⚜4. Begegnung bei Nacht⚜
Silberner Vollmond hoch am Himmelszelt,
Mysteriöser Mann mit silbernen Wolf,
Sie alle ziehen mich an.
Es kam kühler Wind auf und vertrieb die wenigen Wolken am Nachthimmel. Es war eine recht milde Nacht, welche auf ihre Weise zum Spazieren gehen einlädt. Die vielen glitzernden Sterne, die wie Diamanten funkeln. Der volle, hellerleuchtete Mond, welcher in der Schwärze der Nacht, wenigstens etwas Licht reinbringt. Das mystisch wirkende silbrigen Licht vertrieb die düster wirkenden Schatten nicht vollständig. Es reichte jedoch, um etwas beruhigter draußen zu sein und den Weg zu sehen.
Elisabeth stand am Fenster und blickte hinauf zum Mond. Dessen Licht ließ ihre sonst so grauen Augen, etwas bläulich erscheinen.
Sie fand einfach keinen Frieden in der heutigen Nacht. Woran es lag?
Sie hatte keine Ahnung.
Vielleicht ja an den aufschlussreichen Tag. Oder lag es an etwas ganz anderem?
Etwas, was sie noch gar nicht wissen konnte. Nur ihr Unterbewusstsein ahnte es bereits.
Doch das würde Elisabeth erst später mit Sicherheit sagen können.
Sie wandte sich vom Fenster ab und sah zu Melli. Diese schlief seelenruhig in ihrem Bett. Langsam und gleichmäßig hob und senkte sich ihre Brust. Ein liebevolles Lächeln umspielte die Lippen von der jungen blonden Frau.
„Bis später“, flüsterte Elisabeth leise und deckte ihre Freundin noch richtig zu, ehe sie aus dem Raum ging. Hinaus in die milde, vom Mond erhellten Nacht. In der Hoffnung so wieder ihre innere Ruhe zu finden und endlich schlafen zu können, immerhin wird morgen wieder ein anstrengender Tag.
Tief atmete sie die frische Luft ein und lauschte den Klängen der Nacht. Hier und da war sogar der Schrei einer Eule zu hören. Immer weiter trugen sie ihre Füße davon. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie ging. Es war für sie auch nicht wichtig. Einzig alleine die Stille und Ruhe der Nacht war nun von Bedeutung. Ihr aufgewühltes inneres kam nach und nach Ruhe. Dennoch ging sie weiter. Etwas zog sie.
Das Heulen eines einzigen Wolfes ertönte und durchbrach, die eigentliche Symphonie der Nacht.
Elisabeth blieb stehen und lauschte. Hatte sie nicht genau dieses heulen bereits gestern Abend gehört?
Es bestand kein Zweifel, es muss der gleiche Wolf sein. Sein Klang war unverwechselbar. Er hatte was Suchendes an sich. Dieser Klang spiegelte gerade sehr gut ihr inneres wider. Etwas ließ sie nicht in Frieden und sie suchte nach dem Grund.
Ihre Augen richteten sich auf den düster wirkenden Wald. Selbst der Mond schaffte es nicht, ihn weniger bedrohlich erscheinen zu lassen. Die Äste sahen noch immer aus wie dünne knochige Finger. Das fahle Licht verstärkte diese Wirkung eher, als dass es sie verringerte.
Der jungen Frau lief es kalt den Rücken runter und dennoch konnte sie nicht ihren Blick abwenden. Normalerweise würde sie niemals in der Nacht alleine in den Wald. Doch heute war es anderes. Etwas tief in ihr wollte... nein... verlangte sogar, dass sie hineinging und dennoch zögerte sie.
Wieder erklang das Heulen. Es war näher als vorher.
Jeder andere wäre nun gegangen.
Nicht sie.
Sie stand unverändert dort. Suchend sah sie in den Wald.
Etwas war da. Es hielt sie dort fest, ließ sie kein Schritt fort machen. Im Gegenteil, sie setzte langsam ihren Fuß in Richtung Wald.
