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„Wenn du es willst gehe ich hinaus und lasse dich allein. Gewiss möchtest du mich gerade nicht so gerne ansehen. Einen Eidbruch nehmen wir Tak sehr ernst.", sprach er leise weiter, erfreute sich aber insgeheim bereits an den vielen Entschuldigungen die sie für sein Verhalten in ihren verwirrten Gedanken fand, sowie er sich auch über den Umstand freute, dass sie in der Tat gerade gar nicht so sehr verängstigt war, bis auf den ersten Schrecken, den sie empfunden hatte, nein, sondern sie war vielmehr verwirrt und fragte sich warum sie fast gar nichts davon mitbekommen hatte... nur diese angenehme Wärme und das wohlige Gefühl gehalten und gestreichelt und geküsst zu werden, als er über ihr gelegen und sie an ihrer Mitte einen Druck gespührt... und dann die Augen aufgeschlagen hatte.
Er zog sich weiter an, langsam diesmal, damit sie auch mal ein paar geheime und verlegene Blicke auf ihn werfen konnte, wenn sie wollte und hielt den eigenen Kopf dabei gesenkt, sah aber trotzdem aus den Augenwinkeln heraus, dass sie tatsächlich mehrmals zu ihm rüber schaute, während sie sich nun ebenfalls hastig und vollständig anzog.
Selbst die Schnürrungen bekam sie recht ordentlich hin und als er sich sein Schwert umgürtete, stand sie wieder nur verloren aussehend mit dem Gürtel ihres Dolches da und probierte damit herum, bekam das Muster des Knotens aber trotzdem noch nicht alleine hin.
„Darf ich?", fragte er sie hoffnungsvoll und sie nickte nur wieder scheu errötend und ließ sich nochmals von ihm zeigen wie er den Knoten in den langen Gürtel gebunden hatte. Doch kaum hatte er den Dolch befestigt zog sie die Schlaufe wieder auf und löste alles wieder, versuchte es selbst noch einmal von vorne. Zweimal verhaspelte sie sich mit den Schlaufen und er führte sachte ihre immer noch leicht bebenden Hände. Dann hatte sie es endlich beim dritten mal geschafft.
„Noch einmal?", fragte er sie ruhig, angenehm überrascht von ihrem Lerneifer, etwas so lange auszuprobieren, bis sie es ganz alleine konnte. Doch sie schüttelte nur den Kopf und begab sich auf die Suche nach ihren Stiefeln.
„Hier!", fand er sie schneller und kniete bereits vor ihr nieder, um ihr beim Anziehen zu helfen.
„Wirklich, ich bin kein Kleinkind mehr, Kyl und ich schaffe es doch wohl noch selbst, mir die Stiefel anzuziehen.", beschwerte sie sich halb bei ihm war aber auch schon wieder irgendwie fasziniert von dem was er nun für sie tat.
Er sah nur kurz entschuldigend lächelnd zu ihr auf und nickte zustimmend.
Aus den Augenwinkeln sah er zudem wie ihre Hand sich nach seinem Kopf hin ausstreckte, ihn anscheinend gerade berühren wollte, doch dann zog sie sie doch wieder schnell zurück. In ihren Gedanken schimpfte sie mit sich, weil sie die Haarsträhne, die ihm über die Augen gefallen war hatte zurückschieben wollen.
Fast hätte er wieder darüber gelächelt.
Sie war definitiv nicht verängstigt von seinem Handeln, gewöhnte sich gerade sogar noch besser an ihn und schien ihn auch schon ein wenig zu mögen, wenn sie nun solche spontanen Regungen Verspührte.
Bald würde sie sich gewiss überhaupt nicht mehr vor ihm fürchten, hoffte er und ihn tatsächlich berühren, wenn ihr danach zumute war.
Eine schöne Vorstellung.
Er hatte diese Farce also nicht zu grob und damit falsch gestaltet.
„Kyl?", sagte sie plötzlich sehr leise und kleinlaut und nichts in ihren Gedanken hatte ihn zuvor auf diesen Tonfall vorbereitet, also sah er nur irritiert auf. „Was ist denn?", fragte er sie und sah sie kurz mit sich ringen aber wiederum ohne dabei zu denken. „Es... tut mir leid dass ich dich eben ins Gesicht geschlagen hab.", überraschte sie ihn mit ihrer leisen besorgten Entschuldigung. „Das wollte ich eigentlich gar nicht machen. Ich... Ich war nur so ... so sehr überrascht, wegen dem Schwert und weil ich dir plötzlich die Arme zerschneiden sollte... u...und so. Das würde ich niemals tun. Und ich bin dir auch wirklich nicht böse, ich meine... das war's ja eigentlich, was ich mir gedacht hab und dir gestern Abend doch auch noch erlaubt. - Ich meine, das passiert eben, wenn man zusammen in einem Bett schläft aber... aber ich hab es ja doch gar nicht richtig mitbekommen, hab ja noch tief und fest geschlafen und du warst auch nicht fies oder brutal zu mir oder so.
