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„Kyl, lass das bitte mich so zu nennen.
Herrin - das klingt ... als wäre ich die böse Schneekönigin oder Hexe aus dem Gruselmärchen, die dir Befehle erteilt und dich am Gängelband führt. Aber das... kriegt niemand auf der Welt hin, denn du bist hier der Hochlord. Die Leute.. die Tak ... sie respektieren dich, weist du?"
„Das will ich auch hoffen. Doch für mich ist gerade die Hauptsache, dass sie dich respektieren, Lena. So wie ich dich respektiere.

„Du nimmst mich auf den Arm.", sagte sie erschöpft und Kyl brachte das Tablett zum Vorhang gab es dort irgendjemandem und kam zu ihr zurück.
Lena überlegte schon angestrengt wie sie ihn dazu bringen könnte sie noch einmal zum Badehaus zu bringen damit sie sich erleichtern konnte.
„Komm her!", sagte er nur weich zu ihr und winkte mit der Hand.
Lena wusste dass er nun also doch wieder in ihren Gedanken war und scheute sich instinktiv irgendetwas weiteres zu denken, oder ihre Unsicherheit zu erwähnen. Oder ihre plötzlich wieder aufkeimende Furcht was heute Nacht passieren würde... Wenn er wieder neben ihr schlief.
Kyl kam zu ihr und hob sie sachte auf. „Halt dich fest.", bat er sie schlicht und schon ging es hinunter zum Badehaus in nur drei blitzhaften Sekunden. Schon stellte er sie am Eingang ab und lächelte ihr nachsichtig zu.

Lena schüttelte über so viel zur Schau gestellte Souveränität den Kopf und lief bahrfuss hinein, eilte auf den Abtritt und wusch sich danach nur ein klein wenig den gerade  ziemlich empfindlichen Unterleib und die Beine, die schon wieder in fast fieberhafter Verzweiflung zitterten, was gleich noch auf sie zukommen würde.
Schließlich hatten sie schon einmal am Morgen miteinander geschlafen, ... auch wenn sie es nicht richtig mitbekommen hatte.
Und wenn sie schon - es - getan hatten, dann würde er das doch nun sicher jede Nacht so von ihr erwarten oder? Es wäre sicher auch falsch ihm das abzuschlagen schließlich war sie jetzt mit ihm verheiratet ... und seine Lady und alles. Und er war ein Krieger der ziemlich hart, grausig und eiskalt werden konnte, wenn ihm etwas nicht geviel. Die Sache mit Natalie war ihr heute doch eine sehr deutliche Lehre gewesen. Und dann Kyl.... Er hatte selbst gesagt das er sie als geehrte zukünftige Mutter betrachtete und das bedeutete er wollte Kinder und die gab es nur wenn man Sex hatte. - Aber sie hatte doch am Morgen noch tief und fest geschlafen.

Herrgott im Himmel!
Er hatte gesagt er würde sie nicht anrühren, ihr Zeit geben. Doch wenn er in der Nacht wieder neben ihr einschlief und dann so wie heute Morgen träumen oder schlafen würde ... und es wieder nicht merkte, dass er das eigentlich nicht wollte...

Lena kam aus dem Sprudelbecken heraus und trocknete sich vorsichtig ab. Ihr Bauch schien gespannt zu sein. Wirklich überempfindlich und total voll. Sie hätte eben nicht so viel essen dürfen, jetzt rächte sich das.

Still ging sie rüber zu den frischen Hemden und zog sich noch in der Grotte eins davon über den Kopf. Dann zauderte sie und haderte Sekundenlang mit sich, weil sie sich einfach nicht traute wieder zu Kyl rauszugehen und es hinter sich zu bringen.
- Wass auch immer da jetzt kommen würde...
Maaaan....!!!
Sie schob gerade echt Panik!

