Uncomfortable.

„Ich soll dich holen", grinste mich der Koreaner breit an. Ich sagte nichts. Jaebeom machte mich nervös. Sein Grinsen verschwand langsam, als ich nichts sagte und den Blick von ihm abwand.

„Gehen wir", meinte er fast schon tonlos. Nebeneinader gingen wir über die Straße. Es liefen nur noch wenige Menschen die Straße entlang. Die meisten rannten, wollten wohl nicht durchnässt werden.

Der Rapper hielt mir die Tür auf, als wir vor dem Gebäude waren. „Danke", murmelte ich leise und ging vor ihm hinein. Ich ging schon mal zum Aufzug und drückte auf den Knopf. Jaebeom schüttelte hinter mir den nassen Schirm und schloss ihn. Dann stellte er sich neben mich, wippte ungeduldig mit den Fußballen umher.

„Du musst als nächstes das schwarze Kleid tragen. Chloe meinte, ich sollte dir das schon mal sagen, damit alles schnell geht. Aber wie ich sehe, hast du es ja schon an", wandte sich der Schwarzhaarige wieder an mich. Kurz sah ich ihn an, wich aber wie jedes Mal seinem Blick schnell wieder aus.

Die einzige Reaktion die ich zeigte war ein Nicken. Jaebeom seufzte neben mir.

„Du bist nicht die Gesprächigste kann das sein?"

„Ist möglich", flüsterte ich.

Ich war wirklich froh, als der Aufzug sich endlich öffnete. Schnell huschte ich in den Kasten hinein und drückte auf den entsprechenden Knopf. Der Schwarzhaarige lehnte sich an die Wand gegenüber den Knöpfen. Er strich sich mit der Hand die Haare zurück, legte den Kopf leicht in den Nacken und schloss die Augen. Seinen ausgeprägten Kehlkopf konnte man dadurch noch deutlicher sehen. Ich schluckte.

Stumm sah ich auf meine Fußspitzen und strich mit den Händen das Kleid glatt. Es war ein schönes Kleid, doch aus freiem Willen würde ich so etwas nie tragen. Meistens musste ich auf Veranstaltungen oder bei Interviews solche Sachen anziehen. Privat trug ich meistens lockere und bequeme Sachen. Ich fühlte mich so wohler.




„Nein, nein, nein! Das muss natürlicher aussehen", schrie uns der Fotograf an. Ich kniff die Augen leicht zusammen. Ein genervtes Stöhnen verkniff ich mir. Ich war zwar ziemlich schüchtern, aber wenn Fremde meinten, mich anschreien zu müssen, konnte ich ziemlich schnell aus der Haut fahren.

Jaebeom verkniff sich sein Stöhnen jedoch nicht. Ich sah zu ihm hoch. Er betrachtete den Fotograf genervt. Sein Kiefer malmte. Ich konnte sehen wie er seine Muskeln anspannte.

„Los versucht es noch einmal!"

Leicht zuckte ich zusammen. Der Mann hatte wirklich ein lautes Organ. Sprang er so mit allen Leuten um, wenn etwas nicht gleich funktionierte? Wir waren nun mal keine Schauspieler.

Ich nahm wieder meine Position ein, berührte mit den Händen Jaebeoms Brust. Meine Finger zitterten leicht. Nervosität kam in mir auf. Es war mir unangenehm einen Mann, den ich gar nicht kannte näher zu kommen.

Ich senkte leicht den Kopf und zwang mich zu einem breiten Lächeln.

„Miss Zhao! Stützen Sie sich mal mit ihrem linken Ellenbogen auf Mister Parks Schulter ab. Die rechte Hand legen sie dann bitte an seinen Hemdkragen und halten diesen mit den Fingern fest", rief der Fotograf mir mürrisch zu.

Ein paar Sekunden erstarrte ich, ehe ich verstand, was er gerade von mir verlangt hatte. Nein. Ich wollte nicht. Sofort wurde ich wieder nervös. Ich fühlte mich ganz und gar nicht wohl in meiner Haut.

Hart schluckte ich, sah Jaebeom bewusst nicht in die Augen. Ich war mir sicher, dass er meine Reaktion mitbekommen hatte. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis ich das tat, was man von mir verlangte.

Mit der linken Hand fuhr ich mir ins Haar und verweilte dort. Dann richtete sich mein Blick fragend auf den alten Mann. Dieser nickte nur, gab uns einen Daumen nach oben und hob sich die Kamera vors Gesicht.

