XXVII. Fehlereinsicht

Dan|| Scheiße gebaut ist wahrscheinlich die Untertreibung des Jahres. Ich habe gestern in der ganzen Aufregung auf der Arbeit die durch das Meeting und der Konferenzschaltung nach Japan im Büro herrschte, ganz vergessen das April und ich eigentlich verabredet waren - dabei habe ich selbst diesen Vorschlag gemacht und war dann, als ich endlich Zuhause war, auch noch ziemlich unfair ihr gegenüber.

Diese Distanz und Kälte die sie prompt zwischen uns gestellt hat, war kaum auszuhalten, aber da musste ich durch - auch wenn mein schlechtes Gewissen enorm gewachsen ist, nachdem ich ihre ganzen Vorbereitungen im Wohnzimmer und der Küche entdeckt habe. Sie hat sich mit der Tischdeko so verdammt viel Mühe gegeben, dass ich mich wie der schlechteste Freund auf Erden gefühlt habe. Eigentlich wollte ich nach meiner Dusche, zu der sie mich gezwungen hatte, weil ich nach Rauch und Alkohol gestunken habe, wieder ins Schlafzimmer und mich bei ihr entschuldigen, allerdings hat sie bereits geschlafen oder konnte es zumindest sehr gut spielen.

Leise habe ich in der Küche dann erst einmal ein wenig aufgeräumt und mir fest vorgenommen, zu versuchen es heute wieder gut zu machen. Obwohl ich ziemlich spät ins Bett bin, habe ich mir vor gut einer halben Stunde aus dem Bett geschält, mich schnell umgezogen, um dann zum naheliegend Bäcker zu fahren. April würde mir wahrscheinlich wieder eine lange Predigt halten, dass ich so eine kurze Strecke auch mit den Rad fahren kann. Dass ich an die Umwelt denken soll und so wie sie kurze Strecke ruhig mal mit den Rad bewältigen könnte - so wie sie es auch tut. Ich verstehe immer noch nicht, wieso sie täglich gute Zehn Meile zur Arbeit und wieder zurück fährt, wenn ihr kleines Auto doch vor der Tür steht.

Mit Brötchen und Croissants im Gepäck, steige ich aus meinem Auto. Nachdem ich es abgeschlossen habe und zur Haustür gehe, kommt mir Corinna, unsere Nachbarin, entgegen. „Hey, Dan. Was macht Aprils Finger?", will sie von mir wissen. Ich runzle die Stirn. „Wieso?" „Na sie hat sich doch gestern ganz schön in den Zeigefinger geschnitten. Wir waren im Krankenhaus. Hat sie dir das überhaupt nicht erzähl?" Ich schüttel den Kopf. „Nein. Ich kam gestern ziemlich spät nach Hause. Sie hat schon geschlafen, als ich kam.", flunkere ich ein wenig, schließlich geht es nur Apes und mich etwas an, wenn wir uns streiten. „Ernsthaft? Dann musst du aber echt spät gewesen sein. Sie war so aufgeregt, mal wieder ein gemütlichen Abend mit dir zu verbringen. Sie hat sogar von unterwegs bei ihrem Dad angerufen, damit er euch Tomatensauce macht. Es sei äußerst Lebenswichtig, meinte sie zu ihm.", erzähl sie mir und entfacht dabei ein noch größeres Schlechtes Gewissen bei mir. Ich seufze und halte die Tüte mit den Brötchen hoch. „Sowas habe ich mir gedacht, deswegen muss ich jetzt auch hoch sie mit einem Frühstück am Bett überraschen. Vielleicht ist sie dann nicht ganz so sauer auf mich.", lasse ich sie wissen und verschwinde ohne auf ein Kommentar von ihr zu warten ins Treppenhaus.

