31-Flaschendrehen
"Ja. Es wird bestimmt total lustig", murmelte ich wenig begeistert und folgte meinen beiden Freundinnen ins Haus. Ich fühlte mich zurückversetzt zu dem Tag, als ich Ale auf der Party getroffen hatte. Es lief dieselbe, laute und in meinen Ohren dröhende Musik wie damals. Es gab auch noch die gleichen Diskokugeln die von der decke hingen und die Räume in blauem Licht erstrahlen ließen. Es roch auch gleich. nach Alkohol, viel zu viel durchmischtem Parfüm und Kotze. Ich fröstelte, als ich mich an den hin und her wippenden jungen Erwachsenen vorbei quetschte, um Samantha und Cindy nicht aus den Augen zu verlieren, die vor mir liefen. "Scheiße, pass doch auf", murrte ein Junge den ich nicht kannte und balancierte einen vollen Becher mit Alkohol in seiner Hand. Etwas davon war auf sein Hemd gespritzt. "Sorry", murmelte ich halbherzig und ging weiter. Ich streifte Ellbogen, Oberkörper und Hände, das war mir mehr als genug Körperkontakt. Am liebsten wäre ich gleich wieder gegangen. Aber Sam hatte gesagt, dass ich wegen Alec nicht den ganzen Spaß in meinem Leben meiden durfte. Und irgendwie hatte sie recht gehabt. Ich hätte mich nicht überzeugen lassen sollen. Naja, jetzt war es auch zu spät. Ich linste in die Räume, an denen wir vorbei liefen. Sie waren gefüllt mit wild umher hüpfenden, oder an den Wänden knutschenden Jungs und Mädels. Ihnen schien es allen gut zu gehen. Alle, bis auf einen Jungen, der sich aus dem Fenster lehnte und von dem Würgegeräusche zu hören waren. Seufzend ging ich weiter und war heilfroh, Alec und Kiara noch nicht begegnet zu sein. Doch das Schicksal war grausam und es meinte es nicht gut mit mir. "Ah, da ist Felix, kommt!" Schrie Cindy gegen die laute Musik an und packte Sams Arm. Schon liefen sie los. Ich wollte ebenfalls hinterherlaufen, doch von links wollte sich in diesem Moment ein starker, mir sehr vertrauter Oberkörper vor mir vorbei schieben. ich war zu schnell, in meinem Schwung konnte ich nicht mehr bremsen und knallte voll gegen Alecs Brust. Er roch so gut, so wie immer. Sofort zog sich mein Bauch zusammen. Ich getraute mich gar nicht, in sein Gesicht zu sehen. "Oh, Paige", setzte er an, doch ich schob mich schnell wieder von ihm weg. "Sorry, mein Fehler", sagte ich emotionslos und war darauf bedacht, nur auf den Boden zu starren. "Wie geht es dir?" Fragte Alec laut und machte keine Anstalten, weiter zu gehen. Ich schluckte und sagte nichts. was sollte ich schon sagen? dass ich ihn unglaublich vermisste aber zu stolz und verletzt war, um mir das einzugestehen? Nein danke. Zum Glück kam in diesem Moment Sam angerauscht. Wie ein Schutzengel. "Lass sie in Ruhe, Alec!" Fauchte sie und zog mich dann schnell von meinem Exfreund weg. Zum Glück, meine beine waren nämlich bereits total weich geworden. "Gehts?" Fragte sie mich besorgt und ich nickte abwinkend. "Klar, alles paletti", log ich gekonnt und ignorierte ihre hoch gezogene Augenbraue. Sam kannte mich eben. Aber ich sie auch und ich wusste, dass sie meine Grenzen respektierte. Zumindest seit unserem neuen Freundschaftsbeginn. Schnell begrüsste ich Felix und Marco. "Coole Party", meinte ich fachmännisch zu dem großen Jungen, der nur lässig nickte und an seinem Drink nippte. "Ja geht so, das Beste geht eigentlich oben ab", grinsend nickte er Felix zu, der sich am Nacken kratzte. "Ach ja? Was denn?" Fragte Cindy neugierig und schubste Felix Hand weg, die sich ihrer Hüfte genähert hatte. Sie waren noch immer kein Paar. Armer Felix. Wenn er bloß wüsste, dass er für wenige Wochen sogar Vater gewesen war. "naja", druckste der schlacksige, lockige Junge herum. Sagen wir mal so, da oben gibts Gratis-Pornos", rettete ihn Marco. "Eww", machte Cindy und ich schüttelte ebenfalls den Kopf. "Wollt ihr was trinken?" Bot Marco uns an und schnappte einem Jungen, der an ns vorbei lief einfach drei Becher aus den Händen. Dieser reklamierte zwar kurz, zottelte dann aber brav los, um neue Getränke für sich zu besorgen. Normalerweise trank ich nicht. Aber wenn ich diesen Abend überleben wollte, dann brauchte ich Alkohol. "Klar, danke", stieß ich hervor und leerte den halben Becher in einem Zug. Ich verzog das Gesicht. Wow, war das eklig. Ich bemerkte die zweifelnden Blicke meiner Freundin und zuckte die Schultern. "Was?" Niemand sagte was. Nur Cindy sah sich kurz um und grinste dann breit.
