12 - Wie viele Kissen braucht ein Mensch?
Sowie ich mit Harry mein Zimmer betrat, blieb er wie angewurzelt stehen und riss die Augen auf. Ich musste leise lachen und sah mich ebenfalls um. So schlimm war es gar nicht, der Boden war nur ein wenig übersäht mit Klamotten der letzten Tage. Neben meinem Bett stand noch der Eimer, den Harry mir hingestellt hatte.
"Sag mir bitte, dass der leer ist!" sprach er mit angewidertem Blick auf den blauen, kleinen Eimer.
"Natürlich!" antwortete ich brüskiert und nahm ihn, stellte ihn in meinem kleinen Bad unter das Waschbecken zurück und überprüfte für eine Sekunde mein Spiegelbild, ehe ich zurück zu ihm ging.
Harry hatte sich im Schneidersitz auf mein Bett gesetzt, die Pizza auf dem Schoß platziert und sah zu mir. Ich beeilte mich, die Kleidungsstücke aufzuheben und sie in den Wäschekorb zu schmeißen, dann ließ ich mich neben ihm auf meinem Bett nieder.
"Jetzt besser?"
Harry schmunzelte und nickte leicht, strich sich einige Strähnen hinter das Ohr und öffnete den Pizzakarton. Eine unglaublich duftende Peperoni Pizza kam zum Vorschein und mir lief praktisch sofort das Wasser im Mund zusammen.
"Du weißt echt, wie du mich rumkriegst", sprach ich seufzend und sein Lachen ertönte in meinen Ohren, hinterließ ein wohliges Nachklingen in meinem Bauch.
"Minzduschbad und Pizza?"
"Ganz genau!" antwortete ich und strahlte ihn an. Er grinste und hielt mir den Karton hin, doch das Klopfen an meiner Zimmertür unterbrach mich bei dem Vorhaben, ein Stück daraus zu entnehmen. Ich verdrehte die Augen und stand auf.
"Einen Moment", sprach ich und ging zur Tür, öffnete sie ein Stück und blickte direkt in die braunen Augen von Zayn, der an meinem Türrahmen lehnte und mich frech angrinste. "Na, Schöner?"
Ich seufzte und verschränkte die Arme. "Was suchst du denn hier?" fragte ich ihn kühl.
Er musterte mich und leckte sich über die Lippen, sein Blick fand meinen und er lächelte weiter. "Ich wollte mich bei dir entschuldigen für die Nummer im Club und die Nummer vor dem Club. Ich habe da was falsch interpretiert offensichtlich", sagte er ruhig und ich hob überrascht eine Augenbraue.
"Gut, das hast du jetzt. Meine Aussage im Pub steht jedoch immer noch. Ich will das nicht wiederholen!"
Er schnalzte leicht mit der Zunge, stieß sich vom Türrahmen ab und wollte auf mich zukommen, doch ich hob die Hand und drückte ihn sanft weg von mir.
"Ich habe noch ein Abenteuer für dich, Louis. Hast du keine Lust?" fragte er mit unschuldigem Blick, seine Stimme klang alles andere als unschuldig.
"Nein!" antwortete ich ihm klar und er grinste nun mehr.
"Wieso nicht?"
Ich spürte Harry, der hinter mir auftauchte und die Hand am Türrahmen abstützte, während seine Brust sich gegen meinen Rücken lehnte, kaum spürbar, doch es verschaffte mir eine Gänsehaut.
"Hey, Zayn. Wieso haust du nicht ab? Louis ist beschäftigt", sprach er mit ruhigem Ton und für einen Moment verlor der Schwarzhaarige vor uns die Fassung, doch es dauerte nur einen Wimpernschlag, ehe er Harry arrogant musterte. Dann glitt sein Blick wieder zu mir.
"Ruf mich an, Louis. Ich freu mich schon drauf."
Mit den Worten und einem Augenzwinkern in meine Richtung ging er und ich schlug seufzend die Tür zu. "Das tut mir leid, Harry. Ich wusste nicht, dass er hier vorbei kommen würde", sagte ich, während wir uns zurück auf das Bett setzten. Schuldbewusst sah ich ihn an. Der Lockenkopf sah mich jedoch an und lächelte nur ruhig.
"Ich weiß, wann ich Konkurrenz vor mir habe. Und er ist keine."
"Was macht dich so sicher?" fragte ich, während ich mir nun endlich ein Stück der Pizza stahl und einen Bissen nahm. Neugierig sah ich ihn an dabei.
Harry lehnte sich zurück und seine Armmuskeln spielten bei der Bewegungen, wurden deutlich sichtbar und ich sah für eine Sekunde hin, bevor ich mich wieder sammelte.
"Naja, vor allem der Fakt, dass du mich so ansiehst, als wäre ich gerade nackt, obwohl ich angezogen bin."
Röte erschien auf meinen Wangen. "Und was noch?" fragte ich ihn leise.
Harry nahm mir das Stück Pizza aus der Hand und biss ab, ehe er es mir wieder hinhielt und mich nun einen Bissen davon nehmen ließ.
"Weil wir zwei perfekt zusammenpassen", raunte er.
Ein wohliger Schauer durchfuhr meinen ganzen Körper und ich starrte ihn an, unfähig, irgendetwas zu sagen. Harry schien vollkommen perfekt zu sein und in meinem Kopf meldete sich eine kleine Stimme, die mich fragte, wann er sich als Arschloch entpuppen würde. Seine grünen Augen lagen auf mir und schienen mich zu durchbohren, während ich nichts weiter konnte, als mich darauf zu konzentrieren, dem durchdringenden Blick standzuhalten. Seine Grübchen erschienen, als er begann zu lächeln, trübten meine Gedanken, bis da nur noch ein Wirbelwind aus Emotionen war, die mir maximales Herzrasen bescherten.
