6 Random Romeo.
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【 B O N N I E 】
Die Sonne war heute mein Feind.
Normalerweise liebte ich sie, aber heute quälte sie mich und schickte mich buchstäblich in die Hölle. Völlig überfordertet raffte ich mich auf. Mein Kopf dröhnte, mir war schlecht und ich taumelte gegen Libertys Bücherregal, dann stolperte ich über einen Berg Klamotten.
Hart schlug ich mit den Knien auf dem Boden auf und fiel dann mit dem Oberkörper vorne über. Wehleidig wimmerte ich.
Vom Bett aus murmelte Liberty etwas Unverständliches und ich blieb wie eine Tote liegen. Dabei wollte ich unbedingt die Vorhänge weiter zu ziehen. Aber ich konnte nicht, denn meine Kopfschmerzen fühlten sich an, als hätte man mir einen Football in die Fresse geworfen.
Alkohol war böse. Das absolute Grauen. Die böse Königin aus Märchen, der Voldemort unter den Getränken und der Zaubertrank für fiese Qualen. Ich hatte keine Ahnung wann und wie wir in das Zimmer meiner besten Freundin gekommen waren.
Verdammte Scheiße, mir ging es so schlecht, wie ein zertretenes Kaugummi. Schlimmer war nur die 1D-Party bei Maria, als wir uns dermaßen an Eis, Burritos und Churros überfraßen, dass wir kotzen. Mein Magen hatte mir das Gefühl gegeben, er würde sich jeden Moment in die Luft sprengen.
Jetzt... fühlte ich mich viel mehr dreckig, krank und irgendwie so alt wie eine 40-Jährige.
Also Steinalt.
Jemand ging an mir vorbei, die Vorhänge raschelten und dann ließ sich Liberty auf ihren Hintern fallen. Sie trug nicht mehr als ihren Slip und ihr Schlafshirt verkehrt herum.
Hatte ich überhaupt etwas an?
Ungelenkt tastete meine Hand über meine Hüfte. Noch atmete ich Fußbodenluft. Erleichtert seufzte ich, denn da war Stoff an meinen Fingern. Na immerhin etwas.
„Ich glaub, ich verrecke" hörte ich Liberty murmeln. Sie hielt sich mit beiden Händen den Kopf und sagte eine ganze Weile gar nichts. Mein Schädel beruhigte sich, aber dafür brummte mein Magen.Er meldete Hunger, schon wieder.
„Wenn wir es in die Küche schaffen, dann helfen uns Kopfschmerztabletten", ließ Liberty mich wissen, doch sie regte sich kein Stück. Ich hob nicht einmal den Kopf: „Falls du denkst, ich würde jetzt runter gehen und die Tabletten holen, dann hast du dich geirrt."
Meine beste Freundin stöhnte sich also auf die Beine und ich hörte, wie sie das Zimmer verließ. Ich beschloss einfach weiter liegen zu bleiben und zu sterben. Es klappte gefühlt 30 Minuten, dann stellte Liberty eine Flasche Wasser, samt einen widerlich riechenden Saft neben mir ab. Die grüne Flüssigkeit ließ mich fast kotzen.
„Das hilft gegen den Kater", behauptete Liberty. Und ich glaubte ihr. Großer Fehler. Ich würgte das Grass runter und wartete auf ein Wunder, das nicht kam. Erst als ich die Tablette einwarf und im Geiste mein Testament schrieb, da kehrte ich zurück unter die Lebenden.
Liberty ließ sich auf das Bett fallen, dann streckte sie sich: „Ich werde nie wieder Alkohol trinken."
„Du klingst wie mein Bruder", murmelte ich.
„Wie welcher? Sie sind beide keine Chorknaben", fand Liberty und das war die Untertreibung des Jahrhunderts. Jason war zwar der Wildere, aber ich wusste, dass Max, mein ältester Bruder dafür der Listigere war.
Ich kämpfte mich auf die Füße. Mein Kopf rauschte nur noch. Schwerfällig kroch ich neben Liberty ins Bett und schloss die Augen. Also meine Freundin kicherte, da fragte ich: „Was ist?"
„Ich habe gegen Harry Styles Limbo getanzt", verriet sie schwärmerisch und kicherte wieder. Ich konnte nicht anders, denn ich musste laut grinsen: „Und ich Kuchen mit Niall Horan gegessen."
„Das war schon echt cool", sprach Liberty mir aus der Seele und Sekunden darauf brachen wir in lautes Gelächter aus. Ich hob den Finger: „Aber weißt du, wer wirklich wirklich wirklich cool war? Julia Michaels. Ich habe jetzt richtig Lust ein Konzert von ihr zu besuchen."