"Marco, gibt es irgendwo in diesem Haus noch ein freies Zimmer?"
Sam verschluckte sich an ihrem Drink und Cindy hob abwehend die Hände.
"Ihr denkt a aber auch immer ganz falsch!"
Marco grinste schief, während Felix relativ düster in die Weltgeschichte blickte.
"Klar, den Raum meiner Eltern, der ist frei. Nur ich hab den Schlüssel. Wieso?"
Cindy klatschte in die Hände und wirkte hellauf begeistert.
"Weil wir da jetzt hoch gehen werden, die lahmen Leute hier unten lassen und Flaschendrehen spielen!"
Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Gut an ihrer Idee fand ich lediglich, dass dann weniger Menschen um mich herum waren. Also stimmte ich zu. "Gute Idee." Auch die anderen waren einverstanden. Dann ertönte ein freudiger Ruf etwas hinter uns.
"Flaschendrehen? Wir sind dabei!" Ich erstarrte, als ich Kiaras Stimme hinter mir hörte, die sich gerade in mein Sichtfeld schob.
"Oder?" Sie blickte vielsagend zu Alec, der nur die Schultern zuckte.
Sehr begeistert wirkte er nicht. Ich konnte aber seinen brennenden Blick auf mir spüren.
"Klar, von mir aus." Cindys Lächeln war eingefroren und sie blickte entschuldigend zu mir. Der Vorschlag war wohl nach hinten losgegangen.
"Na gut...dann lasst uns hochgehen."
Fünf Minuten später sass ich in einem Kreis auf dem Teppich am Boden im Schlafzimmer vor dem Bett von Marcos Eltern. Das Bett war ordentlich gemacht, das ganze Zimmer war in grau-schwarz Tönen gehalten und sah sehr edel aus. Am großen Wandschrank hing ein Spiegel der grösser war als ich. Darin konnte ich mich von der Seite her betrachten, während ich mit den Fingern durch die Fransen des weichen, grauen Teppichs fuhr. Das Licht war gedimmt, das konnte Marco so einstellen. Neben uns standen unsere Drinks und Kiara legte gerade enthusiastisch eine leere Weinflasche in die Mitte des Kreises.
"pass auf, dass es keine Flecken gibt!"
Fluchte Marco und streckte die Hand nach der Flasche aus um zu kontrollieren, ob da auch wirklich nichts mehr drinnen war.
"Sie doch nicht so eine Memme! Oder hast du Angst dass Mami und Papi schimpfen?" Lachte Kiara nur und daraufhin zog er schnaubend die Hand wieder zurück. Das hatte ihn wohl in seinem Stolz getroffen. ich schwieg und versuchte so gut es ging, den intensiven Blicken von Alec auszuweichen, mit denen er mich noch immer bombardierte.
das hier war mir alles einfach unangenehm. Am liebsten wäre ich gegangen.
Aber Cindy sass zu meiner Rechten und Sam zu meiner Linken, sie würden mich beide nicht gehen lassen.
Also akzeptierte ich mein Schicksal. Aber trotzdem hatte ich eine ungute Vorahnung.
Flaschendrehen endete doch immer schlecht. In allen Filmen die man sah oder in allen Büchern die man las, gingen so Freundschaften oder Beziehungen kaputt. Na gut, meine Beziehung war ja schon kaputt, also viel konnte ja nicht mehr passieren. "Seid ihr ready?" Cindy lächelte in die Runde und wir alle nickten mehr oder weniger begeistert. Von unten konnten wir die laute Musiki dröhnen hören. Sam wippte leicht im takt dazu hin und her. "Gut, ich fange an", meinte meine blonde Freundin vielsagend.
