Nichts bleibt ohne Folgen

Mein Suizidversuch sollte nicht ohne Folgen bleiben, nach einem längeren Aufenthalt im Krankenhaus, wurde ich in eine Kinder- und Jugendpsychiatrie eingewiesen, weil man dort meinen Suizidgedanken auf den Grund gehen wollte.
Es ist schließlich nicht normal, dass ein Kind welches in Wohlbehütetem Elternhaus aufwächst, einfach so Selbstmord begehen möchte.

Mir war nicht bewusst gewesen, dass man versuchen würde, meiner Mutter Vernachlässigung, Misshandlung oder sowas zu unterstellen.
Nach dem sie es geschafft hatte, die Vorwürfe zu entkräften, unterstellte man mir eine psychische Störung durch mein anhaltendes Stottern und eine Art Minderwertigkeit weil ich einen älteren und "erfolgreicheren" Bruder habe.
Desweiteren unterstellte man mir schwerste Depressionen, weil meine Mutter Alleinerziehend war.

Das es nichts mit diesen Dingen zu tun hatte, hat zu diesem Zeitpunkt keinen interessiert, die "Psychologen" haben mir nicht zugehört und mir Antidepressiva und sowas zum ruhig stellen.

Bei den Einzelgesprächen später, haben die mir Fragen zu meinen Texten in meinem Tagebuch gestellt...
Ich war schockiert und habe denen nicht das geringste gesagt, schließlich haben die mein Tagebuch gestohlen.
Das einzige was ich dazu zu sagen hatte war:"Dddas ist pppprivat... ssssie haaaaben kein rrrrecht ddas zzzzu lesen."
Der Typ antwortete nur:"Ich habe sehr wohl das Recht dazu und du wirst mir jetzt erzählen warum du hier Clemens und seinen Freunden solche Dinge unterstellst."
Und somit war ich fertig mit dem Kerl... Ich meine, dass er mich für dumm hält, damit konnte ich durchaus leben, aber das er es sich wagt als Fremde Person mir zu unterstellen, dass ich Lüge und die anderen beschuldigen würde, etwas getan zu haben was nicht stimmt, dass ging zu weit.
Ich blieb den Psychologen, Ärzten und so, gegenüber stumm.
Außerdem durfte meine Familie mich 6 Wochen lang nicht besuchen.

Diese täglichen Fragen von Morgens bis abends waren so unglaublich nervig und das alles nur, um zu erfahren das es von mir nichts zu erfahren gibt.
Auf die Frage ob ich mein Tagebuch wiederbekommen könnte, bekam ich nur die Antwort, dass ich es zu meiner Entlassung zurückbekommen werde,
was mir wiederum nicht gefallen hat,
dass würde allerdings auch bedeuten, dass die meine tiefsten Geheimnisse, Gedanken und Gefühle erfahren, wieso sind die nur so gemein?
Glauben die wirklich, dass jemand denen Informationen gibt, wenn man so mit den Leuten umgeht?
Mein Gefühl sagte mir, dass es ein seeeeehr langer Aufenthalt werden wird und damit sollte ich gar nicht mal so falsch liegen...

Nach Acht langen Monaten des Schweigens und Lesens der immer gleichen Bücher, ist es endlich soweit...
Die erlösende Nachricht kam an einem Freitag im November 99, endlich durfte ich meine Sachen packen und wieder nach Hause gehen...
Nur ein paar Fragen schwirrten in meinem Kopf rum...

War es noch das gleiche zu Hause wie vorher?
Ist meine Familie noch die selbe?
Ist mein Zimmer noch so wie es sein soll?
Bin ich immer noch der gleiche oder habe ich mich zu sehr verändert?
Nicht das meine Familie mich nicht mehr mag, wo ich doch zu großen schaden angerichtet habe...

All diese fragen verschwanden als mein großer Bruder kam um mich abzuholen und mich zur Begrüßung umarmt hat.
Meine Mutter kam ebenfalls voller Freude an umarmte mich und wir gingen gemeinsam zum Auto und fuhren nach Hause.

Dort wird es mir wieder richtig gut gehen, ich betrat die Wohnung als wäre es das erste mal in meinem Leben gewesen, ein Gefühl der Freude, Freiheit und Angst machten sich breit.

