Kapitel 19 - Die perfekte Gasse

Ich half Ino noch kurz beim Aufräumen, doch da es inzwischen schon so spät geworden war, einigten wir uns darauf, morgen bei der Arbeit über den heutigen Tag zu reflektieren.
Der kalte Abendwind blies mir ins Gesicht, sobald ich die Glastür von Inos Gebäudekomplex geöffnet hatte. Hätte ich doch heute morgen lieber einen Schal mitgenommen. Zu meiner Verteidigung hatte ich ja beim anziehen morgens noch nicht gewusst, dass wir uns heute in dieser Situation wiederfinden würden. Vor allen Dingen nicht so spät.
Mein Auto stand zwar nicht weit weg von der Wohnung in einer Seitenstraße, doch plötzlich wünschte ich, ich hätte im Parkhaus geparkt. Es wer kalt, dunkel und ein wenig klamm. Die perfekten Voraussetzungen für ein gutes altes Verbrechen. Wie eine Entführung oder einen Mord.
Doch die Gestallt, die aus dem Schatten gesprungen kam und mich gegen die Hauswand drückte, war keineswegs ein maskierter Verbrecher. Nein, er war nicht maskiert, aber eine Entführung traute ich ihm dennoch zu.
"Was soll das, Sasuke? Ich hab mich fast zu Tode erschreckt.", fauchte ich ihn an. Bei ihm hatte ich die Mauer schon lange aufgegeben. Es machte eh keinen Sinn, meine Gefühle zu verstecken, wenn er sie am Ende doch wieder aus mir herausbekam.
Er entfernte sich wieder ein wenig von mir und der Mauer, brachte ein paar Meter zwischen uns und sah in die Dunkelheit der Nacht hinein. "Besser fast zu Tode erschreckt, als auf jeden Fall zu Tode gekommen."
"Was soll das heißen?", fragte ich scharf.
"Dass ich doch gesagt hatte, dir würde nichts geschehen."
"Du-" Meinte er das ernst? Gab es eine Gefahr, die wir so nah an Inos zuhause gelassen hatten? War sie in Gefahr? Waren wir in Gefahr? Wenn Ino etwas passieren würde, würde ich es ihm, und vor allen Dingen mir, niemals verzeihen.  "Ist jemand hier? In der Nähe? Hast du wen gesehen?"
"Nein, aber-"
Ich entließ genervt meinen angehaltenen Atem. "Und was ist dann das Problem?"
"Das Problem ist, Doktor Haruno, dass es einige Leute gibt, die keine Sporthallen mögen." Sasuke kam wieder zwei Schritte näher und ich stieß mit dem Rücken gegen die Wand. Natürlich verstand ich die Metapher. Seine Partner waren wohl nicht sehr glücklich über Sasukes vorgezogenen Ruhestand.
"Und was hat das mit mir zu tun?"
"Ist dir mal aufgefallen, dass seit... damals", unserer Highschool-Affäre, "keine Gerüchte mehr über mich und irgendwelche Beziehungen im Umlauf waren?"
"Nein, ist mir nicht aufgefallen. Ist ja nicht so, als hätte ich dein Leben weiter verfolgt.", zischte ich und sah ihm dabei in die tiefen schwarzen Augen. Plötzlich wurde ich mit dem harten Stein in meinem Rücken sehr bewusst. Und Sasukes Nähe. Das war eine Lüge, natürlich wusste ich es und hatte sein Leben weiterverfolgt. Seine Augen sagten mir, dass er meine Lüge durchschaute.
Sasukes Augen glitten für eine Sekunde an mir herunter und wieder hoch, bis sie meinen Blick wieder auffingen. "Tja, da du allerdings die letzte bist, mit der man mich gesehen hat, bist du das einzige mögliche Ziel für einige Leute, die meinen Rücktritt nicht gutheißen."
"Warum der Rücktritt?" Ich wollte nicht das Thema wechseln, jedenfalls nicht direkt, aber diese neue Richtung, in die unser Gespräch ging, gefiel mir doch um einiges besser, als Sasukes Beziehungen.
"Glaub nicht, dass du es warst.", erwiderte Sasuke mit einem Stirnkräuseln. War das etwa Arroganz?  "Naruto hat mich kurz bevor er sich mit Hinata verlobt hat, beiseite gezogen und mir gesagt, ich sollte einige Entscheidungen nochmal überdenken."
