Tanz unter Sterblichen - One Shot
Die Göttin der Weisheit sagte nicht oft von sich selbst, dass sie wirklich hübsch aussah, aber heute war sie der Überzeugung, wenigstens einmal gut auszusehen.
Ihre dunklen Haare waren zum Teil zu einem Dutt nach hinten gebunden, während der Rest gelockt bis fast zu ihrer Hüfte fiel. Einzelne Olivenblätter schmückten den Kranz an geflochtenen Strähnen, die zum Haarknoten verliefen, und betonten ihre sturmgrauen Augen, die in jeder Ansicht einer Gewitterwolke glichen.
Ihre geschmeidigen Lippen waren nur dezent mit Lippenstift bearbeitet worden, in einem blassen Rosa, um nicht zu sehr von ihrem Kleid abzulenken.
Das Kleid war nicht typisch griechisch, es hatte eher barocke Züge an sich. Eng legte sich unter dem kobaltblauen Stoff ein Korsette m ihre schmale Taille. Der V-förmige Ausschnitt war mit silbrigen Sprenkeln versehen, die wie Sterne funkelten. Unter dem ebenso glitzernden Gürtel fiel der Rock bis zum Boden, der mehrstufige, sanfte Tüll in den Farben des Ozeans, wie er ruhig in der Nacht lag.
Schuhe trug sie keine. Barfuß war ihr schon immer angenehmer gewesen, als ledrige Sandalen.
Athene legte die silberne Kette um ihren Hals zurecht. Im Anhänger, dessen Form eine Eule widerspiegelte, war ein funkelnder Saphir eingelassen.
Athene stand abseits der ganzen Sterblichen am Rande des Ballsaales. Immer noch fragte sie sich, was um alles in der Welt sie dazu gebracht hatte, einen Ball zu besuchen, unter Sterblichen hin oder her! Da schlichen sich die zwei unangenehmen Worte wieder in ihr Gedächtnis. Aphrodite und Wette. Sie hatten darum gewettet, wer beim Schach wohl siegen würde, Apollo oder Ares. Zu Athene's Pech war es Apollo gewesen und somit musste sie ihre Wettschulden einlösen - ein Abend unter Sterblichen. Und es wäre schließlich nicht Aphrodite, wenn es ein normaler Abend wäre, somit hatte sie ihr diesen hier gewählt. Einen Tanzabend. Als Athene das gehört hatte, hätte sie kotzen können.
Doch nun stand sie hier in dem großen Saal, dessen an der Decke hängenden Kronleuchter das helle Parkett zum Leuchten brachten. Alle Sterblichen sahen so langweilig aus. Die Männer in Anzügen, die Frauen in prunkvollen Ballkleidern...
Doch was sah sie da? War das etwa... nein, unmöglich. Sie war die einzige versteckte Göttin hier. Das konnte unmöglich Apollo sein. Jetzt sah sie schon Halluzinationen! Das konnte ja nur besser werden...
Athene straffte die Schultern und traute sich einen Fuß vom Buffett weg auf die Tanzfläche zu setzen. Keiner beachtete sie, die Sterblichen um sie herum tanzten, als wäre sie nur Luft. Plötzlich aber spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Sie schreckte hoch: "Wer wagt es..."
"Nur ich, Mylady", kam es mit honigsüßer Stimme zurück, die ihren Bauch sofort kribbeln ließ. Langsam sah sie auf und keine Sekunde später wünschte sie sich, sie hätte es gelassen. In Filmen würde um den Kopf des Mannes nun goldenes Licht leuchten. Seine rabenschwarzen Haare waren perfekt nach hinten gekämmt und ein Der-Tage-Bart zierte das kantige Kinn. Das Lächeln war sowohl breit als auch süß und Athene brachte nur ein nervöses: "Äh...", heraus.
"Freut mich, Sie zu sehen", flüsterte er und griff nach ihrer zittrigen Hand, "gegen einen Tanz haben Sie doch nichts, oder?"
"Doch!", hätte sie am liebsten geschrien, doch da ihr Mund wie ausgetrocknet war, verließ nicht mal ein widerstrebendes Krächzen ihre Kehle. Sie würde absolut versagen. Sie war zwar die Göttin der Weisheit, dass hieß aber lange nicht, dass sie wusste, wie man tanzte...
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