Dadurch das ich immer zwei Stufen nehme, bin ich relativ schnell in der vierten Etage. Grade als ich die Tür öffnen will, wird diese von April geöffnet. Ich runzel die Stirn, als sie mir, in ihrem grünen Kleid und mit ihrer Handtasche geschultert, gegenüber steht. „Wohin willst du?", frage ich sie. „Zu meinen Eltern. Grandma Fox kommt heute Abend zum Grillen.", antwortet sie mir und quatscht sich an mir vorbei. „Ich hab gedacht, wir wollten den heutigen Ta...." - „Den gestrigen Abend wollten wir auch gemeinsam verbringen. Und? Du bist nicht aufgetaucht. Als du vorhin abgehauen bist, hab ich gedacht, dass du arbeiten gehst und meinen Tag nun nunmal anderes geplant. Keine Ahnung ob ich heute Abend nach Hause komme.", unterbricht sie mich. Etwas Fassungslos schaue ich sie an, allerdings verschwindet sie noch bevor ich irgendetwas erwidern kann.

Stöhnend gehe ich in die Wohnung. Manchmal übertreibt April es aber auch. Wenn sie ganz genau gehört hat, wie ich vorhin aufgestanden bin, hätte sie doch auch das Gespräch mit mir suchen können. Normalerweise lässt sie so etwas nicht einfach auf sich sitzen. Im Normalfall streiten wir uns Lautstark, sitzen ein paar Minuten in getrennten Räumen um runter zu kommen, bevor wir wieder aufeinander treffen, uns ruhig aussprechen dann versöhnen.

Mit einen lauten knall lasse ich die Haustüre ins Schloss fallen und beschließe Henry anzurufen. „Jo Daniel. Habt ihr beide euch gestritten?", meldet sich mein bester Freund. Ich lasse mich auf die Couch fallen. „Wie kommst du darauf? Hat April sich schon lauthals bei dir beschwert, was für ein Arsch ich bin." Ich höre ihn leise lachen. „Nein.", gibt er von sich bevor ich Türen höre. „Du rufst zu einer echt ekligen Zeit an, wenn man daran denkt, dass du dir heute extra frei genommen hast, bloß um den Tag allein mit deiner Freundin zu verbringen. Wo wir schon beim zweiten Punkt sind: Wenn zwischen euch alles im Ordnung wäre, könnte ich mir vorstellen, dass euch vielleicht andere Dinge einfallen, die ihr beide tun könnt, anstatt du mich anrufst.", setzt er nach.

Ich seufze und erzähle ihm von der Arbeit. Von dem Meeting gestern und der Konferenzschaltung. Von dem Vertrag, den Vertrag den wir mit Japan auf geschlossen haben und von April. Das wir den Abend und den heutigen Tag zusammen verbringen wollten, darüber war mein bester Freund schon im Bilder. Weswegen er auf den neusten Stand in Sachen unseres Aktuellen streites gebracht wird. Als ich ihm von ihrem Abgang vorhin erzähle höre ich ihn lachen.

„Ich finde das überhaupt nicht Lustig.", stelle ich klar und Frage mich echt, wieso er lacht. „Ich schon. Es ist beruhigend, dass ihr beide euch in eurer kleinen perfekten Welt auch mal so doll streitet.", höre ich ihn sagen. Ich schnaufe. Perfekt sieht anders aus. „Nett.", ist das einzige, was mir dazu einfällt. „Hör zu Daniel, ich bin dein bester Freund und jetzt mal ehrlich zu dir: Ich kann Aprils Reaktionen vollkommen nachvollziehen. Ehrlich. Ihr plant die anderthalb Tage schon wie lange?", gibt er nun wieder ernst von sich. Ich kratze mich am Kopf. Eine Weile, auch wenn das lächerlich klingt, wobei Planen auch enorm übertrieben ist. Wir wollten heute, und vielleicht sogar das Wochenende ebenfalls, einfach unsere gemeinsame Zeit genießen, weil sie in letzter Zeit durch Aprils Arbeit und vor allem durch meine Arbeit einfach viel zu kurz gekommen ist. Die Wochenenden hatten wir irgendwie nie wirklich für uns. Mal haben wir etwas mit unseren Freunden geplant, mal war Aiden hier, mal waren wir bei Aprils Familie, mal bei meinen Großvater. Immer war in letzter Zeit etwas anderes. „Schon, aber...." - „Kein aber!", fällt Henry mir ins Wort. „April ist auch nur eine Frau. Mich wundert es das sie nicht schon vorher mal ein Signal geschickt hat, dass es für euch endlich an der Zeit ist mal etwas zu zweit zu machen. Susa hatte schon längst etwas gesagt." Ich seufze. „April ist nicht Susa.", erinnere ich ihn und bin über diese Tatsache echt froh. Mit so einer Dramaqueen wie sich Henry herum schlägt, würde ich es niemals aushalten. „Was du nicht sagst. Das ist dein Glück. April ist nämlich Pflegeleicht - im Gegensatz zu Susa.“, entgegnet er.

