🦋Kapitel 22🦋

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Verdammt, war das eben für ein heißer Anblick! Ich habe heute wirklich mit allem gerechnet, aber ganz sicher nicht damit, Leya hier zu sehen. Wohlgemerkt, nur in Unterwäsche hier zu sehen. Als ich daran zurückdenke, merke ich, wie mein Blut gen Süden rauscht, besinne mich aber und versuche an etwas anderes zu denken. Denn das wäre nun mehr als peinlich, mit einer Beule in den Pants bei einem Unterwäscheshooting herumzulaufen. Sie war mindestens genauso überrascht wie ich, als wir uns halbnackt gegenüberstanden. Als mein Blick über ihren tollen Körper geglitten ist, da bemerkte ich ihre große Narbe auf dem Bauch, die sie schnell bedeckt hat. Woher die Narbe wohl kommt? Da ihr im Feriencamp mal ihr Shirt etwas hochgerutscht ist und ich so ihren Bauch sehen konnte, weiß ich, dass damals noch keine Narbe darauf war. Diese Narbe macht sie aber keineswegs unattraktiver für mich. Ganz im Gegenteil. Ich finde sie dadurch noch interessanter. Was ich mich aber gerade generell frage, das ist, warum ich heute überhaupt in den Genuss gekommen bin, Leya halbnackt zu sehen.

»Matt, hörst du mir überhaupt zu?«, reißt mich plötzlich Violets piepsige Stimme aus meinen Gedanken und ich laufe voll in sie rein, da sie auf einmal vor mir stehen geblieben ist. »Na scheinbar nicht«, fährt sie fort und schaut mich mit vor der Brust verschränkten Armen an.

Ich räuspere mich. »Entschuldige, was hast du gerade gesagt?«

»Ich sagte, dass du nun noch in den zweiten Pants, die du dir gerade angezogen hast, fotografiert wirst und danach für heute nichts mehr ansteht«, erläutert sie mir das, was ich eben nicht mitbekommen habe, nochmal.

Als wir wieder in den Raum gehen, wo die ganzen Fotosets sind, sehe ich an einem Set Mr Isaac, Colin - einen unserer Fotografen - und Ben stehen, die sich angeregt miteinander unterhalten.
Ah, deshalb ist Leya also auch hier. Wo Ben ist, ist sie oft nicht weit. Aber warum? Und vor allem, warum soll sie fotografiert werden? Das vermute ich nun einfach mal, weil sie sich schließlich umgezogen hat. Genau in dem Moment, als ich meinen Kopf wieder nach vorne drehe, kann ich gerade noch so stehen bleiben, sonst wäre ich wieder voll in Violet hineingelaufen. Sie dreht sich darauf zu mir um und schaut mich grimmig an. Gerade als sie den Mund öffnet, um mich zu fragen, was los ist, hallt auf einmal lautes Gelächter durch den Raum. Violets und mein Kopf drehen sich gleichzeitig zu der Richtung, aus der es kommt.

»Oh nein, muss mein Tag heute noch so blöd werden?«, sagt sie augenverdrehend und dreht sich wieder weg. Das Lachen kam nämlich von Ben und den anderen. Leya, die nun auch bei Ben, Mr Isaac und Colin steht, lacht auch und sie sieht so bezaubernd aus.

»Ok, Matt, lass uns weiter machen«, reißt mich mein Fotograf John aus meinen Gedanken, und ich stelle mich wieder vor mein Set. Von hier aus kann ich zu dem Set schauen, wo Leya nun ebenfalls fotografiert wird. Colin gibt ihr gerade Anweisungen. Mich wieder konzentrierend, versuche ich mein Shooting weiterhin professionell durchzuziehen, auch wenn ich immer wieder zu Leya schiele. Auch sie hat mich mittlerweile bemerkt und auch sie blickt immer mal wieder unauffällig rüber. Nur bemerke ich es und immer, wenn ich zu ihr schaue, wendet sie schnell ihren Blick ab.

Als ich mit dem Shooting fertig bin und gerade zum Umziehen gehen möchte, ruft mich plötzlich Mr Isaac und kommt auf mich zu. »Matthew, warten Sie bitte kurz.«

Ich bleibe deshalb stehen und wende mich ihm zu. »Hallo Mr Isaac«, begrüße ich ihn und reiche ihm die Hand.

