~Heart attack~

Am nächsten Tag stand ich relativ gut gelaunt auf. Was auch immer zwischen Draco und mir oder Harry und mir lief, ich würde mir davon nicht mein neues Schuljahr versauen lassen.
So machte ich mich also am Morgen auf, damit ich rechtzeitig zu meiner ersten Stunde kam- Zaubertränke. Ich freute mich darauf. Nicht nur wegen dem Fach. Vor allem freute ich mich darauf einen neuen Lehrer zu bekommen- Professor Slughorn. Alles war wohl besser als Snape- auch wenn er mittlerweile ein wenig Sympathie-Punkte bei mir gesammelt hatte. Aber man will es ja nicht überstürzen.
"Hey, kommst du mit in die große Halle?", fragte Penny aus unserem Zimmer heraus. Ich schaute auf die Uhr. Zeit genug war auf jeden Fall. "Jap." Ein letzter Blick in den Spiegel. Ich sah gut aus. Dann sprang ich aus dem Badezimmer.
Als Penny und ich wenig später in die große Halle schlenderten, war diese schon reichlich gefüllt. Noch immer gut gelaunt ließ ich mich schließlich an dem Hufflepuff Tisch nieder und griff nach einem grünen Apfel. Ein leichtes Frühstück- einfach perfekt. Gedankenverloren ließ ich meinen Blick durch die Halle schweifen, als er plötzlich bei Harry hängen blieb. Er saß neben Ginny. Ginny Weasley. Und dann? Dann küsste er sie sanft auf die Hand, die in seine geschlungen war. Ich konnte es nicht glauben, verschluckte mich sogar an meinem Apfel. Penny bemerkte es. "Alles gut?", fragte sie ein wenig belustigt, aber dennoch besorgt. "Was läuft da zwischen Ginny und Harry?", hustete ich heraus. Mit einem Nicken deutete ich in deren Richtung. Penny folgte meinem Blick. "Ach, die sind zusammen. Zumindest... nun ja es ist kompliziert. Irgendwie schon, aber irgendwie auch nicht." Mein Herz fühlte sich an, als ob jemand darauf eingestochen hätte. Ich hatte befürchtet, dass Harry der Kuss nichts bedeutet hatte. Dass es für ihn nur ein versehen war. Schließlich liebte er Cho. Aber trotzdem hatte ich mir all die Wochen Hoffnungen gemacht, er hätte mich doch geküsst, weil er mich küssen wollte. Weil irgendein Teil von ihm sich nach mir sehnte. Wie dumm war ich nur wieder gewesen? Ich hielt es nicht aus. Was sollte ich denn jetzt tun? Sollte ich so tun, als hätte der Kuss nie statt gefunden? Das konnte ich nicht. Zu sehr sehnte sich etwas in mir nach einer Wiederholung. Eines stand jedoch fest. Ich würde Harry nie wieder unter die Augen treten können.

Plötzlich hob Harry seinen Blick von den verschlungenen Händen. Geradewegs schaute er mich an. Unsere Blicke trafen sich nur kurz, dann sah ich weg. "Ich muss noch... in die Bibliothek", stieß ich Penny zwischen meinen Zähnen hindurch zu, während ich hastig aufstand. Ich musste schnell weg hier. Schon zischte ich aus der Halle.
Ich hatte mich wieder ein wenig beruhigt, als ich pünktlich wie eh und je das Klassenzimmer für Zaubertränke betrat. Professor Slughorn stand bereits vor der Klasse und wartete auf die restlichen Schüler. "Und Sie sind...", fragte er an mich gewandt. "Y/N." Ich lächelte ihn freundlich an. "Ah Y/N. Deine Eltern. Ganz tolle Burschen. Wie geht es ihnen?" Die ganze Klasse hielt plötzlich den Atem an. Alle Blicke waren auf mich fixiert. Na super. Meine gute Laune war damit entgültig flöten gegangen. "Sie sind gestorben", antwortete ich knapp, aber höflich und sah Slughorn dabei fest in die Augen. "Oh, das tut mir leid." Er schien wohl seinen Fehler bemerkt zu haben. "Darf ich fragen..." "Todesser." Slughorn schnaufte hörbar ein. Mein Blick schnellte zu Draco. Der senkte seinen sofort wieder, als sich unsere trafen. "Das... ähm... setzen sie sich bitte." Ich nickte nur knapp und ließ mich dann auf einem Stuhl sinken. Neben... Draco. Verwirrt sah er mich an, doch ich würdigte ihm keines Blickes. Wir sollten uns Schulbücher aussuchen, mithilfe derer wir dann einen ganz besonderen Trank brauen sollten- Felix Felicis. Ich kannte ihn. Mein Vater hat ihn schon ein oder zwei Male gemeinsam mit mir gebraut. Meist vor einem wichtigen Ereignis. Dann hatte er nämlich immer so getan, als ob er mir den Trank ins Getränk mischen würde, damit meine Angst mir nicht im Weg stand. Das half. Als wir gerade beginnen wollten, kamen plötzlich Ron und Harry zur Tür hereingestürmt. Wo zum Kuckuck waren die Beiden? Während Ron eine Entschuldigung murmelte schweifte Harrys Blick über die Reihen und blieb schließlich an mir hängen. Ich konnte seinen Blick nicht deuten. Konnte noch nicht einmal wegsehen. Plötzlich fiel Harrys Blick jedoch auf Malfoy neben mir, der mich noch immer anstarrte und seine Augen wurden schwarz. Ich wusste nicht, was ich von dieser Auseinandersetzung halten sollte. Wahrscheinlich dauerte sie nur wenige Sekunden, doch für mich fühlte es sich an wie Stunden.
