Kapitel 18 - Am Ende des Geduldsfadens

Inos lange Fingernägel machten einen angenehmen Klang auf dem Holztisch. Ich schloss kurz die Augen und blendete alles aus, außer das Geräusch von Gelnägeln auf massivem Holz.
"Habt ihr das gehört?" Es war Hinata, die die Stille durchbrach und mich dazu brachte, die Augen wieder zu öffnen.
"Was?", fragte Ino zurück und stand vom Boden auf.
"Das war eine Autotür.", sagte Hinata und stand ebenfalls auf. Ich lehnte mich nur noch tiefer in die Couch zurück. Wir sind in der Innenstadt, dachte ich. Es wäre doch wirklich ziemliches Glück, dass genau diese Autotür zu Naruto oder Sasuke gehört.
Dann hörte ich allerdings den vertrauten Motor und die verräterische Stimme eines gewissen Fahrers, die mich auch auf die Beine trieb. Ich hatte Sasukes Fahrer zwar vor Wochen, wenn nicht sogar Monaten, einmal gehört, aber so schnell vergas ich Menschen nicht.
"Das ist auf jeden Fall Sasuke.", murmelte ich.
Hinata sah von Ino und mir zum Flur und wieder zurück. "Meint ihr, sie kommen zusammen?"
Mein Bauchgefühl sagte mir, dass das ganze hier nicht gut enden würde. Alles, was Sasuke Uchiha anfasste, ging irgendwie kaputt. "Wo ist Sai, Ino?" Meine Stimme war todernst und auch wenn ich es nicht zeigen mochte, mein Herz pochte einen Takt schneller, während ich sie stellte.
"Du hast doch nicht wirklich Angst vor Naruto und Sasuke, oder?", fragte Ino und hob eine Augenbraue. Sie klang nicht sehr überzeugend.
"Hey, das sind zwei erwachsene Männer, die eventuell illegale Geschäfte machen.", breitete ich den Ernst der Lage vor meinen beiden Freundinnen aus. Ich glaubte, die Erinnerungen an unsere Freunden aus dem Internat betrübten ein wenig ihre Wahrnehmung. Natürlich war vor allen Dingen Hinata in ihren Gefühlen gefangen, aber dafür hatten sie mich ja. Um die Realitäten zu klären. "Beziehungsweise nur bei Naruto ist es eventuell, Sasuke ist ein Krimineller."
Ino öffnete und schloss ihren Mund zweimal, bevor die endlich die richtige Antwort gefunden hatte. "Ich- Er müsste in fünfzehn bis zwanzig Minuten vom Einkaufen wiederkommen."
Es klingelte und Hinata und Ino verloren nicht viel Zeit, an die Haustür zu gelangen. "Dann hoffen wir so lange mal, dass Hinata gut bei Neji aufgepasst hat.", murmelte ich zu mir selbst und setzte mich wieder in meine Ecke auf dem Sofa.

Sie saßen da auf der anderen Seite, beide im Anzug, wobei Sasukes natürlich um einiges teurer aussah, und hatten noch nicht viel gesagt. So kannte ich Naruto ganz und gar nicht, aber er war ja nicht blöd. Er verstand schon, dass etwas nicht stimmen konnte. Und Sasuke neben ihm machte ihn sichtlich nervös, als wüsste er, was kommt.
Sasuke selbst ließ sich nichts anmerken. Ich merkte natürlich, dass er auf dem Sessel etwas herumrutschte und wie er versuchte irgendwie eine geeignete Position für sein Bein zu finden, doch das waren nur die Nebenwirkungen des Schusses von vor ein paar Wochen. Diese ganze Situation schien ihn nicht im geringsten zu kümmern. Jedenfalls ließ er sich nichts anmerken.
Ino kam schließlich mit einem Tablett aus der Küche, auf dem sie Tee, Kaffee und ein paar Knabbereien drapiert hatte, die wahrscheinlich sowieso keiner anrühren würde.
"Bedient euch.", sagte sie und wollte einladen klingen, doch ihre Stimme konnte ihren Ärger leider ganz und gar nicht verstecken.
Sie kam um den Tisch herum und setzte sich auf Hinatas andere Seite, sodass Hinata in der Mitte zwischen uns saß, ihrem Verlobten und Sasuke gegenüber.
Die erste Minute passierte nichts. Es herrschte absolute Stille und keiner rührte auch nur den kleinsten Muskel. Dann entschied ich mich, die schön drapierten Brotstangen und Mini-Kuchen doch nicht unberührt zurück in die Küche gehen zu lassen.
Als ich mir den Teller auf die Oberschenkel stellte, wanderten alle Blicke zu mir. Ich nahm mir eine Brotstange und schob sie mir fast in Zeitlupe in den Mund. Mit jedem Bissen, den ich nahm, wurde mein Blickkontakt mit Sasuke, der mir genau gegenüber saß, intensiver. Als ich das Ende der Stange erreichte, sah er hinunter auf seine protzige Uhr, als hätte er nicht die Zeit, mit dabei zuzusehen, wie ich langsam aß. Ich machte sie nervös, aber das war ja genau der Plan. Narutos Kiefer war so angespannt, dass ich mir fast Sorgen machte, er könnte sich die Zähne kaputt beißen.