Nachdem wir unsere Hände voneinander gelöst haben, dreht er sich mir zu. »Matthew, könnten Sie, nachdem Sie sich etwas angezogen haben, bitte wieder zu mir kommen? Wie Sie sehen, sind Miss Walsh und Mister Lynch heute hier. Miss Walsh wird heute für mein neues Fashionmagazin zwecks der Kampagne, für die Sie Model standen, fotografiert und interviewt. Ich würde es begrüßen, wenn Sie zusammen mit ihr auch auf einem Foto wären.«

»Das kommt jetzt etwas unerwartet, Mr Isaac, aber Sie haben Glück, ich habe heute keine weiteren Termine. Ich bin in zehn Minuten wieder bei Ihnen«, erwidere ich und begebe mich  zum Umziehen. Ok, deshalb sind Leya und Ben hier. Weil Leya in diesem neuen Fashionmagazin, das herauskommen soll, einen Artikel bekommt. Interessant. Und ich soll auch mit auf eins der Bilder dafür. Ob Leya schon davon weiß, dass ich gleich neben ihr für ein Foto stehen werde? Immerhin waren wir uns nicht mehr nahe seit dem St. Patrick's Day, an dem sie mir nochmal einen kleinen Kuss gab, ehe nun seit fast zwei Wochen Funkstille herrscht. Okay, und seit der heißen Begegnung vorhin. Da waren wir uns durch unsere Blicke nah. Nachdem ich mir eine dunkle Jeans, ein weißes Shirt und Chucks angezogen habe, schnappe ich mir meine Lederjacke und gehe wieder zurück. Schon von Weitem höre ich Ben und Violet über irgendetwas diskutieren. So wie nahezu immer, wenn sie sich begegnen. Denn natürlich ist Violet mittlerweile auch dazugekommen. Ich bekomme allerdings nur am Rande mit, dass sich Violet über die angeblich schlechte Beleuchtung des Sets beschwert. Ben versucht sie indessen darüber aufzuklären, dass die Beleuchtung so völlig okay ist. Meine Augen heften sich voll und ganz auf Leya, die mich nun auch anschaut.

»In Ordnung, Miss Walsh, so wie ich Ihnen ja gerade schon gesagt habe, werden nun ein paar Fotos gemeinsam von Ihnen und Matthew gemacht«, sagt Mr Isaac zu ihr. »Vielleicht könnten Sie beide auf einem der Bilder hintereinanderstehen. Und die Arme vor der Brust verschränken. Ich denke, das würde gut aussehen, da Matthew etwas über einen Kopf größer als Sie  ist«, fährt er fort.

Leya schaut mich an und nickt mir lächelnd zu. Dieses Lächeln trifft mich mitten ins Herz. Nach unserem Abschied vor zwei Wochen dachte ich nämlich, ich würde sie nie wieder lächeln sehen.

Als wir beide uns im Set hintereinandergestellt haben, strömt mir sofort wieder der Duft von Granatapfel in die Nase. Wie sehr ich ihn vermisst habe. Aufgrund dessen, dass wir so nah beieinanderstehen, bemerke ich, dass sich auf ihren Armen eine leichte Gänsehaut ausbreitet. Da sie die Ärmel ihres Cardigans etwas nach oben geschoben hat, kann ich das gut sehen. Diese plötzliche Nähe zwischen uns wirft also nicht nur mich etwas aus der Bahn, sondern auch sie. Denn auch mir jagt plötzlich ein Schauer über den Rücken. Aber nicht, weil wir so nah zusammenstehen, sondern weil sie mich leise anspricht. »Hi Matt«, wispert sie, als die ersten Bilder geschossen werden.

»Hi Leya«, flüstere ich zurück. Als ich nach vorne zu Colin schaue, um auf weitere Anweisungen zu warten, sehe ich, dass uns Ben mit Argusaugen anschaut, und ich räuspere mich. »Ben beobachtet das Ganze ja ziemlich genau«, murmle ich. »Nun, Violet ist auch nicht besser«, kontert sie leise und mein Blick huscht automatisch zu Violet. Sie hat recht, diese steht mit verschränkten Armen etwas weiter hinten und schaut uns mit zu Schlitzen verengten Augen an.»Violet scheint es nicht zu gefallen, dass wir gemeinsam fotografiert werden«, haucht sie. Ich lasse ihren Kommentar allerdings unkommentiert und konzentriere mich wieder auf das Shooting.

