XXX. Verletzt

April|| Wütend streiche ich mir meine Tränen aus dem Gesicht. Eigentlich hatte ich bisher nicht das Gefühl, dass ich mich auf meinen Freund nicht verlassen kann. Natürlich, in letzter Zeit hat er eine Menge gearbeitet, aber trotzdem hatte wir, bis auf den kleinen Vorfall an unserem Jahrestag, immer genügend Zeit für einander. Kam er spät nach Hause, hat er am nächsten Morgen später angefangen um zumindest noch ein wenig Zeit mit mir zu verbringen - denn schließlich musste ich auch arbeiten. Natürlich gab es auch Tage, an denen wir uns nur im Bett gesehen haben, weil er ziemlich spät Nachhause kam und auch ziemlich früh wieder zur Arbeit gefahren. Wir haben uns relativ oft wegen alltägliche Dinge gestritten, wie wenn er nicht mal in der Lage war den Müll mitzubringen oder die Wäsche aus dem Keller zu holen. Er schnauzt mich an, weil seine Hosen nicht gebügelt sind, ich meckere ihn an weil seine Kaffeetasse noch am Abend dort steht, wo er sie eins abgestellt hat. Dennoch hatten wir immer gute Zeiten.

Als meine Eltern am Samstag die
"Willkommen zurück, Noah" - Party geschmissen haben, war er mit dabei. Wir haben gelacht und herum gealbert und uns doch gestritten, weil wir uns am Sonntag nicht einig waren wie wir unseren Urlaub planen. Es waren immer banale Dinge die zwischen uns Unstimmigkeiten verursacht haben, aber zu keinem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, ihm nicht wichtig zu sein oder das er seine Prioritäten anders setzt oder das ich mich nicht auf ihn verlassen kann.

Nun hat er aber den Bogen weit mehr als nur überspannt. Er weiß ganz genau, wie schrecklich ich es immer und immer wieder finde, wenn Noah ins Ausland geht. Das mich die Ungewissheit ob er Gesund und Munter wieder zurück kommt, schrecklich belastet. Ich habe ihn gestern versucht anzurufen, als Noah aus heiterem Himmel verkündet hat, dass er ganz kurzfristig, als Krankenvertretung, wieder zurück ins Ausland geht - obwohl er vorhatte sich nicht mehr ins Ausland versetzen zu lassen. Mein Anruf verlief erst einmal immer und immer wieder an die Mailbox. Als er dann endlich mal dran ging, hat er mich eiskalt abgewürgt, mich noch nicht mal angehört und gemeint, dass wir später reden.

So Verständnisvoll wie ich war, weil ich genau wusste, dass er einen wichtigen Termin hat, habe ich ihm kurze Zeit später eine Nachricht geschrieben, dass er nach der Arbeit doch bitte zu meinen Eltern kommen soll und sich für heute morgen frei nehmen soll, weil ich ihn brauche, wenn wir Noah heute weg bringen. Von Dan kam nichts. Absolut nicht. Kein Anruf. Keine Nachricht. Nix. Er ist noch nicht einmal bei meinen Eltern aufgetaucht.

„Soll ich noch mit hoch kommen?", will mein Zwillingsbruder von mir wissen, der mich bei Dan und meiner Wohnung abgesetzt hat. Ich schüttel den Kopf. „Reiß Daniel aber nicht gleich den Kopf ab, hör ihn erst mal an.", fordert er von mir. Ich nicke. „Apes ich meine das ernst. Rede erst einmal mit ihm.", wiederholt er. „Und was soll das bringen? Er ignoriert mich seit gestern Mittag.", kontern ich nun. „Vielleicht hat das ein wirklich wichtigen Grund, warum er nicht auf deine Nachricht geantwortet hat." Skeptisch schaue ich ihn an und ziehe beide Augenbrauen hoch. „Ach ja? Welchen? Er hätte ja wenigstens bescheid sagen können, dass er es nicht schafft. Aber er hat kein einziges Lebenszeichen von sich geben lassen. Das heißt doch das ich ihm nur scheiß egal sein kann.", erwiderte ich aufgebracht. „April du bist total wütend. Lass und an den Strand fahren, du reagierst dich etwas ab und dann fahre ich dich wieder hierher. Es bringt doch nichts wenn ich du dich jetzt so emotional geladen mit Daniel auseinandersetzt." Ich schüttel den Kopf. „Kommt hat nicht in Frage. Ich habe schon mit Mama geredet, ich kann erst mal wieder in mein altes Kinderzimmer. Mir bringt es einfach nichts, einen Freund zu haben, der absolut nicht für mich da ist.", lasse ich ihn wissen und schnalle mich ab um in die Wohnung zu gehen. Ich will einfach nur noch nach oben und meine Sachen packen.