Ich verdrehe die Augen. „Und was schlägst du bitteschön vor?“ „Ernsthaft? Muss ich dir auch noch das Frühstück vorkauen? Zieh dich wieder an und fahr zu Aprils Eltern. Zum einen wird sie dir dort sicherlich keine alt so große Szene machen und zum anderen glaube ich das ihr die Sache echt schnell klären könnt.“,  antwortet er mir plump. Ich fahre mir erneut durch die Haare. „Wahrscheinlich
hast du recht.“, gebe ich von mir. „Auf jeden Fall haben wir recht und nun höre auf deinen besten Freund und versöhne dich wieder mit der deiner Freundin.“

⏭️⏮️

Bevor ich auf den Rat meines besten Freundes gehört habe, habe ich erst einmal die Aufgaben erledigt die April eigentlich an ihrem freien Tag jede Woche übernimmt, auch wenn ich die Gefahr laufe, dass sie es bereits gestern erledigt hat: Staubsaugen, Wischen, Staupputzen, Badezimmer putzen - schließlich beschwert sie sich immer.

Mittlerweile stehe ich allerdings vor dem Haus ihrer Eltern und warte darauf, dass mir jemand auf macht. Eigentlich hatte ich vor Unterwegs Blumen zu kaufen mich dann aber, warum auch immer, dagegen entschieden.

Aprils Vater öffnet mir die Tür, zieht die Augenbrauen hoch und verschränkt die Arme vor der Brust. „April meinte du wärst heute beschäftigt.“ „Es hat sich irgendwie anders ergeben. Ist sie da.“ Noch immer ziemlich skeptisch nickt er und geht zur Seite um mich hinein zu lassen. „Sie liegt draußen in der Sonne. Eigentlich sollte sie mit ihrer Mutter einkaufen gehen, aber Lust hatte das Kind keine, sondern eher sehr schlechte Laune. Daher nehme ich an, ihr habt euch gestritten?!“,  gibt er von sich. Ich unterdrücke ein schönen.  Warum ist es für alle gleich so klar, dass etwas hier nicht stimmt. Ich zucke mit den Schultern. „Es ist nichts, was wir nicht wieder hinbekommen.“, gebe ich bloß von mir und sehe wir er nickt. „Da bin ich mir sicher. Lass dich nur nicht von ihrer schlechten Laune verschrecken.“ „Ich versuchs.“

Im Garten angekommen schaue ich mich kurz um und entdecke meine Freundin, im hinteren Teil des Garten, auf der Sonnenliege. Ich gehe zu ihr und setze mich Wortlos neben ihr auf den Boden. Da sie eine Sonnenbrille trägt und so keinerlei Regung von ihr kommt bin ich mir nicht ganz sicher ob sie mich überhaupt bemerkt hat, oder hier in der Sonne einfach eingeschlafen ist.