Da wir uns bei der nächsten Einstellung gegenüberstellen sollen, wendet sich Leya zu mir um, allerdings etwas zu schnell, weil sie voll gegen meinen Oberkörper stößt und mich überrascht mit ihren wunderschönen blauen Augen anschaut. Sofort ist da wieder dieses Knistern, diese Vertrautheit zwischen uns, wie schon an meinem Geburtstag, als ich sie im Arm gehalten und geküsst habe. Ihren warmen Körper nach Wochen endlich wieder an meinem zu spüren - das macht mich so an, dass ich versucht bin, sie in meine Arme zu ziehen, um sie wieder zu küssen.  Als sich jedoch Violet hörbar räuspert, fahren wir auseinander. »Oh, tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe kommen«, raune ich Leya zu. »Schon, schon gut, es war ja meine Schuld...«, stottert sie leicht überfordert und tritt einen Schritt zurück, damit wir mit dem Shooting weitermachen können. Wie ich es allerdings überleben soll, ihr nun gegenüberzustehen und sie anzuschauen, ohne sie nicht doch noch in meine Arme zu ziehen und zu küssen, das weiß ich noch nicht.

Nach circa einer halben Stunde und ohne Leya an mich zu ziehen und meinen Mund endlich wieder auf ihren zu legen - auch wenn ich fast nicht widerstehen konnte, dies zu tun - sind die Bilder im Kasten und Mr Isaac wendet sich an uns.

»In Ordnung, das war schon mal gut. Ich denke, da ist das ein oder andere passende Bild dabei. Leya, wir gehen in fünf Minuten wieder nach unten zu Mr Fuller, der mit Ihnen das Interview führen wird, er erwartet Sie schon.« Gerade als ich mich abwenden möchte, sagt Mr Isaac an mich gewandt: »Matthew, Sie können auch mit dazukommen.« Nachdem er das gesagt hat, geht er mit Ben schon mal vor.

Ich allerdings schaue Leya an. Da ich nicht weiß, ob ihr das so recht ist, frage ich sie leise: »Wäre das ok für dich?«

Sie nickt leicht. »Ja, das wäre es. Schließlich wärst du bei der Gala auch mit dabei gewesen.«

Gerade als Leya wieder zur Garderobe gehen möchte, ertönt plötzlich die Stimme meines Vaters hinter uns. Leya und ich drehen uns gleichzeitig um.

»Ah, Matthew, hier bist du. Ich muss dich und Violet sprechen. Es ist wichtig.« Dabei bemerke ich, wie er Leya mit einem leicht abfälligen Blick mustert.

»Ich kann gerade nicht, Vater. Ich werde noch von Mr Isaac gebraucht, reicht es auch noch in einer Stunde?«, frage ich ihn mit vor der Brust verschränkten Armen.

»Warum? Um dich wieder mit ihr zu vergnügen?«, fragt er spöttisch und deutet dabei mit seinem Kopf auf Leya.

Als ich nun kurz zu Leya schaue, sehe ich, wie ihre Augen glasig werden und sie hörbar schluckt.
Gerade als sie sich abwenden möchte, sage ich zu meinem Vater: »Ich wüsste nicht, was dich das angeht. Aber um deine Frage zu beantworten, Leya ist hier, weil sie ein Interview für Mr Isaacs neues Magazin gibt. Sie hat mich vor Kurzem für diese neue Kampagne von Mr Isaac fotografiert. Von der du übrigens auch profitierst, als der Chef von hier.« Dabei mache ich bei dem Wort Chef Anführungszeichen in die Luft, und Leya schaut mich auf einmal mit offenem Mund an. Da wir mittlerweile im Mittelpunkt stehen und uns mehrere Leute anschauen, presst mein Vater »In Ordnung, ich erwarte dich dann später in meinem Büro« hervor, macht auf dem Absatz kehrt, geht zu Violet, sagt ihr etwas, das ich nicht hören kann, und sie folgt ihm daraufhin.

Ich wende mich sofort Leya zu, die noch immer neben mir steht. »Es tut mir leid, ich hätte nicht erwartet, dass er so etwas wirklich sagt, was er gerade gesagt hat. Ich werde ihm nachher auch nochmal klar machen, dass er so nicht mit dir umgehen kann. Das dulde ich nicht.«

»Er ist der Chef von hier?«, ist das Einzige, was sie nun sagt.

