Kapitel 27

"Papa? Lia geh'n?" Ich seufze und hebe meine Tochter auf meinen Schoß. "Lia ist im Krankenhaus, Schatz. Wir können sie nicht besuchen." Elaine beginnt zu weinen, weshalb ich erneut seufzen muss. "Papa, Lia Mama?" Ich sehe Ela entsetzt an. "Was hast du gerade gesagt?", "Mama Lia!", sagt sie und klettert von meinem Schoß. Entsetzt sehe ich meiner Tochter hinterher. "Nein, Elaine, Lia ist nicht Mama.", schüttle ich den Kopf. "Mama?", nickt sie. "Nein, Elaine, nicht Mama." Sie lässt sich auf den Boden plumpsen und fängt bitterlich an zu weinen. Scheiße, was wird das hier? Wieso sagt sie so etwas? Sie ist zwei Jahre, verdammt nochmal, wie soll sie darauf kommen, dass Lia ihre Mutter sei? "Mama!", brüllt Ela. Dicke Tränen kullern an ihren vom Schreien geröteten Wangen hinunter. Vollkommen überfordert starre ich meine Tochter an. Was soll ich denn jetzt tun? Shit!

Meine Hand greift nach meinem Handy in meiner Hosentasche. "Hallo, Marco." Erklingt die Stimme meiner Mutter. "Marco? Schatz, was ist bei dir los?", fragt sie besorgt, als ich ihr nicht antworte. "Mama, ich brauche deine Hilfe. Ich bin komplett überfordert. Ich weiß nicht was ich tun soll!", "Hey, Schatz, beruhige dich erst einmal. Wieso schreit Ela denn so?", "S-Sie hält Lia plötzlich für ihre Mutter. Und jetzt weint sie, weil ich gesagt habe, dass Lia nicht ihre Mama ist. Mutti, wie kommt sie auf so etwas? Wieso sagt sie plötzlich Mama? Sie hat noch nie Mama gesagt! Und schon gar nicht zu Lia!", rede ich panisch drauf los. "Marco, Schatz, beruhige dich bitte. Du versetzt Elaine nur weiter in Panik. Ich werde vorbeikommen, in Ordnung? Bitte versuche die Kleine zu beruhigen.", "Okay.", sage ich leise und lege auf. Elaine weint noch immer bitterlich, doch ich habe keine Ahnung, was ich tun soll. "Ela, Prinzessin, komm mal zu Papa." Ich gehe zu ihr und hebe sie hoch. Ich drücke sie leicht an mich, während ich sie etwas wiege. "Nicht weinen, Prinzessin, Papa ist ja da.", flüstere ich. Sie wimmert leise vor sich hin, bis es endlich klingelt. "Hey, Schatz.", sagt meine Mutter. "Moma.", wimmert Ela und streckt ihre Arme nach ihrer Oma aus. "Komm her, mein Baby, Oma ist ja jetzt da. Wollen wir ein bisschen spielen?" Elaine schüttelt den Kopf und gähnt. "Es ist Zeit für den Mittagsschlaf.", sage ich nach einem Blick auf die Uhr. "Na dann wollen wir dich mal bettfertig machen." Meine Mama geht mit Ela nach oben, während ich ins Wohnzimmer gehe und etwas aufräume.

