Kapitel 34 - Morgentau im Mondschein

Sakuras Sicht
Sie kicherte schon wieder. Dachte sie denn wirklich, ich würde es nicht hören? Dachte sie, dieser verdammte Lärm würde mich nicht aus dem Schlaf reißen? Sai sagte etwas, dann hörte man nur noch das ekelhafte Geräusch zweier Lippen, die sich trafen, dann knarrte das Bett neben mir.
Oh, großer Gott, dachte ich und riss verstört die Augen auf. Nein, nein, bitte, lass sie das jetzt nicht machen.
Leider wurde meine Bitte nicht erhört und ich hörte es rascheln. Das war Kleidung. Sie fiel. Ich stürzte fast aus dem Bett, wollte gar nicht auf die andere Seite des Zimmers sehen. Ich schnappte mir mein Kissen, ging aus dem Zimmer und knallte die Tür gerade so leise zu, dass es keiner mitbekommen dürfte. Nur meine wirklich rücksichtsvolle Mitbewohnerin und ihr Freund. Sie wollte es nicht zugeben, aber es war offensichtlich, dass in dieser komischen Beziehung Gefühle im Spiel waren.
Auf dem langen Flur war es still und kalt. Ich stand nur in meinem beigen Flanellpyjama bekleidet in dem langen Raum und umklammere mein Kissen nah am Körper. Auf der anderen Seite war ein Fenster offen. Deswegen war es hier auch so kalt.
Ich machte mich also auf den Weg zu dem Fenster, das die eisige Herbstluft hereinließ und wollte es schließen. Wenn es schlecht lief, würde ich wohl im Gemeinschaftsraum oder auf dem Flur schlafen müssen, da konnte ich die niedrigen Temperaturen wirklich nicht gebrauchen.
Noch bevor ich das Fenster zu greifen bekam, fiel mir draußen etwas, besser gesagt jemand, auf. Schwarze Haare, dunkelblaue Jogginghose, schwarzer Pullover. Wenn das nicht mal Sasuke Uchiha war. Hatte er etwa die gleichen Probleme wie ich mit seinem Mitbewohner? Naruto und Hinata sahen zwar eher harmlos und vielleicht sogar etwas unbeholfen aus, aber das waren sie nicht. Ganz und gar nicht. Das wusste ich nicht nur, weil ich ein sehr gutes Auge hatte, sondern weil Hinata ziemlich leicht zu beeinflussen war. Mit Geheimnissen sollte man ihr nur spärlich vertrauen.
Als ich ihn da unten halb auf dem Rasen liegen sah, die dunkel Augen geschlossen, die langen Wimpern auf den Wangen und die langen, schlanken Finger im Gras vergraben, überkam mich das Verlangen, mich neben ihn zu legen. Den Tau auf seinen Händen zu verstreichen, sein friedliches Gesicht zu berühren. Meine Beine machten sich fast selbstständig und trugen mich auf Zehenspitzen hinaus aus meinem Wohnhaus. Es war sicher die Müdigkeit, der Schlafmangel, der mich zu diesen Gedanken trieb.
Zum Glück schlief ich bei diesen Temperaturen mit dicken Socken und war wenigstens ein bisschen gegen die Eiseskälte der glatten Steinplatten am Eingang gewappnet.
Es waren nur ein paar leise Schritte, während denen ich so sehr zittere und mit den Zähnen klappere, dass mir das Schleichen auch nichts brachte. Dann kam ich hinter dem Haus an, wo er lag.
Ich fragte mich kurz, ob er mich hörte oder wenigstens meine Präsenz wahrnahm oder etwa schlief, da seufzte er kaum merklich und verkrampfte sich ein wenig.
Ich ignorierte sein Verhalten und überwand stattdessen den letzten Abstand zwischen uns. Ich schmiss mein Kissen, das nach dieser Nacht wohl oder übel in die Wäsche musste, neben ihn auf das komische Material des Sportplatzes und legte mich hin. Warum er unbedingt am Rand der Laufbahn liegen musste und eine Hand im Gras hatte, konnte ich mir nicht erklären. Es war immer noch eisig kalt und ich fror unheimlich, aber trotzdem beherrschte ich mich in diesem Moment und gab keinen Mucks von mir. Es war friedlich und ruhig. Mein furchtbares Zähneklappern sollte das nicht stören.
Überraschenderweise ergriff Sasuke das Wort, nachdem wir einige Minuten stumm nebeneinander gelegen hatten. Ich war immer noch nicht sicher, ob es ihm recht war, dass ich hier bei ihm war oder ob er mir gleich sagen würde, ich sollte mir meine eigene Stelle suchen. "Ich liebe das Gefühl von Tau.", hauchte er in die Stille hinein. Irgendwo antwortete eine Eule, noch bevor ich die Worte ganz verarbeitet hatte.
"Bist du oft nachts hier draußen?" Auch meine Stimme war nicht mehr als ein leises Flüstern.
"Bist du es?"
Ich schwieg kurz. "Beantwortest du Fragen immer mit Gegenfragen?"
