I. Geheimnisse

Maggi||Gähnend werde ich wach. Mein erster, wenn auch total verschlafender, Blick fällt auf den Wecker, der neben mir auf dem Nachtschränkchen steht. Traurig stelle ich fest, dass es schon kurz vor sechs in der Früh ist, es also gleich schon wieder an der Zeit ist zu gehen. Seufzend schließe ich noch einmal die Augen. Ich habe es mir ja selber so ausgesucht, dennoch fällt es mir von mal zu mal schwerer früh aufzustehen und dann die Fliege zu machen. Immer und immer wieder rede ich mir ein, dass es so am besten ist. Ich habe Leoni so ins Herz geschlossen und bin wirklich froh sie als so gute Freundin gewonnen zu haben, da will ich es nicht gleich wieder auf dem Spiel setzten. Immerhin hat sie schon mal klar gestellt, was sie persönlich davon hält, wenn eine ihrer Freundinnen etwas mit ihrem Bruder hätte.

Bevor es mir noch schwerer fällt zu verduften, löse ich den Arm, der mich einkesselt, vorsichtig und stehe langsam und leise auf. Sawyer dreht sich einmal bevor er sich streckt und dann langsam die Augen öffnet. "Was tust du?", will er von mir wissen, als ich meine Sachen zusammen suche. "Wir haben gleich schon sechs. Es wird Zeit, dass ich verschwinde.", informiere ich ihn und ziehe mir mein Shirt über, bevor ich mich auf die Bettkannte setze und mir meine Strumpfhose anzuziehe.

Ich merke wie die Matratze sich bewegt und Sawyer seine Arme um meinen Bauch legt. "Leo und Woods schlafen doch bei Perle, Nash und dem Quälgeist. Warum legst du dich nicht noch etwas zu mir, wir kuscheln noch ein wenig und in einer Stunde stehe ich auf, mache Pancakes und servieren dir leckeres Frühstück ans Bett.", flüstert er in meinem Ohr und knabbert an an diesen. Ein wohliger schauer durchfährt mich und bringt mich einen Moment aus der Fassung. "Du weißt doch gar nicht wann die beiden nach Hause kommen, immerhin habt ihr um neun den Termin mit diesem Großlieferanten.", gebe ich zu bedenken. Der Bruder meiner besten Freundin seufzt hinter mir. "Was glaubst du denn wie lange es noch nötig ist, dass ganze hier vor den anderen Geheim zu halten?"

Das ist natürlich eine berechtigte Frage, allerdings habe ich da selber keine Antwort drauf. Als das vor Wochen mit uns Begonnen hat, habe ich im Leben nicht dran gedacht, dass es so schnell etwas ernstes werden würde. Ich habe mir immer fest vorgenommen, mich von Leonis Bruder fern zu halten. Es hat auch anfangs sehr gut geklappt, allerdings musste ich das Angebot, welches Woods und Sawyer mir gemachten hatten, doch annehmen und bei ihnen im Restaurant anfangen - von irgendwoher muss ja Geld kommen. Wir haben beide versucht die Spannungen zwischen uns zu ignorieren, sind aber letztendlich dran gescheitert.

Anfangs war es nur eine lockere Affäre, in der wir ab und an mal nach Feierabend knutschend auf der Dachterrasse des Restaurants oder im Getränkelager gelandet sind. Allerdings hat uns der Sex auf dem Dach nach einer Weile nicht mehr gereicht und wir haben angefangen uns zu treffen. Heimliche Verabredungen am Stand oder in einem Café etwas außerhalb der Stadt, zur später Stunde haben wir auf den Dach, in Leos und Woods Liebesgrotte, bestehend aus unzähligen Kissen und Decken, gepicknickt. Wir haben uns kennen und lieben gelernt und sind nun seit vier Wochen heimlich ein Paar.

Schließlich zucke ich mit den Schultern. "Ich habe keine Ahnung, ehrlich. Ich möchte einfach versuchen es Leo schonend bei zu bringen. Ich will ihr erklären, wie das passiert ist.", erkläre ich ihn. "Was willst du ihr denn erklären? Wir haben uns ineinander verliebt. Punkt. Ende.Aus.", erwidert er. Wieder seufze ich. Er versteht es einfach nicht, zumindest nicht immer. Ab und an, gibt es schon Momente, wo ich weiß das es ihm so ebenfalls ganz gut gefällt.