Erst einen und dann noch einen. Vielleicht fand sie dort ja einen Grund für ihre Unruhe.
Ein weiteres Mal ertönte das Heulen des Wolfes. Es war leiser und doch in ihrer unmittelbaren Nähe. Mit schnellen Kopfbewegungen sah sie sich um und versuchte ihn ausfindig zu machen.
Plötzlich tauchte er auf.
Lautlos war er zwischen den dunklen Bäumen hervorgekommen. Sein Fell schimmerte Silber im Licht des Mondes. Seine bernsteinfarbenen Augen funkelten auf, als sie die junge Frau erblickten und fixierten sie sogleich.
So standen sich beide gegenüber und sahen sich wie erstarrt in die Augen.
Eine angespannte Stimmung breitete sich immer weiter aus. Keiner rührte auch nur einen Muskel.
Wird das wilde Tier sie nun anfallen oder würde er gleich wieder abziehen? Elisabeth Herz raste wie wild in ihrer Brust. Jeder ihrer Muskeln waren aufs äußerste angespannt, bereit sie jeden Moment zu benutzen.
Plötzlich legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Ihr ganzer Körper zuckte vor Schreck zusammen und ein Schrei entwich ihrer Kehle. Doch dieser wurde von einer weiteren Hand gestoppt und gedämpft. Ihr Herz überschlug sich beinahe. Sie hier ihrem Atem an. Wer war das und was passiert jetzt?
"Pscht...ganz ruhig."
Es war eine tiefe aber warme Stimme und dennoch lief es der jungen Frau eiskalt den Rücken hinunter. Was wollte er von ihr? Er wird sie doch nicht etwa... Panik stieg in ihr auf und ließ ihren Körper erzittern.
Leise fing sie an zu wimmern und Tränen traten in ihren Augen.
Ein seufzten, erklang hinter ihr. Im nächsten Moment spürte sie auch schon seinen Atem im Nacken. Erschrocken atmete sie ein und schluckte schwer. Stoßweise atmete sie aus. Ihre Lippen zitterten, während sie nach Worten ringt.
"Ich werde euch nichts tun. Doch wenn ich euch loslassen...bitte schreit nicht."
Elisabeth nickte sofort. Kurz schien der Fremde zu zögern. Abzuwägen, ob er ihr vertrauen kann. Eindringlich betrachtete er ihre zierliche Gestalt vor ihm. Doch dann nahm er seine Hände von ihr. Sofort stolperte sie ein paar Schritte von ihm weg und unwissentlich auf den Wolf zu. Erst als dieser knurrte, erstarrte sie wieder. Mit ängstlichen Augen sah sie abwechselnd zwischen den beiden hin und her.
Wie kam sie den nur da wieder raus?
Der Fremde pfiff einmal und sofort kam der Wolf zu ihm. Überrascht sah Elisabeth zu den beiden. Also gehörte der Wolf zu ihm. Es war schon ein wenig beruhigend, auch wenn so der Mann eine größere Gefahr darstellte. Aber sie war nicht mehr umzingelt und hatte somit eine Fluchtmöglichkeit. Auch wenn sie bestimmt denn kürzeren ziehen würde, falls die beiden sie dann verfolgen.
"Was macht ihr hier so alleine im Wald? Es ist viel zu gefährlich."
Elisabeth atmete erleichtert aus. Ihre Muskeln entspannten sich wieder, ebenso normalisierte sich ihre Atmung. Warum sie sich entspannt, konnte sie nicht genau sagen. Vielleicht lag es ja an dem beruhigenden Klang seiner Stimme oder seiner entspannten Haltung.
Er strich seinen Wolf über das Fell. Dieser schmiegte sich an seine Hand und schloss genüsslich seine Augen. Es brachte so viel Frieden in den ganzen Moment. So ein Mann konnte einem doch nichts Böses antun können...