"So, und jetzt erzähl mir ganz in Ruhe, was vorgefallen ist." Ich schlürfe an meinem Tee. "Sie wollte Lia besuchen. Da habe ich ihr gesagt, dass Lia im Krankenhaus ist. Dann hat sie mich gefragt, ob Lia Mama ist. Ich war so geschockt und habe dann Nein gesagt. Da hat sie sich auf den Boden fallen lassen und hat angefangen zu weinen. Verdammt, Mutti, sie ist doch gerade mal zwei Jahre alt. Noch nie hat sie Mama gesagt und jetzt sieht sie plötzlich Lia als ihre Mama? Wie kommt ein zweijähriges Kind auf so etwas? Wie, Mutti? Abgesehen davon ist Elaine ihre Mama! Niemand anderes als meine Frau ist die Mama meiner Tochter!" Tränen steigen mir in die Augen. "Oh Schatz." Meine Mutter streicht mir Haare aus dem Gesicht. "Ein Kind spürt es, dass es sowohl eine Mama, als auch einen Papa hat. Alle weiblichen Personen in ihrer Umgebung heißen entweder Oma oder haben ein Tante vor ihrem Namen. Nun kommt aber eine neue Frau, die weder Oma noch Tante ist. Kinder sind schlauer als du denkst, Marco. Vor allem Ela. Du musst jetzt stark sein und Ela geschickt davon abbringen sie Mama zu nennen. Nenn Lia in ihrer Gegenwart zum Beispiel Tante Lia." Ich reibe mir die Stirn. "Ja, vielleicht hast du Recht. Ich werde es versuchen.", "Und du solltest vielleicht mal mit einem Arzt sprechen. Du brauchst ein wenig Hilfe, glaube ich." Ich sehe meine Mutter entsetzt an. "Hilfe? Ich gehe nicht zu einem Psychologen! Mir geht es gut!" Sie verdreht ihre Augen. "Du trauerst noch zu sehr um Elaine. Du musst loslassen, Schatz. Trauern ist okay. Aber nur in einem gewissen Maße, weißt du? Du musst wieder komplett zurück ins Leben finden. Sonst wirst du nie wieder glücklich sein. Und Ela wird auch nicht glücklich sein, wenn sie einen unglücklichen Papa hat." Ich sehe traurig auf meinen Tee hinunter. "Denk wenigstens darüber nach, Marco. Zwei Jahre tiefe Trauer sollten ausreichen, Schatz." Sie streicht mir durch die Haare und lächelt. "Ich bin sehr stolz auf dich. Du hast schon so viel gemeistert, in deinem Leben. Viel mehr als manch andere Leute auf dieser Erde. Jetzt ist es Zeit wieder zu leben, findest du nicht auch?" Ich nicke schniefend. "Danke, Mama." Sie nickt lächelnd. "Und jetzt auf mit dir. Hier sieht es aus wie sau. Wir werden hier jetzt etwas sauber machen.", "Sauber machen? Oh Mutti.", seufze ich und sehe mich um. "Es ist dringend nötig, wie du siehst. Also auf mit dir." Ich jammere vor mich hin, stehe aber auf und helfe meiner Mutti.

"Papa? Papa. Papa! Paaaaapaaaa!" Ich lächle in mich hinein und stehe vom Sofa auf, um nach oben zu gehen. Das Babyfon halte ich in meiner Hand. "Na? Hat meine Prinzessin ausgeschlafen?" Ela nickt und strahlt mich an. "Hattest du einen guten Mittagsschlaf? Und bist du schön ausgeruht?" Ich kitzle sie, weshalb sie zu lachen beginnt. "Was sagst du? Wollen wir etwas nach draußen gehen?", "Raus.", nickt sie und legt sich hin, damit ich sie wickle. "Moma da?", "Oma ist wieder zuhause, Spätzchen. Aber morgen kommt sie wieder her und passt auf dich auf. Der Papa muss nämlich etwas arbeiten gehen." Sie sieht mich an, als hätte ich ihr gerade erzählt, dass draußen die Sonne scheint. "Papa Ela Leid?", "Willst du ein Kleid anziehen?" Sie nickt also, suche ich eins raus, welches nicht ganz so neu ist. Es kann also dreckig werden und unter Umständen auch kaputt gehen. Dazu ziehe ich ihr noch eine Art Leggings mit Blümchen darauf an. "So, jetzt ist Elaine schick.", "Ela sick!", sagt sie und stellt sich hin, um sich zu präsentieren. Grinsend schnappe ich mir den kleinen Quälgeist und gehe mit ihr nach unten, damit wir eine Runde nach draußen gehen können.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top