Die Luft in meinem kleinen Zimmer wurde dicker und man hätte sie wohl mit einem Messer schneiden können, zumindest fühlte es sich so für mich.
"Wirst du mir wehtun?" fragte ich ihn leise.
Er ließ die Hand mit der Pizza sinken und sah mich verblüfft an. Automatisch sank mir das Herz in die Hose, denn es laut auszusprechen war nicht geplant gewesen. Ganz und gar nicht.
"Wo kommt das denn her?" fragte er mich, was ich mit einem Schulterzucken quittierte.
"Vergiss es. Ich wollte das gar nicht sagen", antwortete ich.
"Aber..." fing er an, ich schüttelte den Kopf. "Sorry, vergiss die Frage bitte!" unterbrach ich ihn und nahm mir Pizza, verputzte das Stück schnell. Mit vollem Mund konnte man keine dummen Sachen sagen, also sah ich zu, dass der Zustand so blieb.
Doch jede Pizza, so schwer das auch zu akzeptieren war, fand irgendwann ihr Ende. Und als ich auch die letzten Krümel aus dem Karton gefischt hatte, waren wir offiziell fertig mit dem Abendessen.
Harry stellte den Karton weg und musterte mein Zimmer. Es war spärlich eingerichtet, nur wenige Fotos und ein paar Poster von Fußballern schmückten die Wände um uns herum. Ansonsten hatte ich keine Deko, ich hatte einfach kein Auge dafür. Auf dem Nachttisch stand ein gerahmtes Foto von mir und Niall, als wir noch Kinder waren und gemeinsam in der gleichen Fußballmannschaft unser erstes Spiel gespielt hatten. Wir grinsten wie Honigkuchenpferde in die Kamera. Ich liebte das Bild, weil wir so glücklich aussahen.
"Was wollen wir jetzt machen?" fragte ich Harry, der zu mir sah. "Hast du Lust, einen Film anzusehen?" schlug er vor.
Sofort nickte ich und fischte nach dem Laptop, öffnete ihn und steckte vorsorglich das Ladekabel an, ehe ich mich gegen meine Kissen lehnte und neben mich klopfte. Harry grinste schief, zog die Schuhe aus und legte sich neben mich.
Wir entschieden uns für einen Thriller, starteten ihn und ich löschte das Deckenlicht. Nun war die einzige Lichtquelle der Laptop, draußen war es bereits dunkel geworden und im Allgemeinen war eine angenehme Ruhe eingekehrt. Nur das Licht der Laternen schien schwach durch das Fenster und erzeugte so eine gedimmte Atmosphäre. Sofort fühlte ich mich in einen Collegefilm versetzt und lächelte selig, als der Lockenkopf den Arm um mich legte und mich an sich zog. Ich kuschelte mich an ihn, stellte den Laptop auf unseren Beinen ab und seufzte zufrieden.
Harry schien sich ebenfalls zu entspannen, denn er fing an, über meinen Bauch zu streicheln und sanfte Kreisbewegungen zu erzeugen, die mich augenblicklich tiefentspannt werden ließen.
"Ich habe nicht vor, dir wehzutun..." flüsterte er irgendwann.
Ich sah zu ihm hoch und er lächelte mich sanft an, legte seine Hand an meine Wange und streichelte mich sanft, dann ließ er seine Lippen auf meine sinken und zog mich in einen sanften Kuss damit. Ich erwiderte sofort, drehte mich leicht zu ihm und legte den Arm um seinen Bauch. Der Kuss blieb ruhig und unschuldig, bis er irgendwann endete und Harry mir zum Abschluss einen Kuss auf die Stirn gab.
Zufrieden sahen wir den Film weiter, bis ich die Müdigkeit spürte. Immer wieder nickte ich ein, versuchte mich jedoch krampfhaft wach zu halten. Ich wollte keine Sekunde verpassen, nicht eine einzige.
"Du bist müde, ich sollte gehen", sprach er irgendwann und machte tatsächlich Anstalten, aufzustehen.
"Bleib!" sagte ich sofort und wir sahen uns an.
"Sicher?" hakte er nach.
Ich nickte. "Schlaf einfach hier. Wenn du magst...", sagte ich leise.
Harry stand zu meinem Unmut auf und für einen Moment dachte ich, er wolle doch gehen, doch dann fing er an, sich auszuziehen.
Er entkleidete sich bis auf die Unterhose, ehe er sich wieder neben mich legte und mich musterte. "Willst du die Jogginghose loswerden?" fragte er frech.
Leise musste ich lachen, ehe ich aufstand und mich auch meiner Kleidung entledigte. Kurz darauf legte ich mich neben ihn, zog die Decke über uns und stellte den Laptop neben uns ab, auf dem noch immer der Film lief, doch ich hatte längst den Faden verloren. Zu fokussiert war ich auf den wunderschönen Mann, der hier neben mir lag und es sich gerade inmitten meiner unzähligen Kissen, die das halbe Bett einnahmen, gemütlich machte.
"Wie viele Kissen braucht ein Mensch?" fragte er amüsiert.
"Immer zwei mal mehr, als du annehmen würdest!" antwortete ich und kuschelte mich in seine Arme, er quittierte es, indem er mich fester und näher an sich zog.
"Und hier haben wir Grund Nummer drei, wieso ich Zayn nicht als Konkurrenz sehe", murmelte er kaum hörbar.
"Und der wäre?" fragte ich leise nach, lauschte seinen Atemzügen.
"Weil du in meinen Armen liegst und nicht in seinen", flüsterte er und küsste meinen Kopf. Lächelnd schloss ich die Augen und atmete tief ein und aus.
"Schlaf gut, Harry", wisperte ich.
"Schlaf gut, Louis."
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