Am Abend sassen wir um den kleinen Tisch in der noch kleineren Küche und löffelten die Gerstensuppe, die ich gekocht hatte.
„Ich will ja nicht angeben, aber ich muss erwähnen, dass mein Essen weniger Bauchkrämpfe auslöst als deins."
Meinte ich grinsend zu Sam, die sich ein Stück Brot abbrach und breit grinste.
„Möglich. Aber bild dir ja nichts drauf ein!"
Ich lachte leise.
Ich war einkaufen gewesen, im kleinen Supermarkt gleich um die Ecke, damit ich uns ein, für ein Wochenende angemessenes, Abendessen kochen konnte. Von Toast und Nutella konnten wir uns ja nicht ernähren.
„Ich bin dafür, dass Sam dafür den Abwasch erledigt."
Meinte ich mit einem engelsgleichen und scheinheiligen Gesicht.
Alec zeigte mit dem Löffel auf mich.
„Da stimme ich dir absolut zu."
Meinte er grinsend.
„Was? Wieso?"
Empört liess Sam das Brot in die Suppe fallen.
„Wieso nicht Alec?"
Ich zuckte die Schultern.
„Du wolltest unbedingt, dass er hier einzieht. Jetzt steht's eben zwei zu eins, find dich damit ab."
Gluckste ich halb scherzhaft aber mit ernstem Unterton.
Sam stöhnte.
Ich pustete auf den Löffel und biss dann genüsslich auf den Speckwürfel, der Nach Lauch und Rahm schmeckte. Ein wirklich gutes Rezept.
„Aber ich wollte doch gleich noch an die Party bei Cindy gehen."
Reklamierte sie missmutig.
Ich runzelte die Stirn.
„Seid ihr nicht sowas wie Feindinnen?"
Fragte ich dann misstrauisch.
„Nein, nur wenn Monik dabei ist, ansonsten ist sie ganz nett. Und Monik ist anscheinend heute nicht dort. Und da sowieso viele Leute kommen, sehe ich Cindy eh nicht."
Ich kratzte mich am Nacken.
„Ahso okay, und was ist mit unserem Philosphie Test nächste Woche?"
Sie ass weiter und zuckte die Schultern.
„Ich brauch die Note nicht, ich bestehe sowieso und einen so guten Durchschnitt wie du brauche ich ja nicht."
Sie blinzelte unbeschwert. Ach ja stimmte ja, ihr Dad bezahlte alles, was mir ihrer Schule zu tun hatte.
Sie hatte es einfach gut in solchen Sachen.
Sie konnte sich zwar über ihnen Vater beschweren wie sie wollte, aber trotzdem lebte sie dank ihm ein problemloses Leben.
„Kommst du denn nicht mit?"
Fragte sie etwas perplex und ich verzog das Gesicht, während ich weite rin der Suppe herum stocherte.
Sie wurde langsam kalt.
„Nein Danke, ich mag deinen betrunkenen Arsch nicht nochmals nach Hause schleppen."
„Hei, vergiss mich nicht."
Meldete sich Alec und ich nickte widerwillig.
„Mit etwas Hilfe von Alec. Ausserdem muss ich für besagten Test lernen, denn ich brauche die Note."
Ich lächelte wenig begeistert, mir legte das Leben einfach so viel mehr Steine in den Weg als ihr. Das alles nur, weil sie mehr Geld besass als ich. Unfaire Sache. Aber so war es nunmal.
„Na gut, du kleine Streberin."
Grinste Sam und wandte sich dann mit einem Augenaufschlag einer Göttin an Alec, der gerade seine Suppe aufgegessen hatte.
Ein guter und wahrlich schneller Esser. Wahrscheinlich musste man so im Knast essen, damit einem nicht Jemand das Essen klaute oder sowas.
„Aber du kommst doch sicher mit, oder? Eine Dame besucht doch ihren Beschützer."
Ihr charmantes Lächeln schien keinen Eindruck auf Alec zu machen.
Viel eher wirkte er ihr gegenüber schon den ganzen Tag unterkühlt.
„Sorry, aber ich muss auch lernen. Ich brauche im Gegensatz zu dir gute Noten."
Leicht genervt und sichtlich enttäuscht nickte Sam.
