10-Play Date
Ohne einen weiteren Abschied lief Alec den Gang hinunter. Ich sah ihm nach und schluckte. So ein Mist.
„Paige?"
Fragte Felix, der mit der üblichen blonden Lockenpracht an der Türe auftauchte.
Er sah etwas verschlafen aus.
„Hey, stör ich gerade?"
Fragte ich und setzte ein Lächeln auf.
Er schüttelte eilig den Kopf und öffnete die Türe etwas mehr.
„Danke."
Ich trat ein und stiess auf die übliche männliche Unordnung.
Ich vermied es so gut es ging, zu Alecs Seite des Zimmers zu blicken. Weil ich dann garantiert geheult hätte. Allein schon, dass es hier drin nach Alec roch, machte mich verrückt.
„Was...ehm...machst du genau hier? Ich dachte zuerst du seist wegen Alec gekommen aber offensichtlich..."
„Ja...nein wir zwei reden gerade nicht so miteinander."
Er lächelte mitfühlend.
„Ich weiss, das ganze ist echt blöd gelaufen, das tut mir voll leid für dich."
Ich lächelte gequält.
„Ja. Kann man nichts machen. Ich bin eigentlich wegen dir hier."
Er hob die Brauen.
„Was, wieso denn?"
Ich deutete auf seine Bettkante.
„Kann ich mich setzen?"
„Klar, sicher!"
Er beeilte sich, die Bücher von seiner Bettdecke zu Räumen. Felix war ein Goldschatz.
„Also, Sam hat mir gesagt du hast heute etwas niedergeschlagen ausgesehen. Und ich dachte, ich sehe mal nach dir."
Er spielte mit seinen Fingern und setzte sich neben mich.
„Du sorgst dich wie es mir geht? Du hast doch genug Probleme am Hals momentan, da will ich nicht..."
„Felix", ich unterbrach ihn und legte meine Hand auf seine, damit er dieses nervöse Spielen mit seinen Fingern seien liess. Das machte mich auch ganz unruhig.
„Ich möchte wissen, wie es dir geht. Wir sind Freunde. Und du warst auch oft genug für mich da, als ich mich nicht so toll fühlte. Und du hast Mir aus der Patsche geholfen!"
Er grinste.
„Ja, als ich Cindys Unfall erfunden hatte, um dich vor Noahs Fragen über Alec zu bewahren. Das war ganz schön knapp!"
Noah, richtig. Bei ihm musste ich auch einiges wieder gut machen. Obwohl er mir einmal in der Mensa sogar knapp zugenickt hatte. Eine grosse Steigerung.
„Genau, ja...also was ist los?"
Er seufzte.
„Du wirst mich wahrscheinlich für eine Memme halten, aber Cindy meldet sich die letzte Zeit immer weniger bei mir. Und wenn ich versuche, ein Gespräch aufzubauen wirkt sie so desinteressiert. Und treffen will sie sich auch nicht, da sie zu viel zu tun hat. Sagt sie zumindest. Und ich weiss nicht was ich tun soll..."
Ich warf ihm einen mitfühlenden Blick zu.
„Du bist keine Memme, Felix, nur weil du dir sorgen machst, oder deine Gefühle verletzt sind. Jungs haben auch Gefühle und nur die Stereotype Gesellschaft schreibt euch vor, nicht auch mal traurig oder verletzt zu sein."
Wow, jetzt hörte ich mich ja an wie ein Moralapostel. Eine Vorkämpferin des 22. Jahrhunderts oder sowas.
„Ja, mag schon sein. Trotzdem...ich habe das Gefühl etwas stimmt nicht. Hat sie dir etwas erzählt? Ich weiss ihr seid Freundinnen und ich würde dich nie zwischen die Fronten schieben wollen, aber ich werde noch ganz verrückt."
Ich verzog den Mund. Scheisse. Das war gerade gar nicht der Moment, indem ich mit Felix darüber hatte reden wollen. Aber wann war schon ein guter Moment dafür? Eigentlich hatte ich es schon viel zu lange vor mir her geschoben.
Ich wusste, dass ich es Cindy versprochen hatte, nichts zu sagen. Und ich hatte auch versucht, mich daran zu halten. Aber mein schlechtes Gewissen hatte mich schon oft geplagt, deswegen.
Und jetzt wo mich Felix so direkt danach fragte, konnte und wollte ich ihn einfach nicht anlügen.
