⚜3. Unentschlossen ⚜
Wie eine Mutter behütest du mich.
Wie eine Mutter gibst du mir Tipps,
und ich...ich gehorche dir.
Der kleine verletzte Vogel saß nun in einem kleinen Käfig auf einer Stange. Er sah nicht sonderlich zufrieden aus. Aber kann man ihm das verübeln? Schließlich war er jetzt ein Gefangener und wurde seiner Freiheit beraubt. So wie es dem Vogel erging, würde es nicht auch Elisabeth ergehen, wenn sie Sir Henry heiratete. Vielleicht täuscht sie sich ja aber auch.
"Elisabeth auf ein Wort!" erschallte eine strenge weibliche Stimme hinter der jungen Frau und dem kleinen Mädchen. Anne war zusammengerückt und sah ängstlich zur Tür. Elisabeth drückte sie kurz an sich, ehe sie zur Tür ging. "Kümmere dich weiter um den kleinen Vogel." Die Kleine nickte und sah ihr nach.
Mit eiligen Schritten machte sie sich auf den Weg zu der Heimleiterin. Eins hatte sie in den vielen Jahren gelernt, in denen sie ihr war. Lass die Heimleiterin niemals warten, denn das hasst sie zutiefst. Pünktlichkeit ist eins ihrer höchsten Prioritäten. Allerdings lief sie nicht, denn eine Dame hat nicht zu rennen. Auch eine von den Regeln der Heimleiterin.
"Miss Zirenna. Sie haben gerufen." Elisabeth knickste vor ihr. Die ältere Frau ihr gegenüber musterte sie streng und genau. "Nun hast du mir nichts zu sagen?" Ihre Stimmlage ließ einem vermuten, dass sie bereits alles wusste und es nur von Elisabeth selbst hören wollte.
Die junge Frau wusste sofort, worauf ihre Erziehungsberechtigte hinauswollte. Es ging um ihr Gespräch mit Sir Henry. Nein viel mehr wie dieses zu Ende ging. Trotz dass es ihr bewusst war, antwortete sie nicht sofort auf ihre Frage.
Sie senkte ihren Kopf. "Es tut mir leid... Ich hätte nicht so einfach fort gehen sollen." Eine Hand legte sich unter ihrem Kind und hob dieses sanft an. Ihre Miene war nun sanfter und mehr die eine liebenden Mutter. "Meine Liebe, das ist wahr. Ihr hättet es nicht tun sollen. Aber nun wissen wir es genau, er will dich."
Eindringlich sah sie der jungen Frau in die Augen. "Das musst du dir zunutze machen. Ich rate dir ja zu sagen, wenn er dich fragt." Leicht schluckte Elisabeth und nickte zaghaft. Dem Blick der Heimleiterin konnte kaum einer standhalten. Es wirkte beinahe so, als würde sie einem tief in die Seele blickten. Einem Blick, dem man nicht entkommen kann.
Zufrieden richtete sich Miss Zirenna auf und ließ das Kinn von ihrer Schutzbefohlenen los. "Ich wusste du verstehst es und jetzt lass uns das Essen machen, schließlich gibt es hungrige Mäuler zu stopfen." Ihre Stimme war nun viel gelassener und lockerer. Auch ihre Augen strahlten eine gewisse Wärme aus.
Augenblicklich fühlte sich Elisabeth wieder wohler und entspannte sich. Ein Lächeln schlich sich auf ihren Lippen, während sie nickte. Sogleich machte sie sich daran, den Ofen anzuheizen. In der Zwischenzeit schnippelte die Heimleiterin das Gemüse. Alles ging bei den beiden Hand in Hand. Sie brauchten sich nicht viel verständigen. Wüsste man nicht, dass sie nicht verwandt sind, so würde man sie gerade wahrlich für Mutter und Tochter halten.
Leise fing Elisabeth an, eine Melodie zu summen, während sie den Eintopf umrühren. Die Heimleiterin hörte ihr still zu. Sie saß auf einem Stuhl und strickte. Eine gewisse Harmonie voller Geborgenheit breitete sich aus. Beide genossen dies, in dem Wissen, dass sie nicht mehr lange dauert. Sobald die kleinen kommen würden, war es mit der Ruhe vorbei.
"Läute doch bitte die Glocke." Die Heimleiterin hatte sich erhoben und löste Elisabeth am Herd ab. Diese nickte nur und begab sich zur Tür. An dessen Rahmen hing eine gusseiserne Glocke mit einer Schnur.
Mit Schwung läutete die junge Frau diese und ein voller, lauter Klang durchdrang das Gebäude.
Die Glocke war noch nicht einmal verklungen, schon hörte man die Kinder. Viele von ihnen waren in ein Gespräch verwickelt. Inmitten dieses Stimmengewirrs hörte man ein Baby weinen. All diese Geräusche wurden lauter.
