder waren wir mehr? Aber darüber wollte ich gerade nicht nachdenken. Stattdessen griff ich nach meinem Handy um nachzuschauen, wie die Leute auf mein Video reagiert hatten. Auch wenn es mir gestern nicht wie etwas Wichtiges vorgekommen war, machte sich jetzt doch etwas Aufregung in mir breit. Mit einem flauen Gefühl im Magen öffnete ich die YouTube – App und klickte mein Video an. Dann scrollte ich zu den Kommentaren. Und schon nach einigen Minuten war ich vor Freude über die ganze positive Resonanz zutiefst gerührt. Natürlich waren auch einige Leute dabei, die sich aufregten, was ich denn jetzt plötzlich hier wollte, aber viel mehr freuten sich einfach über mein „Comeback" und formulierten ihre Kritik konstruktiv. Erleichterung machte sich in mit breit und ich ließ mein Handy sinken, um ein Bisschen nachzudenken. Doch dieses Vorhaben wurde von irgendjemandem vereitelt, der mir schrieb, sodass mein Smartphone vibrierte. Ein Blick auf mein Display verriet mir, dass es eine unbekannte Nummer gewesen war. Verwundert tippte ich die Nachricht an, um sie in WhatsApp zu öffnen und was ich zu lesen bekam wandelte meine Erleichterung sehr schnell in Angst um:
>> Na, Taddl, auch mal aufgewacht? Ihr seht zusammen übrigens sehr süß aus, aber trotzdem: Lass die Finger von Ardy. Eure Küsse sind nicht unbemerkt geblieben. Ach ja, es bringt dir weder etwas, der Polizei meine Nummer zu geben, noch dir selbst eine neue zu holen.
Sla <<
Krank. Das war krank! Diese Sla stalkte uns! Da das Zimmer im zweiten Stock lag und wir die Vorhänge zugezogen hatten, war es unmöglich, dass sie uns durch das Fenster beobachtet hatte. Das bedeutete, dass hier im Zimmer irgendwo eine Kamera angebracht worden war! Ohne es zu wollen glitt mein Blick suchend über Wände und Möbel, als mein Handy ein zweites Mal vibrierte.
>> Brauchst gar nicht suchen, du wirst die Cam nicht finden. Pass lieber auf, dass du Ardy nicht weckst! <<
Und tatsächlich regte sich neben mir etwas und eine verschlafene Stimme fragte: „Taddl, was ist?" „Nichts, schlaf weiter", murmelte ich abwesend. „Okay", flüsterte er und war schon wieder eingeschlafen. Seine verschlafene Stimme war so niedlich! Scheinbar bemerkte Sla meinen verträumten Blick, denn prompt bekam ich wieder eine Nachricht, die mich abrupt aus meinen Träumereien riss.
Geschieben Genervt schrieb ich zurück:
>> Was soll schon passieren? <<
Ich hatte langsam keine Lust mehr auf diese Spielchen! Aber die Antwort ließ nicht lange auf sich warten:
>> Tja, es könnte ja sein, dass von dieser hochgiftigen Flüssigkeit, die ich mir da letztens angeschafft habe aus Versehen etwas in dem Kaffee landet, den sich Ardy morgens so gerne holt. Oder dass zufällig etwas davon in seinem Essen ist, wenn ihr mal wieder unterwegs was bestellt. Ich habe ziemlich viele Möglichkeiten. Zwing mich nicht, sie auszunutzen. <<
Ich war schockiert. Ich hatte zwar damit gerechnet, dass sie eine Psychopathin war, aber dass sie nicht einmal vor Mord zurückschreckte erschreckte mich dann doch. Aber plötzlich kam mir ein Gedanke, also schrieb ich:
>> Warum solltest du ihn umbringen? Dann hast du kein Druckmittel mehr gegen mich! <<
Stolz, fast schon triumphierend über meinen Einfall schlich sich ein siegessicheres Lächeln auf meine Lippen. Allerdings wurde es sofort wieder von meinem Gesicht gewischt, als ich die Antwort las:
>> Wer sagt denn was von umbringen? Wie wäre es mit extrem starken und bedauerlicher Weise auch kaum zu behandelnden Schmerzen? Diese Flüssigkeit würde ihn nicht sofort umbringen, sondern ihn über Jahre immer mehr dahin siechen lassen. Und nur ich habe ein wirksames Gegenmittel. So wie ich dich kenne, würdest du alles tun, um da ran zu kommen. Also mach lieber freiwillig was ich sage und erspare Ardy die Schmerzen. <<
Dieses sadistische Teufelsweib! Obwohl, war Sla überhaupt ein Mädchen? In meinem Traum hatte sie zumindest lange Haare und eine weibliche Stimme gehabt, aber das musste ja nichts heißen. Mein Blick schnellte zu ihrem Profilbild und ließ mich kurz vor Schreck erstarren. Es war ein Mädchen mit langen blonden Haaren zu sehen, doch sie hatte sich wie in meinem Traum eine schwarze Kapuze ins Gesicht gezogen. Sie sah exakt so aus, wie die Horrorgestalt, die mich heute Nacht in meinem Albtraum heimgesucht hatte. Ich tippte das Bild an, sodass es groß wurde und tatsächlich glich sie meiner Traum – Vorstellung wie ein Ei dem anderen.