»Nun ja, er ist es zumindest auf dem Papier. Er ist in den seltensten Fällen vor Ort. Meistens lässt er andere, so wie Mr Isaac, für ihn arbeiten«, antworte ich ihr ehrlich, da mein Vater sich gerne auf seinem Reichtum ausruht und nur noch, wenn nötig, einen Finger selber rührt. »Aber das ist kein Grund, dass er so mit dir redet« sage ich noch.

»Und er nicht mit dir«, erwidert sie und streichelt mir über meinen linken Unterarm. Gott, mir wird erst jetzt bewusst, wie sehr ich es vermisst habe, dass sie mich berührt.

»Leya, ich...« Weiter komme ich leider nicht, da auf einmal ein sich räuspernder Ben neben uns steht.

»Ich unterbreche euch ja nur ungern, aber wir warten auf euch.« Dabei schaut er zwischen uns hin und her.

»Oh ja, natürlich, ich hole nur noch schnell meine Sachen«, erwidert Leya und verschwindet in der Garderobe.

»Na, Matt«, wendet sich nun Ben an mich.

»Selber na«, antworte ich ihm. Weiter können wir uns nicht unterhalten, da Leya auch schon wieder da ist.

»Ist alles in Ordnung?«, flüstert Ben Leya zu und schaut sie dabei an, während er mit dem Kopf leicht in meine Richtung deutet. Wahrscheinlich denkt er, es wäre unauffällig gewesen, aber ich schaue ihn nun mit hochgezogener Augenbraue an.

»Ja, soweit schon. Wir reden nachher«, antwortet sie ihm leise und wendet sich zum Gehen um. »Kommt ihr?«, fragt sie uns über ihre rechte Schulter hinweg. Ben und ich schauen uns    kurz an und folgen ihr dann.

Gemeinsam gehen wir zu dem Raum, wo das Interview stattfindet. Dieses ist schließlich auch nach einer Stunde vorbei. Dafür, dass es Leyas erstes Interview war, hat sie das echt toll gemacht. Ich wurde über die Zusammenarbeit mit ihr gefragt, natürlich hatte ich nur lobende Worte für sie. Und das nicht nur, weil ich sie mag, weil ich sie sehr mag, nein, vor allem, weil sie  eine fantastische Fotografin ist. Gerade als Leya gemeinsam mit Ben den Raum verlassen möchte, gehe ich zu ihr. »Herzlichen Glückwunsch zu deinem ersten Interview, das hast du mit Bravour gemeistert.«

Sie lächelt mich an und ich schmelze wieder ein wenig. »Danke Matt, auch für deine lobenden Worte.«

Ich lächle ebenfalls. »Das war nur die Wahrheit. Du bist fantastisch.« Ich räuspere mich, ehe ich fortfahre. »Ich weiß, dass du den Kontakt zu mir abgebrochen hast, aber ich würde dich gerne um etwas bitten. Und zwar bin ich ab Sonntagabend für drei Wochen wegen einem Job in den USA und ich habe leider niemanden gefunden, der auf Nuala aufpassen kann. Eigentlich wollte es Phoebe tun, aber sie kann leider doch nicht.«

»Und da wolltest du mich fragen, ob ich sie nehmen kann«, erwidert sie, mir tief in die Augen schauend.

Ich nicke. »Nun, wenn es für dich ok wäre, würde ich sie dir am Samstagvormittag bringen.«

»Natürlich ist das für mich ok, Matt«, antwortet sie, und wie aufs Stichwort kommt Nuala angelaufen und setzt sich vor Leya hin. Diese beugt sich zu ihr herunter und tätschelt ihren Kopf. Danach erhebt sie sich wieder und schnappt sich ihre Sachen. »Ok, ihr beiden, bis dann«, verabschiedet sie sich von mir und Nuala, dreht sich herum und verlässt den Raum.

Ich verlasse ebenfalls den Raum. »Ja, bis dann«, rufe ich ihr noch schnell, ihr nachschauend, nach, straffe meine Schultern und mache mich seufzend auf zum Büro meines Vaters, um zu schauen, was er von mir möchte.

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