Positive turn.
Gedankenverloren starrte ich das Glas in meinen Händen an. Es war immer noch so gut wie voll. Zweimal hatte ich daraus getrunken. Mir schmeckte dieser Cocktail nicht.
Jaebeoms Blick lag auf mir. Ich registrierte es kaum.
Mein Manager hatte vor zehn Minuten Hyori geholt. Ich war froh, dass sie nun weg war. Es war noch schlimmer geworden. Ich wollte nicht daran denken, doch es ließ mir keine Ruhe. Ihr Verhalten ließ mich stutzen. So wie heute hatte sie sich noch nie benommen. Ich hatte nicht den leisesten Schimmer was mit ihr los war.
Selbst Jiho, welcher Hyori nicht einmal kannte, hatte ihr direkt gesagt, dass sie sich total daneben benahm. Der Blonde hatte wohl nach Jaebeoms Ansage verstanden, dass die Situation eskalieren würde, wenn man nicht etwas unternahm.
„Dir braucht das nicht unangenehm sein. Du kannst nichts für ihr Verhalten", durchdrang seine sanfte Stimme meine Gedanken. Ich biss mir auf die Lippe und senkte den Kopf. Wütend kniff ich die Augen zusammen.
Die Stimmung war hinüber und das nur wegen Hyori. Es war mir so verdammt unangenehm noch hier zu sein. Ich wollte in meine eigenen vier Wände und einfach nur noch schlafen, versuchen zu vergessen, was heute passiert war.
„Jay hat Recht, also Kopf hoch, sonst fällt deine Krone runter, Prinzessin!"
Verwundert hob ich den Kopf und sah Jiho an. Breit grinste er mich an, prostete mir zu und trank dann von seinem Drink. Jaebeom lachte leise neben mir und griff nach meiner Hand. Ich ließ es zu.
Mein Bauch kribbelte ein wenig und mein Herzschlag beschleunigte sich. Vorsichtig sah ich den Schwarzhaarigen an. Lächelnd betrachtete er mich und legte den Kopf schief.
„Findest du es hier nicht langsam auch langweilig?", fragte er mich mit einem komischen Unterton in der Stimme. Verwirrt blinzelte ich, zuckte dann mit den Schultern.
„Ja, aber es ist mein Job hier dabei zu sein", gab ich zögerlich von mir.
Schneller als ich schauen konnte, war Jaebeom aufgestanden und zog mich mit sich hoch. Meine Hand hielt er nun fester umschlossen. Ein Schauer jagte mir über den Rücken. Der Rapper überragte mich um zwei Köpfe. Ein Gefühl der Sicherheit machte sich in mir breit und entspannte mich.
„Zico, wir sind dann mal weg", sprach er seinen Freund an. Jiho hob verdutzt den Kopf. Ein fettes Fragezeichen hatte sich auf seinem Gesicht platziert. Leise kicherte ich. Er sah wirklich süß aus, so wie er schaute.
„Was? Nein! Trink erst noch dein Glas aus Xia, dann könnt ihr von mir aus gehen!", protestierte er sogleich. Ich merkte, dass er nicht alleine gelassen werden wollte. Jedoch war ich mir sicher, dass er hier auch noch andere Leute kannte.
Jaebeom würde ihn doch nicht alleine unter Fremden lassen, oder?
Jaebeom lachte und griff nach meinem Glas. Blitzschnell setzte er es sich an die Lippen und leerte den Inhalt mit nur einem Zug. Danach stellte er es mit einem Knall wieder auf den Tisch ab, wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen und grinste den Blonden an.
„Wir sind dann mal weg!", waren seine letzten Worte, ehe er mich mit sich zog. Ich war viel zu überrumpelt um zu reagieren, weswegen ich mich auch einfach mitziehen ließ.
„Jay! Aish! Du Arsch!", rief Jiho uns noch hinterher.
Wieder hörte ich Jaebeom lachen.
Sein Lachen war schön.
Die kalte Luft schlug mir unbarmherzig ins Gesicht. Sofort fing ich an zu zittern. Jaebeom bemerkte es natürlich und stellte sich augenblicklich vor mich. Leicht zuckte ich zurück, weil ich damit nicht gerechnet hatte.
„Komm ich helfe dir dabei deinen Mantel wieder richtig anzuziehen", murmelte er leise und griff nach meinem Mantel, welcher immer noch lose auf meinen Schultern hing. Ein kleines Stück hob er ihn hoch, damit ich mit den Armen in die Ärmel schlüpfen konnte.
