Weihnachtswunder [Teil 2]
Viel zu früh stand ich aufgeregt vor dem Eingang des Cafés und haderte mit mir selbst, ob ich nun früher hineingehen und warten sollte oder nicht. Kam ich seltsam für Jungkook rüberkommen, wenn ich eine halbe Stunde vor der sich zu treffender Uhrzeit da wäre? Komplett in meinen Gedanken versunken, fing ich an vor der großen Fensterfront des KimMin Cafés auf und abzulaufen, während ich vor mich hinmurmelte, was nicht nur die Aufmerksamkeit der an mir vorbeilaufenden Passaten sondern auch aller Besucher des Cafés auf mich zog.
Ein starkes Klopfen von der Innenseite des Fensters ließ mich erschrocken zusammenfahren und leicht wütend zu dem Störenfried schauen. Mein wütender Blick wich zu einem sich schämenden, da der Klopfende kein anderer war als Jeon Jungkook. Warum musste diese Peinlichkeit meinerseits ausgerechnet jetzt passieren? Wie sollte ich ihm mein Verhalten erklären? Mit der Wahrheit, dass er mich nervös machte? Um Himmels willen, niemals. Er würde die Beine in die Hand nehmen und wegrennen, als ob es bei den olympischen Spielen um Gold ginge.
Voller Scham betrat ich das warme innere des Cafés, wo ich sofort von Namjoons Ehefrau herzlichst begrüßt und zu dem Tisch, an dem Jungkook bereits saß geführt wurde. Verlegen, zog ich meinen Wintermantel aus, den mir Seola sogleich abnahm und nach hinten in die privaten Räume brachte und setzte mich zögerlich Jungkook gegenüber.
„Schön, dass du da bist", durchbrach er die unangenehme Stille meinerseits und leicht nickte ich ihm zu. Immer wieder versuchte ich in seine Augen zu schauen, was mir nicht wirklich gelang, da ich mich einfach für meine Aktion zu sehr schämte. „Ist alles okay, oder fühlst du dich nicht gut?", Jungkook legte besorgt seinen Kopf etwas schief, während er mich genauestens musterte.
„Nach meiner Aktion gerade vor dem Fenster, musst du mich bestimmt für einen Verrückten halten", rutschte es aus mir heraus und als mein Gegenüber anfing zu lachen, schlug ich mir die Hände ins Gesicht. „Oh Gott nein! Es war süß, wie du dir den Kopf zerbrochen hast. Um ehrlich zu sein, hatte ich Angst, dass du nicht kommen würdest", flüsterte er zum Ende hin eher zu sich selbst, doch hörte ich jedes einzelne gesagte Wort genau.
„Wie hätte ich dich sitzen lassen können? Du hast mir bis jetzt keinen Grund dazu gegeben. Ich bin nur sehr nervös, das ist alles", gestand ich ihm letzten endlich doch und hoffte einfach, dass er mich nicht auslachen würde. „Ich bin selbst sehr nervös, da ich selten auf Dates gehe und dieses hier von einem kleinen Jungen arrangiert wurde", verlegen kratzte er sich, wie gestern schon an seinem Hinterkopf und sah zuckersüß dabei aus.
„Na ihr Süßen, habt ihr euch bereits entschieden?", Seola trat zu uns an den Tisch, mit einem kleinen Block und Stift in ihren Händen und wartete mit einem freundlichen Lächeln auf unsere Bestellung. „Für mich wie immer Seola und bei dir Jungkook?", fragend sah ich ihn an, was ihn wohl etwas überforderte, daher nahm er einfach das Gleiche wie ich, ohne dass er gefragt hatte, was es war. Hoffentlich schmeckte es ihm.
„Du kennst die Bedienung beim Vornamen? Ist es, weil dein Bruder mit den Inhabern befreundet ist?", ich weiß nicht wieso, doch klang seine Frage nicht nur interessiert, sondern hatte sie auch einen Hauch von Eifersucht in sich. Schmunzelnd sah ich ihm ins Gesicht und legte eine meiner Hände auf seine, die er nervös vor sich zu Tode knetete.
