Zwangshandlungen

(Dieses Kapitel enthält ein sehr umstrittenes, sensibles Thema. Wenn du nicht damit klarkommst, dann überleg dir vielleicht nochmal, ob du es lesen willst)

Ich sitze im Wartezimmer, als ich leblos auf den Fußboden starre. Ich spiele mit meinen Fingern herum und tippemit meinem Fuß nervös auf den Boden. Meine Nägel hinterlassen Kratzspuren auf meinem Handrücken.

Ich fühle Nichts... Nur Leere und Ratlosigkeit. Keinen Schmerz, sondern Trauer, Verzweiflung und Enttäuschung.

"Ich will das nicht", flüstere ich und beiße mir anschließend auf die Unterlippe.

"Du wirst das tun, Soyan", sagt Kihyun, als er mich mit diesem kalten Blick anschaut. "Du hast keine Wahl, hörst du?"

Ich schüttle meinen Kopf, als mir die Tränen in den Augen aufsteigen.

"Das hier ist mein Körper", murmle ich leise, als ich immer noch nicht aufschaue.

"Das Ding, was du da in dir trägst, gehört nicht nur alleine dir", sagt er emotionslos.

"Es ist kein Ding", sage ich leise. Ich kann fühlen, wie die Wut in mir aufsteigt. "Es ist ein kleines Baby", korrigiere ich ihn. "Unser kleines Baby, Kihyun"

"Ist es nicht", seufzt er. "Schlag dir das aus dem Kopf. Es lebt nicht mals"

"Es lebt, verstehst du das nicht? Das Herz schlägt schon!", versuche ich zu erklären, als ich ihn verzweifelt anschaue.

"Tut es nicht", fängt er an, doch ich unterbreche ihn.

"Tut es doch! Du wollest dir noch nicht einmal das Ultraschall-Bild anschauen. Du wolltest nicht einmal mit mir zum Arzt, Kihyun. Du wolltest dir nicht einmal den starken, jedoch gleichzeitig schwachen Herzschlag von unserem Baby anhören... Es lebt und du willst es einfach umbringen", sage ich, als ich zu ihm hinaufschaue. Ich fühle mich so hilflos.. Als würde ich in ein schwarzes Loch fallen und keinen Ausweg mehr finden.

"Es ist nicht unser Baby. Es wird unser Baby auch niemals geben, okay?", sagt er ruhig. "Wir haben schon oft darüber geredet, Soyan. Du wirst jetzt keinen Rückzieher machen", sagt er streng.

Sein Blick schüchtert mich ein. Ich möchte etwas sagen, doch mir bleibt der Atem weg, als die Arzthelferin den Raum betritt. "Frau Park", lächelt sie leicht.

Ich starre weiterhin auf den Boden und bewege mich keinen Millimeter.

"Nun geh schon", murmelt er.

Ich schließe meine Augen und eine Träne läuft mir die Wange hinunter. Ich will das nicht.

"Soyan, geh", sagt er etwas ernster, als er mich böse anstarrt.

Langsam stehe ich auf und wische mir die Träne weg. Die Frau ist schon vorgegangen und hält mir die Tür für den Behandlungsraum offen.

Ich verlasse den Warteraum und betrete den Behandlungsaum, schaue mich ein wenig um. "Herr Kim wird bald hier sein", sagt die Frau im türkisen Kittel und schließt anschließend die Tür.

Dieser Stuhl.. und die ganzen Instrumente, die dort liegen.. Dieser Eimer.. Nein

Wie kann man nur so herzlos sein? Wie kann Kihyun nur von mir verlangen, dass ich mein eigenes Kind abtreibe?

Ich setze mich langsam hin und meine Hand fährt über meinen noch nicht vorhandenen Bauch. "Ich will dich nicht hergeben", flüstere ich. "Ich will nicht, dass man dich mir wegnimmt"

Meine glasigen Augen füllen sich mit immer mehr Tränen, bis sie zu schwer werden und erneut meine Wangen hinunterlaufen.

"Egal, ob Kihyun dich liebt, oder nicht. Ich tue es.. Würde dir das nicht reichen?", frage ich, als ob mich das kleine Baby verstehen könnte.

Ich fühle mich so unter Druck gesetzt.. So hin und hergerissen, so verantwortungslos.