„Ja", stimmte Liberty mir zu. Dann liefen ihre Wangen knallrot an und sie rollte sie auf die Seite. Fast flüsternd verriet sie mir ihr Staatsgeheimnis: „Harry Styles ist der dritte Mann, den ich nackt gesehen habe."
„Nooooin!", entwich es mir gehaucht. „So richtig?"
„Ganz! Mit Banane und du weißt schon", sie machte mit den Händen eine Bewegung, die aussah, als würde sie jonglieren. Kieksen vergrub ich das Gesicht ins Kissen und versuchte mir vorzustellen, wie ich reagiert hätte. Ich hatte natürlich ebenfalls gesehen, dass Harry nackt in den Pool sprang, aber das ging so schnell, dass ich gar nicht auf das Ding zwischen seinen Beinen beachtet hatte.
Prompt kam die Erinnerung wieder: „Hast du Shawn auch gesehen?"
Liberty lachte, verschluckte sich und röchelte: „Nicht richtig. Ich konnte ja nicht ständig tauchen."
„Es war eine ziemlich tolle Party", fand ich. „Das Essen war sehr lecker."
„Du hast sowieso den halben Abend gefressen."
„Na, nicht ständig", verteidigte ich mich. „Ich habe Louis gesucht."
„Der war nicht da, genauso wie Liam", bestätigte Liberty. „Aber hey, komm schon, Ed ist echt lustig, also privat und Jelena haben tatsächlich so eine Art Waffenstillstand."
Richtig, das war toll zu beobachten, genauso, dass Selena nicht so perfekt war, wie sie nach außen verkauft wurde und das machte sie echt sympathisch. Ich war kein Fan von ihr, doch selbst ich musste zugeben, dass sie bestimmt cool war, wenn sie nicht ständig den Drang hätte sich selbst ein wenig in den Mittelpunkt zu rücken.
„So ein geiler Abend und wir haben nicht einen Beweis, dass wir da waren und wen wir alles getroffen haben", entwich es mir frustriert. „Das wird uns doch nie jemand glauben."
„Stimmt", nickte meine beste Freundin. „Aber wir reden da noch drüber wenn wir dreißig und alt sind."
Wieder kicherten wir und versuchten uns so gut es ging an den Abend zurück zu erinnern. Aber dieser komische Alkohol machte es schwer. Alles wirkte etwas verschwommen und undeutlich. Da waren irgendwelche Spiele gewesen, ganz nach dem Motto 'never have i ever' und einen Apfel, den man sich unter das Kinn klemmte und weiter gab. Ich war mir total affig dabei vorgekommen.
„Immerhin haben wir das nicht mit einer Gurke gespielt, die man sich zwischen die Beine klemmte und weiter gibt. Es wurde doch jedes Mal ein Stück abgehakt, wenn man sie fallen ließ", meinte Liberty.
Irgendwie pervers.
Wir philosophierten gerade darüber, ob wir Pizza bestellten oder in einem von Marias Familienrestaurants vorbeischauten, als Liberty sich aufsetzte und den Finger auf die Lippen legte: „Psst. Was ist das?"
Verwirrt runzelte ich die Stirn und schweigend lauschten wir. Dann hörte ich es auch. Irgendetwas piepte. War das der Rauchmelder? Nein, es kam aus der Tasche, die ich mir gestern einfach von Scarlett geliehen hatte. Liberty griff nach und kippte sie aus. Zum Vorschein kam unwichtiges Gedöns, Taschentücher, Lippenstift, Handy und etwas, das aussah, wie ein knallrotes Tamagotchi.
Liberty nahm es zur Hand: „Hast du dir gestern echt einen Pager genommen?"
Ach ja, da war ja was. „Nein, eigentlich nicht. Ich finde, man kann dann auch direkt Handynummern austauschen. Wieso piept das Ding?"
„Du hast eine Nachricht bekommen", sprach sie und klickte drauf herum, dann las sie vor: „Sind noch Brownies von Gestern übrig. Komm vorbei, wenn du sie haben willst." Unintelligent sah Liberty mich an: „Hä?"
Ich war genauso ratlos und nur zäh und langsam ratterte es in meinem Kopf, wer sich gemeldet haben könnte. Also nahm ich Liberty den Pager ab und tippte umständlich ein: „Du klingst wie ein Pädophiler. Fehlen nur noch die versprochenen Hasen. Wer bist du?" Ich schickte ab und wir warteten. Wenig später kam die Antwort und ich las vor: „Der Typ, der die Horrorfilme nachspielt. Allerdings nicht Es und nicht Saw."
Mein Herz begann zu rasen.