„Seola ist Namjoons Frau und eine sehr aufgeschlossene und nette Person, die jedem Gast ein Lächeln ins Gesicht mit ihrer Herzlichkeit zaubert. Lustig sind auch die kleinen Zankereien mit Yoongi, wenn ihm Mal wieder langweilig wird und er quer durch den Laden SaseHase88deluxe schreit, um sie auf die Palme zu bringen.
Beim ersten Mal waren wir alle etwas irritiert und haben den Sinn an diesem Spitznamen nicht verstanden gehabt, bis Yoongi so nett war und uns aufklärte. Danach war das Geschreie groß und Namjoon dachte wirklich, dass seine Frau ein Doppelleben führen würde", durch einen Lachanfall meinerseits, unterbrach ich mich selbst, was Jungkook anzustecken schien und er nur sehr schwer die Frage, warum Namjoon dachte, dass seine Frau ein Doppelleben führen würde herauskam.
Bevor ich jedoch weitererzählen konnte, brachte uns Seola unsere Bestellung, die aus zwei Tees und Sandwiches bestand. Hungrig griff Jungkook nach einem der Sandwiches und biss genüsslich hinein. Stöhnend schloss er seine Augen beim Kauen und er hätte locker einen Food-Porno drehen könnten, so wie er gerade aussah. Auch ich nahm mir ein Sandwich und war froh, dass Yoongis Frau Jihe, die für die Küche zuständig war, uns Gurkensandwiches gemacht hat. Zum Glück, schien Jungkook die Sandwiches zu mögen, denn ich aß sie wirklich sehr gerne und oft.
Als er zu seinem Tee griff, war ich gespannt, wie er darauf reagieren würden, denn es war ein einfacher schwarzer Rooibostee mit Vanille. Dieser Tee war nicht jedermanns Geschmack, doch verzog der Arzt vor mir nicht ein einziges Mal das Gesicht, als er das warme Getränk mit mehreren schlucken probierte. „Wow, der schmeckt echt gut", gab er mampfend von sich, als er mein starren bemerkte. Zufrieden, dass er das Gleiche mochte wie ich, stimmte ich ihm zu und begann meine Erzählung weiter auszuführen.
„Yoongi hat uns erzählt, dass Seola eine geheime Identität als Camgirl auf irgendwelchen Schmuddelseiten führt, unter dem Namen SaseHase88deluxe und er das von einem Freund erfahren hatte. Du glaubst gar nicht, mit was für einer Ernsthaftigkeit er das von sich gegeben hatte, die uns wirklich für einige Minuten zum Schweigen brachte. Seola ist so ausgerastet, was uns noch zusätzlich schockierte und ich dachte in diesem Moment wirklich, dass sie kurz vor einem Herzinfarkt stand.
Der arme Namjoon, wusste gar nicht, wem er glauben sollte. Einem seiner besten Freunde seit dem Kindergarten, oder seiner Frau mit der er bereits seit 10 Jahren zusammen und davon 3 Jahre bereits verheiratet ist. Nur so als Randinformation, Namjoon, Yoongi und mein Bruder Seokjin sind alle drei 33 Jahre alt, während meine Wenigkeit 27 Jahre aufweist", ich nahm einen großen Schluck meines Tees und sah dabei zu, wie Jungkook sich eine Lachträne von der Wange wegwischte. „Ich weise 30 Jahre auf und würde gerne wissen, für welche Seite sich Namjoon entschieden hatte", neugierig, beugte er sich leicht zu mir herüber, was mich sein unglaubliches Parfüm, was perfekt zu ihm passte, riechen ließ.
„Namjoon hat sich für Yoongi entschieden. Er gab in Google ihren angeblichen Decknamen ein und bekam als Antwort, dass es zu seiner Suchanfrage keinen Treffer gab. Wie er dann Yoongi durch halb Seoul gejagt hatte, war ein Bild der Götter!", zum Ende hin, lachten wir beide so laut, dass wir uns bei den anderen Kunden, die in unserer Nähe saßen entschuldigten.