"So einfach ist das nicht, ich möchte in ruhe mit ihr reden.", beharre ich drauf. Er platziert seine Lippen hinter meinem rechten Ohr. "Meinetwegen. Allerdings kenne ich Leoni. Sehr gut sogar und wir wissen beide, dass sie Lügen hasst.", erinnert er mich. "Wir lügen sie ja nicht an, wir warten nur auf den richtigen Zeitpunkt ihr zu sagen, dass wir zusammen sind.", stelle ich klar. "Ja genau wie Woods und ich auf den richtigen Moment warten wollten um ihr zu sagen, dass Woods nicht ganz so Schwul ist wie wir behauptet haben. Du weißt selber, wie Sauer sie auf uns beiden war." Ich drehe mich zu ihm um. "Das mein lieber war etwas völlig anderes. Ihr habt ihr von Anfang an einen echt bösen Bären auf gebunden.", erinnere ich ihn. "Eigentlich lügen wir sie ja nicht an, wir verheimlichen ihr nur für den Moment, dass wir beide ein Paar sind. Ich möchte mich einfach ganz vorsichtig rantasten und herausfinden was sie davon halten würde.", setzte ich erklärend nach. Er zieht skeptisch die Augenbrauen hoch.

"Nur mal so rein theoretisch gesehen, was bedeutet es für uns, wenn sie an ihrer Meinung festhält, dass es Scheiße ist, wenn ich als Bruder etwas mit einer Freundin von ihr hätte?", will er von mir wissen. Wenn ich das nur wüsste. Leoni ist die erste seit langem, die ich als wahre Freundin bezeichne. Ich bin mir nicht sicher, ob es die Beziehung zu Sawyer wirklich wert ist, das zu riskieren. "Ich bezweifle, dass sie wirklich etwas dagegen sagen wird. Immerhin ist sie ja auch mit Woods, deinem besten Freund, zusammen." "Und dennoch willst es ihr vorenthalten?" Ich nicke. "Ja, ich will es ihr in einem passenden Moment sagen. Wie sieht es denn aus, wenn ich ihr jetzt so aus heiterem Himmel sagen würde, dass ich mich nicht nur in ihrem Bruder verliebt habe, sondern auch schon seit Wochen mit ihm in die Kiste springe?" Grinsend sieht er mich an. "Weiß nicht, als wenn du dich in ihrem Bruder verliebt hast und schon seit Wochen mit ihm in die Kiste springst?!?", entgenet er. Ich gebe ein genervtes stöhnen von mir, stehe Kopfschüttelnd auf und schlage ihm gegen die Schulter. "Du bist echt unverbesserlich."

Ich hebe meine Shorts auf und ziehe sie mir über. Sawyer schwingt seine Beine aus den Bett und sieht mich an. "Was meinst du, ist ein Kaffee in deiner geplanten Flucht noch drin? Ich mag dich einfach noch nicht gehen lassen." Ich schaue auf meine Uhr und nicke. "Ich denke so früh werden die beiden ja nicht auftauchen." Lächelnd steht er auf, zieht mich zu sich und drückt mir einen langen Kuss auf die Lippen. "Klingt doch noch einen Deal." Er legt seinen Arm um meine Schulter und verlässt mit mir gemeinsam sein Zimmer. Direkt stehen wir in dem großen Wohnzimmer mit offener Küche zu der mich mein Freund führt. Er schaltet den Kaffevollautomaten an und holt als erstes zwei Gläser und etwas Kakaopullver aus dem Schrank und dann die Milch aus der Kühlung. Ich muss ein wenig grinsen. In so kurzer Zeit, hat er schon einige meiner Gewohnheiten, ob schlechte oder gute, entdeckt, einfach so hingenommen und setzt sie um wenn es nötig ist. So wie mit dem Kakaopullver in meinem Milchkaffee. Er schäumt die Milch und für mich die Kakaomilch auf und stellt die beiden Gläser unter der Maschine, bevor er noch einmal den Kühlschrank öffnet. "Lieber etwas süßes oder etwas herzhaftes zum Frühstück?", will er von mir wissen. "Mhm ich glaube nach der experimentellen Pizza gestern, lieber etwas süßes.", antworte ich ihm und kann es immer noch nicht fassen, dass er gestern alles auf die Pizza geschmissen hat was ihm in die Finger gekommen ist und nicht eine süße Note hatte. Allerdings hat es geschmeckt.