„Jetzt mach mal nicht aus einer Mücke einen Elefanten. Apes wirk...." - „Stell dich verdammt noch mal nicht auf seiner Seite.", unterbreche ich ihn. Das darf ja wohl nicht wahr sein. Grade als ich die Autotür ausreißen will, packt mich mein Zwillingsbruder an der Hand. „Lass deine Wut nicht an mir aus. Ich versteh das du sauer auf Dan bist. Das er sich noch nicht einmal kurz gemeldet hat waf scheiße, ja. Aber ich glaube einfach, dass du jetzt nichts übers Knie brechen solltest. April du hast heute Morgen von Trennung gesprochen, dass ist eine Idee zu hart, meinst du nicht?", stellt er klar. Ich schüttel den Kopf. „Ich muss aus seinem Verhalten einfach meine Konsequenzen ziehen. Es läuft ja schon länger nicht mehr ganz rund. Ich brauche jetzt einfach mal eine Pause.", erkläre ich Aiden. Verständnisvoll nickt er. „Okay, dann fahre ich kurz zu Joshua und sobald du hier fertig bist, rufst du mich an, dann hole ich dich ab.", schlägt er nun vor, allerdings schüttel ich den Kopf. „Quatsch, ich kann auch gleich mit einem Taxi Heim fahren und wir treffen uns später einfach da.", entgegne ich, schließlich hat er von seinem besten Freund auch nicht mehr soviel seit er in Denver studiert. „Kommt absolut nicht in Frage. Du rufst an.", bestimmt er und erhält ein nicken zur Antwort. Er umarmt mich noch einmal fest und lässt mich dann aussteigen, nachdem er mich noch einmal gebeten hat, Daniel vielleicht doch einfach erst einmal die Chance zu geben, sich zu erklären.

Fest entschlossen, Aidens Bitte nachzugehen begebe ich mich in unsere Wohnung, und schmeiße meine Pläne gleich über Bord, als mein toller Freund überhaupt nicht zu Hause ist. Ich kann es einfach nicht fassen, dass er mich erst im Stich lässt und dann am Nachmittag noch nicht mal daheim ist. Ich gehe auf den direkten Weg ins Schlafzimmer, hole meine Reisetasche heraus und schmeiße dort meine Sachen hinein. Gut eine halbe Stunde später sammel ich einen Teil meiner Kometik zusammen und begebe mich dann samt einer Stofftasche in unser kleines Büro. Schnell habe ich meinem Bruder geschrieben, dass ich in wenigen Minuten fertig bin, ich aber durchaus mit dem Taxi zu unseren Eltern fahren kann. Relativ schnell gibt er mir bescheid, gleich hier zu sein. Ich packe alles ein was ich für die Arbeit brauche als ich die Haustür höre.

„April? Bist du zu Hause?", höre ich die Stimme von meinem noch Freund rufen. Unbeirrt packe ich meine Sachen weiter, als sich die angelehnte Tür plötzlich öffnet. „Kannst du mir mal bitte sagen, was du da tust?" „Was ich hier tue? Was ich hier.....", wütend drehe ich mich zu ihm um und verpasse ihn reflexartig eine Ohrfeige - die mir im nächsten Moment, allerdings schon wieder leid tut. „Sorry.", gebe ich etwas beschämt von mir nehme die Tasche von dem Schreibtisch und will an ihm vorbei, allerdings hält er mich am Handgelenk fest und somit zurück. „Verrätst du mir, womit ich diese Schelle verdient habe?", will er von mir wissen.

Überrascht schaue ich ihn an und merke wie die Wut wieder etwas höher steigt. „Daniel das Fragst du jetzt nicht wirklich." „Oh doch. Du scheinst wütend zu sein. Du packst ein paar Sachen zusammen. Scheuerst mir eine. Erzähl mir was los ist. Es ist wohl das mindeste.", fordert er wiederholt von mir. „Vielleicht checkst du mal dein Handy, dann wärst du eventuell mal auf den neusten Stand und würdest nicht so blöde Fragen stellen.", kontere ich und gehe an ihm vorbei.