"Der auf den diese Flasche trifft, muss ein Kleidungsstück seiner Wahl ausziehen. Socken oder Schmuck zählen aber nicht."
Sie drehte die Flasche und wir starrten alle gebannt darauf. Selten hoffte ich so sehr wie jetzt, dass sie mich nicht traf. Denn ich trug ein einteiliges kleid. Und darunter nur Spitzenunterwäsche. Aber ich hatte Glück. Der Flaschenhals zeigte auf Marco.
"Uhhh", machten Cindy und Kiara gleichzeitig, worauf sie sich sogleich böse ansahen.
"Na gut", grinste Marco breit und zuckte die Schultern.
"Für irgendetwas muss mein Training ja gut sein", murmelte er und zog sich das Hemd aus. Darunter kam sein wohl trainierter Oberkörper zum Vorschein. Ich sah, wie Sam ihn unverholen anstarrte. Sie kannte diesen Anblick ja bereits. ich konnte mir denken, dass sie jetzt gerne alleine mit ihm wäre. "Gut, jetzt bin ich dran", grinste Marco. Und so ging es eine Weile hin und her. Sam musste ihren ganzen becher exen, worauf hin sie kurz würgen musste, Felix musste einmal in der Unterwäsche Schublade von Marcos Mutter herum wühlen und Alec aus dem Fenster schreien, dass er gerne Mädchenkleider trug. Mich hatte es weniger schlimm getroffen, Gott sei dank. Ich hatte lediglich den sexiesten Move den ich aus dem Cheerleading kannte vorführen müssen. Jetzt war Felix dran. "Den, der die Flasche trifft, muss ein Geheimnis verraten", meinte er. Sam verzog das Gesicht. "Wie fies, so eine Frage hätte ich dir gar nicht zugetraut!" Felix zuckte verlegen mit den Schultern und nippte schnell an seinem Becher. dann drehte er die Flasche. Sie drehte sich schnell im Kreis und wurde dann langsamer. Immer langsamer. Jeder auf den sie zeigte hielt die Luft an. Ich glaube niemand war sonderlich wild darauf, ein Geheimnis von sich Preis geben zu müssen. Ich wusste in diesem Moment gar nicht, was ich gesagt hätte. mein Kopf wäre völlig leer gewesen. Aber zum Glück schwenkte der flaschenhals an mir vorbei. Erleichtert stieß ich die Luft aus. Dann hielt er an. "Kiara. na los, erzähl uns dein Geheimnis", meinte Cindy mit Wimpernaufschlag. Ich hob interessiert den Kopf. Oh ja, das interessierte mich auch. "Liebend gerne", säuselte die schwarzhaarige Schönheit.
Ein mulmiges Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit und ich runzelte die Stirn.
Wieso blieb Kiara so gelassen? Ich hätte mir in die Hosen gemacht.
"Nun", begann sie und faltete lächelnd die Hände, als hätte sie bereits Jahre darauf gewartet.
Dann richtete sie den Blick auf mich. Oh nein.
"Neulich sah ich auf dem Nachhauseweg Paige und Cindy. Und ihr werdet mir nie glauben, wohin sie gefahren sind", ihre Lippen verzogen sich zu einem Bösen Lächeln. Cindys Grinse war ihr wie vom Gesicht gewischt. Doch bevor ich irgendetwas sagen oder tun konnte, hatte Kiara es schon ausgesprochen. "Sie waren in einer Abtreibungsklinik. Das heißt, eine von ihnen war schwanger."
Es war totenstill. Die Luft im Raum schien zu gefrieren und niemand wusste genau, ob er es nun glauben sollte oder nicht.