Schließlich war es doch Ino, die die Geduld verlor. Ich hatte mir schon gedacht, dass sie nicht mehr lange die Klappe halten konnte, war aber froh, dass endlich jemand die Stille durchbrach. "Okay, wir sind nicht hier, um uns anzuschweigen."
"Ich hab die Email gesehen.", platzte es sofort danach aus Hinata heraus. Sie sah auf den Holztisch vor sich und nicht in Narutos Gesicht, der die Augen aufriss und den Mund öffnete.
"We-Welche?"
"Welche gibts denn alle?", kommentierte ich von der Seite. Vielleicht hätte ich es nicht sagen sollen, um Hinatas Willen, aber wer konnte mir bei solch einem Thema schon hier und da einen sarkastischen Spruch verübeln?
Sasuke sah erneut auf seine Uhr und zog dann scharf die Luft ein. "Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit. Wenn wir das Ganze also etwas beschleunigen könnten..."
"Könnten wir, Mr Uchiha. Erleuchten sie uns, warum sind wir hier und verschwenden ihre kostbare Zeit?", erwiderte ich recht monoton, obwohl man auch bei dieser Tonlage den Sarkasmus nicht überhören konnte. Er konnte froh sein, dass ich bei meinem Wissen nicht schon vor langer Zeit die Polizei gerufen hatte, aber seine Arroganz machte ihn wohl immun vor dieser Sorge.
"Ich wüsste nicht, wovon du sprechen könntest.", sagte er und sah hinaus aus dem Fenster. Ich hätte fast aufgelacht, konnte mich aber zurückhalten.
Stattdessen war es Hinata, die wieder die Diskussion mit Naruto und Sasuke eröffnete. "Geplatzte Deals? Kein Geld? Sasuke, bist du verletzt?"
"Oh, man...", knurrte Sasuke und verdrehte die Augen.
"Allerdings.", sagte Ino mit scharfer Stimme. "Was habt ihr beiden Idioten euch schon wieder gedacht? Man kann euch wirklich nicht allein lassen, ohne, dass ihr irgendwas anstellt. Was wird das Ganze, wenn's fertig ist, hm? Was für Deals?"
"Sind sie illegal?" Am liebsten hätte ich Hinata für ihre Naivität getadelt, konnte ihr aber diesen kleinen Hoffnungsschimmer nicht verübeln.
"Wären sie legal, würden wir nicht hier sitzen.", antwortete ich und schob mir eine Salzstange in den Mund.
Für einige Momente war das Knacken der Salzstange in meinem Mund, das einzige Geräusch, dass man in der Stille wahrnahm. Wir warteten auf eine Antwort zu Inos Frage und bevor wir die nicht hatten, würde keiner diesen Raum hier verlassen. Da brachte es Sasuke auch nichts, erneut auf seine Uhr zu schauen.
"Ich brauchte eine Baugenehmigung und Naruto hat mir geholfen, sie zu bekommen." Diesmal war es also Sasuke, der als erster die Geduld verlor. Naruto neben ihm riss seinen Blick von dem Kaffeetischchen los und sah geradewegs in Hinatas Augen. Sie waren voller Angst, soweit ich es von meinem Platz auf dem Sofa beurteilen konnte. Eine Baugenehmigung? Na, das musste ja eine ziemlich wichtige Baugenehmigung sein.
"Ach, so einfach ging es also? Warum dann die Geheimnistuerei?", kommentierte Ino und nahm einen Schluck Kaffee.
Naruto schaffte es doch tatsächlich seinen Mund auf zu machen und schüttelte dabei immer wieder den Kopf. "We-Weil das Gelände nicht zum Verkauf stand.", erwiderte er schließlich leise.
"Also hast du ein paar Strippen gezogen.", murmelte Ino und verzog das Gesicht, während sie noch einen Schluck trank. Ich aß noch eine Salzstange.
"Es ist nur ein Gebäude, Hinata,", sagte Naruto daraufhin und seiner kleinen Handbewegung nach zu urteilen, wollte er Hinatas Hand greifen, tat es aber dann doch nicht, "versprochen. Ich konnte Sasuke nicht einfach hängen lassen, also hab ich versucht ihm unter die Arme zu greifen, echt jetzt!"
"Und der Haufen Geld, den du dabei verdienst hat nichts damit zu tun?", kommentierte Ino, als könnte sie meine Gedanken lesen. Gut, dass wir uns in dieser Hinsicht so gut ergänzten. Sie sprach die Dinge aus, die ich mir still und heimlich dachte.
Naruto öffnete und schloss den Mund zweimal, bekam aber kein vernünftiges Wort heraus. "Ich-"
Da auch meine Geduld langsam ein Ende fand, wand ich mich an die Person im Raum, mit der ich mich am liebsten stritt. Solle er doch gucken, wohin ihn seine krummen Geschäfte brachten. "Dürfen wir erfahren, was sie gedenken zu bauen, Mr Uchiha, dass solche drastischen Maßnahmen erfordert?", fragte ich.
