"Wer ist die Kröte da?

Missmutig stieg ich in den Hogwarts-Express. Ein neues Schuljahr begann. Ein Schuljahr ohne Cedric. Um ehrlich zu sein, wollte ich gar nicht mehr zurück. Mir wurde alles egal. Meine Freunde. Mein Leben. Alles war nur noch Nebensache. Mein bester Freund war tot. Mein fester Freund war ein Arsch. Also gebt mir einen Grund, weshalb ich nochmal zurück kommen sollte.
Genervt drängelte ich mich durch die schreienden glücklichen Kinder. Es widerte mich an. Diese Freude. Die Menschen. Über zwei Monate hatte ich nun keine Menschenseele mehr zu Gesicht bekommen. Ich streifte ein wenig durch die Gegend. Dachte nach. Du denkst jetzt, ich hätte alles hinter mir gelassen? Nun ja, nicht ganz. Ich dachte nicht über Cedric oder Malfoy nach. Ich dachte darüber nach, wie ich an dieses verdammte Kraut kam.
Ich ließ mich in ein freies Abteil sinken und holte meine Flasche aus meiner Jackentasche. Vorsichtig öffnete ich sie und nahm einen kleinen Schluck. Ich musste sparen!
Ich konnte es nicht ertragen. Meine Gefühle. Meine Gedanken. Nichts von all dem. Ich habe es wirklich versucht. Aber es ging einfach nicht. Trotz Snapes Wahrnung konsumierte ich weiterhin regelmäßig Averte Affectus durch seinen Trank. Viel blieb mir nicht mehr. Und genau das war wohl der einzige Grund, weshalb ich mich gerade in diesem Zug befand. Ich brauchte Nachschub. Dringend!
Ich steckte mir meine Kopfhörer ins Ohr und drückte auf Play.

~Heathens~

Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich gegen das Fenster des anlaufenden Zugs. Ich ließ den Klang der Musik meinen ganzen Körper durchziehen. Es gab mir ein Gefühl der Vollkommenheit. Fast so, als ob sie das Loch, das ich in meiner Brust jeden Tag spüren konnte, stopfen konnte. Trotz Averte Affectus war eindeutig nicht darauf vorbereitet, zurück zu dem Ort zu kommen, an dem mich alles- wirklich alles- an ihn erinnerte. Ich war nicht darauf vorbereitet, meinen Freunden gegenüberzustehen. Wenn sie das überhaupt noch waren...
Ich öffnete meine Augen wieder. Das Geräusch einer sich öffneten Tür hatte mich aufgeschreckt. Und da stand er. Ein Schauer lief mir über den Rücken. "Cedric?" Meine Stimme brach. Er sagte nichts. Starrte mich nur an. Plötzlich wurde es kühler und ein leichter Nebel bildete sich auf dem Boden. Verwirrt blickte ich mich im Raum um. Ein Blinzeln später stand ich mit Cedric auf einer Lichtung. Die Lichtung, auf der meine Eltern von Todessern getötet wurden. Entsetzt starrte ich Cedric an. "Cedric, warum sind wir hier, was...?" Ein grüner Strahl flog durch die Luft und traf Cedric direkt am Kopf. Ich schrie laut auf. Cedric fiel zu Boden. Kalt. Emotionslos. Tot. Tränenüberströmt fiel ich auf meine Knie und rüttelte ihn. "Cedric... Ced, wach auf..." Ein schrilles Lachen ertönte hinter mir. Erschrocken stand ich auf und drehte mich um. Vor mir stand Bellatrix Lestrange. Woher wusste ich überhaupt, wer das war?! "Dein Freund ist tot. Soll ich es für dich buchstabieren? T- o- t, du dumme Gans." Sie lachte wieder gehässig. Ich wollte auf sie zugehen. Ihr den Kopf vom Leib reißen, doch plötzlich traf mich ein Blitz. Regungslos fiel ich zu Boden. Wieder ein dreckiges Lachen. Dieses Mal dunkler. Das lachen kam näher. "Sieh an, sieh an." Eine kreideblasse Gestalt blickte auf mich herab. Voldemort! "Nagini, Abendessen!" Ich weitete erschrocken meine Augen, als plötzlich aus dem Mann eine Schlange wurde, die sich gierig auf mich hinunterstürzte.

