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Plötzlich schrie Lena gellend auf und hielt sich den Bauch. Krümmte sich ganz klein zusammen und Kyl entwich ein fassungslos gurgelnder Laut. Er blitzte zu ihr, griff nach ihr zog sie hoch in seine Arme, umfasste ihr Gesicht und rief horrend ihren Namen. „LENA!!!"
Sie blinzelte verwirrt und kam schluchzend zu sich. Nur eine Sekunde später war der Raum gefüllt mit Kriegern.
„Mein Hochlord!", keuchte Jilliar erschrocken und mit blank gezogenem Schwert umherblickend.
„Ruf Tarrek zurück , Jill - Sofort! Sie leidet wieder Schmerzen.", befahl er barsch und versuchte Lena, die immer noch schwer keuchte und vor Angst wimmerte, daran zu hindern sich wieder hinzulegen die Felldecke hochzuziehen oder sich sonstwie zu bedecken. Er warf die Felle vielmehr ruckartig vom Bett und Lena keuchte erschrocken auf, als er über ihr aufragte und Jilliar befahl sie mit festzuhalten.
„KYL!", rief sie schrill und versuchte sich strampelnd zu befreien.
„Ich sondiere sie...", knurrte er aber nur mit vor Sorge dunklen Augen und hartem Blick.
„Kyl...", rief sie noch einmal verängstigt und er umfasste ganz kurz ihr Gesicht,
„Hab keine Angst. Tarrek ist gleich da. Der Schmerz hört auf, spürst du es schon?", fragte er sie weil er alle Schmerzen die sie litt, gerade auf sich selbst transfrierte, doch immer noch wand sie sich hin und her.
Da stimmte etwas nicht!
„Mylord!", war der Heiler schon da und kam eilig zum Lager hingeeilt.
„Du hast etwas übersehen, Tarrek. Sie schrie gellend auf und hielt sich den Bauch. Sondiere sie noch einmal!", befahl Kyl dem Heiler scharf und übernahm nun Jilliar's Platz um Lenas Hände zu fassen und über ihrem Kopf festzuhalten.
„Nein.. Sch... Lass ihn, Lierjah. Tarrek hilft dir nur.", sagte er bemüht freundlich zu ihr, weil sie schon wieder ängstlich aufschluchzte und sich wand. „Sie hat sehr starke Schmerzen. Ich habe sie sofort auf mich übertragen aber..." er horchte kurz in sich. „Sie lassen gerade nach."
Tarrek nickte nur ernsthaft, nach seiner ersten eingehenden Untersuchung und wies die betroffen blickenden Krieger die um das Bett herumstand mit einem Kopfnicken an den Raum zu verlassen.
Sie gehorchten sofort und Tarreks Hände sondierten noch einmal den restlichen Körper der Hochlady bis hinauf zu ihrem Kopf.
Schließlich nickte er wieder, erleichtert diesmal, aber auch ein wenig amüsiert.
„Mein Lord, der Körper der Hochlady hat sich soeben an den starken Schmerz erinnert, als sie davon einen Alp träumte. Sie spürte ihn real in ihrem Leib, doch der Traum ist nun vorbei. Bis auf einige schon wieder sehr verhärtete Stellen im Unterleib, die ich sogleich lockern werde, geht es ihr gut.", meinte er ernsthaft und löste dann langsam aber bestimmt Kyls starre Finger von Lenas bebenden Handgelenken.
Sie sah Kyl nur bestürzt an und setzte sich nun doch auf, kabbelte an den Rand des Bettes und zog die Felldecke wieder hinauf und über sich und fuhr dann mit beiden Händen durch ihr Haar, bevor sie ihr Gesicht bedeckte und einfach still aber schwer atmend sitzen blieb.
„Lena...", flüsterte Kyl schließlich erleichtert durchatmend aber auch schon wieder besorgt, dass sie ihm seine Überreaktion auf ihren Alp
nun übel nehmen würde.
„Ich... hab noch nie ...nie ...nie solche Schmerzen gehabt, nicht mal bei den Jägern. Ich... ich hab doch nur dagelegen und auf einmal... auf einmal werde ich durchbohrt?!", murmelte sie aufschluchzend in ihre Hände hinein.
Kyl atmete hörbar auf und setzte sich in einigem Abstand zu ihr auf das Bett.
„Tarrek musste so schnell handeln, sonst hätte der Parasit den man dir im Bad eingesetzt hatte dich getötet, Lena. Er war schon in deine Gedärme vorgedrungen und war gerade dabei die Puppe zu verlassen. Hätte er das geschafft hätte Tarrek dich nicht mehr retten können, denn dieser Wurm frisst sich mit unermesslicher Geschwindigkeit durch einen Leib, die nicht einmal ein Jemay stoppen kann. Du wärst binnen zwei Sekunden innerlich ausgehöhlt gewesen und der Wurm aufgrund dessen dermaßen angewachsen, dass er dich
von innen heraus zerissen hätte."
„Oh Gott. Ich glaube mir wird schlecht!", murmelte sie nur fassungslos und sah Kyl verzweifelt an.