„Achso, na dann, gehe ich mal abwaschen."
Murmelte sie und packte ihre Schüssel um sie zum voll gestopften Waschbecken zu schleppen.
Ich seufzte, irgendwie tat sie mir leid. Alec war grad nicht wirklich freundlich zu ihr gewesen.
„Weisst du was, lass das, ich mach das schon. Geh du nur zur Party."
Lächelte ich und nahm ihr das Geschirr ab.
„Wirklich? Paige du bist einfach die Beste!"
Jubelte sie und gab mir einen Kuss auf die Wange.
Dann rauschte sie aus der Küche, wobei sie Alecs Blick mied, was für Sam ziemlich ungewöhnlich war.
Ich seufzte und lud alles neben der Spüle ab.
Auf Alecs zweifelnden Blick hin antwortete ich mit einem „Was?"
Er zuckte die Schultern.
„Ist es normal, dass du Sams Arbeit erledigst, damit sie irgendwas tun kann, worauf sie Lust hat?"
Eigentlich schon.
„Nein, aber ich bleibe ja sowieso hier. Das ist keine grosse Sache. In einer WG macht man sich eben auch ab und zu einen Gefallen."
Alec schnaubte und gesellte sich zu mir.
„Ist das so. Wann hat dir denn Sam das letzte Mal einen Gefallen getan?"
Ich studierte. Gute Frage. Schwere Frage. Nächste Frage.
„Naja..also."
Setzte ich an.
„Siehst du."
Er warf mir von der Seite her einen Blick zu.
„Du solltest nicht immer ihr Dienstmädchen spielen. Sowas zahlt sich für dich nicht aus."
Ich seufzte.
„Das ist eben Freundschaft, man muss nicht immer Gewinn draus schlagen. Weil man es eben gern für die Person tut, die man mag."
Versuchte ich mich zu rechtfertigen.
„Ich sehe da keine Freundschaft."
Ich atmete genervt ein.
„Vielen dank für deine Analyse, du kannst jetzt aufhören."
Schnippisch mischte ich Spülmittel unter das nasse Geschirr.
„Wie du meinst."
Alec machte einige Schritte weg von mir und nahm eines der Tücher von der Wand.
„Was wird das?"
„Na was wohl, ich trockne ab."
Ohne eine Miene zu verziehen gesellte er sich zu mir und ich hob eine Braue.
„Ehm, okay, Danke."
Meinte ich und begann dann wortlos abzuwaschen.
Da unsere Spülmaschine kaputt war und wir alle drei den Haushalt wohl nicht so gerne schmissen, gab es ziemlich viel ungewaschenes Geschirr.
Wir waren also ziemlich lange dran. Schweigend.
Dazwischen stöckelte Sam mal kurz rein um sich zu verabschieden. Das wars dann auch.
Ich beobachtete Alec von der Seite, wie er das Geschirr einräumte.
Ich hätte niemals gedacht, dass Jemand wie er bei sowas freiwillig mithelfen würde.
Ich hätte gedacht, dass er das unmännlich finden würde oder sowas ähnliches.
Aber vielleicht machte er es auch nur, weil hier niemand war der es sehen konnte ausser mir, der sich über ihn hätte lustig machen können.
Wie dem auch sei, nach einer gefühlten Ewigkeit waren wir endlich fertig. Und meine Hände sahen aus wie die einer alten Oma.
„Na dann gehe ich mal lernen."
Meinte ich und lächelte ihn ein wenig an. Nicht zu viel, aber schön höflich. Schliesslich wohnten wir für die nächsten Wochen zusammen und ich wollte wenigstens in meinen eigenen vier Wänden meinen Frieden haben.
„Mhm."
Machte Alec und folgte mir aus der Küche.
Im Türrahmen hielt er an und lehnte sich seitlich hin.
Irgendwie hatte er was mit diesen Türrahmen.
„Ist was?"
Fragte ich etwas ungeduldig, da ich selbst auch nicht so erpicht darauf war, um diese Uhrzeit noch für einen blöden Test zu lernen.
„Ja. Du weisst ja ich bin seit zwei Wochen an der Schule und habe deswegen noch beinahe kein Material bekommen und auch das Meiste verpasst, dass an der Prüfung dran kommt."