Ich schluckte, ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
"Paige..." Ich zuckte zusammen, als ich Alecs Stimme hörte. Fuck. Was sollte ich jetzt sagen? Ich würde Cindy voll in die Pfanne hauen, wenn ich sagte, dass ich es nicht gewesen war. Andererseits wäre alles andere eine Lüge gewesen und Alec gegenüber sowas von unfair. Mein Herz zog sich zusammen und ich hob den Blick. Er traf genau den meines Ex Freundes. In seinen Augen war Sorge aber auch Ungewissheit zu sehen. Sie waren so schön So intensiv grün. "Nein, ich war nicht schwanger", sagte ich dann kleinlaut. Meine Stimme drohte zu ersticken. Es tat mir so leid und ich hoffte, Cindy wusste das. Kiara war doch so eine Schlampe, sowas heraus zu posaunen, das war privat! Und sie hatte es genau gewusst. Alec atmetet hörbar erleichtert aus und ich ließ mir das Haar in die Stirn fallen. Verdammt, wie gerne hätte ich Kiara jetzt gekillt. Sie sass zufrieden mit sich selbst da und beobachtete nun genüsslich, wie sich alle Blicke auf Cindy richteten.
"Was...du...", Felix stotterte und war ganz bleich geworden. Er rieb sich mit den Händen ungläubig übers Gesicht. "Du warst schwanger?" Cindy hob den Kopf und ich konnte Tränen in ihren Augen glitzern sehen. "Ja." Sagte sie dann mit verzerrter Stimme und Sam legte ihr eine Hand tröstend auf den Rücken. "Und du hast es mir nicht gesagt?" Felix Stimme war beinahe tonlos. Ich konnte den Schmerz spüren. Sam schnaubte. "Nein, wieso auch. Das war schließlich allein ihre Sache, das ging doch niemanden was an!" Ich sah Sam warnend an, sie machte alle nur noch schlimmer. Felix sprang auf und schwankte. "natürlich geht es mich was an! ich war der verdammte Vater! Und mich hast du nicht gefragt, was ich dazu denke, ha?" Schrie er Cindy an, die zusammen zuckte und die Arme um sich schlang. "Hör auf sie so anzuschreien Felix!" Fuhr ich den dünnen und völlig aufgebrachten Jungen an. Cindy begann zu weinen und Marco hob eine Hand.
"Moment mal", sagte er und grinste ungläubig. "Du und Felix, ihr hattet was miteinander?"
Sam erstach ihn mit Blicken. "Sei doch einfach still!"
Daraufhin war es still. "Es tut mir leid, Felix, aber ich..." Setzte Cindy an doch Felix machte eine wegwischende Handbewegung. "Spar dir das. Dass du nicht öffentlich mit mir zusammen sein wolltest, das war demütigend. Aber ich habe dich echt geliebt, deshalb war es okay", ich sah die Tränen in seinen Augen glitzern. Weder er noch Cindy hatten es verdient, so zu leiden. Alles nur wegen Kiara. Dieser Teufel.
"Aber dass du sowas machst, ohne mich hinzuzuziehen...Verdammt! Ich war der Vater! ich hatte auch ein Recht dazu, es zu wissen! Es war auch mein Kind." gegen Ende wurde er leiser, dann wischte er sich über die Augen und verließ das Zimmer.
"Cindy...", setzte ich an, doch sie stand nur auf, stützte sich an mir ab und schniefte. "Verdammt, Felix warte doch!" Schrie sie und rannte dann hinterher. Die Türe knallte ins Schloss und es war totenstill.
Ich sah zu Kiara, die unschuldig eine ihrer Strähnen betrachtete. "Du bist son eine verlogene Schlange." Zischte ich und sie lächelte nur und seufzte. "Also dann, können wir weiter machen?" Marco nickte. "Euer Ernst? nach dem Drama gerade eben wollt ihr einfach so weiter spielen, als ob nichts gewesen ist?" Schnaubte ich und Marco zuckte die Schultern. Es schien ihm irgenwie nicht so nahe zu gehen. "Naja, es hat ja auch nichts mit uns zu tun. Das klären die beiden schon unter sich", meinte er locker und schnappte sich die Flasche. "Aber jetzt wird es spannend", versprach er. "Denn wen die Flasche jetzt trifft, darf eine Person seiner Wahl küssen." Ich schluckte. Nur noch Marco, Sam, Kiara, Alec und ich sassen hier. das würde ein Desaster werden, so oder so. Er drehte die Flasche und ich sah gar nicht hin. Ich wollte nur im Boden versinken. Der Idealfall wäre es, wenn Sam Marco küssen würde. Aber das war nur einer von vielen Möglichkeiten. Und als die Flasche stehen blieb, wusste ich, dass es nicht passieren würde. Schlimmer. Es war der worst case eingetreten. "Na los Alec, komm her", kicherte Kiara und schwang sich auf die Knie. Dann rutschte sie näher zu dem Jungen hin, den ich doch so liebte. Alecs Blick schweifte zu mir, doch ich starrte angestrengt auf den Boden. Das konnte doch alles nicht wahr sein. "Pflicht ist Pflicht, Bro", meinte Marco nur grinsend, als Alec zögerte. dann zog er seine schwarze Jacke an und beugte sich zu Kiara nach vorne. Mein Herz zersprang in diesem Moment, als sich ihre Lippen berührten. Ich weiß, ich hatte mir vorgenommen, nicht hin zu sehen. Aber ich tat es trotzdem, ich konnte nicht anders. Er küsste sie. Seine vollen,weichen Lippen küssten nicht mich, sondern sie. Sie hatte die Hand auf seine Wange gelegt und die andere auf sein Bein. Ich fühlte mich wie geohrfeigt.