Ich konnte nicht genau sagen warum, aber es fühlte sich alles so seltsam anders an, es war immer noch die selbe Familie... Meine Familie...

Ich ging in mein Zimmer um meine Sachen aus zu packen, da fiel mir mein Tagebuch wieder in die Hände, doch als ich es durchblätterte bemerkte ich Notizen zwischen meinen Texten.

>Martin ist mein bester Freund...
*Seelisches Problem durch Trennung, muss beobachtet werden *<

Und so geht das die ganze Zeit...
Es ist nicht mehr mein Tagebuch, wegwerfen kann ich es allerdings auch nicht, weil es ein Geschenk von meinem bestem Freund war.
Ich ging also zu meiner Mutter und fragte sie ob wir mir ein neues kaufen können, sie stimmte ohne Umschweife zu und wir gingen direkt los.
Ich fand schnell eines was mir gefiel und war über glücklich, kaum zu Hause angekommen ging ich in mein Zimmer um mich wieder dem Schreiben zu widmen.

>19.11.99 16:45 Uhr
Hi neues TGB <---- mir fällt irgendwann eine coolere Abkürzung ein :)
Also ähm... Mama und ich haben dich heute Nachmittag gekauft weil mein altes TGB hinterlistig weggenommen wurde und die haben es gelesen und drin gekritzelt die gemeinen Arschlöcher... Tut mir leid wegen der Beleidigung kommt wahrscheinlich nicht wieder vor... aber bei dir passe ich besser auf damit nur ich dich lese und was schreibe, dass dürfen nämlich alles nur wir beide wissen, schließlich bewachst du meine Geheimnisse, Gedanken und viel mehr...
Mein anderes TGB habe ich von Martin zum Geburtstag bekommen, weißt du er ist mein bestester Freund auf der ganzen Welt... zumindest war er das bis er weggezogen ist, seit dem habe ich nicht so viele Freunde...
Um ehrlich zu sein, bist du mein einziger Freund und das traurige ist, dass du ein Buch also mein Buch bist.
Aber was solls irgendwann finde ich einen neuen besten Freund, kann ja nicht so schwer sein...

Ich muss dir ja noch von mir erzählen, du kennst mich ja noch gar nicht.
Aaaaalsooo... Ich bin Stephan, ich bin schon 10 Jahre alt und Stottere eigentlich schon mein ganzes Leben, wenn ich aufgeregt bin ist es noch viel schlimmer, aber ich komme gut zurecht,  Mama und TomTom sind die einzigen die mich immer ausreden lassen... Achja,  ich habe einen Herzfehler seit meiner Geburt, der dafür sorgt das mein Herz zu blöd ist einen Takt zu halten und ich habe doofes Asthma was dafür sorgt, dass ich hin und wieder mal vor mich hin ersticke, aber wenn ich schnell genug bin und mein Spray benutze oder mir einer hilft, dann geht das schon.
Hmmm... Was könnte ich dir noch erzählen...
Ich habe eine große Schwester Cid, einen großen Bruder TomTom und eine kleine Schwester Juli, meine Mama muss uns allein erziehen weil der Papa von Cid und der Papa von TomTom tot sind und mein Papa ist am Tag meiner Geburt abgehauen weil er doof ist und meine Mama alleine gelassen hat und der Papa von Juli ist ein Gefangener knaki und ist im Gefängnis.
In der Schule sind 3 Jungs die können mich nicht leiden und wollen mich immer verhauen und tun immer wieder schlimme Sachen mit mir und einmal wollte ich nicht mehr leben und habe viele von meinen Tabletten die ich immer nehmen muss damit mein Herz nicht mehr aus dem Takt kommt, genommen...

Ich muss zugeben, dass war sehr unüberlegt und dumm von mir.
Meine Mama ist bestimmt noch immer enttäuscht von mir, sie zeigt es nur nicht.
TomTom ist bestimmt auch noch sauer auf mich und das zu Recht, aber gesagt habe ich trotzdem nichts...

Jetzt muss ich aber aufhören zu schreiben, sonst gibts Ärger weil das Abendessen schon fertig ist.
Also bis zum nächsten mal.<

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