Alec kratzte sich am Nacken.
Ich hob beide Brauen erstaunt.
So hatte ich ihn noch nie gesehen, er fühlte sich sichtlich unwohl und das passte so gar nicht zu ihm.
„Und mein Bewährungshelfer checkt meine Noten im kommenden und auch diesem Schuljahr. Ich muss also möglichst gut abschneiden."
Setzte er zu einer weiteren Erklärung an.
Ich musste leicht grinsen.
„Verstehe ich das Richtig? Du brauchst meine Hilfe?"
Mein Grinsen wurde breiter als ich seinen zerknautschten Gesichtsausdruck erkennen konnte.
„Wahnsinn, das tut gut. Balsam für die Seele."
Gespielt berührte legte ich eine Hand an meine Stirn. Theatralisch und so.
„Bist du fertig? Ja, ich brauche deine Hilfe, okay."
Er fuhr sich durch die vollen Haare.
Wow war er unruhig. Er bettelte wohl nicht gern. Tja, ein zu grosses Ego war eben nicht immer hilfreich.
„Okay. Wenn du nochmals ganz lieb fragst, helfe ich dir."
Grinste ich ihn süffisant an, getraute mich, etwas näher an ihn heranzutreten und stemmte die Arme in die Hüfte.
Sein Blick war finster.
„Zu viel des Guten?"
„Jep."
Ich verzog entschuldigend das Gesicht. Ich hatte es einfach so sehr genossen mal am längeren Hebel zu sitzen.
„Okay, dann los."
Ich winkte ihn zu mir und führte ihn in mein Zimmer.
„Die Höhle des Löwen."
Stellte ich es ihm vor.
„Wohl eher der Bau des Bambi."
Merkte Alec grinsend an.
„Hey, du willst immer noch meine Hilfe also gib dir ausnahmsweise mal Mühe, mich nicht zu verärgern, ja?"
Ich blinzelte ihn triumphierend an. Verdammt fühlte sich das gut an.
„Alles klar, schon kapiert."
Alec hob grinsend die Hände, ich sah aber seinem amüsierten Gesichtsausdruck an, dass er von meiner Tirade nicht wirklich beeindruckt war.
„Gut. Also dann."
Ich schon die Decke von meinem breiten Bett und zog aus meiner Schublade eine Mappe hervor.
„Setz dich."
Meinte ich als Alec bloss dastand und sich umsah.
„Wir sitzen schonmal auf demselben Bett. Das ist doch ein Anfang."
Merkte er schief grinsend an und seine Augen leuchteten wieder frech, als ich mich mit der gelben Mappe in der Hand wieder aufs Bett plumpste.
Da war er also wieder, der alte Alec den ich so begeistert hatte kennen lernen dürfen.
„Lass es einfach Alec."
Meinte ich leicht angesäuert.
„Und das ist das ganze Material, das du dir notiert hast?"
Merkte Alec leicht misstrauisch an, als ich die fünf Blätter raus zog.
„Wieso genau helfe ich dir nochmals?"
Entnervt und mit warnendem Blick legte ich den Kopf schief.
Er lachte brummend und tief.
„Tschuldige."
Er schien wirklich Spass zu haben. Wenigstens einer von uns.
„Das ist übrigens meine Zusammenfassung. Mit denen lerne ich immer und bisher hat es ganz gut geklappt."
Stellte ich dann klar und lehnte mich gegen das Kissen hinter mir.
„Alles klar, du hast gewonnen. Lass uns loslegen."
Alec legte sich seitlich aufs Bett mir gegenüber und ich legte die Seiten der Zusammenfassung zwischen uns. Wie eine unsichtbare Mauer.
Eine Stunde später hatten wir uns das Meiste so gut wie möglich eingeprägt.
„Okay, dann kommt jetzt der nächste Schritt."
Alec fasste sich an den Kopf und liess ihn über die Kante des Bettes hängen.
„Man ist das langweilig."
„Ja ich weiss, aber jetzt muss man das halt einfach lernen, also stell dich nicht so an."
Antwortete ich schroff.
Alec stöhnte genervt.
„Ne lass mal, irgendwas wird schon hängen bleiben bis Dienstag und dann klappt das irgendwie."
Alec schwang sich hoch und machte Anstalten, das Zimmer zu verlasen.