Also atmete ich langsam ein und aus.
„Okay, Felix. Ich muss dir etwas sagen."
Begann ich und er blickte mich alarmiert an. Seine unschuldigen, blauen Augen sahen so besorgt aus, dass es mir einen Stich ins Herzen versetzte. Wie würde er wohl reagieren, wenn er herausfand, dass ich es schon seit Monaten wusste und es ihm verschwiegen hatte? Er würde mich hassen. Aber noch länger konnte ich es einfach nicht für mich behalten.
„Was? Was ist es, Paige."
Ich verzog gequält das Gesicht.
„Ich sag es geradeheraus, weil ich nicht weiss, wie ich es dir sonst beibringen soll. Cindy, Cindy hat ein Verhältnis mit einem anderen Mann. Einem an ihrem College."
Von einem Augenblick auf den anderen wich sämtliche Farbe aus Felix Gesicht.
„W..was? Das kann doch nicht sein. Das würde sie doch nicht tun."
Stammelte er fassungslos und rieb sich mit den Händen übers Gesicht.
„Doch...es ist wahr. Sie hat es mir selbst gesagt. Es tut mir so leid, Felix."
Murmelte ich und seine Unterlippe begann zu zittern.
„Scheisse man, so eine Scheisse! Wieso tut sie das? Wieso tut sie mir das an!"
Seine Stimme klang verzweifelt. So hörte sich wohl ein gebrochenes Herz an.
„Ich weiss es nicht. Es tut mir so, so leid, Felix."
Er schniefte und wischte sich unauffällig über die geröteten Augen.
„Wie heisst er? Der Mann, mit dem sie mich betrügt."
Ich strich mit den Spitzen meiner Füsse über den Boden.
„Das bringt es doch jetzt nicht, das verletzt dich doch nur noch mehr."
„Wie heisst er, Paige?"
Eindringlich suchte Felix meinen Blick.
„Eduardo."
Er schnaubte.
„Ein Latino. Ein muskulöser Latino das hätte ich mir doch denken können. Ich bin nichts, im Gegensatz zu..."
„Stop. Felix, hör auf. Du weisst nicht, wie er aussieht. Ich genauso wenig. Das ist nur ein Name. Und du, du bist der herzensgute, liebevolle Felix, den niemand auf dieser Welt ersetzen kann. Cindy ist blind, wenn sie das nicht sieht."
Er schüttelte traurig den Kopf.
„Sie hätte wenigstens zuerst Schluss machen können. Das ist so...ekelhaft."
Ich nickte. Es tat mir so leid, ihn so am Boden zerstört zu sehen.
Dann hob er den Kopf.
„Paige, wie lange läuft das zwischen den beiden schon?"
Ich zuckte zusammen.
„Wie lange weisst du es schon?"
Ich knetete die Hände und blickte schuldbewusst zu Boden.
„Ich...ich weiss es seit dieser Party in eurem Zimmer."
Felix Augen weiteten sich und er deutete anklagend auf mich.
„Das...aber das ist schon Monate her!"
Ich griff nach seinen Händen, doch er zog sie abrupt weg.
So angepisst hatte ich den friedlichen Jungen lange nicht gesehen.
„Ich weiss, ich hatte so ein schlechtes Gewissen, ich war so oft kurz davor, es dir zu sagen, wirklich! Es tut mir so so leid, dass ich es nicht früher getan habe. Das war unfair dir gegenüber."
Er blickte mich eisig an. Einen Blick, den er bestimmt von seinem Zimmerkollegen gelernt hatte.
„Wieso hast du es dann nicht getan?"
„Weil Cindy mich schwören liess, dass ich es für mich behalte. Und ich...ich war völlig hin und her gerissen. Sie ist meine Freundin. Ich wollte loyal zu ihr sein."
Felix stand auf und deutete auf die Türe.
„Aber ich bin auch dein Freund. Und ich hätte es dir auch früher gesagt, wäre dasselbe bei Alec und die passiert. Geh jetzt."
Ich schluckte. Ich wollte Felix nicht auch noch verlieren.
„Es tut mir wirklich leid, Felix. Okay? Ich, das war wirklich eine Scheiss situation."
Er schüttelte nur den Kopf und öffnete die Türe.
„Ich bin dir dankbar, Paige, dass du es mir doch noch gesagt hast. Jetzt stehe ich aber trotzdem wie der letzte Trottel da."