Dann wurden Fotos gemacht. Eine ganze Weile sogar. Man verlangte von mir, dass ich einen verführerischen Eindruck machte, was mir nur ein wenig gelang. Aber es reichte anscheinend. Außerdem hatte ich das Hemd des Rappers mit einer Hand öffnen müssen. Nur ein paar Knöpfe waren es gewesen, trotzdem war ich ziemlich verunsichert gewesen. Mein Körper hatte leicht gebebt, was ich nicht vor Jaebeom verstecken konnte. Ich hatte seinen Blick auf mir gespürt. Auch das Hyori alles bemerkte, blieb mir nicht verborgen. Ihr taxierender Blick lag immer noch auf mir.

„Okay Leute! Zieht euch um und kommt dann wieder! Wir machen gleich weiter!", durchriss die laute Stimme des Fotografen die Stille. Seine Missbilligungen, die mir galten, konnte ich deutlich spüren.

Sofort entfernte ich mich von dem Rapper und drehte mich auf dem Absatz um, um in die Umkleide zu gelangen. Das Fotoshooting dauerte jetzt schon fast drei Stunden. Hyori hatte sich also vertan, als sie meinte, es würde nur eine Stunde dauern.

Das Klackern meiner Schuhe hallte laut von den Wänden wider, als ich den Gang zu den Umkleiden entlang lief. Schritte hinter mir waren ebenfalls zu hören. Ich wusste, dass es Hyori war. Sie wollte wahrscheinlich wissen, was los war. Als ob sie das nicht wüsste.

Wütend biss ich mir auf die Unterlippe und schlug etwas zu kräftig die Tür zu den Umkleiden auf.

Chloe stand schon im Raum. Erschrocken sah sie mich an. Ich ignorierte sie, nahm ihr das Kleid ab, das sie in den Händen hielt und ging in eine der zwei Kabinen. Die Schuhe musste ich zum Glück nicht wechseln.

„Könntest du bitte den Raum verlassen?", erklang die Stimme von Hyori. Sie schickte die Stylistin wohl raus, was hieß, dass sie mit mir reden wollte. Über etwas, was nicht jeder mitbekommen sollte. Schnelle Schritte waren zu hören, eine Tür fiel ins Schloss und dann war Stille.

Es kam mir so vor, als wäre mein Atem viel zu laut. Ich wusste, dass dies nur Einbildung war. Ich zog mir das Kleid an. Meine Freundin hatte bis jetzt noch nichts gesagt, worüber ich im Moment dankbar war. Eine Antwort hätte sie eh nicht erhalten. Zu mindestens im Moment nicht.

Dieses Mal bekam ich sogar den Reisverschluss des Kleides alleine zu. Als ich mich so im Spiegel betrachtete, stieg die Unruhe in mir an. Ich mochte solche Kleidung nicht. Man sah viel zu viel. Es war nicht so, dass ich meinen Körper als hässlich empfand, doch gefallen tat er mir auch nicht. Lange Klamotten, die alles bedeckten waren mir schon immer lieber gewesen.

Mit den Händen zupfte ich an dem Kleid umher. Es passte wie angegossen. Auch der Teil aus Leder, der sich um meinen Brustbereich spannte, passte sich perfekt an meinen dünnen Körper an. Der durchsichtige Stoff zeigte meinen flachen Bauch und die leicht hervorstehenden Hüftknochen.

Ich schluckte, knabberte an den Kunstnägeln herum. Eigentlich sollte ich dies lassen, doch ich konnte nicht. Kaputt machen würde ich sie schon nicht, allerdings könnte die Farbe abblättern, wenn ich so weiter machte.

„Xia? Bist du soweit?", riss mich die Stimme meiner Assistentin aus meinen Gedanken. Noch einmal glitt mein Blick zum Spiegel. Ich mochte dieses Kleid nicht. Es war mir ein Dorn im Auge.

Ich antwortete Hyori nicht, sondern öffnete still die Tür. Leise quietschend ging diese wieder hinter mir zu. Die Schwarzhaarige musterte mich von oben bis unten, ehe sie nickte.

„Das Kleid steht dir. Du solltest öfters solche Sachen tragen. Deine langen Beine kommen wirklich gut zur Geltung", machte sie mir ein Kompliment. Mir stieg die Hitze in die Wangen. Noch etwas was ich nicht mochte: Komplimente.