"Ich gehe jetzt", murmelte ich Sam leise zu, dann stand ich auf, packte meine Jacke und stürmte so schnell es ging raus aus dem Zimmer. Ich weiß, das war schwach von mir und ich hatte diese Schwäche gerde eben Alec als auch Kiara gezeigt. Aber ich hielt es einfach nicht aus. Es war wie Folter. Kaum war ich aus dem raum und die Treppe runter, begannen die Tränen aus meinen Augen zu strömen wie aus einem Wasserfall. Auf diese Party zu kommen war die beschissenste Idee aller Zeiten gewesen. Wie hatte ich nur so dermaßen dumm sein können. Es tat so weh, ich wünschte eifnach, ich könnte die Gefühle abstellen. Doch das ging nicht. "Alles okay bei dir?" Fragte mich irgend so ein Typ besorgt, doch ich quetschte mich nur an ihm vorbei durch den Gang auf die Türe zu, die mich aus diesem Irrenhaus raus führen würde. Dann stolperte ich ins Freie und schluchzte leise. Ich versuchte, mit der Hand vor dem Mund jegliche Töne zu ersticken. Eilig lief ich den Bürgersteg entlang und spürte, wie die Tränen meine Wange hinunter flossen, auf den Asphalt vor mir tropften und wie salzig sie auf meiner Zunge schmeckten. Salzig. Liebe ist salzig. Weil Liebe nichts als Schmerz bedeutet. Und trotzdem braucht jeder Mensch Salz, um zu überleben. So grausam war eben die Natur.
"Paige! Warte!"
Hörte ich dann plötzlich Alecs Stimme hinter mir und wäre am liebsten in mich zusammen gesunken. Nein, er sollte mich jetzt in Ruhe lassen, ich konnte ihn jetzt nicht ansehen. Ich beschleunigte meine Schritte und hoffte auf kindische Weise, ihn so abzuhängen. Mein Kopf konnte eben gerade nicht klar denken. "Jetzt warte doch verdammt", hört eich ihn fluchen und dann seine schnellen Schritte hinter mir. Schon wurde ich am Arm gepackt und zu ihm umgedreht. "Lass mich los", murmelte ich und blickte stur auf seine Brust. Er sollte meine verheulten Augen nicht sehen. "Nein, ich muss jetzt endlich mit dir reden. Ich halte das sonst nicht mehr aus", er klang bestimmt doch auch etwas gequält. Alec klang nie gequält. Er war eigentlich immer unnahbar und selbstbewusst. "Du hast mich jetzt lange genug gemieden, jetzt ist Schluss." Da ich nicht wusste, was ich daraufhin antworten sollte, blieb ich einfach so da stehen und versuchte, seinen Geruch nicht einzuatmen. Dann würde ich gleich noch eine Heulattacke bekommen. Dann atmete ich tief durch. Ich hob den Kopf und sah ihm direkt in die flammenden, grünen Augen. Schmerz blitzte darin auf, als er sah, wie verheult ich wohl aussah.
Als ob das jetzt überraschend war.
"es ist alles gesagt, was es zu sagen gab, Alec."
Meinte ich trocken und war froh darüber, dass meine Tränen versiegt waren.
Er schüttelte den Kopf und berührte mich an der Hüfte.