Natürlich hätte ich ihn einfach gehen lassen können und schön für mich weiter lernen können. Das wäre auch die entsprechend richtige Handlung gewesen.
Schliesslich war es nicht meine Aufgabe, ihn zu belehren, wenn er sich faul anstellte.
Und allein würde ich auch schneller lernen können, also sprach eigentlich alles dagegen, ihn zurück zu halten.
Aber wie gesagt, in Alecs Nähe konnte ich nicht immer klar denken. Das beeinflusste mich wohl auch im Moment grade.
„Warte, ich habe eine Idee."
Hielt ich ihn zurück.
„Ahja?"
„Ja."
Ich bewegte unwohl die Schultern und sagte einfach das Erste, was mir einfiel.
„Wir spielen ein Spiel. Ein Lernspiel."
Platzte es aus mir heraus und er grinste wissend.
„Ich mag Spiele, red weiter."
Ich grinste ermutigt.
„Also, hier sind die Regeln.
Jeder stellt dem anderen eine Frage zum Stoff. Beantwortet er sie richtig, darf er eine Frage stellen, die der andere ehrlich beantworten Muss. Ungeschriebene Regel.
Ist die Antwort falsch, darf der andere eine Frage stellen. Und so weiter."
Er nickte mit einem interessierten Gesichtsausdruck.
Es sah also wirklich danach aus, als würde er ernsthaft mitmachen wollen.
„Na dann los."
Er liess sich wieder aufs Bett plumpsen.
„Okay, ich beginne mit einer einfachen Frage."
Ich räusperte mich und setzte mich gerade hin.
Erwartungsvoll blickte mich Alec aus seinen tiefgrünen Augen an. Wieso musste er mit den dunkeln, zerzausten Haaren auch so gut aussehen. Wie gerne ich die Hände darin vergraben würde. Ich seufzte.
Dann riss ich mich zusammen.
Ich sass ja nur gerade mit dem heissesten Typ der Schule in meinem Zimmer auf meinem Bett.
„Also, welcher Religion gehörte Kant an?"
Fragte ich und zog die Blätter an die Brust.
Damit er nichts sah.
„Keiner. Er ist Atheist. Seiner Meinung nach sollen alte Digmas wie die Religion abgeschafft werden. Sie ist unnütz seiner Meinung nach, genau wie die Moral. Solche Irreführungen können nur mit der Vernunft besiegt werden."
„Nicht schlecht."
Nickte ich lächelnd.
„Also los, stell deine Frage."
Ich streckte die Arme aus.
Er drehte sich auf den Bauch und sah mich schief an.
So unschuldig wie ein Welpe.
Ich war mir aber ziemlich sicher, dass nichts an ihm unschuldig war.
„Hm...erzähl mir was über dich. Wie sieht deine Vergangenheit so aus?"
Ich lachte.
„Das ist aber eine umfangreiche Frage."
„Tja, du musst sie aber ehrlich beantworten. Deine Regel."
Ich seufzte.
„Okay, wie du willst."
Ich hob die Beine aufs Bett und legte sie neben Alec.
„Ich bin als Kind von einem Buchhalter und einer Sekretärin aufgewachsen. Ursprünglich komme ich aus Chicago, aber zum Studieren bin ich hierhin gekommen. Ich habe keine Geschwister und habe vor zwei Jahren mit der High School begonnen. Meine Eltern leben noch zuammen, aber kommen selten nach Kalifornien."
„Und weiter?"
Ich runzelte die Stirn.
„Mal nachdenken. Ich weiss nicht, das wars eigentlich."
„Und wie liefs mit den Jungs?"
„Das ist eine andere Frage."
Meinte ich schnell.
„Nein. Das gehört alles zu deiner Vergangenheit. Also."
Unwohl knetete ich meine Hände.
„Ich will mir dir nicht über sowas reden."
„Tja, das ist aber deine eigene Regel. Willst du sie etwa brechen?"
Ich stöhnte. Wenn ich mich nur nicht so pflichtbewusst an Regeln halten würde.
„Du bist doch so ein Idiot."'murmelte ich und Alec lächelte süffisant.
„Na gut. Ich hatte bisher einen Freund. Es hat nicht geklappt. Und fertig."
