Kapitel 84

Marco

Luisa und Fleur haben gerade etwas Blut abgegeben, welches nun untersucht wird. Jede Sekunde die vergeht, dauert mir zu lange. Das alles hier muss viel schneller gehen! Wäre Lia nicht hier, um mich zu beruhigen, wäre ich längst durchgedreht. Aber dass sie immer wieder meine Hand drückt und sich an mich kuschelt, nimmt mir meine Wut. Zwischendurch drehen wir auch den Spieß um, da nehme ich sie fest in den Arm, um ihr Trost zu spenden. In dieser Hinsicht sind wir ein perfekt eingespieltes Team. Nun ja, ich finde, dass wir das in jeder Hinsicht sind. Wir tun dem jeweils anderen gut und können ihn so am Leben erhalten. Mein Schwiegervater hat zwischendurch einmal mit seiner Frau telefoniert, das hat ihm auch etwas seine Anspannung genommen. Fleur und Luisa sitzen die ganze Zeit im Behandlungszimmer und warten dort auf die Ergebnisse. Da der Arzt, der Ela hier im Krankenhaus behandelt hat, momentan Dienst hat, haben wir ihn benachrichtigt, damit er gleich überprüfen kann, ob einer der beiden Frauen als Spender für Ela infrage kommt. Er war sehr erfreut, als wir ihm sagten, dass wir noch sehr nahe Verwandte gefunden haben. Auch er hofft, dass meiner Tochter noch geholfen werden kann.

Lia streicht mir mit ihrer Hand durch die Haare, weshalb ich sie ansehe. Sie sieht sehr müde und erschöpft aus, aber wahrscheinlich sehe ich keinen deut besser aus. Ich betrachte meine Freundin stumm und lasse die letzten Monate mit ihr revue passieren. "Ist dir eigentlich bewusst, dass ich seit du aufgetaucht bist, nichts als Probleme habe?" Lia kichert. "Ja, das ist mir bewusst. Ich habe dein Leben wohl ordentlich auf den Kopf gestellt." Das hat sie definitiv. "Ich weiß, dass du es nicht immer leicht mit mir hattest und dass ich dir eigentlich fast immer eine Last war. Und das tut mir leid. Aber um ehrlich zu sein, bin ich trotzdem froh, dass das alles so gekommen ist. Und ich bin dir dankbar, dass du mich nicht aufgegeben hast, denn ohne dich wäre ich längst nicht mehr am Leben und das ist mir bewusst." Ich nicke, da sie recht hat. Hätte ich sie nicht in mein Leben gelassen, wäre sie entweder an einer Überdosis gestorben oder müsste noch immer unter Quinn leiden. Oder auch nicht, immerhin hat ihn jemand ermordet, von dem immer noch nicht klar ist, wer dieser jemand ist. Vielleicht wäre Lia dann auch zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen und dieser jemand hätte auch ihr das Leben genommen. Keiner von uns kann sagen, was passiert wäre. "Ich wünschte, ich hätte endlich mal etwas Ruhe. Die letzten Monate waren so nervenaufreibend, dass ich einen Urlaub mal gut vertragen könnte.", "Wenn das alles hier vorbei ist, dann werden wir drei Urlaub machen. Du, Ela und ich.", "Meinst du einer der beiden kommt infrage?", "Ich hoffe es sehr.", erwidert meine Freundin leise und lehnt sich an meine Schulter. "Was ist wenn nicht?" Sie hebt ihren Kopf wieder und sieht mich an. "Dann werden wir Ela ein paar letzte entspannte Tage gönnen und sie immer im Herzen tragen. Wir würden eine Beerdigung organisieren, die so bunt ist, dass man denken könnte, es sei ein schöner Geburtstag." Ich schniefe und Lia wischt mir Tränen weg, die mir über die Wangen laufen. "Es ist okay zu weinen. Aber noch nicht jetzt, denn noch ist alles möglich." Ich nicke und atme tief durch, als plötzlich Elas Arzt im Wartezimmer erscheint. Ich springe von meinem Stuhl auf und starre ihn an. "Ich habe gute Neuigkeiten. Wir haben einen Spender gefunden." Erleichtert über diese Nachricht atme ich auf und ziehe Lia in meine Arme, die neben mir vor Erleichterung aufschluchzt. "Danke, Doktor.", bedankt sie sich, doch er winkt nur lächelnd ab. "Allerdings dürfen wir jetzt nicht aufhören zu hoffen, denn Ela wird weiter kämpfen müssen. Es ist noch nicht vorbei. Es kann natürlich sein, dass es Ela schon bald wieder sehr gut gehen wird, doch wir dürfen auch nicht die Möglichkeit ausschließlich, dass auch die Spende nicht mehr hilft." Ich nicke. "Aber es gibt doch eine gewisse Chance, oder?", "Natürlich gibt es die, Herr Reus. Dennoch muss Ihnen bewusst sein, dass die schwere Zeit noch kein Ende hat." Elas Arzt nickt uns noch einmal aufmunternd zu, ehe er verschwindet und Luisa und Fleur nun zu uns kommen. "Wer von euch ist passender Spender?", frage ich aufgeregt. Irritiert sehen sie mich an. "Was ist?", frage ich deshalb. "Niemand von uns beiden ist passender Spender, es tut mir leid.", antwortet Fleur niedergeschlagen. Irritiert sehe ich die beiden Frauen an. "Was? Aber das kann doch nicht sein. Der Arzt meinte gerade, dass Ela jetzt hergeholt wird, damit sie die Spende bekommt.", "Was? Aber von uns nicht.", sagt nun Luisa. Ich drehe mich zu Lia um, die genauso verwirrt zu sein scheint. "Aber wenn von euch beiden keiner spendet, wer dann?" Sie zucken ratlos mit den Schultern, als plötzlich Tina im Wartebereich erscheint. "Ich.", sagt sie leise. Wieder sehe ich zu Lia, um Bestätigung zu suchen, dass ich nicht vollkommen spinne. Aber auch Lia scheint völlig verwirrt zu sein. "Ich habe mitbekommen, dass es um Ela nicht sehr gut steht und habe beschlossen mich testen zu lassen. Ich hätte es schon längst tun sollen, tut mir leid." Ich schüttle den Kopf, um einen klaren Verstand zu erlangen und gehe auf meine Exfreundin zu. Noch bevor sie protestieren kann, nehme ich sie fest in den Arm. Zögerlich legt sie ihre zierlichen Arme um meine Taille, um meine Umarmung zu erwidern. "Wieso hast du dich denn gar nicht mehr gemeldet?", "Das fragst du noch? Du hast meine Gefühle nicht erwidert Marco, ich war zutiefst verletzt deswegen und habe sehr gelitten. Ich habe deswegen meinen Job verloren, musste wieder meine Therapie anfangen und bin beinahe wieder in eine tiefe Depression gefallen." Ich drücke sie fester an mich. "Ich habe nie gesagt, dass ich keine Gefühle für dich habe.", "Aber auch nicht, dass du welche hast." Ich seufze leise. "Hattest du denn welche für mich?" Erschrocken halte ich die Luft an. Die Frage wirft mich aus der Bahn, denn mit so was habe ich nicht gerechnet.

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