"Nein, ich hab nicht alles gesagt, was ich wolle, weil du mir nie Gelegenheit dazu gegeben hast." Ich wich seiner Berührung aus. Sofort zog er die Hand zurück.
ich mahlte mit dem Kiefer, stellte er sich jetzt allen Ernstes als Opfer dar?
"Na dann. Nur zu. Schlimmer kanns ja eh nicht mehr werden."
Ich lächelte eisig und strich mir die nassen Haarspitzen aus dem Gesicht, die an meinen Wangen klebten.
"Hör zu Paige. Ich liebe Kiara..." Ich hob eine Hand.
"Toll. Danke dir, das hätte ich jetzt echt nicht hören müssen", giftete ich und schon spürte ich wieder den altbekannten Kloß in meinem Hals. "Jetzt lass mich doch mal ausreden, Paige!" Fuhr mich Alec an. Aus lauter Überraschung über seinen Tonfall schwieg ich tatsächlich. "Ich liebe Kiara als Mensch. Als eine gute Kindheitsfreundin. Ja, und das wird sich auch nicht ändern, auch wenn ihre Aktion vorhin bescheuert war."
Gerne hätte ich ihm deutlich gemacht, wie bescheuert es gewesen war. Unverzeihlich. Aber ich liess ihn reden.
"Aber was mir schon immer klar gewesen ist, und jetzt noch mehr klar wurde ist, dass ich dich liebe Paige. Und dass ich nicht ohne dich leben will."
Ich schluckte. Mein Herz zog isch zusammen, doch auf eine gute Weise.
"Und wieso hast du sie dann geküsst? Und zugelassen, dass sie uns so auseinander bringt?" Fragte ich nur und er fuhr sich durch die Haare.
"Ich weiss es nicht. Ich schätze, weil ich einfach nicht wusste, was ich tun sollte. Aber es tut mir leid, dass ich nicht von Anfang an klar gestellt habe, dass du meine Priorität bist." Ich nickte nur langsam. Ich wusste gerade nicht, was ich mit diesem Geständnis anfangen sollte. "Du hast mir verdammt weh getan Alec. Und du hast zugelassen, dass ich mich von dir total vernachlässigt und ungeliebt gefühlt habe", merkte ich dann an. "ja, das ist mir klar geworden und es tut mir wirklich leid. Ich wollte dich nie so verletzen, glaub mir", er blickte mich an und in seinem Blick konnte ich so viel Zuneigung sehen. Oh man, das tat unglaublich gut. Ich nickte nur und zupfte unruhig an meiner Jacke herum. "Und...was heißt das jetzt?"
Alec atmete tief ein und zog mich dann näher zu sich, legte seine Arme um mich und drückte seine Stirn gegen meine. "Das heißt, ich bitte dich darum, mir noch eine Chance zu geben."
Mein Herz flatterte. Aber sollte ich das wirklich tun? Da war schließlich noch Kiara. "Und was ist mit Kiara?" Er seufzte. "Sie ist ein Teil meines Lebens, ich will sie nicht einfach ausschließen. Aber sie wird auf jeden Fall nie mehr vor dir kommen."
Er versprach mir nicht, sie links liegen zu lassen und es gab auch keine Sicherheit dafür, dass er sein Wort hielt. Und ich wollte nicht erneut verletzt werden. Aber es fühlte sich so richtig an, meine Gefühle waren so stark und ich wusste, dass ich ihn liebte. Also konnte es da falsch sein, seinen Gefühlen zu folgen? Keine Ahnung. Vielleicht machte ich es ihm zu einfach. Aber ich tat es trotzdem.
Langsam schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen.
"Na gut. Du kriegst deine zweite Chance", flüsterte ich und seine Augen begannen zu strahlen, während sein Blick zu meinen Lippen wanderte.
Schnell machte ich mich von ihm los.
"Aber küssen tue ich dich erst wieder, wenn du dir deinen Mund mit Seife ausgewaschen hast", betonte ich und er lachte brummend. "Na dann nichts wie nach hause", meinte er. Beflügelt und von Glücksgefühlen geblendet, nickte ich. "Ich simse nur noch schnell Sam, damit sie sich keine Sorgen macht."
Ich hatte Sam gesimst. Und als Strafe für Alecs taten hatte ich ihm den Mund tatsächlich mit Seife ausgewaschen. Er hatte es brav über sich ergehen lassen, sich aber fast übergeben müssen. Als Belohnung hatte er dann aber doch noch einen Kuss bekommen. Und dann war er ganz zufrieden gewesen.