Als ich das tat, sah ich Jaebeom ununterbrochen in die Augen. Er erwiderte meinen Blick und ließ meinen Mantel wieder los, als ich ihn richtig angezogen hatte.
Seine Hände lagen allerdings immer noch auf meinen Schultern. Aus den Augenwinkeln sah ich wie er eine Hand hob. Ich erstarrte automatisch, als er mir sanft über die Wange strich und sein Gesicht mir näher kam.
Eine wohltuende Wärme durchflutete meinen ganzen Körper. Mein Herz schlug viel zu schnell. Wäre es nicht unmöglich, würde ich behaupten, dass Jaebeom das viel zu schnelle Pochen hören konnte.
„Eigentlich wäre ich noch auf die Party nach der Show mit Jiho gegangen", erzählte er mir. Ich blieb still, wusste nicht was ich darauf sagen sollte. Außerdem war ich auch viel zu überrumpelt, um etwas zu erwidern.
Unsere Nasenspitzen berührten sich mittlerweile fast. Mit geweiteten Augen starrte ich ihn an und schluckte hart. Der Ausdruck in seinen Augen war intensiv. Es brachte mich fast um den Verstand ihm in die Augen zu schauen. Seine Augen schweiften zwischen meinen Augen und meinen Lippen hin und her. Ich wurde nervöser.
Plötzlich wich der Rapper wieder zurück und brachte Abstand zwischen uns. Fast hätte ich geseufzt, als die Anspannung von mir fiel. Ich war mir sicher gewesen, dass er etwas versuchen hatte wollen. Irgendwie enttäuschte es mich, dass er es nicht getan hatte.
„Was hast du vor?", fragte ich ihn mit heiserer Stimme. Immerhin wusste ich wieder, wie man sprach.
„Wirst du schon sehen."
Mit diesen Worten nahm er wieder meine Hand und zog mich mit sich. Ich wehrte mich nicht, sondern ließ es einfach zu. Neugierig sah ich Jaebeom von der Seite an.
„Eigentlich dürfte ich da nicht mal weg. Ich müsste dort sein", sagte ich leise.
„Findest du nicht, dass es viel interessanter ist was zusammen zu unternehmen, als dort herumzulungern?", fragte er mich. Ein amüsierter, sowie auch fröhlicher Ton lag in seiner Stimme und ließ mich automatisch lächeln.
„Ja schon, aber-"
Jaebeom unterbrach mich, indem er seine Hand auf meinen Mund legte. Erschrocken sah ich ihn an und blieb wie eingefroren stehen. Meine Wangen wurden wärmer. Ich wusste, dass ich nun wirklich rot war und er es sehen konnte.
„Kein aber! Komm schon, wir haben uns jetzt zwei Wochen nicht mehr gesehen. Außerdem wirst du nicht allzu großen Ärger bekommen, dafür sorge ich", versprach er mir mit einem Grinsen auf den Lippen. Ich war beinahe sofort überredet. Ich wusste, dass es nicht ging und total unprofessionell von mir war, einfach zu verschwinden, obwohl ich ein Gast war. Doch Jaebeom hatte mich überzeugt. Ich war neugierig darauf, was er vorhatte. Außerdem genoss ich seine Anwesenheit gerade mehr denn je.
Schließlich nahm der Rapper seine Hand wieder von meinem Mund weg. Ich senkte den Kopf. Meine Haare fielen mir ins Gesicht und versteckten so meine roten Wangen. Mir war es peinlich, dass ich rot geworden war. Ich mochte das überhaupt nicht.
„Unser Taxi ist da."
Ruckartig sah ich wieder nach oben. Meine unausgesprochene Frage schien mir wohl auf der Stirn zu stehen. Jaebeom beantwortete sie mir nämlich noch im selben Moment.
„Ich habe vorhin, als deine Freundin abgeholt wurde, eins hier her bestellt."
„Wie konntest du dir so sicher sein, dass ich ja sage?", hakte ich verwirrt nach. Wieder lachte er und zog mich mit zum Taxi.
„Ich hatte da so ein Gefühl", war seine Antwort. Sie reichte mir. Ich fand es aufregend mit ihm unterwegs zu sein, vor allem weil ich nicht wusste, was er vorhatte.
Die Fahrt verlief ruhig und dauerte eine knappe halbe Stunde.