Aber er hatte ihr heute Morgen nicht weh getan, er würde ihr also auch heute Abend nicht weh tun.
Bevor sie sich dazu entschließen konnte endlich hinaus zu gehen, nahm sie noch eine längere Unterhose mit sich und zog sie über die erste, kürzere drüber, sodass da wenigstens zwei Barrieren sein würden. Auch wenn das so gewiss kein Keuschheitsgürtel war.

Und Kyl hatte schließlich unglaublich viele extrem scharfe Messer mit denen er bestens umgehen konnte, selbst im Schlaf, da war sich Lena hundertprozent sicher.

Schließlich konnte sie es nicht mehr länger aufschieben und trat aus dem Badehaus heraus. Kyl stand mit dem Rücken zu ihr und regte sich nicht.
„Ich bin fertig.", sagte sie ganz leise zu ihm.
Er drehte sich nur um und kam zu ihr hin, ergriff ihre Hand und führte sie in langsamer Geschwindigkeit aus dem Badehaus hinaus. Die Nacht war immer noch pechschwarz und selbst die winzigen Lichter in den Häusern ringsum, die sich den Hügel hinauf zogen, spendeten nicht genug Licht auf dem Weg. Lena fragte sich wie er diesen überhaupt finden und entlanggehen konnte.

„Darf ich dich wieder tragen, Meine Lady?", fragte Kyl sie plötzlich neben sie tretend und berührte sie sachte an der Schulter.
„Klar, tust du doch dauernd.", gab sie nur krächzend von sich und presste ihren Kopf an seine Schulter, gleich nachdem er sie hochgehoben hatte.
Ihr Magen schien Purzelbäume zu schlagen vor lauter Angst. Außerdem zitterte sie... vor Kälte, wie sie sich einredete.
„Halt dich an mir fest, Lena!", befahl Kyl ihr kurz und ausdruckslos, dann trug er sie durch die Nacht, zurück zum Steinhaus und direkt in ihre Gemächer hinein. Behutsam legte er sie auf dem Bett ab.
Lena wäre es lieber gewesen er hätte sie auf die Füße gestellt, doch er griff auch gleich mit ernstem Blick nach der Felldecke und deckte sie sachte damit zu.

„Schlaf jetzt, Lierjah. Du musst dich ausruhen und wieder ganz gesund werden.", meinte er leise und strich ihr ganz sachte über das Haar, bevor er sich abwandte und seine eigene Kleidung und die Waffen auszuziehen begann, langsam diesmal und nicht in Kriegergeschwindigkeit.
Oh-oh...

Lena spürte wie sie schon wieder zu zittern begann. Gleich würde er zu ihr ins Bett kommen und neben ihr schlafen. Und wenn er dann träumte und sie auch...
„Gute Nacht meine Lady!", wünschte Kyl ihr da auf einmal von der Feuerstell her, wo er seinen Umhang auf dem glatten Steinboden ausgebreitet hatte und sein Schwert gerade neben sich zu Boden legte.

Lena richtete sich sofort wieder verwirrt auf und sah perplex zu ihm hinüber. Er lag wirklich lang ausgestreckt auf dem Boden, vor dem Feuer, nur bekleidet mit seinen engen, langen Hosen, ohne Decke, ohne Felle, ohne Kissen.
Lena setzte sich ungläubig auf und sah verwirrt zu, wie er die Augen schloss und seine Hände nun ebenfalls neben sich auf dem Boden ablegte.
Mein Gott so konnte er doch unmöglich schlafen! Das war doch höllisch unbequem und außerdem hatte er doch dieses Bett hier und...

„Du musst dich ebenfalls hinlegen, um einzuschlafen, Lena.", rügte er sie auf einmal fast belustigt klingend. „Heute habe ich dich schon zweimal aufgefangen, als du im Sitzen oder im Stehen eingeschlafen bist. Also gib bitte acht."

„Warum liegst du denn jetzt da am Boden?", konnte sie es sich nicht verkneifen ihn besorgt zu fragen.

