Dämon

„Dreihundert!" ächzt Lucifer und erhebt sich aus dem Schlamm, der von nächtlichen Regen übergeblieben ist.
Noch bevor er sich an die Liegestütze gemacht hat, hat er sich aus dem Brunnen hinter der Kirche einen Wassereimer bereitgestellt und eine der Nonnen nach einem Handtuch gefragt. Damit sein Oberteil nicht völlig verschwitzt, hat er es auf eine Bank aus Eiche gelegt, die neben dem Brunnen steht.
Das Handtuch um den Schultern wäscht er sich mit dem eisigem Wasser. Gleichzeitig nimmt er ein erstaunten Atemzug von einem der Fenster des Nebengebäudes der Kirche war. Gerade rechtzeitig dreht er den Kopf in die Richtung, um noch mitzubekommen, wie langes silbernes Haar seitlich von einem geöffneten Fenster verschwindet.
Leise schnappt er sich sein Oberteil und stellt sich damit neben das Fenster. Ohne lange zu warten, erscheinen schmale Finger auf dem Fensterrahmen. Direkt darauf beginnt die Nonne ihren Kopf heraus zu strecken und zuerst von Lucifer weg zu blicken. Er reichtet seine Augen hingegen geradewegs in Richtung des Brunnens, wodurch er ihr hüftlanges, weites Haar nur schemenhaft erkennt.
Als sie ihren Kopf schließlich zu ihm dreht, erschrickt sie sofort und fällt fast hintenüber. „Ich mag es nicht wenn man gafft." wendet er sich an das Mädchen mit gefälschter Wut. „Bitte entschuldigt." wehmütig verneigt sie ihren Kopf durch das Fenster, bevor sie ihn mit ihren großen, orange-roten Augen anblickt. Lucifer schenkt ihr ein schmales Lächeln. „Ist schon gut. Möchte die Oberschwester etwas von mir?" „Nicht direkt." In ihrer Stimme ist deutlichst die Unsicherheit von ihr zu hören. „Sie waren nicht beim Frühstück, welches wir schon beendet haben. Also gibt es bis zum Mittag nichts mehr zum Essen, es sei denn sei würden beim Bäcker oder einem Bauern etwas essen kaufen." „Das macht mir nichts aus. Ich bin es gewohnt ein paar Mahlzeiten auszulassen."
Die junge Nonne holt unter ihrer Kluft eine kleines Bündel hervor, das sie ihm hin hält. „Ich dachte mir, das sie vielleicht trotzdem Hunger haben könnten, weshalb ich ihnen etwas aufgehoben habe. Essen sie es aber schnell, bevor es die Obernonne mitbekommt oder es keine Punkte mehr hat." Positiv überrascht nimmt er das Bündel entgegen.
„Jetzt muss ich aber los, bevor die Oberschwerster merkt, das ich zu spät an meine Tagesaufgaben gehe." Ohne weitere Worte stößt sie sich vom Fenster ab und flitzt den Flur im inneren hinab. Dabei sind die Absetze ihrer Stiefel deutlich zu vernehmen.
Das Bündel legt Lucifer für kurze Zeit auf die Fensterbank, damit er sich sein schnell Oberteil überziehen kann. Sowie er sich das Bündel wieder nehmen wollte, bemerkt er wie neue Schritte durch den Match des Hofes zu ihm kommen. Schnell lässt er für die junge Nonne in seiner Tasche verschwinden.
„Sie können ihr Frühstück gerne Essen." ertönt die freundliche, aber dennoch strenge Stimme der Obernonne, die auf ihn zu kommt. „Ich werde es weder Matoimaru noch ihnen übelnehmen. Zumindest heute nicht."
Leicht beschämt blickt er zu der älteren Nonne, die auf ihn zu kommt, und holt sein Essen wieder heraus. Kurz vor ihm macht die Obernonne eine leichte Drehung zur Bank am Brunnen, damit sie sich setzen kann.
„Mir ist schon früh aufgefallen, das Matoimaru heute zu schnell gegessen hat und gestern Abend, als sie so spät im Dorf angekommen sind und nach einer Bleibe bei uns gefragt haben ist mir auch aufgefallen, das sie uns beobachtet hat." lächelt die Frau Lucifer an. „Ich hätte gedacht, es wäre nur mir aufgefallen." lacht Lucifer, beim auspacken des Bündels. Zum Vorschein kommen nur ein paar Scheiben trockenes Brot. Die Scheiben in der einen Hand, spreizt er die Finger der anderen und flüstert: „Systemcall: create Aerial Element, Fire Element." sofort erscheinen zwei unterschiedlich leuchtenden, kleine Punkte an zwei seiner Finger, die er über dem Brot zusammenführt.
Die ältere Frau zeigt sich leicht erstaunt, als er das Brot mit Magie leicht angebraten hat, bevor er es genüsslich verzerrt. „Es überrascht mich, das sie die ‚sakralen Künste' beherrschen." Lächelnd schmückt Lucifer einen Bissen des Brotes runter. „Trotz meines Jungen alters bin ich schon viel herumgereist und habe einiges gelernt. Mit den Künsten kann ich mir so einiges Erleichtern." Während er einen neuen Bissen abreist, lacht die Nonne: „Langsam verstehe ich, was Matoimaru so an sie zieht. Vielleicht erhofft sie sich ja sogar etwas von ihnen."
„Ich werde ihr nix bieten können. Habe ja nicht mal ne Berufung. Deshalb reise ich ja durch die Ländereien und helfe wo ich kann für ein wenig Geld."
Die Stimme der älteren Frau senkt sich etwas. „Sie müssen wissen, das Matoimaru von den Kindern, sowie den anderen Schwestern gemieden wird." Neugier zeigt sich in Lucifers Augen wieder, während er das Essen kurzzeitig unterbricht.
„Wieso sollte man jemanden so freundliches bitte meiden?" „Einer Legende zufolge soll es einen Teufel geben, über den nicht einmal die Göttin Stacia Kontrolle hat. Dieser Teufel soll immer einen Dämon haben, der geboren wird, wen der vorherige Dämon stirbt. Jedoch werden sie vor einer Kirche geboren in einem Korb, ohne jegliches Anzeichen, das jemand diesen Korb dort abgestellt hat." „Und dies ist somit bei Matoimaru geschehen." „Vor Achtzehn Jahren." fügt die Nonne noch hinzu.
Lucifer verkneift sich sichtbar ein Lachen. „Ein Dämon des Teufels. Diese alberne Geschichte höre ich zum ersten mal!" „Also glauben sie nicht an diese Legende." „Es ist bloß eine weitere Geschichte, die wohl irgendwie vor hundert oder mehr Jahren entstanden ist. Ich habe also keinen Grund mich vor einem freundlichen, hilfsbereiten Mädchen zu fürchten."
Seien Antwort zaubert der Nonne ein lächeln auf dem Gesicht. „Nungut. Sollten sie Arbeit suchen, wird ihnen der Bürgermeister bestimmt helfen können. Ich würde sie nur bitten, das sie zum Abendessen wieder zurück sind, ansonsten gibt es für sie nichts." Ein leicht finsterer Blick fällt auf Lucifer. „Und dann werde ich auch nicht zulassen, das das Mädchen für sie etwas aufhebt." Mit einem beschämten Lächeln fasst er sich an den Kopf. „Ich danke ihnen für die Warnung."

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