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Erst als Kyl ihre Alpträume nicht mehr länger ertragen und ihren Seelenschmerz nicht mehr aushalten konnte und doch noch zu ihr ins Bett und unter die Felle schlüpfte, ihr seine Wärme gab, seine Nähe und seinen Schutz durch seine Berührung und sanftes Streicheln über ihr wundervolles Haar, wurde sie endlich ruhiger und schlief tiefer und diesmal vollkommen traumlos weiter, während er nun neben ihr wachte, mit heiß brennender Seele.
Er machte auch wirklich alles falsch was man nur falsch machen konnte.
Statt sie durch seinen Taten zu ehren oder zu beruhigen, quälte es sie. Doch ... alles quälte sie gerade, ganz egal was er tat. Ob er nun neben ihr lag oder auf dem Boden, ob er ging oder bei ihr blieb. Es war nun fast schon wie bei Nialkaron und seiner Natalie am Anfang, überlegte er betroffen. Er konnte es nicht richtig machen und sie bemerkte noch nicht einmal wie sehr er mit ihr litt, oder wie liebevoll seine Blicke auf ihr ruhten.
Eine Tak wäre da sicher aufmerksamer ... aber gewiss auch nur eine ältere Tak, die wusste worauf sie achten musste.
Lena war aber schlicht und einfach noch zu jung und unerfahren.
Er wärmte sie, beschützte sie vor weiteren bösen Täumen und strich weiter sachte über ihr loderndes Haar, wann immer sie zu zittern oder sich zu verkrampfen begann und stellte sich vor es sei einzig nur ihr so empfindsame entblößte Seele, die er da gerade hielt. Stellte sich vor sie würde ihn wirklich sehen und das in ihm finden, was da war. Viel größere Verehrung für sie und ihr Sein als er es jemals einer anderen Frau entgegengebracht hatte. Selbst seiner Mutter nicht. Nie so wie gerde bei Lena! Er schlief nicht, er wachte, er ruhte dich lediglich ein wenig aus und spürte in sie, lockerte mehrmals ihre verhärtete Muskulatur am Bauch und ruhte dann wieder ein wenig, bis der neue Tag heraufdämmerte.
Noch bevor sie richtig erwachen konnte, da sie sich leise murmelnd zu regen begann, stand er auf und beschloss sie nun tatsächlich erst einmal ein eigenes Leben mit eigenen Interessen und ebenso wahren Freunden finden zu lassen und sich selbst eine eigene, dienende Aufgabe suchend, wie er es angekündigt hatte und halten musste, zu den Jemay auf den Übungshügel zu begeben, um das Morgentraining der Jünglinge mit anzusehen und vielleicht auch wieder selbst dabei mitzutun.
Sein Ohmo hatte immer stolz und grimmig am Rand gestanden und nur zugesehen wie die Meister die Jünglinge durch die Übungen führten und herausforderten.
Doch er hatte kaum noch einmal selbst sein Schwert gezogen und mitgetan, nur im Kampf gegen wirkliche Feinde hate er es geführt.
Das hatte er als Jüngling stets vermisst, denn ein Hochlord und Meister der hohen Kunst musste doch seine Stärken demonstrieren und auch lehren. Musste doch seinen Kriegern gleich stehen und ihnen ein Blutbruder sein. Seite an Seite, so wie man es sie in den Tempeln der hohen Kunst lehrte.
Nachdem er sich angezogen hatte kehrte er noch einmal kurz zu Lena zurück und strich ihr ein letztes Mal sachte über das Haar. Sie murmelte irgendwas von warm, dann schlief sie gleich wieder ein und drehte sich seufzend auf die andere Seite.
Er lächelte kurz und erhob sich als ein kühler Wind durch den Vorhang hereinglitt. Die Dienenden hatten schon die Tore geöffnet, um den neuen Tag und die nun umschlagende Witterung zu begrüßen.
Kyl trat vor den Vorhang hinaus und nickte den beiden Jemay zu, die davor Wache hielten.
„Wenn Meine Lady sich erhebt und den Tag beginnt, bleibt ihr unauffällig in ihrer Nähe. Sie soll machen was sie möchte, hingehen wo immer sie hin will, sich ansehen was ihre Neugierde weckt.