>> Na, wie gefällt dir mein Profilbild? <<
Kam es von Sla. Dieses Mädchen war einfach nur seltsam. Sie machte mir Angst und wusste genau das auszunutzen. Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in den Händen. Mein Handy machte ich aus, ich ertrug es nicht, ständig ihre Kommentare zu meinem Verhalten ertragen zu müssen. Nach einer Ewigkeit, in der ich einfach nur dagelegen und mir Sorgen gemacht hatte, stand ich auf und schleppte mich ins Bad. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich Augenringe bis zum Boden hatte, deswegen schaute ich schnell wieder weg. Gerade wollte ich mich ausziehen, um zu duschen, doch dann stockte ich. Hatte Sla auch in unserem Bad Kameras installiert? Mir war klar, dass sie mich garantiert sowieso schon nackt gesehen hatte, aber trotzdem behagte mir die Vorstellung beim Duschen beobachtet zu werden ganz und gar nicht, also schrieb ich ihr:
>> Sind im Bad auch Kameras? <<
Die Antwort folgte sofort:
>> Nope, ist der einzige Raum ohne Cam, war mir dann doch ein Bisschen zu privat. <<
Ach, da machte sie sich dann plötzlich Gedanken über Privatsphäre oder was? Ich wurde aus ihrem Benehmen einfach nicht schlau, ich hatte keine Ahnung, was ihre Beweggründe waren, aber wenigstens konnte ich jetzt beruhigt duschen. Nachdem ich mich wieder abgetrocknet hatte, schlurfte ich in die Küche, um mir einen Tee zu machen. Mit der dampfenden Tasse setzte ich mich wieder an den Tisch. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, deswegen schrieb ich Sla eine weitere Nachricht:
>> Und jetzt? Soll ich weiter was uploaden? Und was? <<
Ihre Antwort überraschte mich schon gar nicht mehr, erstaunlich, wie schnell ich mich damit abgefunden hatte, dass sie alles über mich zu wissen schien...
>> Du hast da doch noch andere Video Dateien auf deinem PC, zum Beispiel dieses Video im Wald. Lad die Aufnahmen alle hoch und such dir dann Etwas, das du öfter uploaden kannst, am besten ein LetsPlay. Die genauen Upload Daten sind dir überlassen, spann uns nur nicht zu lange auf die Folter, das könnte böse enden! <<
LetsPlays. Na toll. Minecraft würde ich definitiv nicht nehmen. Aber noch blieb mir ja eine Schonfrist zum überlegen, in der ich erstmal die alten Aufnahmen hochladen konnte. Dann musste ich mir was einfallen lassen. Und darauf hatte ich absolut keine Lust. Aber ich musste. Ich bekam ja schon allein davon Angstzustände, wenn ich nur daran dachte, was Ardy alles passieren könnte, wenn ich nicht gehorchte. Doch für heute hatte ich erstmal meine Ruhe, immerhin hatte ich gestern erst etwas hochgeladen, also tat ich einfach das, was ich sowieso getan hatte: einkaufen, kochen und zusammen mit Ardy essen, nachmittags dann noch versuchen, einen Liedtext zu schreiben, aber ich schaffte es nicht, irgendwas glückliches zu schreiben, alles wurde unterbewusst zu aggressiven Beleidigungen an die Menschheit, etwa so wie Sanegayama. Frustriert ließ ich meinen Kopf auf die Arbeitsplatte fallen, allerdings etwas heftiger als gewollt, denn sofort fuhr ein stechender Schmerz durch meine Stirn. Innerlich verdrehte ich die Augen über meine eigene Dummheit aber ich hatte gerade nicht die nötige Energie, geschweige denn Motivation, um in die Küche zu gehen und mir einen Eisbeutel zu holen, also blieb ich einfach liegen und begann, ganz leise zu weinen. Ich musste diese negativen Emotionen einfach loswerden!
Hui es geht weiter ^^
Bye!
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