Jaebeom hielt mir die Tür auf und reichte mir die Hand, als das Taxi anhielt um uns raus zu lassen. Schüchtern sah ich nach unten, nahm seine Hand an.
Ich spürte seinen Blick auf mir. Sein Grinsen konnte man schon fast hören. Es kribbelte in mir.
„Wo gehen wir hin?", erkundigte ich mich. Es interessierte mich was Jaebeom vor hatte. Ich kannte die Gegend hier nicht. Bei der Dunkelheit konnte ich auch nichts erkennen.
Es war kalt. Kurz sah ich auf mein Handy. Es war halb zehn. Zu meiner Verwunderung waren noch viele Leute unterwegs.
Eine kalte Brise ließ mich frösteln. Ich war froh, dass ich den weißen Mantel trug. Dass dem Rapper nicht kalt war, wunderte mich. Er hatte seine Ärmel bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt. Eine dickere Jacke trug er nicht.
„Lass dich überraschen", lächelte er und zog mich mit sich. Je länger wir liefen, desto mehr Menschen waren unterwegs. Meine Neugier wuchs.
Dadurch dass ich so in Gedanken versunken, merkte ich nicht, dass wir bereits da waren. Erst als Jaebeom mich zurück zu sich zog, schreckte ich auf. Mit großen Augen sah ich zu ihm auf. Amüsiert funkelte er mich an und drehte dann meinen Kopf nach vorne.
Die plötzliche Berührung überforderte mich. Noch mehr überforderte mich aber dass, was ich sah.
Meine Augen weiteten sich. Einen Augenblick hielt ich die Luft an.
„Vergiss das Atmen nicht", hörte ich den Rapper hinter mir lachen.
Viele Stände standen rechts und links am Straßenrand. Die unterschiedlichsten Sachen wurden verkauft. Jaebeom hatte mich zu einem Markt gebracht. Meine Gefühle überwältigten mich im Moment. Ich war nicht fähig dazu etwas zu sagen.
Schon lange wollte ich auf einen Markt gehen, mich ein paar Stunden wie ein normaler unbedeutender Einwohner von Seoul fühlen. Ich hätte nicht gedacht, dass sich dieser kleine Wunsch von mir erfüllen würde.
„Danke", brachte ich mit zitternder Stimme hervor. Meine Hand klammerte sich fester an Jaebeoms. In meinen Augen brannte es. Ich war glücklich. Sehr sogar.
So lange hatte ich nicht mehr den normalen Alltag erlebt. Schon seit Jahren stand ich durch gehend im Rampenlicht und war immer daran erinnert worden, wer ich eigentlich war. Eines der begehrtesten Models in Asien.
„Warum weinst du?"
Erschrocken fasste ich mir an die Wange und wischte die einzelnen Tränen weg. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich die Tränen nicht mehr zurück gehalten hatte. Jaebeom drehte mich zu sich um und musterte mich besorgt. Es rührte mich, dass er sich um mich sorgte. Er musste es nicht tun. Ich war glücklich, nicht traurig.
„Komm! Lass uns die Stände ansehen!", lenkte ich von meinen Tränen ab und schenkte ihm ein glückliches Lächeln. Es war das ehrlichste Lächeln von mir seit einer längeren Zeit.
Langsam fühlte ich mich immer wohler bei Jaebeom. Er gab mir Sicherheit und schaffte es, dass ich mich ihm schneller öffnete und nicht mehr so schüchtern war. Er war der Erste seit langem, der das so schnell schaffte. Es war unglaublich.
Ohne auf eine Antwort zu warten, zog ich dem Rapper bestimmend mit mir. Erstaunt betrachtete ich die hellen Lampions. Sie strahlten Wärme aus, gaben mir ein Gefühl der Wärme. Aufgeregt zog ich Jaebeom hinter mir her. Wie ein kleines Kind sah ich mir alles ganz Genau an.
Es gab so viele verschiedene Sachen. Dekoartikel, Klamotten, Schmuck, Spielzeuge für Kinder und vieles mehr. Die unterschiedlichsten Essensstände standen nebeneinander. Es faszinierte mich. Ich konnte mir denken, dass der Koreaner verwirrt durch mein Verhalten war, aber es war mir im Moment egal.
Schon lange war ich nicht mehr so glücklich gewesen. Aussprechen würde ich es wohl niemals, aber ich war Jaebeom dankbar. Dankbar dafür, dass er mich hier her gebracht hatte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top