Ich betrachte sie eine Weile, in ihrer kurzen Shorts und dem gestreiften Bikinioberteil und bin mir mittlerweile sicher, dass sie sich meiner Anwesenheit durchaus bewusst ist und mich einfach nur ignoriert. „Dein Bikinioberteil ist neu. Er gefällt mir.“ Ich sehe wie sie mit der Stirn runzelt. „Als wir das letzte Mal am Strand waren, war dein Bikini noch dunkel Blau.“, spreche ich weiter, als nichts von ihr kommt. „Das letzte Mal als wir beide am Strand waren, ist auch schon etwas her. In der Zeit war ich des öfteren mit Aiden shoppen. Zuletzt am Montag, wo ich mir dieses Bikinioberteil gekauft habe, genauso wie das kurze schwarze Kleid und die Dessous, die du gestern verpasst hast.“, giftet sie. „Du gehst mit deinem Bruder Dessous kaufen?“, hake ich nach. Sie gibt ein stöhnen von sich, nimmt ihre Sonnenbrille ab und funkelt mich an. „Das habe ich nicht gesagt. Aiden brauchte neue Sportklammoten, also sind wir zusammen ins Einkaufszentrum und während er in diesen Laden für Allerhand Sportsachen war, habe ich mir diese Sachen besorgt.“, erklärt sie mir sichtlich wütend. Ich nicke und zucke dann mit den Schultern. „Ihr seid Zwillinge, da hätte mich auch nicht die Tatsache gewundert, dass du mit ihm zusammen die Sachen gekauft hättest.“ Sie öffnet den Mund, schließt ihn aber gleich wieder ohne etwas zu sagen.

„Was machst du hier?“, will sie wissen ohne auf mein Kommentar zu antworten. „Ich will mich bei dir entschuldigen, weil ich gestern Abend echt unfair zu dir war und noch dazu unsere fest geplante Verabredung vergessen habe.“, antworte ich ihr. Sie zieht eine Augenbraue hoch. „Ehrlich Apes es tut mir leid.“, wiederhole ich nun konkreter. Sie schaut mich an. „Okay.“ Skeptisch schaue ich sie an. Ist das alles was sie dazu sagt? Abwartend schaue ich sie an, in der Hoffnung noch etwas von ihr zu hören, aber da kommt absolut nichts mehr. „Mehr sagst du dazu nicht?“ Sie schüttelt den Kopf. „Um wieder für etwas beschuldigt zu werden, was ich niemals gesagt habe? Nee danke, lass mal - ich verzichte.“ Ich seufze. „Ich habe doch gesagt, dass es mir Leid tut.“ Sie nickt. „Das habe ich durchaus wahr genommen.“

„Und jetzt willst du ewig sauer auf mich sein?“, hake ich nach. „Das habe ich nicht gesagt.“ Ich unterdrücke ein wiederholtes seufzen. „Okay,  aber wenn ich dich Frage ob du jetzt mit nach Hause kommst, damit wir damit anfangen können den Tag zu zweit zu genießen, dann.....“ - „Schlage ich es aus, weil ich mein Tag nun anders geplant habe. Granny Fox kommt nachher und Mum hat ihr schon erzählt, dass ich auch hier bin. Sie freut sich, dass sie wenigstens eines ihrer Enkelkind sieht, wenn sie hier ist.“, unterbricht sie mich. „Nur wegen Granny Fox?“  Sie nickt. „Genauso sieht es aus.“ Prüfend schaue ich sie an. „Und wenn ich vorschlage, dass ich auch hier bleibe?“ „Klingt gut.“ Ich runzel die Stirn irgendwie passt das nicht zusammen. „Und für dich ist die Sache erledigt?“ Tatsächlich nickt sie. „Du hast doch entschuldigt und ehrlich gesagt, war ich heute morgen ja auch nicht viel freundlicher zu dir.“, antwortet sie mir.

„Eigentlich war deine Reaktion ziemlich verständlich.“, gebe ich zu. Sie zuckt bloß mit den Schultern und rückt etwas zur Seite um dann neben sich zu klopfen. Glücklich darüber, dass wir die Sache doch so schnell klären konnten (auch wenn ich denn Braten noch nicht ganz traue), erhebe ich mich, setze mich neben sie, drücke ihr ein Kuss auf den Mundwinkel und hoffe, dass es damit wirklich gegessen ist.

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