Kapitel 20 - Jäger oder Köder

Zwei Tage später wollte ich mich selbst erwürgen. Normalerweise las ich keine Klatschpresse, doch auf Inos Befehl hin war ich auf die Internetseite ihres liebsten Klatschblattes gegangen und hatte nicht mal drei Sekunden nach dem Artikel suchen müssen, über den sie mich aufklären wollte.
'SASUKE UCHIHA - NEUE FLAMME VIELLEICHT DOCH NICHT SO NEU? Lesen sie alles über den mysteriösen Uchiha Erben und seine Geschichte mit Sakura Haruno auf Seite 12-14.'
Und darüber ein wunderbar unscharfes, verpixeltes Foto einer schummerigen, dunklen Gasse zwei Minuten von Inos Wohnung entfernt. Die zwei Menschen darauf waren sich nahe gekommen, vielleicht sogar nahe genug für einen Kuss, doch wie um alles in der Welt hatte man sie in dieser Seitenstraße gefunden?
Und wer würde sie noch finden, wenn es nicht mal den Paparazzi schwer fiel?
"Ich hasse es hier.", murmelte ich und griff nach meinem Handy.
Sasukes gespeicherte Nummer war nach dem ganzen Drama ein kleines Übel, dass ich hatte in Kauf nehmen müssen, um ihn bei Schwierigkeiten erreichen zu können. Zum Beispiel Schwierigkeiten wie diesen hier.
"Ich ahne, warum du anrufst.", meldete er sich.
Ich hatte Mühe mich zu beherrschen, die Nachbarn sollten allerdings noch nicht so viel von meinem kleinen Berühmtheitsproblem erfahren. "Hättest du mich einfach gehen lassen, müsste ich nicht anrufen."
"Ich beschwere mich ja gar nicht über deinen Anruf." Er hörte sich so tiefenentspannt und sorglos an, als wüsste er doch nicht worum es geht. Ich sah ihn förmlich vor mir, wie er in seinem enormen Büro im Uchiha-Tower saß und die Beine auf dem Schreibtisch liegen hatte.
"Ich mich aber. Was machen wir jetzt? Werden diese Leute jetzt nicht erst recht hinter mir her sein?", fragte ich nervös.
"Dir wird nichts passieren, das hab ich doch schon mal gesagt."
"Damals war dieses Chaos aber nur Theorie, jetzt ist es gerade zur Praxis geworden."
Sasuke seufzte, wurde dann aber zum Glück ein wenig ernster. "Bleib ruhig, Sakura, und lass dir nichts von alldem anmerken."
"Nichts davon anmerken lassen. Das ist dein Plan? Du weißt aber schon, dass ich in einem Krankenhaus arbeite, oder? In mindestens fünf Minuten wissen sogar die Komapatienten von dem Artikel.", sagte ich.
Ich hörte einen Stuhl knarren und dann schloss sich eine Tür. Sasuke murmelte noch etwas zu einer anderen Person, das ich nicht verstand und widmete sich dann wieder mir. "Verdammt nochmal, Sakura.", zische er. "Mein Pressesprecher wird sich um die Lage kümmern, okay?"
Es beruhigte mich ein wenig, dass sich jemand professionelles um dieses Problem kümmern würde, doch gleichzeitig gingen meine Gedanken schon wieder in alle Himmelsrichtungen zu all den Dingen, die trotzdem schief gehen könnten. Die ich verbocken könnte. "Soll ich es abstreiten oder nichts sagen?", fragte ich deshalb.
"Was willst du denn abstreiten?"
Nun war es an mir genervt aufzustöhnen. "Dass wir eine verdammte Affäre haben, Sasuke. Schon wieder!"
"Aber haben wir denn eine?", sagte er gelassen und es hörte sich an, als wäre er nicht mehr ganz bei der Sache. Wahrscheinlich arbeitete er gleichzeitig, was mich die Zähne zusammenbeißen ließ, um keinen schnippischen Kommentar abzugeben.
"Nein."
"Dann sag einfach nichts.", erwiderte Sasuke. "Wir wissen, dass es nichts zu sehen gab. Sollen die anderen sich ihre eigenen Gedanken machen."
Ich sagte einen Moment nichts. Sah mir an, wie einige Fußgänger unten auf der Straße zur Bushaltestelle oder ihrem Auto liefen und reflektierte das Gespräch ein wenig. Seine Antworten passten mir nicht. Sie kamen zu schnell, zu ausweichend. Zu verschlagen. "Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass dich die ganze Sachen etwas zu wenig interessiert."
"Du weißt es aber besser.", sagte Sasuke schließlich, doch die hundertprozentige Sicherheit, die er vorhin noch in der Stimme hatte, wankte für einen einzigen Moment.
"Tue ich das?", fragte ich, mein Blick war immer noch auf die im Wind wehenden Äste und Büsche gerichtet.
Es war stockdunkel in dieser Gasse gewesen und auf der Straße, von der sie abging waren überall Bäume gewesen. Wie um alles in der Welt hätte ein ahnungsloser Paparazzo also dieses Foto schießen können? Auf so einen Zufall stieß man einfach nicht. Das war zu wahllos, zu zufällig für meinen Geschmack. Und da dämmerte es mir. "Das war dein Plan, oder? Ich bin der Köder. Du willst wissen, wer hinter dir her sein könnte und schickst sie deshalb hinter mir her."
Als Sasuke nicht antwortete hielt ich das Handy etwas weiter von meinem Körper weg und schlug fluchend mit der Faust auf die Couchlehne ein.
Bis er sich von der anderen Seite der Leitung wieder meldete hatte ich mich schon so in meine Wut gesteigert, dass seine Worte mich fast nicht mehr erreichten. "Manchmal wünschte ich, ich hätte mir damals eine Dümmere gesucht."
