Zu lange gezögert

Kapitel 35

Zed

Er hätte ihr nachgehen sollen, das wusste Zed. Wenn er sie hatte behalten wollen, dann sollte er ihr nachgehen, sie sich über die Schulter werfen und wieder in sein Bett tragen. Doch war das wirklich richtig? Bestimmt nicht. Er und Cole waren ziemlich kaputt und er war sich sicher, dass Luna leiden würde, wenn sie sie weiter dazu zwangen dieses Spielchen mit ihnen zu spielen, das schon lange keines mehr war.

Zed konnte sich nicht daran erinnern, dass er jemals Eifersüchtig gewesen wäre, schon gar nicht auf Cole aber der letzte Abend hatte ihm gezeigt, dass mit Luna etwas nicht stimmte. Sie war anders, sie berührte etwas in ihm, das über sexuelle Anziehung hinausging und das war alles andere als in Ordnung. Letztendlich hatte Cole nämlich recht: Er konnte sie nicht wirklich besitzen, er wagte es ja nicht einmal mit einer Frau alleine Sex zu haben, von einer die ihm irgendetwas bedeutete ganz zu schweigen. Zed hatte schon mehr als einmal die Kontrolle verloren. Eine falsche Bewegung, ein falsches Wort und Zed konnte im Eifer des Gefechtes die Nerven verlieren und sie verletzen. Und Luna war verletzlicher als jede andere zuvor.

Warum Cole sie in dieser Nacht ausgesucht hatte, war Zed klar: Es war ihre Ausstrahlung. Sie war dazu in der Lage, vollkommen in etwas aufzugehen, das hatte sie in den zwei Nächten bewiesen in denen er und Cole sie gehabt hatten. Sie war perfekt gewesen, hatte sich leiten lassen, hatte genau in den richtigen Maß gekämpft bevor sie aufgab und dann war da noch die Tatsache, dass sie die restliche Zeit alles andere als fügsam war. Zed liebte es wenn ihre Augen rebellisch aufblitzten. Sie besaß einen wachen Verstand und Prinzipien, sie verfiel ihnen nie ganz vollständig, es war immer ein Kampf sie dazu zu bringen die Kontrolle abzugeben.

Theoretisch machte sie das für diesen Club fast schon unbrauchbar, aber das machte sie als Person auch so interessant. Fuck. Zed wollte sie nicht gehen lassen, schon gar nicht so. Denn so sehr Luna sich auch bemüht hatte: Man hatte ihr angesehen wie sehr es sie verletzt hatte das Cole gegangen war. Dabei hatte er doch keine andere Chance. Er war ein manipulativer Bastard, der nur eine Schwäche besaß: Er verknallte sich viel zu oft in die Frauen, die sie zu ihrem Babygirl machten und wenn das passierte begann er Abstand zu den Frauen zu nehmen.

Wie es aussah, war es einmal mehr so weit. Cole hatte sich verknallt und das diesmal in Rekordzeit, schließlich hatten sie Luna nur zwei Nächte gehabt. Das Mädchen war einfach wie verdammtes Heroin. Einmal angefixt und schon war man süchtig. Ein kalter Entzug war genau das, was sie brauchten, und zwar sie beide.

Zed beschloss sich zusammenzureißen und Luna gehen zu lassen. Ihre Vereinbarung hatte ihre Grenze erreicht, er hatte es gesehen. Luna gehörte nicht zu den beschwingten Frauen, die Sex und Gefühle auseinander halten konnten und wenn nach Cole auch schon Zed damit anfing von ihr zu schwärmen, war es mehr als deutlich, dass der Zenit erreicht war und sie nur eine Chance hatten, weiterzumachen wie bisher: Sie mussten Luna gehen lassen.

Noch während Zed sich anzog wurde ihm klar, dass er gar nicht mehr so weiter machen wollte. Er arbeitete den ganzen Tag über, meistens auch die Nächte um sich hier im Club zusammen mit Cole den Verstand herrauszuvöglen und dann wieder zu arbeiten. Das war doch verrückt, sie lebten in einer Blase. Ficken, arbeiten, ficken arbeiten. So konnte das nicht ewig weitergehen und er war zu alt um dermaßen planlos in den Tag hineinzuleben.