Der zauber der Freitagnacht war am Samstagmorgen dann aber schnell verflogen. Sam hatte mich mit Nachrichten voll gespamt, ob ich eigentlich noch ganz klar im Kopf war, mich wieder auf Alec einzulassen. Ich hatte ihr geschrieben, dass sie ihn bloß wegen ihrer gemeinsamen Vorgeschichte nicht mochte und das ja auch verständlich sei. Daraufhin war von ihr die nachricht gekommen, dass sie trotzdem ein ungutes Gefühl hatte. Alles gut, wir sehen uns am Montag, hatte ich ihr gesagt. Dann hatte ich mich Cindy widmen müssen, die völlig verheult bei uns zuhause aufgetaucht war. Alec hatte in seinem Zimmer verschwinden müssen, sodass sie und ich hatten reden können. Sie machte sich schwere Vorwürfe, dass sie Felix nichts gesagt hatte. Er hatte Schluss gemacht und jetzt war sie ein völliges Frack. Ich versuchte, sie so gut es ging zu bestärken und sie übernachtete bei mir, sodass wir zu dritt zu Abend aßen. Ich freue mich für euch zwei, hatte Cindy dann noch gesagt, aber es wohl nur halb ernst gemeint. das nahm ich ihr auch nicht übel, schließlich hatte sie auch gerade sowas wie Schluss gemacht.
In der Schule hatten die Miesten schnell akzeptiert, dass Alec und ich wieder ein Paar waren und ich hatte viele Glückwünsche erhalten. Es war ein gutes Gefühl gewesen, die nächsten Tage wieder händchenhaltend durch die Flure zu schlurfen und sich vor den Zimmern einen Kuss auf die Lippen zu hauchen. Auch Sam ging es gut, auch wenn sie nicht so recht sagte, wieso. Trotzdem, sie hatte etwas von ihrem alten Lebensfunken zurück. Nur Kiara war ganz und gar nicht glücklich. Ich hatte noch immer eine offene Rechnung mit ihr zu begleichen wegen dem, was sie Cindy angetan hatte und bei jeder Gelegenheit, die sie nutzen wollte, um sich Alec irgendwie zu schnappen, griff ich ein. Oh ja, es war schadenfroh, aber ich liebte diese mürrischen und angepissten Blicke, wenn mein freund und ich sie dann alleine im gang stehend zurück ließen. Na gut, ab und zu sprach Alec schon noch mit ihr, aber er gab mir nicht mehr das Gefühl, ausgeschlossen zu sein. Und so war es für mich wirklich okay. Ich schrieb einige Prüfungen, half Alec beim lernen und freute mich gemeinsam mit ihm über gute oder durchschnittliche Noten. Schließlich war das unser Abschlussjahr und ich wollte, dass wir die Schule gemeinsam verließen.
Die Wochen vergingen weiterhin und es wurde Winter. Im März waren Alec und ich immer noch zusammen und glücklicher denn je. Alles in unserer Beziehung harmonierte einfach und auch in der Schule lief es gut. Wir hatten beide relativ gute Vornoten, wobei Alec sich mit etwas weniger zufrieden gab als ich.
Sein Bewährungshelfer war auch einmal unangemeldet vorbeigekommen und war von Alecs Noten und mir hellauf begeistert gewesen. Sogar mit seinen Eltern hatte er einmal telefoniert. Für mich nicht sonderlich besonders, ich telefonierte jeden Sonntag, pünktlich um 10 Uhr mit meiner Mom. Und dann war der Zeitpunkt gekommen, an dem Alec sein Probespiel hatte. Das, wovon sein künftiges Stipendium abhängen würde. Er hatte nun ein halbes Jahr hart dafür trainiert. Was auch mir zu Gute kam, denn sein Körper war einfach nur göttlich. Aber an dem Tag, an welchem er zum Spiel aller Spiele abreiste, war ich noch nervöser als er.
So meine lieben Sternchen! was denkt ihr zu der Party und zu Alecs und Paiges Wiedervereinigung? Ich bin gespannt auf eure Kommentare und macht euch bereit, das Buch ist noch lange nicht vorbei!
Alles liebe
Angora77
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