"Du egoistisches Arschloch.", zischte ich in den Lautsprecher und wäre am liebsten auf ihn losgegangen. Mich so zu benutzen und zu hintergehen... ich war zutiefst verletzt und wütend, doch von ihm kam immer noch keine Reaktion. "Ich... Ich weiß nicht mal was ich noch sagen soll. Wie kannst du mich willentlich in so eine Gefahr bringen?"
"Sakura, ich bin erst ganz raus, wenn es keinen mehr gibt, der mich wieder reinziehen kann."
"Ich verstehe nicht, wie ich immer noch mit dir rede und nicht mit der Polizei.", rief ich in mein Telefon. Die Nachbarn erschreckten sich jetzt sicher, da aus meiner Wohnung noch nie viel Lärm gekommen war. Es würde mich nicht wundern, wenn gleich jemand vor der Tür stehen würde, um nach dem Rechten zu sehen. Da kamen sie allerdings ein paar Wochen zu spät.
"Jetzt beruhige dich doch. Ich hab dir doch gesagt, dass dir nichts passiert.", murmelte Sasuke auf der anderen Seite. Er klang gereizt und gestresst und ich gönnte es ihm.
"Wie willst du das garantieren, hm? Was, wenn du zu spät kommst?"
"Vor deinem Haus steht einer meiner Leute.", sagte er.
Ich verdreht die Augen, obwohl er es natürlich nicht sehen konnte. Wie konnte er nur so arrogant sein? So dumm? "Das weiß ich doch!", gab ich zurück. "Ich bringe ihm den ganzen Morgen schon Kaffee runter, aber wenn ihn jemand findet und mich erschießt?"
Sasuke brauchte wieder einen Moment, um zu antworten. Anscheinend hatte ihn meine Eröffnung ziemlich aus der Bahn geworfen. "Das wird nicht passieren. Du siehst zu viel fern."
Und das erinnerte mich an Gast das wichtigste an dieser ganzen Sache. Sofort schossen meine Gedanken zu Ino. Es breitete sich heiße, Übelkeit erregende Panik in mir, die mir die Luft abschnürte. "Stell jemanden vor Inos Tür. Wir waren bei ihr in der Nähe. Was wenn die sie und Sai finden?" Würde ihr etwas passieren, nur weil Sasuke sich für zu schlau hielt, würde ich ihn persönlich dafür zu Verantwortung ziehen. Und da konnte er noch hoffen, dass ihn vorher jemand erschoss, weil ich sicher nicht so gnädig wäre.
"Schön, mach ich. Geht's jetzt wieder?"
"Nein, verdammt!", rief ich wieder. Was dachte er sich eigentlich? "Ich bin kein Insekt an deiner Angel. Wieso musst du mich immer und immer wieder in deine Sachen reinziehen?! Ich wollte dich nie wieder sehen und jetzt bekomme ich Todesdrohungen! Wofür mache ich das alles überhaupt?"
"Weil du ein viel besserer Mensch bist als ich. Weil du loyal und selbstlos bist.", antwortete er, doch ich hörte schon gar nicht mehr richtig zu.
"Ich kann nicht glauben, dass ich das hier für dich mache!", schrie ich ihn an und fasste mir an die Stirn.
Pause. Dann seufze er wieder. "Was willst du dafür?"
"Ach, ich brauche doch nichts.", sagte ich nun noch gereizter. "Sorge nur dafür, dass am Ende alles gut läuft. Wenn ich auch nur einen meiner Freunde betrauern muss, kriegst du deine nächste Wunde von mir persönlich."
"Natürlich."
"Und Hinata und Naruto haben besser die schönste Hochzeit, die sie sich vorstellen können.", zischte ich ihn an. Noch einmal laut zu werden traute ich mich nicht, doch mein Gewissen war immer noch nicht ruhig. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, wie sein hirnloses Handeln den schönsten Tag im Leben unserer Freunde zerstören könnte. Was ich dafür wollte? Gar nichts. Vor allen Dingen wollte ich das alles überhaupt nicht.
"Verstanden.", sagte Sasuke tonlos, dann öffnete sich erneut eine Tür und es erklangen schon wieder Stimmen.
Allein dafür, dass er meinen Panikanruf so leicht antat und mich sozusagen links liegen ließ, wollte ich ihn am liebsten an die Polizei verpfeifen, mir fiel allerdings etwas besseres ein, das seine Aufmerksamkeit ganz sicher wieder auf unser Gespräch lenken würde. "Und ich will acht Prozent Anteile an der Sporthalle."
Sasuke gab seinen Gästen kurz ein Zeichen, dass sie still sein sollten, dann war er wieder ganz bei mir. "Was? Wofür das denn?", fragte er unwillig.
"Absicherung.", gab ich zurück. Jetzt hatte ich mich wieder völlig im Griff und Sasukes Schnauben gab mir zu verstehen, dass er selbst merkte, dass er da nun nicht mehr raus kam. Natürlich wollte ich das Geld nicht für mich. Wahrscheinlich würde ich es spenden oder etwas ähnliches, doch einen Teil seines Gebäudes zu besitzen, damit ich ihn nicht verpfiff machte sein Projekt real. Da würde er jetzt nicht mehr rauskommen, wenn er nicht wollte, dass ich die Polizei einschaltete.
Den gleichen Gedankengang hatte Sasuke wohl auch gehabt. "Na schön, abgemacht.", sagte er und die Aggressivität während er auflegte war Balsam auf meiner zornigen Seele. Sollte er doch ruhig ein wenig schmollen.

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