Und wenn's mir nicht weh getan hat, dann war's auch nicht schlimm. Und wenn du's wieder tust ist das auch nicht schlimm und... ja, ich verzeihe dir natürlich und du brauchst dich deshalb auch nicht noch irgendwie schuldig zu fühlen oder dich zerschneiden zu wollen oder ... sonst was gruseliges, okay? Das macht mir nämlich gerade mehr Angst als das ... vorhin, ... ernsthaft", murmelte sie unsicher und er sah sie nun sehr ernst und eindringlich an.
„Meine Herrin... meine Lena. Ich stelle fest dass du mich sehr überraschst und gerade auch sehr viel gnädiger zu mir bist als es die Tak untereinander gewöhnlich sind.
Zudem bist du unglaublich stark. Gestern erst wollten dich andere Tak im Bad Vergewaltigen. Ich dachte es würde dir nun gewiss zu nahe gehen, dass nun auch ich..."
„Oh... Kyl... nein, neinneinnein! Bitte! Du hast mir doch eben gar nicht weh getan, hast mich doch auch gar nicht festgehalten oder gezwungen. Wenn ich zu dir nein sage hörst du auf oder gehst einen Schritt zurück. Ist doch so.", stellte sie heiser fest und er ließ nun tatsächlich beschämt den Kopf hängen.
„Ist das wirklich so?", fragte er sie leise. „Ich berühre dich doch im Grunde ständig ohne deine Erlaubnis zu besitzen. Ich frage dich noch nicht einmal danach.", ergriff er wieder ihre Finger und führte sie an seinen Mund. Sah die Bestürzung in ihren Augen wie auch die tief empfundene Irritation.
„Du...also... ähm... ich meine, ich hab doch gesagt ich hab dich gewählt. Und egal für wie dumm und jung du mich gerade auch hältst, ich hab genügend Bücher gelesen um zu wissen was es bedeutet verheiratet zu sein. Und dann noch mit einem Krieger aus einer anderen Welt... das ist ja - nun mal fast so wie früher bei den Barbaren, doch selbst bei denen gab es bestimmt gelegentlich nette Typen. Muss ja so gewesen sein, sonst hätte sie alle nicht überlebt und sich fortpflanzen können.
Im übrigen ...wenn du mich schlecht behandeln würdest oder ich so große Angst vor dir hätte, wie du anscheinend denkst, würde ich von vornherein auf dem Boden geschlafen haben, statt im Bett, soviel ist mal sicher.", teilt sie ihm noch immer verwirrt guckend aber doch nun recht inbrünstig mit.
Er schloss sogleich sehr ernüchtert über ihre ernst gemeinten und bar jeder Naivität befindlichen Worte ihren Stiefelriemen und sie ging leicht zittrig an ihm vorbei zum Vorhang.
„Ich... muss jetzt erst mal ins Badehaus... auf's Klo und dann irgendwas finden um auch mal wieder meine Zähne zu putzen. Sonst fallen die mir alle noch aus, vor lauter Karies.", murmelte sie unsicher vor sich hin.
Er folgte ihr und hängte ihr den schwarzen Umhang um die Schultern und hielt ihr auch noch den Stirnreif der Hochlady hin, damit sie ihn aufziehen sollte.
Doch zu seinem Entzücken sah sie erst den Reif und dann ihn finster an. Nahm den Reif, ging zum Tisch und legte ihn entschieden darauf ab.
„Das ist doch nur für zeremonielle Sachen, dachte ich. Und... sorry aber so früh Morgens bin ich echt noch nicht wach genug, um eine Königin oder Herrin oder was auch immer zu sein – äh... wenn du nichts dagegen hast.", fügte sie hastig hinzu, als sie sich wieder umdrehte und seinen fast lauernden Blick bemerkte.
„Was?", fragte sie ihn fast schon wieder furchtsam als er nicht damit aufhörte sondern sie nur weiter stumm betrachtete. Er nahm den Stirnreif wieder vom Tisch und drehte ihn nachdenklich in seinen Händen.
„Ich dachte du wolltest vielleicht erst einmal allen zeigen wer du bist, bevor du die Intarsien dann weg lässt. - Nach gestern im Badehaus..." Er hielt inne und senkte den Blick wollte sie es wirklich selbst entscheiden lassen, aber insgeheim faszinierte ihn ihre schlichte Einstellung zu ihrem eigenen Status: Während dem Aufwachen noch kein Herrscher sein? – Ging denn das?
„Ich... ich dachte du hast gesagt das ist nicht so wichtig und ... und dass das nur eine Formsache ist. Ich meine ich bin doch immer noch ein Mensch und... du bist ein Tak. Warum muss man da anders sein als die anderen und ständig diese Kronen tragen?