"Verzeiht... Doch..." Sie brach ab und legte ihren Kopf etwas schräg. "Ich könnte euch dasselbe fragen." Ihre Arme verschränkte sie vor ihrer Brust, während sie auf eine Antwort von ihm wartete.
Ein amüsiertes Schnauben erklang. "Nun, ich bin auf der Jagd. Doch etwas so Schönes zu finden, wie ihr, hätte ich nicht gedacht." Er musterte sie von oben bis unten. Selbst in diesem spärlichen Licht, war sie in seinen Augen eine Schönheit, von der er seinen Blick nicht abwenden konnte.
Elisabeth errötet leicht und blickte zum Boden. "Danke. Doch wieso habt ihr eine Kapuze auf?" fragte sie, um von sich abzulenken und sie war einfach nur neugierig. Zu gerne würde sie wissen, wie er aussah.
"Nun erst sagt, mit wieso ihr hier alleine am Wald seit?" stellte er eine Gegenfrage und brachte sie damit ein wenig zum Schmollen. Was ihm wiederum zum Lächeln brachte. Einen kurzen Moment blickten sich die beiden in die Augen. Schlussendlich gab sie klein bei und beantwortete seine Frage.
"Um ehrlich zu sein...weiß ich es nicht so genau. Es war so als hätte mich der Mond gerufen. Genauso wie es der Wald tat, als hätte er mich an unsichtbaren Fäden zu sich gezogen." Ihr Blick ging direkt zum Mond.
Silbernes Licht tauchte sie in den Moment komplett ein. Der Anblick verschlägt dem Fremden die Sprache. Selbst seine Hand, welche über das Fell des Wolfes fuhr, hielt inne. Sofort bewegte sich dieser und holte den Mann aus seiner Starre. Er räusperte sich leise, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.
"Verstehe...dennoch wäre mir wohler, wenn ihr nun heim geht und ich euch begleiten darf." Mit einem eindringlichen Blick sah er zu ihr. Diesen spürte sie auch ohne, dass sie dafür seine Augen sehen musste.
Sie seufzte leise und strich sich eine Strähne zurück. "Ok einverstanden." stimmte sie zu. Er hatte recht. Es war spät und gefährlich alleine hier draußen zu sein. Gerade für eine Frau.
So gingen beide nebeneinander zurück zu dem Waisenhaus. Immer wieder sahen sich beide verstohlen an. Sie fühlten sich miteinander verbunden. Doch keiner traute sich, etwas zu sagen. Oder vielmehr wusste nicht so recht wie sie ein Gespräch anfangen sollten. So beließen sie es bei Blicken.
Vor dem Haus drehte sich Elisabeth zu ihrer neuen Bekanntschaft und machte einen Knicks. "Herzlichen Dank, dass ihr mich nach Hause begleitet habt."
Er verbeugte sich ebenfalls. "Es war mir ein Vergnügen. Lebt wohl." Mit diesen Worten erhob er sich und wandte sich zum Gehen. Als ihre Stimme ihn innehalten ließ.
"Wartet, wieso trägt ihr die Kapuze und zeigt mir nicht euer Gesicht?"
Der junge Mann fing an, zu grinsen. Also hatte sie es doch bemerkt, dass er diese Frage nicht beantwortet hatte. Er drehte sich um und ging auf sie zu. Dich vor ihr blieb er stehe und küsste sie flüchtig. "Um meine Identität zu verbergen." hauchte er noch an ihren Lippen, ehe er fort ging.
Sie sah ihn an und konnte gar nicht so schnell reagieren. Perplex sah sie ihm nach. Wieso musste er seine Identität geheim halten? Wer war dieser mysteriöse Mann? Wieso hatte sie es zugelassen, dass er sie küsste?
Ihre Hand ging zu ihren Lippen und berührten diese sanft. Ein leichtes Lächeln schlich sich dabei auf ihr Gesicht. Es war egal, wieso. Es war angenehm gewesen und aufregend.
Nur schade, dass sie seinen Namen nicht wusste.
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