Die Kinder gingen einzeln in die Küche und zeigten Elisabeth brav ihre Hände. Zuletzt kam Melli mit dem jüngsten Mitglied, der Waisenhausfamilie. Noch er die Blonde etwas sagen konnte, erschien die Heimleiterin neben ihr und nahm Melli das weinende Baby ab.
Es dauerte nicht lange und es hatte sich in ihren Armen beruhigt. Eins muss man ihr lassen, gerade mit Babys, aber auch mit Kindern allgemein, konnte sie umgehen. Sie scheint dafür einfach ein magisches Händchen zu haben. Gerade die Kleinsten unter den Waisenkindern liebten sie sehr und vertrauten ihr vollkommen.
"Geht schon mal rein und sorgt für Ordnung. Ich kümmere mich erstmal um den Kleinen." Sie gab ihm einen Kuss auf die Stirn, ehe sie mit dem Kleinen auf dem Arm verschwand. Sie brauchte keine Antwort von den beiden jungen Frauen abzuwarten. Sie vertraute beiden, dass sie diese Aufgabe gewissenhaft ausführen.
Elisabeth und Melli sahen ihr noch eine Weile nach. "Oh Mann. Immer wieder erstaunlich. Da fühlt man sich irgendwie schon schlecht." Elisabeth legte ihrer Freundin ein Arm um die Schulter. "Ach komm schon, irgendwann wird auch aus dir eine herausragende und wunderbare Mutter." "Ach Elli." kopfschüttelnd sah Melli ihre Freundin an. Diese grinste sie frech an.
"Aber ich glaube, du eher." Die Brünette stupste ihre Freundin an und grinste verdächtig. Elisabeth rollte mit den Augen. "Das ist doch gar nicht gesagt. Aber wenn wirst du die Patentante." Melli sah mit vor Freude glitzernden braunen Augen zu ihr. "Das ist schön. Doch nun lass uns rein, bevor die Küche nicht mehr steht." Beide fingen bei ihren Worten an zu lachen und begaben sich in die Küche.
Nachdem so weit die kleinsten im Bett waren und auch sonst die Arbeit für heute getan war, saßen die beiden Freundinnen auf einer Bank vor dem Haus. Still betrachteten sie, wie der Himmel von einem warmen rot immer weiter zu einem dunklen blau, mit viele leuchtenden Punkte wurde. So als würden sich abertausende Glühwürmchen dort oben versammeln.
"Klingt es komisch, wenn ich dir sage, dass ich nicht weiß, ob ich die Verbindung mit ihm will?" Durchbrach Elisabeth die Stille.
Melli blickte nachdenklich zum Himmel. "Nein. Es ist immerhin eine weitreichende Entscheidung. Dennoch..." Sie machte eine Pause und sah ihre Freundin mit ihren haselnussbraunen Augen an. Dabei vielen ihr ein paar Haarsträhnen in ihrem Gesicht und verleiten diesem eine gewisse Sanftheit.
"Eine Frau hat in unseren Zeiten nicht viel zu sagen und braucht einen Ehemann." Beendete die Blondine, den Satz von Melli. Diese nickte nur und sah hinauf zu den Sternen.
"Trotzdem vergewissere dich, denn ich möchte, dass du glücklich bis. Ich finde, das haben wir gerade verdient." Elisabeth sah ihre Freundin eine Weile nur mit großen Augen an. Diese Worte hätte sie nicht von ihr erwartet. Umso mehr freute sie sich darüber. "Das werde ich." Hauchte sie leise und sah ebenfalls wieder zum Himmel hinauf.
Mittlerweile war die Sonne vollständig verschwunden und die Nacht hat nun Einzug gehalten. Die Luft kühlte weiter ab und gab Erleichterungen für alle. Hoch hoben, prangte hell der Mond. Sein silbernes Licht verlieh alles, was dieses berührte, einen mystischen Touch. Perfekt dazu passend, ertönte der Schrei einer Eule aus dem nahegelegenen Wald, welcher sich nun nur noch schwarz von der Umgebung abhob.
Unbeirrt davon saß den die beiden jungenFrauen auf der Bank. Erst nachdem weitere Minuten verstrichen waren, erhob sich die Brünette und streckte sich ausgiebig. "Lass uns nun auch schlafen." Elisabeth nickte und erhob sich. Melli ging schon mal zur Tür. Dort angekommen wartete sie auf ihre Freundin. Ein letztes Mal sah Elisabeth sich noch zu dem dunklen Wald, als das einsame Geheul eines Wolfes erklang. Es durchdrang sie vollkommen und zog sie zugleich an. Tief atmete die junge Frau durch und ging schlussendlich zu ihrer Freundin.
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