Ich stand niedergeschlagen auf und trottete zur Tür.
„Es tut mir wirklich leid, Felix. Ich hoffe du kannst mir das verzeihen."
Er nickte nur. Dann schloss er die Türe hinter mir.
Langsam stiess ich die Luft aus.
Na toll. Ich hatte wirklich eine seltene Gabe, alle um mich herum anzupissen. Egal was ich tat, egal wem ich es recht machen wollte, immer ging alles nach hinten los.
Als ich geknickt in unser Zimmer zurück kehrte, erwartete mich bereits eine Chips mampfende Sam.
„Und, wo warst du?"
Fragte sie interessiert, während sie die Serie auf ihrem Laptop pausierte.
Ich stöhnte.
„Ich hab einen Fehler gemacht, Sam."
Sie sah mich mit einem „Dein Ernst"-Blick an.
„Hat es was mit Alec zu tun? Denn dann helfe dir Gott ich werde..."
Abwehrend hob ich die Hände.
„Nein, ausnahmsweise mal nicht."
Sie hob erstaunt die Brauen.
„Oh na dann, komm her."
Sie klopfte auf ihr Bett und ich liess mich schwungvoll neben sie plumpsen.
„Es geht um Felix. Ich habe ihm von Cindys Affäre erzählt."
Sams Hand erstarrte in der Chipstüte.
„Ohje."
Ich nickte.
„Ja. Er war so angepisst, was ja verständlich ist. Aber ich glaube, ich habe es mir mit ihm versaut."
Sam winkte beruhigend ab.
„Ach was. Er wird sich wieder beruhigen. Sein Stolz ist verletzt, das dauert halt eine Weile, bis das abgeheilt ist."
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, bei Felix geht es nicht um Macho Gehabe. Er hat sie wirklich geliebt, Sam. Du hättest ihn sehen sollen, er sah aus wie ein geschlagener Hund."
Sam seufzte und spielte mit ihrer Haube herum, die sie zum Schlafen immer auf dem Kopf trug. Das war wichtig für ihre Haare.
„Na gut, aber wenn du doch weisst, wie sehr es ihn verletzt, wieso hast du es ihm dann gesagt."
Ich nagte an meinen Fingernägeln.
„Naja, ich habe es nicht mehr ausgehalten. Und ich finde es war auch richtig, es zu tun. Ich meine wenn ich betrogen werden würde und alle meine Freunde es wüssten, würde ich auch wollen, dass man mir das sagt."
Sie nickte und griff elegant mit zwei Fingern in die halb leere Chips-Tüte.
„Das ist ein guter Punkt. Ich denke, das wird er dir noch zu Gute halten, sobald er sich beruhigt. Du wirst schon sehen!"
Ich beobachtete, wie sie den Paprika-Chip raus zog und sich in den Mund schoppte. Sehr elegant.
„Meinst du?"
Fragte ich hoffnungsvoll. Sie nickte bestimmt.
„Da bin ich mir sicher. Aber Momentan hast du ein grösseres Problem."
Ich hob eine Braue. Ich war jetzt wirklich nicht in Stimmung, über Alec und Ashley zu reden. Der Vorfall heute Morgen hatte mir wirklich ausgereicht.
„Und zwar Cindy."
Ich sah sie baff an.
„Wieso Cindy?"
„Manchmal ist es echt schwer mit dir, Paige. Denk doch nach. Was wird Felix als erstes tun?"
Sie wartete meine Antwort gar nicht erst ab.
„Er wird Cindy anrufen und sie damit konfrontieren. Und dann wird sie ihn fragen, woher er es weiss. Und so wie wir Felix kennen, wird er nicht lügen. Das heisst..."
„Sie weiss dass ich sie verraten habe. Scheisse."
Meine Schultern sackten nach unten. Toll, noch jemand der angepisst auf mich sein würde.
„Jep. Und das wird sie dir nicht so einfach verzeihen."
Sam wirkte nicht sonderlich alarmiert.
„Ja, aber sie weiss doch dass Felix mein Freund ist und trotzdem hat sie mir erzählt, dass sie ihn betrügt. Sie kann doch nicht erwarten, dass ich es ihm verschweige."
Sam zerknüllte die leere Chips Tüte und warf sie mit einem Basketball würdigen Wurf in den Kübel.
„Hat sie aber. Moralisch fragwürdig aber tja. Es ist halt Cindy."
Ich sah Sam komisch von der Seite an.