Schlagartig schlug ich meine Augen auf. Mein Herz schlug wie wild. Überschlug sich fast. Es ist alles gut. Es ist alles nur ein Traum. Ich versuchte mich zu beruhigen. Solche Albträume plagten mich leider sehr oft, seit das alles geschehen ist. Und jedes Mal wurden sie seltsamer. "Y-Y/N?" Erschrocken riss ich meinen Kopf zur Seite. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich nicht alleine war. Nun blickte ich in drei erschrockene Gesichter. Ronald Weasley, Harry Potter und Hermine Granger. Ich weitete erschrocken meine Augen und wischte die Tränen unter meinen Augen weg. Verdammt! Hoffentlich habe ich nicht... "Du hast geschrien", murmelte Ron plötzlich verstört. Ich sah ihn an. Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt. "Oh, ja. Ich habe nur schlecht geträumt, sorry." Lügen konnte ich noch nie gut. Die Falte zwischen Hermines Augenbrauen vertiefte sich. "Y/N, hör mal zu, ich weiß..." "Ich muss auf die Toilette. Entschuldigt ihr mich bitte?" Ich unterbrach sie. War schon aufgestanden. Fassungslos starrten sie mich an, während ich in schnellen Schritten das Abteil verließ.
Ich schlängelte mich durch den Zug. Warf dabei gelegentlich einen Blick in die verschiedensten Abteile. Ich hatte fast die Toilette erreicht, als mein Blick in einem anderen Abteil, an einem blonden Jungen hängen blieb. Als hätte er mich gesehen, hob er ebenfalls im selben Moment den Kopf. Unsere Blicke trafen sich. Er sah erschöpft aus. Seine Augen waren ganz glanzlos. Es zerbrach mir das Herz. So sehr ich auch gerade zu ihm wollte. Ihn fragen wollte, was los war. Ich konnte nicht. Mein Herz- meine Gefühle- waren abgeschaltet. Alles was ich nun hatte war mein Kopf. Meine Erinnerungen. Und die an Draco und wie er mich behandelt hatte, gewann dabei eindeutig überhand. Schnell wand ich mein Gesicht ab und lief weiter in Richtung Toilette. Ich stürmte schon fast durch die Tür und schloss sie fest hinter mir ab. Dann ließ ich mich an der Tür hinab zu Boden gleiten. Na toll.
Ich saß eine Weile so da. Starrte einfach nur in die Luft. "Hey! Andere müssen auch mal auf die Toilette!" Eine genervte Stimme drang mit einem energischen Klopfen durch die dünne Tür. Erschrocken stand ich auf. Dann plötzlich riss ich die Tür auf und hielt der Person meinen Zauberstab unter die Nase. "Es ist besetzt!" Ich erkannte ihn. Es war ein Hufflepuff. "Ist ja gut. Tschuldige." Erschrocken hatte er seine Augen geweitet und seine Hände in die Luft gehalten. Ich ließ meinen Zauberstab wieder sinken und knallte die Tür wieder zu. Keine Entschuldigung. Kein Bedauern. Nur Wut. Ich streitete zum Spiegel. Wow. Ich sah scheiße aus. Dunkle Augenringe tanzten unter meinen Augen. Mein sonst so dunkelbraun glänzendes Haar erschien glanzlos. Es war zerzaust. Ich musste das so schnell wie möglich wieder hinbekommen.
Schnell band ich meine Haare in einen unordentlichen Dutt, denn einen Kamm hatte ich nicht. Dann befeuchtete ich ein Tuch mit Wasser und tupfte damit sorgfältig die Mascara-Reste unter meinen Augen weg, bevor ich etwas Concealer aus meiner Jackentasche kramte und sorgfältig auf meinen Augenringen verteilte. Ich betrachtete mein Spiegelbild. Ich sah gut aus. Nun ja, so gut man eben aussehen kann, wenn man innerlich zerbrochen ist.

Ich spürte, wie der Zug langsam zum Stehen kam. Schülermassen strömten an der Toilettenkabine vorbei aus dem Zug. Ich atmete tief durch. War ich wirklich schon bereit für die Hölle auf Erden? Ich sah mir durch den Spiegel hinweg tief in die Augen.
Wie auch immer es da draußen sein wird, du bleibst stark. ,ermahnte ich mich selbst.
Vor der Toilettenkabine wurde es langsam still. Nochmals atmete ich tief durch, bevor ich mir zunickte, meinen Umhang glattstrich und schließlich aus der Kabine huschte.
Einige Zeit später stand ich schließlich am Bahngleis. Alleine. Weit und breit war niemand mehr zu sehen. Kein Schüler. Kein Lehrer. Verwirrt sah ich mich um. Wo waren denn alle hin? Plötzlich ertönte ein lautes Zughupen hinter mir und langsam setzte sich der Hogwarts-Express in Bewegung.
Verzweifelt blickte ich mich um. Es war noch nicht einmal eine Kutsche übrig. Na vielen Dank auch. Stöhnend machte mich auf den Weg. Es half ja nix. Ich musste laufen.
Erschöpft stieß ich die schweren Holztüren zur großen Halle auf und trat ein. Die Aufmerksamkeit lenkte sich von einer pumeligen, hässlich pink gekleideten Frau, die gerade so eine Art Ansprache hielt, zu mir. Mit erhobenen Hauptes schreitete ich durch die Halle. Nur keine Schwäche zeigen!
"Und Unpünktlichkeit dulde ich übrigens auch nicht!", sagte die Dame mit schriller Stimme. Ich bekam schon nach wenigen Sekunden Kopfschmerzen davon. Erschöpft ließ ich mich neben Penny auf die Bank fallen. Sie starrte mich fragend an. "Wer ist die Kröte da?", fragte ich sie zur Begrüßung. "Dolores Umbridge. Unsere neue Lehrerin in Verteidigung gegen die dunklen Künste." Ich stöhnte gernervt auf. "Wenn ich diese Stimme ein ganzes Jahr lang im Unterricht aushalten muss, dann können sie mich auch gleich in die Klapse stecken." Penny kicherte leise neben mir. Endlich hörte Umbridge auf zu kreischen und Dumbledore ergriff wieder das Wort. "Und jetzt genießt das Mahl!" Endlich türmte sich das Essen vor uns auf. Ich hatte einen wahnsinnigen Kohldampf nach meinem langen Spaziergang. "Sag mal", schmatzte Penny zwischen ein paar Pasteten. "Wieso kamst du eigentlich erst so spät?" "Musste laufen.", murrte ich zurück. Das Jahr fing ja schon mal gut an.

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