Die Zeit verging rasend schnell und wir unterhielten uns über alles Mögliche. Die anfängliche Nervosität legte sich mit jedem Thema etwas mehr und so bemerkten wir erst, dass das Café bereits am schließen war, als Seola uns darauf aufmerksam machte. Zügig bezahlten wir all unsere Bestellungen und verließen den Laden noch, während wir unsere Mäntel anzogen.
Draußen angekommen, atmeten wir erst einmal mehrfach die frische Luft ein und aus, bevor wir beschlossen noch etwas spazieren zu gehen. Seoul war einfach atemberaubend schön mit all seinen Lichtern um 19 Uhr abends, die ein wahrliches Weihnachtsfeeling auslösten, als dass man sich das entgehen lassen konnte.
„Falls du heute noch etwas mit deiner Familie vorgehabt hattest, tut es mir leid, dass ich dich solange aufgehalten habe Jungkook", so schön dieser Tag auch war, wollte ich ihn niemals von seinen Liebsten fernhalten. „Du hast mich nicht aufgehalten Taehyung, da es niemanden gibt der auf mich wartet", bei diesen Worten, blieb ich entsetzt stehen, da ich nicht fassen konnte, was er gerade gesagt hatte. Wie konnte es sein, dass niemand auf ihn wartete?
„Alles okay mit ...", „Warum wartet keiner auf dich?", unterbrach ich Jungkook besorgt und griff nach seinen Händen, die ich leicht drückte. „Es ist kein sehr schönes Thema Taehyung, deswegen ...", „Es ist mir egal, ob es schön ist oder nicht! Sag es mir bitte Jungkook", ernst sah ich ihm in die Augen und natürlich war mir durchaus bewusst, dass es sehr unhöflich von mir war ihn zum zweiten Mal zu unterbrechen, doch wurde ich einfach das Gefühl nicht los, dass er mich brauchte.
„Ich habe keine Familie mehr Taehyung. Sie sind bei einem Unfall zu Weihnachten gestorben, als ich noch sehr klein war und daher wuchs ich in einem Waisenhaus auf. Die einzelnen Details der schrecklichen Vergangenheit möchte ich gerade nicht näher erzählen und bitte dich um Verständnis", voller Traurigkeit, schmiss ich mich in seine Arme und ließ meinen Tränen freien Lauf.
Ich konnte einfach nicht verstehen, wie jemand so nettes solch eine Vergangenheit haben konnte. Wieso war das Schicksal so schlimm zu ihm? Mein Kopf malte sich diverse Szenarien aus, in dem er als kleiner Junge misshandelt und ihm sogar noch Schlimmeres angetan wurde. Seine starken Arme umschlungen meine schmale Taille und gaben mir den Halt, den ich ihm eigentlich schenken wollte. „Weine bitte nicht", hörte ich ihn leise an meinem Ohr flüstern, was mich noch enger an heran drücken ließ. Wie konnte ich nach seinen Worten bitte nicht weinen? Das ist unmöglich. „Verbringe Weihnachten mit mir und meiner Familie. Ich werde dir zeigen, wie schön ein Weihnachtsfest sein kann", auch wenn er zuerst verneinte, konnte er zum Glück meinem flehenden Blick nicht lange standhalten und bejahte die Einladung schließlich doch noch. Um ihn und vor allem mich auf andere Gedanken zu bringen, wechselte ich das Thema, auf das er dankend eingegangen war. So kam es, dass wir erneut über Gott und die Welt redeten, was für andere vielleicht zu viel war fürs erste Treffen. Für mich jedoch genau perfekt.
Gegen Ende unseres Spazierganges tauschten wir unsere Handynummern aus und ich gab ihm meine Adresse, da dieses Weihnachten bei mir im Haus stattfinden würde. Und genau zu diesem Weihnachten hatte ich nun ein besonderes und wichtiges Ziel, was ich um jeden Preis verwirklichen musste.
Ich, Kim Taehyung, werde Jeon Jungkook ein atemberaubendes Weihnachten mit allem Drum und Dran schenken, dass er niemals vergessen wird. Egal wie, aber ich werde es schaffen.
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