„Hab ich da was verpasst?"
Sie zuckte nur die Schultern.
„Ne. Wieso?"
„Na weil dich das alles nicht gross zu kratzen scheint."
Ich spitzte fragend die Lippen.
Sam lächelte.
„Weisst du, ich bin nicht wie du, Paige. Du versuchst, mit allen befreundet zu sein, es allen recht zu machen. Aber ich eben nicht."
Ich runzelte die Stirn.
„Und das bedeutet?"
„Das heisst, dass ich Cindy mag, keine Frage, aber das heisst nicht, dass ich es nicht verkraften könnte, wenn sie sauer auf mich wäre. Sie hat scheisse gebaut, nicht du."
Da war was dran. Aber ich war nunmal so, wie Sam mich beschrieben hatte.
Ich konnte nicht Cindys Beziehung offiziell beenden, auch wenn sie bereits selbst fleissig daran gearbeitet hatte, und mich dann nicht bei ihr entschuldigen. Moral hin oder her, sie war meine Freundin und ich wollte nicht dass sie sich fühlte, als hätte ich sie aus Schadenfreude hintergangen. Ich wollte es ihr zumindest erklären und dafür gerade stehen.
„Ich ruf sie an. Ich muss mich bei ihr entschuldigen."
Sam verwarf die Hände.
„Siehst du? Genau das meinte ich. Du entschuldigst dich bei ihr dass sie Felix betrogen hast. Deine Logik check' ich echt nicht."
Aber mir war es eben wichtig. Ich musste es klären. Wenn sie mich danach hassen wollte, okay. Aber ich musste wenigstens mit ihr reden.
Ich griff nach meinem Handy, wählte ihren Kontakt und liess es piepen.
Nervös tigerte ich im Zimmer rum, während ich darauf wartete, dass das langsame, regelmässige Tuten ihrer hellen Stimme wich. Dann war plötzlich aufgelegt.
Fassungslos starrte ich den Display an.
„Sie...sie hat mich weg gedrückt. Einfach so."
Mir wurde mulmig. Ich hasste es, wenn Dinge ungeklärt blieben.
„Tja, das habe ich mir gedacht. Aber hey, du hast es versucht. Jetzt liegt es an ihr, oder?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Ich muss zu ihr fahren, mich entschuldigen und das klären. Sie kann mir doch nicht einfach auflegen."
Aufgewühlt fuhr ich mir durch die Haare.
Sam runzelte die Stirn.
„Okay, Paige, hör zu. Ich denke, das ist im Moment alles etwas viel für dich. Alles was so los ist. Und das ist verständlich."
Sie griff sanft nach meinen Armen und führte mich zu meinem Bett.
„Aber..."
Sie schüttelte den Kopf.
„Nichts aber. Cindy lebt vier Autostunden von uns entfernt. Du hast gar kein Auto. Und denk doch mal nach, du musst morgen wieder in den Unterricht. Du kannst nicht am zweiten Tag schon fehlen."
Was sie sagte, ergab eindeutig Sinn. Glatt hätte ich mich selbst ohrfeigen können, weil ich so unüberlegt hatte handeln wollen. Das war wirklich einfach alles zu viel für mich.
„Du hast recht...ich kann ja immer noch am Wochenende zu Cindy fahren. Und bis dahin konzentriere ich mich auf meine Module."
Sie nickte.
„Genau. Von denen hast du ja schliesslich genug."
Oh ja.
Danach beruhigte ich mich langsam und machte mich bettfertig. Auch wenn es echt belastend war, zu wissen dass ich mit etwa 80 Prozent meiner Freunde gerade im Streit lag, wusste ich doch, dass ich meine Probleme nicht alle am heutigen Abend klären konnte. Also blieb mir nichts anderes übrig, als eine Nacht darüber zu schlafen.
Am nächsten Morgen war ich immernoch entschlossen, mit Cindy Kontakt aufzunehmen. In jeder Pause rief ich sie an. Manchmal klingelte es bis die Mailbox ran ging, manchmal legte sie auch vorher auf. Aber so leicht würde ich nicht aufgeben.
Die Woche verging wie im Flug. Ich war damit beschäftigt, mich beim Cheerleading Training nicht all zu doof anzustellen, Hausaufgaben zu machen und Alec so gut es ging auszuweichen. Das klappte eigentlich alles ganz gut.