Meinte ich wahrheitsgetreu.
„Interessant."
Merkte Alec grinsend an.
„Jaja...jetzt fragst du mich was."
Meinte ich um ihn schnell etwas abzulenken.
„Gut, also, inwiefern wurde Kants Figur des Übermenschen instrumentalisiert?"
Ich machte eine wegwischende Handbewegung.
„Das ist leicht. Im zweiten Weltkrieg nutzten die Nationalsozialisten seine Theorie des Übermenschen, um ihre rassische Überlegenheit zu begründen, und damit auch ihre Vorherrschaft in Europa."
Kurz flogen seine Augen über das Papier in seinen Händen, dann nickte er.
„Stimmt genau. Also, Frage?"
Ich überlegte kurz.
„Erzähl mir von deiner Kindheit, hin bis zur Highschool."
„Du kannst nicht dieselbe Frage stellen."
„Kann ich sehr wohl."
Ich zuckte die Schultern und er runzelte die Stirn.
„Hmpf."
Ich legte den Kopf schief.
„Davor drücken geht nicht."
Erinnerte ich ihn.
„Jaja." murrte er und setzte sich ebenfalls gerade hin.
„Also gut... ich wuchs in Californien auf, meine Eltern sind unterdessen beide...unpässlich. Ich hatte eine jüngere Schwester und eine glückliche Kindheit. Dann kam ich an die High school, wollte meine Football-Karriere startet und landete dann im Knast. Den Rest kennst du ja."
Ich sah ihn vorwurfsvoll an.
„Etwas mehr Details wären gut."
Er zuckte die Schultern und wirkte irgendwie abweisend.
Als würde er sich wieder die Schutzmauer aufbauen, mit der ich ihn kennen gelernt hatte.
„Okay, halb so wild, das kann ich ja später fragen."
Meinte ich schnell um ihn nicht noch weiter in die Ecke zu drängen.
„Also ich bin dran..."
Es ging noch eine Weile so weiter, wir tauschten einige Informationen aus. Über unsere Grundschule und erste Küsse, ab und zu konnten wir sogar lachen.
Es war alles so entspannt und irgendwie hatte ich das Gefühl, das er sich mir langsam etwas öffnete.
Und als er das tat, wirkte er gar nicht mehr so wie dieser Riesenarsch mit unmenschlichem Ego, der er sonst war.
Den jungen Mann den ich so ein Stückweit kennen lernen durfte, war witzig, einfühlsam und originell.
Und das alles während wir bloss auf meinem Bett sassen und immer wieder abschweiften. Ich wagte es jedoch nie, auf das Thema Gefängnis anzuspielen, aus Angst, dass das die gute Stimmung kaputt machen würde. Auch wenn mir die Frage die ganze Zeit über auf der Zunge brannte.
„Richtig. Also, deine Frage."
Meinte Alec, der unterdessen die Schuhe abgestreift hatte und jetzt auf dem Bett rum lümmelte.
Er spielte mit meinen Zehen, was mich kitzelte und weswegen ich sie immer wider zurück zog.
Er schnappte nach meinem Fuss und machte weiter.
„Alec, hör auf."
Lachte ich und schüttelte mich. Kitzeln ging glatt als Foltermethode durch.
„Lass das jetzt!"
Ich zog die Beine zurück und setzte mich darauf.
Er zog einen Schmollmund.
„Schade. Ich mag deine Füsse."
„Sorry aber auf Fussfetische stehe ich nicht."
Gluckste ich.
„Also..."
Ich atmete tief ein.
Irgendwie liess mich der Gedanke immer noch nicht los. Und ich musste es jetzt einfach fragen.
Ich konnte mich nicht zurückhalten.
„Du hast vorhin erwähnt deine Eltern seien unpässlich und dass du eine Schwester hattest. In Vergangenheitsform. Was bedeutet das?"
Sein sanfter, und offener Blick verschloss sich innert Sekunden zu einem kühlen, herablassenden Pfeil.
„Ich denke ich habe für heute fertig gelernt."
Meinte er knapp, dann stemmte er sich vom Bett auf.
Ich hätte ihn gehen lassen sollen.
Weil es sein Wille war und ich nicht dafür zuständig war, seine Seelenklempnerin zu sein.