Tarrek setzte sich nun ebenfalls neben Lena auf die andere Seite und legte sachte seine Hand in ihren Nacken. „Atmet tief und ruhig, meine Lady. Diese Träume werden euch gewiss noch eine Weile verfolgen. Das ist immer so nach schlimmen Erlebnissen aber euer Gemmes wird es dann wissen und nicht wieder denken ihr sterbt gerade an etwas schlimmen.
Es ist eine Sache des Kopfes längst vergangenen Schmerz zu spüren oder auch nicht. Die Jemay wissen das und sehen sich vor. Die Menschen können es jedoch nicht ausschalten es sei denn sie haben von Geburt an kein Schmerzempfinden."
Lena wieder nur schluchzte leise auf und Kyl rückte unwillkührlich ein klein wenig näher an sie heran. „Darf ich dir Trost spenden?", fragte er sie heiser und seltsam reserviert.
Sie sah ihn irritiert an und merkte das seine Augen zu brennen schienen vor Qual.
Ihn schien diese Sache ebenfalls schwer mitgenommen zu haben, genauso wie sie selbst. „Oh Kyl...", lehnte sie schon im nächsten Moment schluchzend an ihm und seine Hände strichen nun ganz sachte über ihren bebenden Rücken.
Er sah kurz zu Tarrek auf als dieser aufstand und sich kurz vor ihm verneigte.
„Ruft mich wann immer ihr Zweifel habt, Mylord. Nicht aller Schmerz den sie empfinden kann kommt aus der Erinnerung. Wie gesagt das Gewebe im Mittelbauch ist arg mitgenommen, es muss immer wieder gelockert werden, da es sonst vielleicht sogar reißen könnte, verkrampft sie sich zu sehr. Sie wurde durch den Wurm und die Samurai-Gildach wirklich sehr schwer verletzt und das wird sicher noch längere Zeit, mindestens aber eine Quarte lang Nachwirkungen zeigen. In diesem Fall zögert nicht mich zu holen und ich werde selbst mehrmals täglich nach unserer Hochlady sehen.", bestärkte er Kyl in seiner Entscheidung ihn gerufen zu haben.
„Danke Tarrek.", erwiederte der junge Hochlord nur leise und der Heiler ging hinaus.
„Es geht der Hochlady nun wieder besser.", teilte er den dort vesammelten Jemay und Dienenden nichts weiter aussagend mit.
Kyl hörte sie leise Dankesgebete murmeln und
erleichtert aufatmen.
Lena aber fing nun erst so richtig an zu weinen und klammerte sich an seinen Arm. „Lass mich nicht alleine...", meinte er sie flüstern zu hören.
„Nicht wenn du mich brauchst.", murmelte er an ihrem Haar. Jilliar sah kurz zum Vorhang herein und er nickte auch ihm beruhigend zu. „Geht wieder auf eure Posten. Ihr habt schnell reagiert, Bruder im Blute.", sagte er zu ihm und Jilliar nickte ebenso erleichtert wie sein Freund und Hochlord.
Nur ein Traum, dachte Kyl bei sich, der diesen wirklich argen Schmerz entbrennen ließ. Ein verhältnissmäßig geringes Übel nach so großen Schäden.
Irgendwann hörte Lena schließlich auf zu weinen und lag nur regungslos bis auf gelegentliche abgehackt klingende schniefer in seinen Armen, starrte vor sich hin. „Du hälst mich jetzt sicher für ein Baby.", flüsterte sie schließlich unglücklich vor sich hin.
„Ich halte dich für viel, Lena, aber ein Baby bist du ganz sicher nicht mehr. Du hast schreckliches erlitten und der Schmerz war real. Das hat auch Tarrek gesagt, hast du es denn nicht gehört?
„Ich hab's gespürt, wieder... noch einmal von vorne. Es ... hat sich angefühlt... als ob... als ob ich zerrissen werde, ganz einfach zerissen und ich... ich konnte kaum schreien... Ich ...hab aber Schreie gehört so laut und schlimm... du... du hast auch geschien Kyl... aber... aber das kann gar nicht ich gewesen sein, die andere Stimme, denn ich war doch ganz zerissen, ich meine... ich war dabei schon irgendwie... tot.", wisperte sie in seinen Armen.
Er hielt sie noch einen langen Moment und verfolgte ihren im Kopfinneren geführten Monolog, über ihre verfluchte Unfähigkeit tapferer zu sein, sich nicht so anzustellen, ihn besser nicht so vollzuschwallen – was immer das auch bedeutete - sich endlich erwachsener zu geben.. oder einfach nur nicht auf heulendes Kleinkind zu machen, dass sich fast schon peinlich stark an einen fremden Alienkrieger klammerte, der sowieso was besseres zu tun hatte als ausgerechnet ihre Alpträume mitzumachen.
Letzteres versetzte auch Kyl einen deben Stich und er beschloss Lena zunächst von ihren Gedanken abzulenken. „Möchtest du vielleicht noch etwas essen, Lena? Restra hat dir noch einiges gebracht. Natalie hat es für dich besorgt und hier abgegeben.