Felix würdigte mich keines Blickes. Das gute daran war, dass wir momentan sowieso nicht mit Alec und ihm an einem Tisch sass. So wurde ich immerhin von seiner schlechten Stimmung verschont.
Sam, Monica und David versuchten, mich in der Mensa jeweils etwas freudiger zu stimmen und ich war ihnen echt dankbar dafür. Auch wenn ich Monica zu Anfang eher als ein lästiges Anhängsel gesehen hatte, stellte sie sich doch als eine treue und loyale Freundin heraus. Und sowas brauchte ich jetzt.
Am Freitag endete mein Unterricht etwas früher, da einer der Professoren unerwartet ausfiel. Darüber war ich nicht sehr traurig.
Stattdessen rief ich Eric an. Vielleicht konnte ich ihm ja heute noch helfen.
Während ich mit den Füssen das Kies hin und her schob, dass die Wege über den Campus säumte, lauschte ich dem Tuten.
„Ja, Paige?"
Eric ging ran. Und er hörte sich auch ganz normal an. Nicht wütend oder distanziert. Das war erleichternd.
„Hey, Eric. Sorry dass ich am Montag nicht vorbei kam. Ich hatte echt viel um die Ohren."
„Das ist keine Sache. Hat doch jeder Mal."
Wenn er wüsste, wie oft das bei mir vorkam, würde er es sicher nicht mehr normal finden.
„Ja, ehm, danke. Ich wollte fragen, ob ich dir heute noch helfen kann. Ich hab früher aus und dachte mir..."
„Das ist echt nett, aber nicht nötig. Ich hab den Mast des Schiffes repariert über das Wochenende. Es ist jetzt alles fertig."
„Oh", machte ich niedergeschlagen und liess den Kopf hängen. Gut sah er das nicht am Telefon.
„Aber wir können doch einfach sonst abhängen? Wenn das deinen Freund nicht stört natürlich, habe keinen Bock dass er wieder ausrastet."
Ich fluchte innerlich.
„Wir reden momentan nicht miteinander. Und sorry deswegen, wirklich. Er kann so ein Arsch sein, ich wollte dich da nicht mit rein ziehen."
„Schon okay, du kannst ja nichts dafür. Also, hast du Lust was zu unternehmen? Ich habe heute nichts mehr vor."
Die frühere Paige hätte jetzt daran gedacht, dass Alec es sicher nicht so toll fände, wenn ich mit irgend einem Typen zu zweit abhing. Aber jetzt, war mir das echt egal.
Ich mochte Eric und anders als mit Alec verstand ich mich gerade echt gut mit ihm.
Also sagte ich einfach zu.
„Klar, können wir gerne. Sag mal...hast du ein Auto?"
„Ja, wieso? Willst du irgendwo hin?"
Mein Gesicht hellte sich auf.
„Ja. Ich wollte meine Freundin an ihrem College überraschen. Und auf dem Weg könnten wir ja Musik hören und uns was zu essen holen. Natürlich nur, wenn das keine Umstände macht."
Eric schien zu überlegen.
„Und wie lange dauert die Fahrt?"
„Vier stunden."
„Oh, das ist lang. Dann kommen wir ja erst nachts wieder zurück."
„Ja...ich verstehe wenn dir das zu lange ist."
Setzte ich an. Ich wollte ihn ja zu nichts zwingen.
„Nein, das ist super. Das ist genau meins. Ich hole dich in zehn Minuten vor der Uni ab. Okay?"
Ich hob eine Faust triumphierend in die Luft.
„Okay, bis gleich. Ich freue mich!"
Na das war doch mal toll gelaufen. Besser als gedacht. Jetzt konnte ich mit Eric Zeit verbringen und mich mit einem Eis bei ihm entschuldigen, plus Cindy aufsuchen und das von Frau zu Frau klären.
Es dauerte keine zehn Minuten, da hielt Erics alte Klapperkiste von Auto auch schon vor mir an. Der Auspuff spuckte schwarzen Rauch aus und der Motor hörte sich an wie eine jaulende Katze. Aber das war egal. Hauptsache es funktionierte. Auch die mintgrüne, spezielle Farbe des Autos spielte keine Rolle.
„Hey, danke dir vielmals dass du mich fährst!"
Begrüsste ich Eric, der grinsend die Beifahrertüre aufstiess und zu mir hoch linste.
„Keine Sache. Auf einen Kurz Trip habe ich immer Lust. Wieso hast du denn deine Schulsachen noch dabei?"