„Wer ist es?", horchte Liberty neugierig und ich befeuchtete nervös meine Lippen: „N-Niall."
„Niemals!", beharrte sie und als ich hart schluckte, da jauchzte sie laut auf: „Oh mein Gott, oh mein Gott! Weißt du was das heißt?"
„Nein", erwiderte ich belegt. Liberty strahlte über das ganze Gesicht und lief vor Aufregung knallrot an: „Das heißt, er lädt dich quasi ein ihn wieder zu besuchen und wenn du dich nicht allzu blöd anstellst dann triffst du vielleicht Louis!" Heftig zog sie an meinem Arm: „Was hast du ihm gestern gesagt, dass er dich wiedersehen will?"
„Keine Ahnung!", sprach ich prompt. „Ich hab' gegessen."
Hysterisch bekam sie einen Lachanfall und rollte sich über das Bett.
„Ich finde das überhaupt nicht lustig!", fand ich. „Ich kann doch nicht einfach da rüber gehen und weiter so tun als wäre ich Blair, nur weil ich Louis treffen will. Das hat gestern Abend nur geklappt, weil wir in eine großen Gruppe nicht so sehr aufgefallen sind. Bei Tageslicht und nüchtern, einzeln, sieht das wieder ganz anders aus."
„Theoretisch könntest du schon", behauptete sie und wir sahen stumm einander an, dann plante Liberty laut vor sich hin: „Wir peppen deine Garderobe wieder etwas auf, gehen ein Bisschen shoppen, wenn du mehr als nur einen Brownie willst-", sie zwinkerte, „- und dann lass es drauf ankommen. Ich meine, es ist nur Niall."
„Sagte das Zayn-Girl", warf ich ein. Liberty schnaubte: „Mit diesem Verräter bin ich durch. Nachdem ich Harrys Würstchen im Schlafrock gesehen habe, bin ich sichtlich angetan."
Ohne es zu wollen, musste ich schallend lachen. „Lass das nicht Jude hören." Der wäre sicher nicht happy, wenn er plötzlich gegen einen Popstar antreten musste, um Libertys Herz weiter für sich zu haben.
Prompt schlug sie die Hände vor den Mund: „Das sage ich in seiner Gegenwart niemals laut."
Ich blickte auf den Pager und eiskalt nahm Liberty ihn mir aus der Hand, dann begann sie drauf herumzutippen. Panisch fragte ich: „Was tust du da?"
„Ich mache dir ein Date für morgen klar. Passt dir früher Abend?"
„Stopp! Halt, hör sofort-", ich sprang auf, doch meine beste Freundin war schneller. So gesehen legte ich mich außerhalb des Bettes unelegant auf die Nase und sie schickte die Nachricht ab: „Zeit mir zu danken, morgen Abend hast du Niall ganz für dich alleine. Klar, er ist nicht Louis, aber ein echtes 1D-Girl nimmt was sie kriegt."
„Bist du wahnsinnig!", kreischte ich sie an und las, was sie geschrieben hatte. Nämlich, dass ich es heute nicht mehr schaffte, aber morgen mit Tupperware antanzen würde. Niall antwortete, dass er auch direkt an Abendessen im Angebot hätte, ich es mir aber verdienen müsste.
„Was meint er mit verdienen?", hoffentlich nichts FSK 18+ mäßiges. Liberty kicherte wie eine Hexe: „Er meint damit ganz sicher, dass du beim Kochen helfen sollst. Das klingt doch gut. Vielleicht kannst du ihn erzählen lassen, bekommst ein paar Insider über One Direction und kannst sie uns dann berichten."
Ihre Augen begannen zu glänzen, aber ich hatte die Hose voll. Doch nach und nach setzte Liberty mir tatsächlich einen Floh ins Ohr. Wer könnte schon von sich behaupten, dass er bei Niall Horan gewesen sei und was er alles verraten könnte! Vielleicht sogar über Louis. Sie laberte mich quasi an die Wand und schließlich knickte ich ein.
„Okay, okay", beruhigte ich sie. „Aber du hilfst mir damit, was ich anziehen soll und so weiter."
„Ja klar!", eifrig nickte Liberty. „Komm morgen einfach zwei Stunden früher und ich habe deine Klamotten und mache dir die Haare und das Make-Up. Auf mich kannst du dich verlassen!"
Ihre Worte hallten nach. Auch, als ich mich schließlich auf den Heimweg machte. Ich wollte Louis ja wirklich treffen, aber trotzdem war mir nicht wohl dabei Niall alleine gegenüber zu treten. Es würde doch keine zehn Minuten dauern und ich flog auf. Von wegen Blair, 21 Jahre alt und so. Das merkte man doch!