Luna war anders, etwas Besonderes. Sie durften sie nicht gehen lassen, er durfte sie nicht gehen lassen. In den zwei Nächten mit ihr war er nicht einmal über die Stränge geschlagen. Es hatte keinen Moment gegeben in denen er das Gefühl hatte, sich gleich zu verlieren, die Kontrolle zu verlieren. Er war ganz klar gewesen. Was den Sex unfassbar intensiv gemacht hatte, weil es nur selten vorkam, dass er sich komplett daran erinnerte. Normalerweise hatte er Blackouts und wusste nicht was er tat, bis Cole ihn wieder in die Realität zurückholte. Mit Luna war das jetzt schon zweimal passiert, würde es auch weiterhin so bleiben? Er war so sehr auf Luna fixiert gewesen, dass er keine Zeit gehabt hatte um abzudriften, sich selbst zu verlieren.

Er konnte nicht sagen, woran das genau lag, vielleicht weil er sie mochte. Auch das war ihm noch nie passiert. Er fand die Frauen heiß, mit denen er schlief, aber er hatte nie das Verlangen verspürt einer hinterherzueilen oder sich mit ihr zu unterhalten.

Nein, Luna durfte nicht gehen. Er brauchte sie, er wollte sie. Ob das nun gegen die Regeln des Noir verstieß oder nicht: Er musste sie zurück haben.

Entschlossen ihr doch noch zu folgen, ging Zed aus dem Zimmer, hielt aber im halb leeren Clubraum an, wo er Cole an der Bar fand. Fuck. Den Kerl hatte es wirklich schlimm erwischt. Es gab wirklich wenige Frauen, die ihn dermaßen den Verstand vernebelt hatten, dass er sich volllaufen ließ. In Sachen Alkohol brachte er das Wort Selbstdisziplin auf eine neue Stufe. Normalerweise. Jetzt saß er einfach an der Bar und hatte die Stirn auf eine Hand gelegt. Nicht gut, gar nicht gut, den Coles Vernarrtheit konnte schnell in etwas Gefährliches umschlagen. Liebe wurde bei ihm extrem schnell zur Wut und dann zu Hass.

Er verabscheute es sein Herz immer wieder so schnell zu verlieren und zwang sich regelrecht dazu Fehler an den Frauen zu sehen, um aus diesem Gefühl entlassen zu werden und wenn man Fehler suchte, fand man auch in der Regel welche. Das machte ihn dann noch wütender, gerade wenn die Frauen es merkten, dass sie Cole an der Angel hatten wurden sie meistens übermütig und glaubten einen großen Fisch an der Angel zu haben. Es waren natürlich nicht alle Frauen so, aber die Frauen, die hier herkamen, suchten meistens nur Spaß und machten sich wenig Gedanken um Gefühle - das war in diesem Club auch nicht anders gewünscht. Es war nicht die Schuld der Frauen, dass Cole sich nur an diesem Ort Frauen suchte - wo Oberflächlichkeit und Sex im Vordergrund standen.

Das sich jemand wie Luna hier herverirrt hatte war fast schon ein Wunder. Eine Frau, die auf der Suche nach mehr war als nur Sex und Spaß. Sie gehörte zu der Kategorie Frauen, mit denen man Dates hatte, zu denen man ihr Blumen mitbrachte und sie irgendwann heiratete, weil man einfach sah, dass sie die Richtige war. Sie gehörte nicht in diesen Club. Ja sie war heiß und leidenschaftlich und verflucht nochmal, sie war in genau dem richtigen Maß unterwürfig, dass es Zed schon alleine beim Gedanken daran einen Ständer verursachte, aber darüber hinaus war sie anders als die Frauen, die hier herkamen.

Sie war die Richtige, auch für Cole. Sie war eine Frau, die sein Herz nehmen und bewahren würde. Scheiße, sie war für sie beide die Richtige und das würde früher oder später zu Problemen führen, denn sie konnten sie nicht beide haben. Sex war eine Sache, sie tatsächlich zu besitzen eine andere. Zed wusste nicht, ob er über das Schlafzimmer hinaus teilen konnte, nicht einmal mit Cole. Und das brach etwas in ihm in zwei, denn er sah wie sehr sein Freund litt, wie sehr er eine Frau wie sie brauchte.