Fragte er und ich zuckte die Schultern.
„Zum Umziehen hätte die Zeit sowieso nicht gereicht. Das passt schon, da kann ich auf dem Weg einige Hausaufgaben erledigen."
Schwungvoll liess ich mich neben ihm auf den abgenutzten Sitz fallen.
In diesem Moment lief Mick an der Motorhaube des alten Wagens vorbei. Sein Timing konnte ja nicht noch mieser werden.
Seine Augen schweiften zwischen Eric und mir hin und her, dann klopfte er breit grinsend auf die Motorhaube und lief gut gelaunt weiter.
„Was ist denn sein Problem?"
Fragte Eric verärgert und ich atmete langsam aus. Mit zitternden Fingern schnallte ich mich an. Mick würde es garantiert Alec erzählen. Und es irgendwie so ausschmücken, dass es aussah als würde ich mit Eric auf ein Date gehen. Was würde Alec denken?
Ich lehnte mich zurück und hob den Kopf etwas an.
„Der ist einfach so. Lass uns gehen, ich verhungere."
Eric gluckste und rollte langsam den Kiesweg entlang, in Richtung Parkplätze. Von dort auf die gepflasterte Strasse.
„Du bist wirklich ein Nerd, Paige."
Meinte er und ich musste lächeln.
„Glaub mir, du bist nicht der Erste, von dem ich das höre."
Die Fahrt tat mir gut.
Eric liess Teenie-Musik laufen, deren Lyrics wir beide noch in und auswendig konnten und laut dazu mitsangen. Wir waren beide nicht die besten Sänger, wenn ich das an dieser Stelle anmerken durfte.
Danach war es eine Weile wieder ruhig und ich hielt meine Hand durch das runter gekurbelte Fenster in den Fahrtwind und genoss es, wie zärtlich er über meine Haut strich.
Dann bemerkte ich Erics Blick und drehte mich wieder zu ihm.
„Was?" er grinste nur und zuckte die Schultern.
„Nichts. Aber ich frage mich wieso du mich noch nicht gezwungen hast, dir was zu Essen zu besorgen."
Ich war sofort hellwach.
„Oh, das kann ich durchaus noch tun."
Merkte ich drohend an und er klopfte Grinsend mit einem Zeigefinger auf das Steuerrad.
„Wie wäre es dann mit einem richtig fetten, ungesunden Milchshake und Pommes?"
Meinte er und deutete kurz mit einem Nicken in Richtung eines Fastfood-Ladens, der weiter vorne mit leuchtenden Schildern für einen Menschengrossen Milchshake warb.
„Oh ja."
Flüsterte ich und wippte erfreut auf und ab.
Eric gluckste und strich sich durch das Haar.
„Wie ein kleines Kind."
Murmelte er und ich piekste ihn von der Seite an.
„Kannst du bitte bestellen?"
Er hob eine Braue.
„Wie alt bist du, Paige?"
Ich grinste breit. „Ich mache das eben nicht gerne, okay? Bitte, ich nehme Pommes und einen Erdbeershake."
Er verzog das Gesicht. „Was?"
„Vanille ist das Einzig wahre! Ich zweifle langsam echt an deinem Geschmack. Zuerst der Kerl der mich verprügelt und dann..."
Mein Lächeln war wie weg gewischt und er unterbrach den Satz. Sein Gesicht zog sich zusammen.
„Sorry, das sollte nicht so rüber kommen. Manchmal bin ich echt unsensibel."
Ich setzte ein Lächeln auf und winkte nur ab. Dann rollte das Auto an die Gegensprechanlage des Ladens und Eric bestellte. Zum Glück, denn so hatte ich einige Sekunden, mich wieder zu fangen. Denn ich dachte wieder an Alec. Wie er mit Ashley den Flur entlang gelaufen war. Und seinem zukünftigen Kind, das vielleicht gar nicht seins war. Das hätte unser perfekter Neustart sein sollen...aber irgendwie schienen wir verflucht. Und hinzu kam, dass wir momentan nicht redeten. Und so wurde die Kluft zwischen uns nur noch grösser.
„Hier."
Meinte Eric und hielt mir mit einem entschuldigenden Lächeln einen lecker riechenden und mit Sahne besprühten Milchshake unter die Nase.
„Oh wow, danke! Hast du bezahlt?"