"Harry Potter, schön, dass ich Sie auch in meinem Unterricht begrüßen darf." Professor Slughorn lächelte Harry freundlich an. Harry löste seinen Blick von Malfoy und mir und lächelte- als wäre nichts gewesen- genauso freundlich zurück. "Die Freude ist ganz meinerseits." Nachdem sich die zwei Nachzügler ebenfalls Bücher geschnallt hatten, durften wir endlich loslegen. Es war schwer sich an die genaue Vorgehensweise zu erinnern- vor allem da in den Büchern meist falsche Angaben standen.
Letztendlich schaffte ich es. Sogar als Erste. Doch da es keiner sonst mitbekam und Harry kurz danach fertig wurde, sagte ich nichts und ließ Harry den Ruhm. Schließlich war das nur gerecht. Ich hatte den Trank ja schon einmal gebraut. Außerdem gönnte ich es ihm.
"Miss Y/N, ich bin beeindruckt.", sagte Slughorn plötzlich neben mir. Die meisten Schüler waren schon aus dem Raum gehuscht. Ich drehte mich zu Slughorn um und grinste ihn an. "Dankeschön!" Slughorn sah so aus als wollte er etwas sagen. Er machte ein wenig ein Gesicht wie eine Seerobbe. Ich fand das witzig. Slughorn war einfach ein süßer Seerobben- Opi. Endlich rückte er dann doch mit der Sprache heraus. "Ich habe Sie vorhin nicht irgendwie in Verlegenheit gebracht oder so...", fragte er. Ich packte ein, während ich im antwortete. "Nein, keine Sorge. Es war nur einfach sehr schwierig meine Eltern zu verlieren..." Ich sah ihm in die Augen um ihm meine Ehrlichkeit zu vermitteln. "Verstehe." Er nickte kurz. "Ihr Vater war ein genauso guter Zaubertrank-Mischer wie Sie" Ich lächelte. "Ich weiß. Er hat mir das meiste beigebracht." Slughorn nickte wieder. "Nun dann, ich sehe Sie nächste Woche wieder." Ich nickte zum Abschied und verließ dann den Klassenraum. Als nächstes hatte ich eine Freistunde, die ich in der Bibliothek verbringen wollte. Gerade schlenderte ich durch die Gänge, als hinter mir eine Stimme ertönte.

"Y/N!" Das war der Moment, vor dem ich mich die ganze Zeit gefürchtet hatte. Ich seufzte und drehte mich dann schließlich um. "Harry", sagte ich gequält freudig. Es war mir so unangenehm. Der Kuss. Wieso hatte ich ihn geküsst? Meine Gefühle. Wieso fühlte ich so? Mein Herz pochte mir wie wild gegen die Brust, während sich Harry aufgeregt durchs Haar fuhr. Ich sah ihn nur an. Sagte nichts. Genauso wie er. Nach einer Weile räusperte ich mich. "I-ich sollte..." Schnell zeigte ich in die Richtung, aus der ich kam. Ich wollte hier weg. Doch Harry. Harry schüttelte den Kopf. "Bitte, Y/N. Können wir... reden?" Na super, er wollte reden. "Ich wüsste nicht über was", erwiderte ich schnell und setzte eine ratlose Miene auf. Für einen Moment hoffte ich, dass er den Kuss vergessen hatte. "Letztes Jahr. Der Kuss..." Innerlich heulte ich gerade auf. "Der Kuss...", wiederholte ich verzweifelt. "ja, hey, Harry... das alles, also irgendwie..." "Bereust du es?" Seine Stimme klang traurig. Warum zum Fick klang sie traurig? Er hatte Ginny und Cho. Wieso war er dann traurig? Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Um ehrlich zu sein, nein... ich bereute es nicht. Es war einfach ein perfekter Kuss. Aber andererseits... es war ein Fehler. Er liebte mich nicht. Er liebt mich noch immer nicht. "Du und Ginny...", lenkte ich ab. "Bereust du es?", Harry wiederholte seine Frage nochmals. Um einen festeren Ton bemüht. Ich seufzte. "Nein, aber...", erwiderte ich leise, doch Harry unterbrach mich. "Mehr muss ich nicht wissen..." Er kam auf mich zu. Zu schnell um irgendetwas zu realisieren. Verwirrt gab ich mich seinen Lippen hin, die er sanft auf meine presste. Meine Augen noch immer verwirrt geöffnet, versank ich in dem Kuss, bewegte mich kaum. Zu viel auf einmal durchströmte meinen Körper. In meinem Magen tanzten die Schmetterlinge hin und her. Mein Herz pochte so laut, dass ich Angst hatte, Harry konnte es hören. Meine Lippen brannten heiß von seinem Kuss. Mein Herz öffnete sich und ein warmes Gefühl strömte durch meinen Körper. Ich konnte es weder realisieren noch kontrollieren. Hauptsächlich war ich einfach nur verwirrt. Was passierte gerade? Wieso küsste er mich? War da doch mehr auch von seiner Seite? Doch dann schoss mir ein Bild ins Auge.