Sawyer holt ein Glas von seiner selbst gemachten Marmelade aus dem Kühlschrank, bevor er die Backofentür öffnet und die Croissants, von gestern aus dem Restaurant, herausholt. "Die sind von gestern.", informiert er mich. Grinsend schaue ich ihn an. "Ich weiß, die hast du im Lokal gebacken." Überrascht schaut er mich an. "Sag mal stalkst du mich etwa während der Arbeit?" Ich schüttle den Kopf. "Nicht wirklich. Woods und du habt mich mit dem Angebot gelockt, mich während der Arbeit immer und wann ich will in der Küche zu bedienen. Ich habe mir gestern einen geklaut, kaum waren sie aus dem Ofen." "Also ist einer der Gründe, warum du bei uns arbeitest das du dich kostenlos an allem, was in der Küche rum liegt und einigermaßen Essbar ist, bedienen darfst.", hakt er grinsend nach. Ich runzle die Stirn. "Ja ich denke, das war eines der Hauptgründe warum ihr mich als fabelhafte Barfrau ergattert habt.", stimme ich zu. Mit hochgezogenen Augenbrauen schaut er mich an. "Oh man und ich habe gedacht, dass der grandiose Sex mit dem Chef eines der Pluspunkte war.", kommentiert er und schneidet die Spitze des Croissants ab. "Du vergisst, dass das erst viel später angefangen hat."
Er nickt und geht mit einem Löffel in die Marmelade und streicht diese an den Croissant ab. "Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass wir noch lange nicht an dem Punkt wären wo wir jetzt stehen, wenn du nicht bei uns angefangen hättest.", entgenet er und hält mir das Gebäck mit der Marmelade hin. Zustimmend nicke ich und beiße in das Croissant rein und muss mir ein stöhnen, weil es einfach so lecker ist, unterdrücken. Es hat echt eine Menge Vorteile, wenn der eigene Freund ein grandioser Koch und Bäcker ist und alles was er herrichtet einfach himmlisch schmeckt. Nachdem ich abgebissen habe schmiert er noch einmal Marmelade drauf und beißt selber ab, ehe er mir mein Glas mit dem Milchkaffee reicht.

"Hast du Sam eigentlich noch mal gefragt, ob er nun wirklich Morgen und Übermorgen nicht da ist?", will er schließlich von mir wissen. Ich schüttle den Kopf. Nicht nur Leoni und alle aus Sawyers Umfeld sind total unwissend was uns angeht, sondern auch mein bester Freund, was mir schon ein schlechtes Gewissen verursacht. "Nein, irgendwie wäre es viel zu auffällig gewesen. Ich schreibe dir nachher aber auf jeden Fall.", verspreche ich ihm. Er nickt und hält mir noch einmal das Croissant hin grade als ich hinein beißen will hören wir, wie von außen ein Schlüssel ins Schloss gesteckt wird, woraufhin wir beide uns erschrocken anschauen. "Na los runter mit dir, ich sorge dafür, dass die beiden nicht hier rum kommen.", befiehlt Sawyer mir, woraufhin ich mir bloß mein Glas schnappe und mich herunter beuge um mich auf meine Knie zu setzten.
Soviel zum Thema, dass er es nicht mehr geheim halten will...