"Ich kann nicht schlafen.", antwortete er schließlich mit etwas festerer Stimme. Anscheinend hatte er länger nichts mehr gesagt und musste deshalb seine Stimme erst wiederfinden. Jetzt klang sie nur erschöpft. Fast schon traurig. "Alpträume."
"Ich auch nicht. Sai ist da." Sasuke schnaubte, als müsste er sich ein Lachen verkneifen. Ich hasste mich dafür, dass der Klang mir gefiel.
"Willst du über die Träume reden?", sagte ich. Wollte ich, dass er darüber redete? Einerseits nicht. Was sollte es mich interessieren, wovon Sasuke Uchiha nachts träumte. Doch andererseits faszinierte er mich. Schon seit Wochen. Und das hasste ich noch mehr.
Nach einer langen Pause erwiderte er schließlich: "Sie sind zu düster."
In Zwischenzeit hatte ich mich schon entschlossen, dass ich von den Träumen hören wollte und ließ mich deshalb nicht so leicht kleinkriegen. "Naja, es ist Nacht, noch dunkler kann es nicht werden." Er hob den Blick und seine schwarzen Augen trafen meine. Sie leuchteten im Mondschein silbern und ließen nichts über das Chaos in seinem inneren erahnen. Ich erkannte es trotzdem. Es war fast, als schrie er um Hilfe.
Als er schließlich wieder hoch in den Nachthimmel sah, legte ich mich auf die Seite und beäugte ihn etwas näher. Er holte tief Luft und hob schließlich den Kopf. Er holte eine Jacke unter seinem Kopf hervor, die er zuvor als Kissen benutzt hatte, und hielt sie mir hin. So viel zum Thema leise zittern.
Etwas verlegen nahm ich die riesige Jacke entgegen und legte sie wie eine Decke über meinen zusammengekauerten Körper.
"Versprich mir, niemandem etwas über meine Träume zu erzählen, Sakura.", forderte er. Ich versprach es.
"Es sind verschiedene Träume. In den weniger schlimmen geht es um den Tod. Meiner Familie. Einiger meiner Freunde. Du weißt ja selber, dass das Leben in der Öffentlichkeit furchtbar sein kann. In den Schlimmen geht es um Dinge, die ich getan habe.", gab er zu. Seine Stimme wurde plötzlich schärfer. Als würde er mich leise warnen wollen. Ich unterbrach ihn nicht. Hing an seinen Lippen. Wollte jedes seiner Worte genau verstehen und analysieren. "Ich bin auf vieles in meinem Leben nicht sehr stolz. Ich habe Leid zugefügt und zugefügt bekommen. Habe gelogen, betrogen und verletzt. Ich bin ein schrecklicher Mensch. Hast du jemals etwas unverzeihliches verbrochen?"
Ich hielt kurz inne. Ging in mich. Suchte nach einer ehrlichen Antwort. Ich wollte ihn nicht belügen, wenn er mir das Herz ausschüttete. "Nein.", entgegnete ich schließlich wahrheitsgemäß. Tatsächlich war ich ziemlich prüde und außer einiger scharfer Worte meinen Freunden gegenüber, hatte ich nie den Konflikt mit anderen gesucht.
"Ich schon. Deswegen sind es auch die grausamsten Alpträume, die mich am meisten verfolgen." Ich hielt die Luft an. Was geschah in seinen grausamsten Alpträumen? Welche Grauen suchten ihn so sehr heim, dass er sich mit dem kleinen Stück Rasen auf dem Sportplatz begnügte, um ein wenig Frieden zu erfahren?
Er drehte den Kopf wieder zu mir. Der Mond strahlte immer noch auf sein Gesicht hinunter und zeigte mir so die Verzweiflung in seinen Augen, die sonst in keinem seiner Gesichtszüge zu finden war. "In denen bin ich mit dir allein. Manchmal jage ich dich, bis du schreiend aufgibst. Und in den qualvollsten küsse ich dich. Meine Hände verfangen sich in deinen wunderschönen Haaren. Bringen mich dir immer näher. Egal wie, ich stürze dich in den dunkel Abgrund, der sich für mich aufgetan hat."
Ich konnte immer noch nicht atmen. Dachte fast, ich hätte seine geflüsterten Worte nicht richtig verstanden, doch sein Blick sagte alles. Es war die Wahrheit. Alles. Meine nächsten Worte waren wohl die unvernünftigsten, die ich jemals gesagt hatte. "Dann falle ich halt mit dir."

Hello, hello meine Lieben,
Erstmal danke ich euch allen ganz herzlich für die lieben Kommentare und den Support, ihr Süßen.
Wie jede gute Geschichte, muss auch diese hier mal enden. In Zukunft kommen sicherlich noch ein paar Spezials, fürs erste ist hier jedoch Schluss (ich glaube, das Ende ist mir ganz gut gelungen) Aber nicht verzagen, sobald ich wieder mehr Zeit habe, kommen natürlich auch neue Projekte von mir. Bis dahin könnt ihr gerne auch in meine 'What about...' Serie schauen, wenn ihr das nicht schon gemacht habt.
Scheut euch nicht mir zu schreiben.
Vielen Dank nochmal und ein schönes Wochenende noch,
cxrxlnxx22

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