Zu Hause war es ruhig, niemand war da und in der Küche lag ein Zettel. Mum hatte für mich bereits Nachhilfe klargemacht. Kumon - Never stop learning war ein Nachhilfeunternehmen und sie hatten für mich jemanden engagiert. Ich sollte morgen um zehn Uhr in DeLuca's Diner sein und ein blaues Kleid tragen. Noch dazu sollte ich alle Matheunterlagen und Test mitschleppen.
Tief seufzte ich, denn meine Motivation ging gegen Null. Daran änderte auch der überschwängliche Anruf meines Dads nichts und die Mitteilung meiner Granny, dass wir für die Wochen, wo sie die Verantwortung für mich hatte, ein paar Regeln festlegen mussten.
Ich kannte die Regeln. Sie waren immer gleich. Sei pünktlich zu Hause, rufe mich an, wenn du später kommst, Mittags rufe nur an wenn du brennst und brauchst du Geld, melde dich bei meinem Sekretär. Einmal am Tag wollte Granny etwas von mir hören und alle zwei Tage mit mir Essen.
Alles machbar und nicht zeitaufwendig.
Morgens um sieben wurde ich schließlich von meiner Mutter geweckt, die mich auf dem Handy anrief und so sicherstellen wollte, dass ich auch wirklich zum ersten Termin der Nachhilfe ging. Frustriert stand ich auf, zog das Jeanskleid aus meinem Schrank und packte meine Schultasche.
„Ich hasse es, ich hasse es, ich hasse es", murmelte ich vor mich hin, stopfte Maple Loops in mich rein und bemerkte, dass der Pager wieder gegangen war. Mein Magen zog sich zusammen, denn Niall wollte wissen, ob es etwas gab, auf das ich allergisch war. Ich mochte keine Oliven und keine getrockneten Tomaten. Der Höflichkeitshalber fragte ich, ob ich etwas mitbringen sollte.
Die Antwort ließ mich schmunzeln: Tupperdosen und Hunger. Ich bot an Nachtisch dazu zusteuern, doch davon wollte Niall nichts hören. Wenn ich mich revanchieren wollte, dann anders.
Sofort bekam ich knallrote Ohren. Wieso dachte ich sofort zweideutig? Und was, wenn er es zweideutig meinte? Er schaffte mich, bevor ich überhaupt neu bei ihm angetreten war.
Bevor ich zur Nachhilfe mit dem Rad fuhr, fütterte ich Rambo, der bellend um meine Beine strich und verpasste ihm ein paar Streicheleinheiten. Ich wollte in den Skaterpark und endlich ein eigenes Auto. Dann konnte ich die Ausrüstung und Wechselklamotten in den Kofferraum legen und würde nicht alles extra mitschleppen müssen.
So musste ich mich entscheiden.
DeLuca's Diner befand sich in einer Seitenstraße, etwas vom Stand entfernt. Ich war mit meinen Brüdern öfters zum Essen hier gewesen. Beide liebten die fetten Burger und ich die Waffeln. Es war nicht viel los, lediglich drei Straßenarbeiter saßen an der Theke auf den Höckern. Ich bestellte also direkt beim Reinkommen einen Erdbeermilchshake und pflanzte mich an einem Fenstertisch.
Die Bänke waren bequem gepolstert und nachdem ich meine Matheunterlagen gestapelt hatte, da zog ich den Pager und mein Handy hervor. Ich nahm meinen Mut zusammen und antwortete Niall, indem ich fragte, ob ich mir selbst aussuchen dürfte, wie ich mich revanchierte.
Der Milchshake kam und ich bedankte mich. Dann checkte ich Libertys Nachrichten. Sie hatte mir mehrere Bilder von Outfits für heute Abend geschickt. Hart schluckte ich, denn ich fand die Jeansshorts etwas kurz, genauso die Röcke.
Ein Schatten fiel über den Tisch und ich hob den Kopf.
Mit ernster Miene, einer großen Sonnenbrille auf der Nase und die Coolness in Person stand Riley, der-Homecoming-King-der-Zukunft links von mir. Der unfreundliche Hampel war alles, was ich nicht mochte. Zu Cool für diese Welt, ignorant, unfreundlich, gehässig und nur beliebt, weil er das selbst so bestimmte. Marias Anschmachtobjekt Nummer eins seufzte tief und gequält: „Bist du Bernadette?"
„J-Ja", gab ich verunsichert zu und zu meinem Entsetzen ließ er sich auf der gegenüberliegenden Bank fallen und sprach: „Ich bin Riley und komme von Kumon wegen deiner Unfähigkeit Mathe zu begreifen."
Oh Scheiße.
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