Also... Wir haben da bei uns auf der Erde auch einen König... nur so als Beispiel... in Holland. Und der lebt in einem ganz normalen Haus, in einem ganz normalen Dorf und er hat nur einmal die Krone getragen bisher... zur Krönung und seine Frau auch. Und nur wenn sie eingeladen sind zu feierlichen Anlässen von anderen Staatsoberhäuperten oder in ihrem Parlament eine Rede halten, tragen sie irgendwelche Intarsien, zum Beispiel den Königs- Mantel oder eine Schärpe oder so, aber nicht die Krone. Jeder weiß doch ohnehin wer sie sind und ... trotzdem führen die in ihrem Dorf ein ganz normales und fast schon bürgerliches Leben. Es ist vielleicht gerade mal ein Sicherheitsbeamter bei den Spaziergängen mit dabei, der schaut das keiner entführt wird, aber sonst..."
Sie sah wieder zu ihm auf, hielt inne. Sie plapperte nämlich gerade Unsinn. Hollands Königspaar gab es doch auch schon nicht mehr. Amsterdam war weg. Die Staatsoberhäupter waren sogar die ersten gewesen, welche die Aliens einkassiert oder öffentlich getötet hatten, das wusste sie noch aus dem Fernsehen.
Unruhig sah sie von ihm zu dem Stirnreif hin und wieder zurück.
„Muss ich?", fragte sie ihn schließlich doch ein wenig bekümmert.
„Du hast gesagt jene Könige waren überall bekannt und jeder wusste wer sie waren. Nun, jeder weiß wer ich bin, doch dich kennt man noch nicht. Jedoch... Ab heute Abend wird dich jeder kennen, dafür habe ich gesorgt. Ich habe eine Versammlung des ganzen Volkes angesetzt. Für alle Tak die gerade auf Takolia sind und denen werde ich dich vorstellen, als ihre neue Hochlady. So viele Frauen mit roten Haaren gibt es hier ja nicht. Mit dieser außergewöhnlichen Färbung sogar gar nicht, soweit ich weiß. Also wird dich nach heute Abend sicherlich jeder erkennen, auch wenn du den Reif nicht trägst.", schlug er ihr vor, kam auf sie zugeschlendert und setzte ihr den Stirnreif behutsam wieder auf den Kopf.
Lena sah ihn drüber nun doch ein bisschen unglücklich an.
„Also hat es doch etwas zu bedeuten. Es ist wichtig und eine besondere Stellung und..."
„Ab morgen brauchst du ihn nicht mehr zu tragen, nur noch zu besonderen Anlässen, wenn es tatsächlich wichtig ist.", beruhigte er sie sachlich.
Seine Ruhe und Gelassenheit färbten mal wieder auf sie ab. „Aber beim Baden muss ich ihn doch nun nicht, ... oder?", fragte sie ihn noch unsicherer werdend er lächelte schon wieder und zwinkerte schließlich schalkhaft auf sie runter. „Heute behältst du ihn besser generell bei allem was du tust auf, sonst muss ich vielleicht doch noch einmal töten, um klarzustellen wessen Gefährtin du bist und dass du auch wirklich nicht mehr von einem anderen Tak erwählt werden kannst.
Sieh ihn aber doch einfach als ein... schönes Schmuckstück an. Mädchen lieben doch Stirnreifen und Haarschmuck, Juwelen im Haar... am Hals, an den Händen und Füßen...", zählte er auf und hielt inne als sie nur wieder horrend guckend mit dem Kopf zu schütteln begann.
„Du nicht?", fragte er sie bloß wieder erstaunt.
„Meine Mutter hat immer gesagt wir sollten Lederbänder, geflochtene Bänder aus Gummi oder sonst was einfaches tragen, wenn wir was Schmuckähnliches haben wollen, denn wenn das wegkommt ist es nicht so teuer. Gold und Silber... tja... wenn man das verliert dann ist es viel schlimmer. Mein Pate hatte mir mal einen Goldring geschenkt, zur Konfirmation. In Sport musste ich ihn abnehmen und als ich wieder in die Umkleide kam war er weg.
„Was ist Konfirmation?", fragte Kyl sie mit gerunzelter Stirn und blickte unwillkührlich wieder in ihr Inneres hinein, als sich dort Bilder von einem hohen Haus mit seltsamen Fenstern, ein Kreuz das auf einem Altar stand auf dem zwei Priester geweihte Kelche und Teller mit Brot darbrachten und Zeichen machten, sich verneigten und den Kelch dem Kreuze darboten, bevor sie sich umwandten. Lena und auch andere Jungen und Mädchen in feinen dunklen Gewändern knieten vor ihnen, Lena trank aus dem Kelch und aß ein Stück Brot, kniete noch länger vor dem Priester und empfing eine Art Weihe... einen Segen, während sie den Kopf nun tief gesenkt hielt und die Hände betend gefaltet...
„Bei Drodars Höllenfeuern... Lena!", rief er nun restlos entgeistert aus und starrte sie ehrlich schockiert an. „Du wurdest doch nicht etwa auf der Erde zu einer Priesterin eures Gottes geweiht?", fragte er sie halb entsetzt und sein Herz schien kurz aussetzen zu wollen, bei diesem offenen Affront gegen ihre Gottheit, da er sie nun ja doch eher erzwungen in eine Verbindung genommen hatte.
Die Götter würden sich sicher furchtbar an ihm wie auch an Lena rächen.
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