"Sie ist gegangen und ich glaube nicht, dass sie zurück kommt", sagte Zed und setzte sich neben Cole, der mühevoll den Kopf hob und noch einen Schluck aus seinem Glas nahm. Melody stand am anderen Ende der Theke und putzte die Gläser, weit genug von ihnen weg, dass sie sich in Ruhe unterhalten konnten.

Es war irgendwann kurz vor fünf Uhr morgens. Luna war schon eine ganze Weile weg und selbst die Nachteulen des Clubs hatten sich in ihre Zimmer zurückgezogen oder hatten sich auf die unteren Stockwerke verteielt, wo es immer Nacht war. Hier im Eingangsbereich war so gut wie niemand, aber aus der Etage unter ihnen vernahm man noch leise Musik, zu denen sich mit ziemlicher Sicherheit immer noch nackte Frauen auf den Bühnen drehten. Luna hatte noch so gut wie nichts von diesem Club gesehen.

Das hier war der vierte Höllenkreis, das Erdgeschoss, es gab drei Etagen über diese: Ganz oben war Elijas Privatwohnung, darunter eine Etage mit Büroräumen und Gästezimmern und dann kamen die fest angemieteten Spielzimmer der Sieben Premiumkunden. Unter ihnen befanden sich fünf Themenetagen, die von Mal zu Mal schlimmer und ungezügelter wurden. Der fünfte Höllenkreis, war dabei immer noch harmlos: Stripperinnen, öffentlicher Sex und ein paar Käfige. Der sechste, beherbergte Andreaskreuze, Apparaturen für die etwas heftigeren Gefilde von BDSM und die ein oder andere Showveranstaltung, die in Richtung Orgien gingen. Der siebte Kreis war da schon gefährlicher, ab dieser Etage unterhielt Elija Sicherheitspersonal, das dafür sorgte, das nichts aus dem Ruder lief und niemand ernsthaft zu Schaden kam. Im achten und neunten gab es nichts mehr was Zed oder Cole auch nur im Entferntesten anmachen könnte, denn es ging um Demütigung und Gewalt, bei der sogar Blut floss. Dort wurde selbst der privateste Moment von den Sicherheitsleuten kontrolliert, jede Handlung musste angemeldet sein und jeder musste vor jeder Spielrunde Verträge unterzeichnen, denn sonst könnte es Tote geben. Zed hatte Gerüchte über Strom- und Erstickungsspielchen gehört und hatte die letzten beiden Etagen, nie betreten.

"Wir wussten, dass das passiert", holte Coles Antwort ihn aus seinen Gedanken.

"Nicht so schnell", gab er zu, was deutlich machte, wie besonders Luna ist. Wie schnell sie ihnen beiden unter die Haut ging und wie schnell Zed und Cole ihr unter die Haut gegangen waren. Das war der Grund warum Zed sie trotz aller Argumente dagegen zurückhaben wollte und er sauer auf sich selbst war, sie nicht aufgehalten zu haben. Aber was hätte er sagen sollen? Cole war der Süßholzraspler, nicht er.

"Wir mussten sie schon nach dem ersten Mal fast zwingen, das können wir nicht immer wieder tun. Wir sollten sie gehen lassen", meinte Cole und seine Stimme klang belegt von seiner eigenen Hoffnungslosigkeit. Wenn er sie aufgab, na gut.

"Ich kann", meinte er entschlossen. Er konnte und würde sie zurückholen. Er war sich sicher, dass es schon irgendwie klappen konnte und selbst wenn es doch nicht funktionierte: gehen konnte er immer noch, aber es nicht mal zu probieren stand nicht zur Diskussion, dafür war sie zu perfekt. Leider nicht nur für ihn.

"Zed", stöhnte Cole genervt und hatte sicherlich vor ihm all das zu sagen, was er selbst schon gedacht hatte: Er könnte ihr wehtun, sie könnte zu Problemen führen, weil Cole sie eigentlich selbst für sich haben wollte und es könnte alles in einer riesigen Katastrophe enden. Könnte, könnte, könnte ... Dennoch würde er es versuchen!

"Nein. Halt mich dabei nicht auf!", verfügte er scharf und Coles Blick wurde mitfühlend.

"Ich weiß, dass du sie magst. Verflickt mit geht es genauso, aber wir können ihr nicht hinterherlaufen wie verdammte Stalker!"