"Guten Morgen.", begrüßt Sawyer, ich denke mal Woods und Leoni, wobei ich mich echt Frage, was die beiden so früh schon hier machen. "Was machst du denn schon so früh auf?", höre ich seine Schwester Fragen. "Ich konnte nicht mehr schlafen und wollte gleich auch noch ein paar Brownis backen. Was ist mit euch? Ich dachte ihr wolltet bei Nash und Perle schlafen.", erwidert mein Freund. "Haben wir auch, aber die kleine Ruby hat fast die ganze Nacht durch geschrien. Wir wollten uns eigentlich noch eine Stunde hinlegen.", antwortet Leoni ihrem Bruder. "Die ganze Nacht ist übertrieben. Wir beide sind es nur nicht gewohnt, Baby Geschrei um uns zu haben.", kontert Woods und erntet von Leoni einen Klugscheisser, als Kommentar. "Na dann tut euch kein zwang an, ich wollte eh gleich eine Runde joggen gehen.", entgegnet Saw und ich ahne bereits jetzt, dass es droht mächtig in die Hose zu gehen, weil die beiden genauso gut wie ich wissen, dass er eigentlich nie Joggen geht und vor allem wenn er noch vor ein paar Minuten meinte, dass er gleich backen wollte. "Noch bevor ich die Brownies backe.", setzt mei Freund noch, hoffentlich rechtzeitig, nach. "Du? Bist du Krank?", kommt gleich die Gegenfrage von Woods. Ich sehe wie Sawyer den Kopf schüttelt. "Nein, mir ist bloß ein wenig nach laufen zu mute." "Soll ich mit kommen?", höre ich seinen besten Freund etwas besorgt Fragen. "Nicht nötig, außerdem wolltet ihr beiden euch doch nochmal hinlegen."

Ich beiße mir auf die Lippen und hasse mich dafür, dass wir in diese Lage sind. Wahrscheinlich hätte ich nicht auf mein Herz hören sollen und niemals etwas mit dem Bruder meiner besten Freundin anfangen sollen. "Bist du dir da sicher?", will der Freund von Leoni wissen. "Absolut, wahrscheinlich laufe ich eh nur einmal bis zum Pier und wieder zurück." "Wie du meinst, aber du kannst mich dann ja ruhig so gegen acht wieder wecken." "Klar, aber ich kann mich auch mit dem Großhändler alleine treffen. Schließlich hast du Maggi gestern ja auch noch dazu verpflichtet aufzutauchen, weil sie am besten weiß, was wir für die Bar brauchen.", erwidert Sawyer und klopft mir zaghaft auf den Kopf. "Schon, aber ich würde trotzdem gerne mit kommen, vielleicht können wir ja noch irgendwelche Rabatte rausschlagen, wenn wir drei uns gemeinsam gegen ihn stellen.", entgenet Woods. "Das klingt irgendwie mies, aber wenn ihr Mags nicht unbedingt braucht, könnt ihr sie ja hier her schicken. Wir haben schon lange keine Zeit mehr zu zweit verbracht.", wirft Leoni ein und da muss ich ihr wirklich recht geben. "Ja wir schauen dann einfach mal.", gibt Woods von sich. "Viel Spaß gleich beim laufen und vergiss nicht, mich nachher zu wecken."

Als ich die Tür ins Schloss fallen höre, Atme ich erleichtert aus und schaue zu Sawyer auf. "Ich glaube die Luft ist rein.", gibt er leise von sich. Etwas skeptisch schaue ich ihn an und trinke den Rest meines Kaffees noch auf dem Boden aus. Als ich aufstehe stelle ich schnell das Glas in die Spüle und drücke Saw eine kurzen flüchtigen Kuss auf die Lippen, bevor ich mich umdrehe und grade fluchtartig verschwinden will, allerdings hält Sawyer mich am Ellenbogen fest. "Was hältst du davon, wenn ich mich schnell anziehe und dich noch ein Stück begleite? Ich bin irgendwie noch nicht bereit dich so schnell gehen zu lassen.", schlägt er nun leise vor, zaubert mir dadurch ein breites lächeln ins Gesicht und lässt mich nicken. "Klingt gut. Auf jeden Fall." Er drückt mir ein Kuss auf die Wange. "Wartest du dann draußen?" Wieder nicke ich, küsse ihn nochmal kurz, verlasse dann auf leise Sohlen die Wohnung und bin wirklich froh, dass uns noch ein wenig Zweisamkeit bleibt, bevor wir wieder so tun, als wären wir einfach nur Bekannte.

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