Ich konnte damit einfach nicht umgehen.

„Warum hast du die Chloe rausgeschickt?", stellte ich schließlich die Frage, welche mir seit ein paar Sekunden auf der Zunge lag. Bis jetzt war es noch nie vorgekommen, dass Hyori eine Stylistin aus dem Raum geschickt hat. Irgendetwas war los und das wollte ich wissen. Schließlich ging es mich auch etwas an.

Leise seufzte die Koreanerin, fuhr sich durch die Haare und sah mich dann direkt an.

„Der Fotograf ist ein wenig gereizt. Ihr müsst gleich wieder posieren und ich bin mir nicht sicher, ob du das auch schaffst. Die Stellung... nun ja... sie ist nicht wirklich schlimm, aber für dich wird es ein Problem werden", kam es zögerlich über die Lippen meiner Freundin.

Ich ahnte nichts Gutes. Meine persönliche Hölle würde sich gleich auftun, wenn ich diesen Raum verließ. Scheiße. Es war schon schlimm genug, dass mir meine Agentur Druck, wegen meines Verhaltens machte. Der heutige Tag würde schrecklich enden, ich sah es kommen.

Leicht zuckte ich zurück, als Hyori meine Hände in ihre nahm. Sorgenvoll sah sie mich mit ihren braunen Augen an. Ich konnte ihrem Blick standhalten und sah stattdessen auf den Boden.

„Ich weiß, dass es schwierig für dich ist, aber bitte reiß dich dieses Mal zusammen. Lass es nicht zu nah an dich ran, ok? Klar, Jaebeom ist heiß und dir ist bestimmt schon in den Sinn gekommen, dass er wahrscheinlich eine Menge Erfahrung hat, was Frauen angeht, aber lass dich davon nicht einschüchtern. Bleib professionell, versuch deine Emotionen nicht preiszugeben, dass wirst du die letzte halbe Stunde auch überstehen, ok?"

Ihre liebgemeinten Worte lösten in mir nichts aus. Meine Verunsicherung sah man mir allerdings deutlich an. Natürlich war mir in den Sinn gekommen, dass der Rapper eine Menge Erfahrung haben musste. Wahrscheinlich war das auch einer der Gründe, warum ich heute noch ein wenig mehr nervöser war als sonst. In unseren Kreisen bekam man ja genügend mit. Und wenn man den Gerüchten Glauben schenken durfte, war Jaebeom ein richtiger Frauenheld. Ein Player, wie er im Buche stand.

Zwar war er so ganz nett und wirkte - zugegeben - auch ein wenig beruhigend auf mich, doch aufgrund der Gerüchte um ihn, brachte mir das gar nichts. Meine Nervosität stieg dadurch nur noch mehr an.

„Wir wissen doch beide wie dieses Shooting enden wird. Der Kunde wird sich ein wenig über mich beschweren, ich bekomme Ärger von der Agentur und du darfst es im Endeffekt ausbaden", gab ich leise zurück. Hyori verstärkte den Druck um meine Hände.

Sie wusste, dass ich ein schlechtes Gewissen deswegen hatte. Immer machte man sie dafür verantwortlich, dass die meisten Kunden nicht zufrieden mit mir waren. Trotzdem rissen sie sich um ein Fotoshooting mit mir. Hyori, als meine Assistentin, musste alles managen und hatte am Ende immer ein noch größeres Problem als ich.

Eine andere Agentur hätte mich wahrscheinlich schon längst rausgeschmissen und den Vertrag für nichtig erklärt, doch meine tat es nicht. Es war ja nicht so, dass sie mit mir kein Geld verdienten.

Meine Freundin strich mir sanft über die Wange. Leicht hob ich den Blick. Ich erkannte sowas wie Mitleid in ihren Augen. Es machte mich wütend. Ich wollte kein Mitleid. Nicht für meine Unsicherheit. Für mich selbst, war es doch schon schwer genug, damit zu leben. Wieso mussten dann auch noch andere mich anschauen, als wäre ich kurz vor dem Sterbebett?
„Xia mach dir keine Sorgen. Das wird heute bestimmt klappen."

Jedes Mal sagte sie das, doch bis jetzt war das noch nicht einmal der Fall gewesen. Heute würde es sicherlich auch nicht klappen.


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