Plötzlich geht die Tür auf und ein großer Mann mit schwarzen Haaren betritt den Raum. Schnell wische ich mir die Tränen weg und stehe auf.

"Guten Tag, Miss Park", fängt er an, bevor er sich zu mir dreht. Dann schaut er mich für ein paar Sekunden an und reicht mir anschließend seine Hand. "Ich bin Herr Doktor Kim Seokjin", stellt er sich vor.

Ich schüttle seine Hand und lasse anschließend wieder los.

Er setzt sich an den kleinen Schreibtisch in der Ecke und legt seine Dokumente ab. "Bitte setzen sie sich doch", sagt er und ich folge seiner Bitte.

Er ließt sich meine Krankenakte durch und nickt leicht. "Frau Park.. Hier steht, dass sie bei dem pflichtlichen Beratungstermin waren", sagt er und ich nicke.

"Und sie haben sich trotzdem so entschieden?", fragt er.

Ich bleibe ruhig und schaue erneut auf meine Finger hinunter. Ich bringe kein Wort heraus.

"Frau Park", fängt er wieder an. "Sie wissen, dass es noch nicht zu spät ist", sagt er und neigt seinen Kopf ein wenig zur Seite.

"Ich weiß", sage ich leise, doch ich schaue immer noch nicht hoch.

"War das ihr Freund, der da im Wartezimmer saß?", fragt er.

Ich nicke leicht. "Mein Ex Verlobter", korrigiere ich ihn und beiße mir auf die Unterlippe, als ich auf meinen Verlobungsring starre.

Er nickt, denn er scheint zu verstehen, was Sache ist.

"Das hier ist ihr Körper, Frau Park. Sie wissen, dass niemand das Recht hat für sie darüber zu entscheiden. Sie tragen das Kind in ihrem Körper", erklärt er mir. "Sie entscheiden darüber", sagt er. "Nicht ihr Ex-Verlobter", fügt er hinzu. "Ich sehe ihnen an, dass sie sich noch nicht ganz entschieden haben"

"Ich will es nicht", unterbreche ich ihn und schließe meine Augen. "Ich will das alles hier nicht", wiederhole ich und schüttle meinen Kopf. "Ich will mein Kind nicht umbringen. Ich will es behalten"

"Dann werden Sie es auch behalten", nickt er aufmunternd. "Sie wissen, dass es genug Orte gibt, bei denen sie sich Hilfe holen können", sagt er. "Ich werde ihnen ein paar Beratungsstellen aufschreiben"

"Er will, dass ich abtreibe", runzle ich die Stirn und der Arzt legt seinen Kulli auf den Schreibtisch.

"Wissen Sie... Er kann nicht alles so haben, wie er will. Sie sind des Kindes Mutter. Sie tragen es in sich.. und manchmal muss man eben Sachen tun, die anderen nicht gefallen... aber einem selbst schon", stellt er klar. "Hätte er kein Kind haben wollen, dann hätte er sich vorher schon verantwortungsvoll gegenüber ihnen und sich selbst verhalten müssen", erklärt er mir.

Ich denke über seine Worte nach und nicke anschließend als ich erneut über meinen Bauch fahre. Ich will es nicht abtreiben. Ich will es behalten. Ich will mich um mein Baby kümmern.. Von mir aus auch alleine. Ich brauche Kihyun nicht.

"Ich will es behalten", murmle ich leise.

Er lächelt mich an und nickt fröhlich. "Es freut mich, dass sie für sich selbst die beste Entscheidung getroffen haben", sagt er.

"Ich werde ihnen noch kurz die verschiedenen Beratungsstellen aufschreiben", lächelt er leicht. "Auch wenn Sie zukünftig Fragen haben, dann bin ich immer unter dieser Nummer hier erreichbar", sagt er und gibt mir seine Karte.

"Vielen Dank", sage ich und ein Stein fällt mir vom Herzen, denn jetzt fühle ich mich auf einmal so sicher. Ich werde dieses Kind behalten. Egal, ob er es will, oder nicht.

Ich stecke die Blätter ein, die der Arzt mir in die Hand gedrückt hat und verlasse anschließend den Raum mit ihm. Ich fühle mich so erleichtert... Doch wieso fühle ich mich wieder so eingeschüchtert sobald ich Kihyun sehe?