Sie wünscht sich anscheinend – aus einem mir völlig unerfindlichen Grund – wirklich deine Freundschaft.", meinte er trocken und um ein lächeln bemüht.
Es half. Lena lächelte ebenfalls erschöpft.
„Ja, sie ist ziemlich heftig, die Gute und absolut Anti-Tak eingestellt, glaub ich. Die hätte dich beinahe in der Luft zerrissen, zumindest dachte ich das, bis du dann ebenfalls den Krieger gezeigt hast."
„Den Krieger gezeigt?", fragte er sie verständnisslos. „Lena ich bin ein Krieger, ich zeige ihn nicht nur."
*
„Ja.", schniefte sie kurz jammervoll. Er zeigte wohl grade wirklich nur diese menschliche Seite an sich, und hielt pflichtbewusst ihr Händchen, weil sie so jammerte und klagte statt einfach wieder zu funktionieren, dachte Lena betrübt. Kyl aber schien nichts davon zu ahnen, denn er stand nun auf und holte das Tablett mit den Speisen auf das Bett.
„Ist das nicht... ein bisschen zu dekadent?", fragte Lena ihn leicht verwundert aber auch schon wieder besorgt, er könnte sie ernsthaft für einen Jammerlappen halten wenn sie sich nicht schnell zusammenriss. „Meine... Meine Mutter würde jetzt sagen: Das Bett ist zum schlafen da, nicht zum drinn essen. Außerdem gibt es schnell Ungeziefer, wenn man Krümel im Bett verteilt... oder so.", versuchte sie durch Unsinn plappern die Situation wieder halbwegs in den Griff zu bekommen und es schien sogar zu funktionieren.
Kyl lächelte sie kurz belustigt an und reichte ihr dann einen Fleischspieß zu. Lena merkte wie ausgehungert sie schon wieder war und begann zu futtern. In kürzester Zeit war der Spieß verschlungen und sie beugte sich über das Tablett um herauszufinden was es da noch alles gab.
„Brot! Ein Apfel und echter Scheiben-Käse! Oh Mann!", freute sie sich und öffnete den Beutel mit dem Scheibenbrot, nahm eine Scheibe heraus und riss dann auch die Folie von dem Käse ab. Hungrig biss sie große Stücke Brot ab und gleich darauf Käse um beides zusammen zu essen. Genießerisch schloss sie die Augen und schlang so in nur wenigen Minuten den halben Käse und drei Brote hinunter. Zum Nachtisch gab es dann noch den Apfel
und schon war sie satt.
„Oh das war gut. Richtiges Brot von zu Hause zu essen...", meinte sie sehnsüchtig, doch dann viel ihr ein, dass er das vielleicht missverstehen könnte. Schließlich sollte sie ja nun hier ein neues zu Hause haben und nicht mehr auf der Erde, also ruderte sie gedanklich schnell wieder zurück. „Natürlich schmeckt euer Kuschlak auch ganz gut, vor allem mit dem Fleisch dazwischen... und so."
Doch er war schon wieder weggegangen, zum Feuer und legte ein paar Holzscheite nach.
„Ab morgen brauchen wir die Flammen nicht mehr. Die Zeiten wechseln. Es wird warm werden und das sehr schnell. Du brauchst dann auch keine Stiefel mehr. Restra wird dir einfache Schuhe beschaffen und leichtere Gewänder. Außerdem gilt es ab morgen gut aufzupassen. Die Schwarmzeiten beginnen. Die Zefanusie und Grunuhs kommen zu Hauf aus den Wäldern und schwärmen über die Ebenen. Es ist ihr Paarungstanz und er zieht sich über ganz Takolia hinweg. Früher hatten wir eine sehr große Stadt mit hohen Toren, die bis in den Himmel hinauf zu reichen schienen. Dort tanzten sie nicht. Heute aber ziehen wir uns zu unserem Schutz besser unter die Erde zurück. Bisher haben das nur Menschen und Halbweisen so gemacht, wie wir herausgefunden haben. Manches mal war es schon verwunderlich dass so viele von ihnen die Schwärme überlebten und wieder hervorkamen. Denn wir Jemay haben überirdisch die Wesen bekämpft, Schutzkreise gezogen und sind zu hunderten gefallen oder haben unser Blut gelassen um Familien, Frauen und Kinder zu beschützen.
Das werden sie auch weiterhin tun. Doch wenn ein Schwarm kommt, was wir seltsamerweise als Angriff bezeichneten, so erklingen die Hörner und jeder hat ab Morgen dann augenblicklich Zuflucht zu suchen. Wenn du das Horn hörst werde ich bald bei dir sein. Du brauchst dir also keine Gedanken darüber zu machen ob ein Angriff dich trifft. Wenn ich nicht rechtzeitig da bin werden meine Jemaybrüder dich beschützen, denn du bist ihre Hochlady und damit überaus Wertvoll, meine Herrin.", nannte er sie wieder bei diesem dummen Titel der Lena nichts bedeutete und auch absolut nichts sagte.
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