Ich höre ihn genervt stöhnen. „Geht schlecht. Das liegt in meiner Schublade im Büro. Gestern nachdem du mich angerufen hast habe ich es dort rein gelegt, danach und heute waren wir die ganze Zeit im Konferenzraum.", lässt er mich wissen. Etwas Verständnislos schaue ich ihn an. Dann wundert er sich noch nicht einmal, dass ich die Nacht über nicht Zuhause war? „Tja dann ist es dein Problem. Nicht meins." „Verdammt April, ich habe keine Lust auf dieses Spielchen. Gestern und Heute war echt anstrengend. Sag mir doch einfach was los ist." Ich drehe mich zu ihm um, öffne den Mund und schließe ihn dann direkt wieder. Ich merke wie mir Tränen in die Augen schießen. „Dann wird es dich ja sicherlich freuen, wenn du ab heute eine Anstrengung weniger hast.", lasse ich ihn wissen und nehme meine Reisetasche.

„Kannst du mir mal bitte sagen, was dein verdammtes Problem ist?", höre ich Daniel Fragen. Ich drehe mich zu ihm um. „Was mein Prob...Vergiss es einfach.", gebe ich von mir und will die Tür öffnen, allerdings schließt er sie bevor sie überhaupt so weit auf ist, dass ich verschwinden kann. „Du haust jetzt nicht einfach ab, ohne mir einen vernünftigen Grund zu nennen. Es kann doch nicht sein, dass gestern Morgen noch alles in Ordnung ist. Du dann die ganze Nacht weg bleibst, nur um urplötzlich aufzutauchen, umdann deine Sachen zu packen. Wäre ich nicht Ausnahmsweise mal früher nach Hause gekommen, hätte ich wahrscheinlich noch Tagelang auf dich gewartet.", wirft er mir nun vor. „Seit Wochen steht die Arbeit bei dir an erster Stelle. Interessierst dich überhaupt....." - „Das stimmt nicht. Werde jetzt nicht unfair.", unterbricht er mich. „Ich werde unfair? Ich hab dich gestern versucht anzurufen. Du hast mich eiskalt abgewürgt. Ich habe es hin genommen, weil ich ganz genau weiß, wie wichtig es dir ist die eventuell Beförderung zu bekommen. Ich hab dir geschrieben, dass du dich bei mir melden sollst, wenn die Zeit es zulässt. Dann hab ich dir geschrieben, dass Noah, ganz kurzfristig wieder verschwindet. Dass wir ihn heute wegbringen und das ich dich dabei haben will. Ich habe dich einmal gebraucht und das einzige was von dir kommt ist pure Ignoranz.", schmettere ich ihm an den Kopf.

Plötzlich wird sein Blick ganz sanft und gleichzeitig spiegelt sich reue in seinem Gesicht wieder. Als er seine Hand nach mir ausstreckt weiche ich zurück. „Wag es ja nicht, mich anzufassen.", warne ich ihn. „Es tut mir leid. Apes ehrlich. Hätte ich gewusst, dass es um Noah geht, wäre ich gerne gestern nach der Arbeit auf direktem Weg zu deinen Eltern gekommen un...." - „Das kommt alles ein wenig spät Daniel. Ich nehme es seit Wochen hin, dass wir eher weniger Zweisamkeit haben. Wir streiten uns ständig und das gestern hat das Fass einfach überlaufen lassen. Ich will nicht mehr. Ich brauche jetzt einfach Zeit für mich.", falle ich ihm ins Wort.

„Du willst also wirklich die Trennung? Einfach so?" „Nein nicht einfach so. Ich habe dir grade mindestens Zwei Gründe genannt. Ich glaub einfach, dass jegliche Gespräche jetzt zu noch mehr Streit führen würden.", entgegne ich. Nicht wirklich begeistert nickt er langsam. „Aber wir reden die Tage noch einmal?" Ich zucke mit den Schultern. „Vielleicht.", ist das einzige was ich dazu sage, ehe ich etwas enttäuscht darüber, dass er so verdammt schnell aufgibt die Wohnung verlasse.

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