"Eine Sporthalle." Seine Augen waren auf den Boden gerichtet und er seufzte gestresst.
Ich hob überrascht eine Augenbraue. Ino und Hinata zeigten ihre Verwunderung etwas offener, aber von mir erwartete sowieso keiner eine heftigere Reaktion. Auf eine Sporthalle. Eine Sporthalle?! Dafür hatten wir diesen ganzen Stress hier ertragen?
"Eine Sporthalle.", sagte ich mehr als Feststellung und weniger als Nachfrage. "Du bestichst einen Politiker für eine Sporthalle."
Ruckartig hob Sasuke den Kopf und sah mich mit einem absolut nichtssagenden Gesichtsausdruck an. Seine Augen verrieten ihn allerdings. Er erreichte langsam das Ende seines Geduldsfaden. Gut, ich nämlich auch. Ich brauchte keine weiteren dummen Halbwahrheit und ich wollte den beiden auch nicht mehr weiterhin jegliche Information aus der verdammten Nase ziehen. Es wurde Zeit, dass Mr Uchiha endlich den Mund aufbekam. "Wissen sie, Ms Ha-"
"Doktor Haruno." So viel Zeit musste sein.
Er ging nicht weiter auf meine Unterbrechung ein. "Ich bin fertig mit meinen anderweitigen Geschäften", erklärte Sasuke weiter, "und brauchte eine gute und schnelle Investition, um das Geld loszuwerden. Deswegen sind alle weiteren Deals geplatzt."
"Tut dir der Bauch weh, Sasuke? Verträgt dein Körper keine weitere Kugel?"
Hätte er mich mit einem Blick allein töten können, wäre ich nach diesem sarkastischen Kommentar glatt auf Inos Couch tot umgefallen. Sein Blick wurde so kalt, dann ich den Drang verspürte zu schlucken und auf meinem Platz rumzurutschen, um diesem unangenehmen Gefühl zu entkommen. Die Genugtuung wollte ich ihm aber keinesfalls geben.
"Ich habe leider keine Zeit, mich mit ihnen über meinen Körper zu unterhalten, Doktor Haruno. Wir können das Gespräch jedoch zu einem anderen Zeitpunkt gerne nachholen.", erwiderte Sasuke und wollte aufstehen. Dieser leicht provozierende Unterton, vor allen Dingen das anzügliche darin, veranlassten mich, noch eine Schippe draufzulegen.
"Wo müssen sie denn hin, Mr Uchiha? Geld loswerden?"
Er sah mich immer noch an. Sekunden vergangen, Minuten, dann vielleicht Stunden. Sein bedrohlicher Blick änderte sich nicht. Er sah nicht weg, ich sah nicht weg und auch keiner der anderen im Raum trauerte sich etwas zu sagen. Unseren Machtkampf zu unterbrechen. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass wir uns so unwohl fühlten wie Highschool Schüler, die zum Direktor zitiert wurden, weil sie etwas angestellt hatten. Nur, dass Ino, Hinata und ich diesmal nicht die Übeltäter waren.
Ino war die erste, die den Mut aufbrachte, das Gespräch weiterzuführen. "Könnten wir wieder darauf zurückkommen, was Naruto mit dem Ganzen zu tun hat?"
"Gar nichts. Ich hab ihn um einen Gefallen gebeten und nicht mal gesagt, wofür ich das Gelände brauche. Es ist weder Naturschutzgebieten noch denkmalgeschützt, die Stadt wollte nur einen Supermarkt bauen.", antwortete Sasuke sofort. Wenigstens hatte er so viel Anstand, Naruto so weit wie möglich aus der Sache rauszuhalten. Sein Blick lag immer noch auf mir und auch ich konnte meine Augen immer noch nicht abwenden. Seine Augen waren so dunkel wie immer. Ich würde nicht noch einmal fallen.
Ich sah aus dem Augenwinkel, dass Naruto endlich Hinatas Hände genommen hatte und sie küsste. "Hinata, ich verspreche dir, ich hätte niemals in etwas eingewilligt, dass dich oder andere gefährdet hätte, echt jetzt!"
Sie antwortete noch etwas und dann schaltete Ino sich wieder dazwischen. Ich bekam das alles nur verschwommen mit. Mein Fokus lag immer noch auf Sasuke Uchiha, dem anständigen Mann? Dem Mann, der eine Sporthalle baute, um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen? Was hatte diese Welt nur aus den hoffnungsvollen Teenagern gemacht, die einst von einer strahlenden Zukunft geträumt hatten?

Hello hello meine Lieben,
Zu Ehren meines Geburtstags... vorgestern, ist ja schon nach zwölf, heute mal ein längeres Kapitel :)
Ich hoffe, es geht euch allen einigermaßen gut und ihr genießt das schöne fast Sommerwetter.
Gute Nacht und passt schön auf, dass ihr keinen Sonnenbrand bekommt
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