Manchmal.. oder sagen wir eher.. Nach unserer Trennung.. da schaut er mich so an, als würde er wirklich dafür sorgen wollen, dass ich abtreibe.. Egal mit welchen Mitteln. Es macht mir Angst.

"Und?", fragt er, als er mir entgegen kommt.

Ich kann Nichts sagen. Wieso? Soyan, trau dich! Das hier ist dein Kind und du wirst es alleine großziehen, wenn er dir nicht helfen will! Sag es doch! Los! Worauf wartest du?

.. Doch anstatt zu reden füllen sich meine Augen erneut mit Tränen und ich kann ihn einfach nicht anschauen. Ich bin so schwach.. Ich habe einfach Angst vor ihm un seiner Reaktion.

"Der Eingriff war erfolgreich, Herr Han", sagt auf einmal der behandelnde Arzt, was mich dazu bringt, meinen Atem anzuhalten.

"Bitte?", fragt Kihyun.

"Der Eingriff war erfolgreich", wiederholt er, bevor er mich kurz anschaut.

Was... Er.. Er lügt ihn für mich an? Darf er das überhaupt?

"Das ist super", grinst er leicht und das Einzige, was ich in diesem Moment für ihn empfinden kann, ist Abscheu... Ekel.. und Hass. Diesen Mann wollte ich heiraten? Den Mann, der sich darüber gefreut hätte, wenn ich ein unschuldiges, kleines Kind abgetrieben hätte. Sein unschuldiges, kleines Mädchen, welches zugleich auch meins ist.

Ich bereue meine Entscheidung nicht eine Sekunde... Ich liebe dieses Kind von ganzem Herzen und ich werde es mit ganz viel Liebe großziehen. Ich werde es beschützen. Das schwöre ich.

"Vielen Dank, Doktor Kim", sagt Kihyun und schüttelt ihm die Hand. "Wollen wir dann?", fragt er anschließend und schaut zu mir hinunter.

Ich starre ihn einfach nur hasserfüllt an und er seufzt. "Na los, komm schon. Ich lasse dich zu Hause raus", murmelt er, als er meinen Arm ergreift.

"Ich wünsche ihnen beiden alles Gute", sagt der Arzt. "Und wie gesagt Frau Park... Bei irgendwelchen Problemen nach der Behandlung können sie mich einfach anrufen", stellt er klar und drückt meine Hand ein wenig fester, um deutlich zu machen, was er meint.

Ich nicke und versuche zu lächeln. Ich bin diesem Mann so dankbar.. Für alles. Ich werde definitiv noch einmal herkommen...

"Mach dir keine Sorgen.. In ein paar Tagen hast du das alles hier vergessen", sagt Kihyun, als wir langsam auf den Ausgang zugehen. "Es wird so sein, als wärst du nie schwanger gewesen. Als wärst du nie hier gewesen", behauptet er.

-Und so verlasse ich das Krankenhau ohne dass Kihyun erfährt, dass ich immer noch unser kleines Kind in mir trage

-

Ich weiß, dass dieses Them sehr umstritten ist und nicht jeder gut mit so etwas umgehen kann. Natürlich sitzt in diesem Kapitel irgendwo auch meine Meinung zum Thema Abtreibung, welche bei jedem anders sein kann. Das akzeptiere ich voll und ganz. Jedoch erwarte ich von euch, dass ihr auch meine akzeptiert.

Dieses Kapitel mag vielleicht sogar zu ernst sein, doch ich finde es gehört zu einer realistischen Geschichte dazu. So etwas kann eben auch im wirklichen Leben passieren, also warum sollte ich nicht darüber schreiben?

Wenn ihr möchtet, könnt ihr natürlich auch eure Meinungen hier zur Debatte stellen. Ich lese mir sie gerne durch und niemand kann hier verurteilt werden, denn wie wir alle wissen, haben wir ein Recht auf Meinungsfreiheit.

Ich hoffe das Kapitel war nicht all zu deprimierend, doch ich fand, dass es auch ein sehr wichtiges Thema ist, was viele Leute zu verschweigen mögen.

Ich habe mehrere Referate über dieses Thema gehalten und es werden Stückchenweise immer wieder ein paar Sachen darüber in dieser ff auftauchen.

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