"Wir?", fragte Zed, worauf Coles Blick sich verengte, wie es aussah, hatte Cole noch gar nicht daran gedacht, dass sie sie nicht beide haben könnten. War das tatsächlich nur Zed aufgefallen? Was stellte sich Cole vor? Sie sich teilen, also so richtig, nicht nur im Bett? Welche Frau würde sich auf sowas einlassen? Nein, es gab in diesem Fall kein "wir". Das war logisch und dennoch fühlte sich Zed bei dem Gedanken wie ein egoistisches Arschloch, der seinen besten Freund verriet, den Mann den er als sein Bruder ansah.

"Ja, Zed. Wir! Ich dachte, das hätten wir gestern Abend geklärt. Du kannst nicht alleine mit einer Frau zusammen sein, du könntest sie verletzen, wenn du einen deiner Blackouts hast und so sehr ich mir auch wünsche, es wäre nicht so: Für mich gilt dasselbe. Wir sind beide ziemlich beschissen kaputt, verdammt nochmal! Ich weiß, dass du sie für dich alleine haben willst, aber das würde niemals gut gehen und deswegen gibt es entweder nur ein Wir oder ein niemand!", fauchte Cole ihn an und Zed war dabei den Kopf zu schütteln, als plötzliche Coles Handy verrückt spielte.

Zed presste die Kiefer aufeinander und wollte etwas sagen, verkniff es sich jedoch, als Cole mit einem kurzen Blick auf den Bildschirm schnell abnahm. Egal wer da dran war, es war wichtiger als ihr alberner Streit darum wer Luna theoretisch haben konnte. Und als Coles Blick sich verhärtete und sich seine Augen so weit verdunkelten, dass es schon fast unheimlich wurde, war auch Zeds Eifersucht vergessen. Irgendetwas stimmte nicht.

"Mist. Ist das dein ernst?", fragte Cole entsetzt und rutschte, auf einen Schlag ziemlich nüchtern, von seinem Stuhl.

"Shit. Ja danke. Ja, tu das!", meinte er noch zur Person auf der anderen Seite, dann legte er auf und sah Zed an.

"Was ist los?" Wer rief um diese Uhrzeit denn mit irgendwelchen beschissenen Informationen bei Cole an?

"Ich hab einem Kollegen beim Drogendezernat gebeten sich zu melden, wenn sie irgendwen mit "Dornröschen" erwischen, jemand ist ihnen einer ins Netz gegangen. Sie mussten ihn aber wieder gehen lassen", sagte er und Zed erinnerte sich daran, dass Elija gemeint hatte er will das mit den Drogen geklärt haben und das Cole mit seinen Kontakten dazu beitragen sollte, aber noch sah Zed darin nicht schockierendes. Dornröschen - wie die neue Vergewaltigungsdroge aufgrund ihres Geruches hieß, war bereits an einigen Stellen in der Stadt aufgetaucht.

"Und?", fragte Zed deswegen nach und Cole sah ihn eindringlich an.

"Der Kerl durfte gehen, musste aber seine Adresse da lassen. Es wohnt in denselben Haus wie Luna und ihre Freundin Veronika." Okay das war Besorgnis erregend.

"Das ist kein Zufall, die Mädchen sind definitiv nicht zufällig mit der Doge in Berührung gekommen!", meinte Zed und konnte gar nicht so schnell schauen wie Cole zur Tür hetzte und er hinterher. Sie hatten den Typen verhaftet und wieder gehen lassen. Wenn die Mädchen einen verrückten Stalker hatten, der sie unter Drogen setzen wollte, dass könnte er jetzt Panik bekommen. Im günstigsten Fall würde er abhauen, weil er Angst hatte, im schlimmsten Fall könnte er seinen Plan beschleunigen.

"Wir müssen sie warnen", meine Cole als sie den Club verließen. Wie es aussah rechnete Cole ebenfalls nicht damit, dass der Kerl einfach den Kopf einziehen und verschwinden würde. Er scrollte in seinem Handy herum und suchte höchstwahrscheinlich Lunas Nummer, die er sich illegaler weise besorgt hatte. Und da wurde Zed klar, das Cole sie eigentlich ebenfalls niemals aufgeben würde und dass das definitiv zu Problemen zwischen ihnen führen würde. Gewaltigen Problemen.

Beta: Geany

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