Aber etwas in mir drängte mich dazu, ihm davon abzuhalten, den Raum in diesem Gefühlszustand zu verlassen.
Denn er wirkte auf mich als würde er bloss vor seinen Erinnerungen davon rennen. Nur deshalb wurde er so unterkühlt.
Um sich selbst zu schützen.
Aber nicht mit mir.
Ich sprang auf und hastete wie ein super Ninja übers Bett und blockierte die Türe.
Er konnte sie nicht öffnen, da ich mich direkt vor die Klinke geschoben hatte.
„Warte."
„Paige ich habe keine Nerven mehr, lass mich."
Er klang gefährlich angespannt und wahrscheinlich wäre es klüger gewesen, ich hätte ihm gehorcht.
Aber mein nicht funktionstüchtiges Hirn reagierte natürlich nicht auf den Befehl.
„Nein. Ich lass dich mich nicht ausschliessen. Ich weiss du hältst bereits seit vielen Jahren aus irgend einem Grund alle von dir fern, und das hat gut geklappt. Aber nicht mit mir. Ich lass dich mich nicht weg stossen. Ich will für dich da sein, hier sind nur wir und niemand sonst und ich lass dich nicht gehen bevor ich nicht weiss wieso es dir...so mies geht."
So war ich erzogen waren, so funktionierte ich als Mensch und ich glaube, dass er gutherzige Menschen gerade gut gebrauchen konnte.
Ich hatte gemerkt, dass ich fast schon geschrien hatte. Vielleicht war ich so laut, weil ich Angst hatte vor dem, was er als nächstes tun würde, und deshalb schrie ich mir die Angst einfach aus dem Leib. Ich war auch dumm zu glauben, dass er mir nach nicht einmal drei Wochen schon vertraute.
Doch eine krasse und wütende Reaktion blieb aus.
Er stand nur da, vor mir, ohne sich zu bewegen und starrte mich reglos an.
„Wieso?"
Ich atmete nach Luft schnappend ein.
„Was wieso?"
Er kniff die Augen zusammen und ich konnte seine Maske bröckeln sehen.
„Wieso willst du für mich da sein? Was nützt es dir?"
Ich versuchte ein unsicheres Lächeln.
„Ich habe dir doch gesagt dass man für Menschen die man mag...für Freunde, Dinge tut ohne was dafür zu wollen. Also vertrau mir, bitte."
Flüsterte ich.
Ich hatte keine grosse Hoffnung darauf, dass er mir wirklich antworten würde.
Unterdessen war es dunkel geworden. Nur die Nachttischlampe neben meinem Bett spendete noch etwas Licht.
In der Dunkelheit konnte ich aber seine Augen aufleuchten sehen.
Irgendwie traurig aber auch...erleichtert.
„Du magst mich also?"
„Alec. Bleib beim Thema."
„Okay."
Meinte er dann resigniert und ich atmete erleichtert aus.
„Komm."
Meinte ich leise und setzte mich neben ihn aufs Bett.
Dann schwieg ich und er auch. Ich liess ihm einfach die Zeit die er brauchte.
„Ich..."
Er malte mit dem Kiefer und räusperte sich.
„Ist okay. Ich erzähl das niemandem. Ist nie passiert."
Ich konnte sein Gesicht nicht gut erkennen in der Dunkelheit, aber dass er nickte konnte ich feststellen.
„Meine Eltern sind...unpässlich, weil sie mich nicht sehen wollen. Weil sie es nicht ertragen, mich zu sehen. Ich erinnere sie an meine Schwester. Und was mit ihr passiert ist."
Ich runzelte die Stirn. Das hörte sich gar nicht gut an. Aber ich schwieg weiterhin, weil ich nicht wollte, dass ich ihn wider verschreckte, wenn er sich gerade anfing ein klein wenig zu öffnen.
„Und meine Schwester..."
Er atmete tief ein, dann spürte ich wie seine Hand, die neben meiner lag, leicht zu zittern begann.
Alec Hale zitterte aber nicht. Er war immer locker drauf und hatte sich in jeder Sekunde im Griff.
Vielleicht hatte ich es wirklich geschafft, seine Maske zu deaktivieren.
„Sie war meine Schwester weil sie jetzt tot ist."
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