Wenn ein Richtspruch zu fällen ist ruft ihr sie einfach, oder bringt den zu Richtenden Einfach zu ihr.
Wenn Kinder zu segnen sind, lasst die Tak sie fragen, nur ruft mich wenn ihr merkt dass sie sich zu sehr erschöpft. Dann werde ich meine Lady zurück geleiten. Ich ... werde nun derweil beim Training der Jünglinge mittun, ... denke ich. - Im Schwertkampf."
„Es ehrt dich Kyl. Wir haben uns schon gedacht dass du nicht so wie Hebronar sein wirst, sondern dir ebenfalls eine wichtige Aufgabe zuordnest. - Erst recht nach dieser herrscherlichen Rede gestern.
Und die alternden Meister können wirklich Hilfe gebrauchen, so wie die Jünglinge eine ordentliche Lektion. Sie vermissen es sich an dir zu messen, mein Hochlord.", verneigte sich Aren verschmitzt lächelnd vor ihm und grinste kurz. Sein älterer Bruder Feth, stieß ihm den Ellebogen in den Magen. „Kyliander heißt unser Hochlord!", knurrte er den Jüngeren grob an und verneigte sich vor Kyl, wobei er verschmitzt zwinkerte.
„Wir sind nun keine Jünglinge mehr. Und so
ehren wir euren eigentlichen Namen, mein Lord.", brummelte er leise.
Kyl seufzte innerlich und sah auf seine Waffen hinab, zog sein Schwert und ließ es im ersten Tageslicht aufblitzen.
„Bin ich mein Vater, Feth? Denkst du ich lege so viel Wehrt auf Form und Gestalt des Wesens Hochlord wie er es tat?"
Der Krieger runzelte prompt verwirrt die Stirn und Kyl wandte sich wieder Aren zu.
„Nenne mich weiter Kyl, wir sind Brüder im Blute, Krieger der selben Triade, und nur wenn offizielle Anlässe es erfordern, will ich der Hochlord sein und Kylinader genannt werden.
So sind nun die Dinge.
Keiner hier erhebt sich über den anderen, doch alle leisten einen Beitrag zum großen Ganzen. Wir Dienen einander.", nickte er den beiden Jemay noch einmal ernsthaft zu und ging dann kopfschüttelnd hinaus in den frischen Morgen.
*
Kyl war so mit seinen Gedanke beschäftigt, dass er gar nicht wahrgenommen hatte das Lena schon erwacht war, noch bevor er sich aus dem Bett erhob.
Sie hatte dagelegen und schläfrig überlegt woher die Wärme kam, die ihren Rücken bestrahlte, als er sich gerührt hatte.
Kurz riss sie die Augen auf aber dann schloss sie sie einfach wieder, blieb still und atmete ruhig weiter, während sie auf ihn lauschte.
Er setzte sich auf, lag tatsächlich neben ihr. War er etwa im Schlaf herum gewandelt?
Nun schien er erst zu realisieren wo er sich befand, denn er schlüpfte so leise und schnell von ihrer Seite, dass sie nur die Abwesenheit seiner Wärme bemerkte. Leise Geräusche von Stahl und Leder überzeugten sie davon, dass er sich anzog. Doch er brauchte nicht lange. Sie blinzelte einmal und sah zum Fenster hinüber, wo das Licht nun rasch heller wurde, dann ganz schnell zu ihm, doch er wandte ihr gerade die Seite zu und seine Miene war ernst und nachdenklich, während er sich bewaffnete und die unzähligen Messer in seiner eigenen, irren Geschwindigkeit in die Gurte und Messerscheiden tat, die er schon wieder trug.
Schnell schloss sie die Augen wieder, noch bevor er sich umdrehen würde, bewegte sich ein klein wenig, weil es sie nervös machte, dass er eben noch bei ihr gelegen hatte.
War wieder was geschehen? Hatte er wieder was gemacht... aus versehen und wollte nun nicht das sie es mitbekam?
Eine Hand stich sachte über ihr Haar, beruhigend und tröstend und federleicht. Sie konnte nicht stillliegen und drehte sich spontan auf die andere Seite, ihr war unglaublich warm und in der Sekunde in der sie es dachte sagte sie es auch „warm" und dann ... war er plötzlich fort.