Ginny und Harry. Die Hände ineinander verschlungen. Sanft küsste er ihren Handrücken. Und was verdammt war eigentlich mit Cho?! Ich konnte das nicht. So sehr ich diesen Kuss wollte, ich konnte es nicht. Es fühlte sich an wie Stunden, bis ich mich von Harry lösen konnte. In Wirklichkeit waren es wohl nicht mehr als wenige Sekunden. Ich stieß ihn von mir weg.
Harry kam ins Schaukeln und fiel schließlich auf den Boden. Verwirrt schaute er zu mir auf. Erst wollte ich mich entschuldigen, ihm aufhelfen. Doch wieso? Andererseits wusste ich auch nicht wieso nicht. Ich hatte den Kuss gewollt. Ich will ihn immer noch. Das spüre ich mit jeder Faser meines Körpers. Doch ich konnte einfach nicht. "H-Harry", sagte ich fassungslos. Vielleicht auch ein wenig atemlos, denn verdammt, er küsste einfach unglaublich gut. "I-ich...", stotterte nun Harry. Noch immer lag er am Boden. Wir sahen uns einfach nur an. Unfähig irgendetwas zu sagen. Es begann langsam komisch zu werden, als plötzlich eine mir all zu bekannte Stimme ertönte.
"Pottah, ich hatte immer darauf gewettet, du würdest die dominante Seite wählen, doch da habe jch mich scheinbar getäuscht" Na toll. Draco kam den Korridor entlang geschlendert. Wüsste er, was gerade wirklich passiert war, würde er wohl nicht so gechillt sein. "Hallo, meine Schöne", wandte er sich an mich. Ich schnappte nach Luft. "Meine Schöne?!", wiederholte ich fassungslos. Draco grinste mich nur frech an. Da riss bei mir der Geduldsfaden. Wahrscheinlich waren es hauptsächlich die Gefühle, die ich mir nicht erklären konnten, aber die trotzdem durch meinen Körper fluteten.
"Was zum Fick geht bei euch bitte ab?!" Ich schmiss verzweifelt die Hände in die Luft und bewegte mich aufgeregt hin und her. "Y/N...?" Draco hatte meine Aufregung gespürt und berührte mich nun leicht an der Hand. Schnell entzog ich mich ihm. "Fass mich nicht an, Malfoy", schnauzte ich zurück. Ich ging ein paar Schritte in die entgegegesetzte Richtung, als ich mich doch anders besinnte und nochmal umdrehte. "Und du...", sagte ich wütend und zeigte auf Harry, "Woher nimmst du dir das Recht, mich zu küssen?" Ich raufte mir die Haare. Draco atmete neben mir zischend ein. Nun wandte ich mich an ihn. "Ernsthaft? Du benimmst dich wie eine Prinzessin Lillifee. Ihr" Ich wandte meinen Kopf nun auch wieder zurück zu Harry. "Mann, entweder ihr habt die Eier, mir zu sagen, was Sache ist, oder ihr lasst es, aber dieses Spiel... das kann ich gar nicht ab." Ich schüttelte wütend meinen Kopf. Musste mich wirklich zusammenreißen, meinem Wutausbruch nicht freie Bahn zu gewähren. "Ja, ich fühle wieder. Das bedeutet aber nicht, dass ich gleich jedem hier wieder mein Herz schenken möchte. Ich habe es satt verletzt zu werden!" Okay, okay, das klang vielleicht ein wenig melancholisch und überdramatisch, aber stimmte doch...