Eine Minute lang kam keine Antwort dann aber begann er doch nach einem langen seufzenden Ausatmer zu sprechen und seine Augen öffnete sich dabei auch wieder. Doch er sah sie nicht an. Stirnrunzelnd blickte er statt dessen zur Raumdecke hinauf.
„Ich habe dein Vertrauen missbraucht, meine Lady. Und ich habe dich sogar unfair belogen.
Ich versprach dir eine Zeit der Werbung und dass du bis dahin unversehrt bleibst an Leib und Seele.
Bis du noch etwas älter sein und mich besser kennen würdest, gedachte ich innezuhalten und dir die Möglichkeit zu geben selbst den rechten Moment zu erkennen und dich mir dann in wahrer Zuneigung und Liebe zu schenken.
Doch das Attentat kam wieder dazwischen, mein Zorn auf deine Angreifer, die Tatsache dass ich dich festhalten musste, dass ich dir weh tun musste oder zugelassen habe, dass man dich tatsächlich fast zerreißt, nur um dir das Leben zu retten...
Er schüttelte langsam den Kopf und atmete kurz tief durch. „Ich höre deine Schreie immer noch in meinem Kopf, Lena und weiß dass es unentschuldbar ist, unverzeihlich.
Und nun füchtest du mich wieder viel zu sehr, um mir auch nur deine Ängste und Sorgen bezüglich deines Vaters oder deines weiteren Hierseins anzuvertrauen. Du fürchtest dich nun zu sehr, um dich neben mir sicher zu fühlen. Denn ich konnte ja noch nicht einmal dieses entsetzliche Attentat auf dich verhindern... oder habe es ganz einfach nicht verhindert, obschon das meine Pflicht war.
Ich habe deine Gedanken und Gefühle wohl gespürt, dass du mich eigentlich gerne in deiner Nähe gehabt hättest – auch im Badehaus. Darauf hätte ich höchste Rücksicht nehmen müssen, ganz gleich ob du nun deine Scheu zeigst und deinen Körper vor Blicken anderer bedeckst. Ich aber war zu sehr davon überzeugt es besser zu wissen, zu sehr davon überzeugt das Rechte und für dich Beste zu tun, indem ich dich meiner Mutter anvertraute.
Ich war zu sehr von mir überzeugt, Lena, alle Gefahren schon lange vor dir zu erkennen und noch bevor sie dir wirlich schaden könnten. Dabei hätte ich nur schlicht auf dich hören müssen."
Als er sie nun doch über die Entfernung hinweg ansah ging sein Blick ihr durch und durch. So ernst, betrübt und doch auch klar und kühl.
Sie legte sich nur wieder stumm zurück in die weichen Felle und zog die Decke bis zu ihrem Kinn hinauf, weil sie schon wieder fror. Oder nein, - doch nicht.
Sie konnte nicht einmal genau sagen, warum
sie gerade so sehr zitterte aber in ihrer Kehle brannte es heiß und immer heißer. Bald schon tropften ihr die Tränen vom Kinn herab, doch sie bemühte sich nicht zu schniefen und Kyl nicht zu stören der augenscheinlich schon längst schlief.

Sie hatte es schon wieder falsch gemacht. Alles.
Sie hatte sich geziert, war zu Schüchtern gewesen zu sehr auf heile Welt machend, jawohl. Sie hatte sich eben schon wieder vor ihm gefürchtet, obwohl er doch gar nichts schlimmes gemacht hatte und ihn auch gar keine Schuld traf, an gar nichts... Es war gut, dass er das heute morgen getan hatte, das hatte sie doch selbst noch gedacht, als diese scheußtliche Alte das überprüft hatte. Da war sie erleichtert darüber gewesen und nicht mehr ängstlich.
Aber das heute Abend ... das war doch echt Mist! Warum fürchtete sie sich immer noch so sehr vor ihm?
Er hatte ihr noch nie wirklich weh getan, noch nie. Er hatte immer nur ihre Hand gehalten, hatte sie gerettet, hatte sie geheilt und es gut gemacht... was auch immer passiert war. Aber er hatte ihre Angst heute Abend natürlich sofort wieder gespürt und seine Schlüsse daraus gezogen. Ab sofort würde er sich also total von ihr fern halten.
Ja, Toll!
- Nicht!