"Zum Beispiel?" Ich traute Naruto auf jeden Fall zu, um die Zukunft seines Freundes besorgt zu sein, doch ich traute Sasuke gar nicht zu, Narutos Rat anzunehmen, geschweige denn ihn umzusetzen.
"Ich kreuze nachts vor der Tür meiner... dir... deiner Tür auf, halb tot, verblute fast in deiner Dusche, lasse mich behelfsmäßig von dir zusammenflicken und gehe dann mit einem ziemlich knappen Shirt morgens wieder raus, damit man die Blutflecken auf meinem Hemd nicht sieht. Die Entscheidungen, die mich in diese Lage brachten."
Je länger ich über seine Worte nachdachte, desto mehr Sinn erhaben sie. Er war stolz. Es hatte sicher einiges an Überwindung gekostet, vor meiner Tür aufzutauchen. Und meine Kleidung zu tragen. Und meine Ratschläge zu befolgen. "Und? Hat sich die Wunde schon entzündet?"
"Nein, Doktor, sie haben gute Arbeit geleistet.", sagte Sasuke und sah wieder direkt in meine Augen. Wann waren wir uns so nah gekommen? Wann war der Abstand zwischen ihm und der Wand so gering geworden, dass er mich, die dazwischen stand, fast mit der Nasenspitze berührte? Wann hatte ich mich so angreifbar machen lassen? Es gefiel mir ganz und gar nicht, dass jede Zelle und Faser meines Körpers den Kopf zwei Zentimeter nach vorn beugen wollte, um wirklich seine Nase zu berühren. Zum Glück hatte ich noch meinen Verstand, der mich vor solchen Dummheiten bewahrte. Ich musste hier dringend raus, wenn ich unbeschadet aus dieser Situation kommen wollte. "Ich weiß,", sagte ich selbstgefällig, "ist ja auch meine Arbeit."
"Jedenfalls ist mir klar geworden, dass ich nie wieder in so eine Situation kommen möchte, was natürlich nichts mit deinem medizinischen Können zutun hat."
"Keine Sorge, ich hab dir ja gesagt, ein zweites Mal wird es nicht geben." Und das meinte ich auch so. Ich wollte ihm nicht ein zweites Mal ins Netz gehen. Ihm nicht wieder vertrauen und hintergangen werden.
"Du bist hitzköpfig geworden, Sakura.", murmelte Sasuke, der sich auf einmal auch unserer Position bewusst wurde. Wollte er so bleiben? Wollte er näher kommen oder wegrennen? Wollte ich das denn?
"Ich bin erwachsen geworden.", entgegnete ich und fühlte mich gleich ein wenig stärker. Ich war nämlich nicht mehr das dumme Mädchen auf der Highschool, das sich so einfach hatte überlisten lassen. Ich wer eine junge Frau, die sich ein eigenes Leben aufgebaut hatte, dass ihr ziemlich gut gefiel. Ich brauchte die Herausforderung, den Nervenkitzel, den Sasuke mir damals beschert hatte, nicht mehr. "Als Ärztin musste ich das eiskalte Image ablegen, um der Patienten Willen."
"Gefällt mir besser als das Mysterium aus der Schule. Ich wusste nie, woran ich bei dir bin." Würde er doch nicht so gefährlich leise sprechen. Würde diese Gasse doch nicht so verlassen und dunkel und perfekt für einen heimlichen Kuss sein.
"Oh, das weißt du immer noch nicht, glaube mir.", sagte ich genau so leise. Hatte ich mir nicht irgendwann mal gesagt, ich würde nicht zurückflirten?
Sasuke verringerte den Abstand zwischen uns noch mehr. Würd ich mich noch näher an die Wand hinter mir drücken, würde ich darin verschwinden. "Ach, nein? Und wenn ich es wissen will?", murmelte er.
"Finde es doch heraus."

Hello meine Lieben,
Ich wollte mich noch ganz herzlich für die lieben Geburtstagsglückwünschen bedanken.
Ich hoffe, es geht euch allen gut und ihr genießt bald die Sommerferien.
Gute Nacht und habt eine schöne Woche
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