Draußen hörte sie ihn in seiner eigenen Sprache mit den Wächtern reden. Vermutlich würde er nun auch noch seine Wachen einteilen, die sie den ganzen Tag wie Bodyguards begleiten würden.
Was würde das wohl für ein Leben sein, immer bewacht und beschützt und flankiert von Riesen, die Schwerter trugen? Und Kyl schlafwandelte, trotz seiner guten Vorsätze sich fern zu halten Nachts in ihr Bett und verließ es schleunigst, wenn er es dann mitbekam.
Doch heute hatte er wohl doch eher nichts getan.. oder zumindest nichts das sie benennen könnte.
Ob er demnächst überhaupt noch im selben Zimmer mit ihr schlafen würde, wenn er selbst so anfällig für ihre Nähe war? Vielleicht zog es ihn auch nur wie magisch an, wenn ein neues Mädchen in der Nähe war. Manche Männer waren so. Tim ja auch.
Er konnte an keinem Rock vorbeigehen ohne sich das Mädchen im Bett vorzustellen und sie auch dahinein zu locken zu versuchen. Er war der Entjungferer der Schule. Doch das hatte die erst begriffen als er ihr seinen braunen Ledergürtel gezeigt hatte, in den er direkt nach diesem ekelhaften, schmerzvollen Akt mit seinem Butterfly-Taschenmesser eine weitere Kerbe hinzufügte und sie dann hämisch anglotzte.
„Das war zwar nichts besonderes ... aber immerhin Nummer zwölf.", hatte er noch Frust grinsend gemeint und sich dann pfeifend angezogen.
Lena hätte sich damals am liebsten umgebracht, so elend war ihr zumute gewesen. Sie hatte geheult wie ein Schlosshund und sich ins nächste Badezimmer geflüchtet, um sich dort zu beruhigen und wieder anzuziehen.
Tja und nun war Tim wahrscheinlich tot, so wie fast alle anderen aus ihrer Schule, mit Ausnahme einiger Mädchen, vielleicht, die die Monster mitgenommen hatten...
Lena setzte sich im Bett auf und starrte vor sich hin. Versuchte sich vorzustellen wie die Masken über ihre Klassenkameraden gekommen waren.
Das ging eine ganze Weile so, bis Restra durch den Vorhang geschlüpft kam, leise wie eine Katze, ein großes Tablett in ihren Händen tragend.
„Oh, ihr seid ja schon wach, meine Lady. Habt ihr wohl geruht? Der Hochlord hat euch euer Frühmahl bestellt. Er meinte ihr würdet gewiss bald erwachen, weil ihr euch schon ein wenig geregt habt, als er ging.
Er wird heute seinen Worten folgend, ebenfalls eine dienende Arbeit aufnehmen, ist das zu fassen? Er sagte wir alle dienen nun dem Volke, er bilde da keine Ausnahme und höret und staunet. Er will außerhalb der offiziellen Anlässe wieder nur Kyl von den Jemay genannt werden, da er ja ebenfalls ein Teil des Volkes und natürlich auch ihr Blutbruder in Jemay ist."
„Und ich möchte Lena genannt werden. Bitte Restra... Kannst du mich nicht dutzen und Lena sagen und... vielleicht meine Freundin werden, wenn du magst, statt eine Dienerin? Dieses ganze euch und ihr und Hochlady und meine Lady... das ... ist einfach nichts für mich. Da komme ich mir uralt und weißhaarig vor ...und hochmütig."
Restra sah sie einen augenblick lang sprachlos
an, dann aber setzte sie das Tablett vorsichtig auf dem Bett ab und ließ sich einfach daneben plumpsen.
„Der Hochlord wird mich gewiss erwürgen. Ich bin eine niedrig geborene Halbweise und die sind eigentlich niemandes Freunde, nur Dienende.", wisperte sie ihr atemlos zu und sah verschämt zum Vorhang hinüber wo Lena einen schwarzen Schatten ausmachen konnte.
„Ich werde beobachtet, nicht wahr?", flüsterte sie nur leise zurück.
Restra zuckte mit den Schultern. „Ihr kennt euch doch hier gar nicht aus, wisst nicht um die Gefahren, wisst nicht wer hier Freund und wer Feind sein könnte. Die Krieger aber wissen das und werden euch beschützen."
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