Wie sollte denn so eine richtige Ehe funktionieren? Aber vielleicht, sagte ein kleiner teuflischer und sie ebenso sehr entsetzender Gedanke, hatte er sie auch nur für diese eine große Zeremonie gebraucht und dann noch mal um diese Verbindung zu vollziehen. Und heute Abend auf der Klippe damit sie zur Richterin und Herrin wurde, ... was absurd war!

Sie sollte ab sofort Machthaber spielen, bei Leuten die sie nicht mochten und sowieso ... Kyl hatte nur irgendein Menschenmädchen gebraucht, das ihn wählte, damit er Hochlord werden würde und seine Vorstellungen von allem was er wie haben wollte auch durchsetzen konnte. Es kam den Menschen auf der Erde zu Gute, auch wenn sie seine Worte heute echt nicht gut fand, die ganzen feisten, ekeligen Typen auf die Erde zu schicken, die sich an den Schritt packten, während sie irgendjemanden aufforderten ihn zu wählen, jetzt sofort und gleich, und dabei auch noch dachten jedes Menschenmädchen würde sofort bereitwillig mit denen ins Bett gehen wollen.
Was hatte sie da nur angerichtet?
Gott die geretteten Mädchen kamen doch dann gleich wieder in die nächste Hölle oder? Die Bestien wollten Sex, die anderen nun auch? War es also nichts mit der ehrenvollen Ritter-Art die sie sich gedacht hatte? Und wenn sie es schon so dachte... konnte es Kyl doch im Grunde nun ganz egal sein was aus ihr würde, oder? Er lag dort drüben... hatte Dutzende schöne Mädchen um sich rum, die ihn alle bewunderten.
Viel schönere Mädchen noch als sie es war. Und wie die drei Typen im Bad gesagt hatten die Tak hatten es nicht so mit monogam sein. Die konnten schlafen mit wem auch immer sie gerade wollten, Kyl auch.
Also war sie doch eigentlich letztlich nur seine Alibi-Frau, oder? Und er konnte nun leben wie und mit wem auch immer er leben wollte.
Jetzt schlief er noch da drüben auf dem Boden, aber irgendwann würde er vermutlich ganz weg bleiben und nur noch zu den wunderschönen Tak-Mädchen gehen, die ihn alle so umschwärmten und sich ganz bestimmt nicht zierten, herumjammerten oder viel zu schüchtern verhielten und ängstlich waren. Er hatte ihr ja selbst auch noch vorgeschlagen, oder? - Sich noch andere Jungs zu suchen und mit denen was anzufangen, wenn sie wollte... oder nein ... falls sie gerne experimentieren wollte, würde er ihr Typen Vorstellen die nett waren, hatte er gesagt. - Scheiße!
Bedeutete das also dass er sie noch nicht einmal ein kleines bisschen mochte? War alles tatsächlich nur kühle Kalkulation und eisige Pflichterfüllung?
Und bedeutete das, sie würde ihre Tage von jetzt an immer ganz alleine verbringen und sich Freunde und eine Beschäftigung, ein neues Leben und was auch immer sonst noch was sie brauchte oder wollte ganz alleine suchen gegen müssen?

Die Angst biss ihr wieder scharf in den Magen, schmeckte bitter wie Galle auf ihrer Zunge.
Und als sie endlich einschlief träumte sie von einem Krieger der wegging, wann immer sie auf ihn zulief, der ihre Tränen ignorierte und sich hohnlachend andere Mädchen zum Tanzen auf der Party holte, während sie von allen Andren wegen ihrer Tränen ausgelacht daneben stand.
– Weil er sie ja schon gehabt hatte. Noch eine Kerbe in seinem Gürtel... Und noch mal wollt er sie nicht.

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