1. Zimmer 264
Falsch, so fühlte es sich an, wenn die beiden Menschen, welche dich eigentlich bedingunslos lieben sollten, verabscheuten.
Richtig, fühlte es sich an, Menschen zu lieben.
Meine Sexualität war keine Krankheit und auch nicht änderbar, doch meine Eltern teilten diese Meinung leider nicht.
Sie wollten mich von meiner 'Verwirrung' erlösen, mit Hilfe einer Therapie. Eine Therapie die mir 'Klarheit' verschaffen sollte.
"Wir tuen das hier nur zu deinem Besten, Cloud.", seuftzte meine Mutter vom Steuer aus, als wir vor einem Gebäude hielten.
Ich sagte nichts sondern blickte bloß in den Seitenspiegel, dunkle Augenringe zierten meine braunen Augen und meine ebenfalls braunen Haare waren ein reines Chaos.
Mir wurde immer gesagt ich hätte ein relativ markantes Gesicht, da stimmte ich zu. Alles an meinem Gesicht war kantig, mein Ausdruck immer eiskalt. Lächeln? Schon lange verlernt.
"Denkst du etwa wir wollen das hier tun?!", rief die Frau neben mir plötzlich, "Wir würden unsere Sommerferien auch lieber damit verbringen Urlaub zu machen und zu entspannen, hättest du diesen Mist erst gar nicht in die Welt gesetzt!"
Gereizt öffnete ich die Tür, stieg aus und unterdrückte das Bedürfniss drauf los zu schreien.
"Die Therapie wird dir helfen mein Sohn! Du bist bloß verwirrt, weil-"
Ich schloss stumpf die Tür. Genug von ihrem Hundepiss.
Mit großen Schritten betrat ich das Gebäude. Auf meinem Handrücken stand die Raumnummer geschrieben und nach einwenig herumirren fand ich schlussendlich das Zimmer 264.
Mein Körper verharrte auf der Stelle, gegenüber von der Tür. In meiner Hosentasche vibrierte mein Smartphone.
Wieso mussten sie mein Leben so kompliziert machen?
Warum konnten sie mich nicht einfach akzeptieren?
Wann hört es endlich auf?
Ich hatte Angst, das Unbekannte machte mir gewaltige Angst.
In meinem Kopf schwirrten so viele Fragen herum; Was wird wohl auf mich zu kommen?
"Ey du da!", sprach mich eine feste, männliche Stimme hinter mir an, "Bald fertig mit Wurzeln schlagen? Ich müsste da mal rein."
Schüchtern drehte ich mich um: "Uh Verzeihung, im Weg zu stehen war nicht meine Absicht."
Vor mir stand ein Junge in meinem Alter, schwarze Haare und abnormal dunkle Augen. Ein Kopfhörer steckte in seinem rechten Ohr, beide seiner Ohren waren mit Tunneln beschmückt, während der Andere frei herunter baumelte. Seine Augenbrauen waren zusammen gezogen und die vollen Lippen geschürzt. Er hatte eine zerrissene Hose an, dazu ein Shirt mit mir fremden Logo und eine schwarze Lederjacke.
Sein Schweigen machte mich nur noch nervöser, also entschied ich mich dieses zu brechen.
"Mein Name ist Cloud und ich bin ab Heute bei den Therapiestunden dabei.", höflich streckte ich meine Hand aus.
Mein Vater ging bei seiner strengen Erziehung besonders auf Manieren ein. Bitte und Danke kamen wohl öfter aus meinem Mund als Kohlenstoffdioxid.
"Oh, mein Beileid.", gab der Junge gelassen zurück und öffnete mit einem Schwung die Tür, ignorierte dabei meine ausgestreckte Hand.
"Mein Name ist-"
"Light, schon wieder bist du zu spät!", klagte Jemand wütend mit ihm.
Es war eine ältere Frau mit hochgesteckten, blonden Haaren und uncharmanten Falten.
Mein Gefühl sagte mir, dass sie die Therapeutin für diese Gruppe war.
"Dieses Mal habe ich aber ein Grund Miss Jackson!", meine neue Bekanntschaft Light, legte einen Arm um meine Schultern, wir waren ungefähr gleich groß, "Ich habe den Neuen einwenig herum geführt, nicht wahr Kumpel?"
Sicher, vor weniger als zwei Sekunden hat er sich geweigert meine Hand zu schütteln und nun sollte ich für ihn Lügen?
"Ach, du bist also Cloud?", Miss Jackson lächelte mich nun freudig an.
Ich nickte: "Ja, m'am."
"Na dann, setzt euch doch und du kannst dich in Ruhe der Gruppe vorstellen!", kündigte die Frau an, mit ihrem Stift deutete sie auf den Stuhlkreis, welcher aus sieben Stühlen bestand. Fünf von ihnen waren besetzt.
Light lies sich neben einem Jungen mit braunen Haaren und grauen Augen nieder.
Ich nahm den Platz daneben ein. Links von mir befand sich ein jüngeres Mädchen, welches einen roten Gegenstand mit ihren Händen festhielt.