Er schüttelte den Kopf. „Wir sind jetzt offiziell auf der Flucht, liebe Paige."
Ich blinzelte zweimal, dann begann er breit zu grinsen. „Natürlich habe ich gezahlt, mach dich locker."
Ich atmete erleichtert aus. Mach dich locker, Paige. Dein Leben wird nicht von Alec bestimmt. Du kannst auch einfach mal einen guten Tag haben!
Also schob ich alle Zweifel, Ängste und Herzschmerz zur Seite.
„Danke. Auf dem Rückweg bezahle ich."
„Deal."
Meinte er mit blitzenden Augen und wir stiessen mit den zuckerhaltigen Getränken an.
Unterdessen war es stockdunkel. Die Sterne sag man nicht, aber da wir uns auf einer langen Hauptstrasse befanden, tauchten alle paar Meter Laternen auf, die einen schwachen goldenen Schimmer auf die dunkle Strasse warf. Keine Menschenseele war mehr unterwegs. Nur wir bretterten in der alten Karre den weg entlang in Richtung Cindy. Was ich ihr genau sagen würde, hatte ich mir noch nicht überlegt. Viel lieber genoss ich Erics Anwesenheit. Er war immer so ausgeglichen und zu Scherzen aufgelegt. Bei ihm fühlte ich mich normal und irgendwie etwas lockerer.
Das tat mir gut. Ich schlürfte den Smoothie und tunkte ab und zu ein Pommes rein.
„Au!" machte es dann plötzlich neben mir.
Erschrocken legte ich meine Hand auf Erics Schulter.
„Was ist?"
Er verzog das Gesicht und blinzelte einige Male.
„Gehirnfrost." murmelte er dann und massierte sich mit der freien Hand, die nicht am Lenkrad lag die Schläfen.
Ich lachte Schadenfroh. „Ha! Mein Gehirn ist immun."
„Eine Schande."
Kam es gemurmelt von Eric zurück und ich atmete tief ein. Hier so mit ihm durch die Dunkelheit zu fahren, das fühlte sich gut an. Wie ein Tunnel der Freude der zwischen meinen Problemen hin und herführte. Ich hatte gemerkt, dass ich aufgehört hatte zu Lächeln.
„Danke, dass du das für mich machst, Eric. Nach allem was dir meinetwegen passiert ist. Es tut echt gut."
Er nahm den Blick von der Strasse und sah mir in die Augen. Ich sah, wie er leicht lächelte und bemerkte, dass meine Hand immernoch auf seiner Schulter lag. Und dann spürte ich, wie nahe ich ihm eigentlich war. Mein Blick wanderte ganz kurz zu seinen Lippen. Nur für eine einzige Sekunde dachte ich daran, ihn zu küssen. Keine Ahnung, was mich ritt, aber ich wollte mich einfach wieder gut fühlen. Geliebt. Doch dann schnallte ich auch schon wieder, was das alles für ein Stuss war und nahm schnell meine Hand von seiner Schulter. Meine Gefühle für Alec konnte ich nicht einfach vergessen, indem ich mir Gefühle für jemand anderen einredete. Das hatte schon einmal nicht geklappt und ich wollte Eric nicht auch so verletzen wie Noah. Mal ganz abgesehen davon, dass Eric ja auch gar nichts von mir wollte. Liebe war unnütz und brachte nur Probleme. Das war seine Einstellung.
Aber er sah mich noch immer an. „Paige, ich..."
Begann er langsam.
Ich riss den Kopf hoch, als der Wagen plötzlich zu ruckeln begann.
„Eric pass auf, die Strasse!"
Kreischte ich und fuhr in meinem Sitz hoch.
In einer höllischen Geschwindigkeit schwankten wir auf der Strasse nach links. Eric reagierte, griff nach dem Lenkrad, doch da war es bereits zu spät.
Ich spürte wie Kies unter sen Reifen aufgewirbelt wurden und der Wagen auf den unebenen Strassenrändern schlenkerte. Eric hatte die Kontrolle verloren.
Eine Sekunde lang fühlte ich mich lebendig, als die Angst meine Glieder durchfuhr und ich auf den dicken Mast vor uns blickte. Dann knallte es.
Uiuiui, was für ein Kapitel! Was sind eure Gedanken dazu? Und wie steht ihr Alec und Paige als Paar momentan gegenüber?
Alles liebe an euch alle, meine Sternchen ★
Eure Angora77 ☽
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