Die Blicke der Anderen klebten regelrecht an mir, wie Motten am Licht.
"Mein Name ist Cloud, ich bin achzehn Jahre alt und mag Bücher.", erzählte ich etwas unsicher.
"Auf welche Schule gehst du Cloud?", wollte Miss Jackson wissen.
Meine Finger spielten zittrig mit dem Rand meines Pullovers: "Keine, m'am. Ich werde privat Unterrichtet.", dank meinem strikten Vater.
"Gut zu wissen, magst du mit uns teilen warum du hier bist?", es klang mehr, wie eine Forderung als eine Bitte.
Mein Puls stieg, wie wild.
Fremden so Etwas privates von mir preis zu geben war unvorstellbar. Wenn meine eigenen Eltern so aggressiv reagiert haben, wie würden Andere dann reagieren?
"Nein, m'am.", japste ich kleinlaut.
Miss Jackson schien genervt: "Na gut, Danielle fahre fort."
Das Mädchen links von ihr sah automatisch auf ihren Schoß, lies somit ihre orangenen, welligen Haare nach vorne fallen: "Ich bin Danielle, siebzehn Jahre alt und mag den Herbst."
Was diese Person ausmachte, waren definitiv ihre Sommersproßen die ihre blasse Haut ziehrten.
Die Therapeutin brummte: "Danielle, gebe deinen Grund wieder,damit der Neuling sich auch traut."
"Das will ich aber nicht.", stotterte sie beängstigt. Ich nahm es ihr keines Wegs übel.
"Sag es doch einfach, du bist doch schon ein alter Hase hier!", zischte Miss Jackson.
Und als das Mädchen immernoch stumm blieb, wand sich die faltige Frau zu mir: "Danielle ist hier, weil sie sich weigert ordentlich zu essen."
Ich fühlte mich schlecht, sehr sogar.
"So schwer war es doch nicht, oder?", die alte Ziege klopfte einer unwohlen Danielle auf die Schulter und richtete sich dann an die nächste Person, die gegenüber von mir, "Victoria, du bist an der Reihe."
"Victor, ich heiße Victor!", Victor verschränkte die Arme, "Werde bald achzehn und mag Musik."
"Victoria ist hier, weil sie denkt ein anderes Geschlecht zu haben als sie eigentlich ist.", erklärte Miss Jackson mir bittersüß.
Ich verstand, was gemeint war.
Meine Augen musterten den Jungen. Aus seiner Mütze schauten längere, braune Haare hervor und mit dem großen Hemd sah er insgesamt sehr cool aus.
"Mein Name ist Ethan, ich bin ebenfalls siebzehn und liebe Videospiele!", lenkte der Junge zwischen Victor und Lighg die Aufmerksamkeit auf sich. Seine Stimme war äußerst energiereich.
"Ethan, würdest du Cloud beichten warum du Teil dieser Gruppe bist?", lächelte die Ziege ihn an. Ja, ich beschloß Miss Jackson von nun an auch Ziege zu nennen.
Der Braunhaarige lachte und starrte mich dann mit seinen grauen Augen an: "Sie sagen ich habe Monster in meinem Kopf, dabei stimmt das gar nicht! Die Monster sind überall! Sie leben unter uns!"
Mein ganzer Körper bekam Gänzehaut, als hätte ein Blitz mich getroffen.
"Unser lieber Ethan leidet an Schizophrenie.", seufzte die Ziege, "Die Kreaturen setzten sein Gehirn deutlich unter Druck, wie es offensichtlich der Fall ist."
Hastig formte ich ein 'Ich glaube dir.' mit meinem Mund in seine Richting.
Er grinste breit als Antwort.
"Light?", forderte Miss Jackson.
"Er kennt mich schon.", gab er monoton zurück.
Die Frau zischte unbeeindruckt: "Trozdem Light, ich will es mitbekommen. Und natürlich auch deinen Grund."
"Langsam glaube ich du bist die verrückte hier Gabi.", schmunzelte mein Sitznachbar frech.
"Sein Name ist Light, er ist achzehn Jahre alt, genau sowie du und mag es mich zu ärgern.", sprach die Ziege für ihn, "Und warum bist du hier junger Mann?"
Light schnaubte: "Das frage ich mich immer wieder Darling."
"Er ist Bipolar, ab und zu halt sehr impulsiv.", sie zeigte mit ihrem Stift auf die letzte Person, das junge Mädchen links von mir, "Und dieses Zuckerstück ist Jade, sie ist sechzehn Jahre alt und mag Kunst."
Sobald die Aufmerksamkeit auf Jade war, presste das Mädchen immer wieder einen Knopf an dem roten Gegenstand in ihren Händen runter, es gab mit jedem Druck ein Klicken von sich.
"Jade hier hat eine Panikstörung aber sie verbessert sich, ihre letzte Panikattacke war eine ganze Weile her!", jubbelte die Ziege regelrecht, "Da wir uns jetzt alle auf einer persönlichen Ebene kennen gelernt haben, teile doch mit uns warum genau du hier bist, Cloud?"
Ich schluckte, die Antwort war unglaublich einfach; weil ich fähig war zu Lieben.
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