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“Möchten Sie noch Kaffee?” Unsere Haushälterin Amy stand neben mir und wartete auf meine Antwort. Ich schüttelte den Kopf, ohne meine Augen von Daxton zu nehmen. Er saß mir gegenüber und tippte auf seinem Handy. Entweder passierte letzte Nacht etwas, bevor er nach Hause kam, oder aber er bekam jetzt gerade Nachrichten vom Revier. Zumindest wirkte er nervös auf mich, was mich auch zunehmend nervöser machte. Als würde ich mit einem Raubtier in einem Käfig eingesperrt sein, dass jeder Zeit Hunger bekommen könnte.
Selbst wenn diese anfangs noch stabile Ehe in einem Alptraum endete, kannte ich den Mann der mir gegenüber saß zu gut, als das ich mich je in Sicherheit wog.
“Du verschweigst mir etwas”, sprach ich schließlich, als Amy gerade das Esszimmer verließ und nur wir beide zurückblieben. Daxton sah von seinem Handy auf und starrte mich einen Moment lang schweigend an, ehe er ein sanftes Lächeln auflegte.
“Ich habe alles unter Kontrolle. Du brauchst keine Angst zu haben.”
Hatte ich trotzdem, doch nicht vor dem, was Nachts in der Dunkelheit der Stadt vor sich ging. Daxtons Augen schweiften herunter zu meinem Ausschnitt. Ich trug lediglich ein weißes, knappes Top und die dazu passende Schlafhose.
“Komm zu mir”, forderte er und legte sein Handy beiseite. Da ich immer noch sauer darüber war, welch Schmerzen er mir diese Nacht bereitete, kam ich seiner Aufforderung dieses Mal nicht nach. Stattdessen bohrte ich tiefer, um mehr herauszufinden.
“Habt ihr erneut eine Leiche gefunden?” Auf meine Frage hin blitzte etwas Gefährliches in seinen Augen auf. Er verengte sie und hörte nicht eine Sekunde auf mich mit seinen Blicken zu bestrafen.
“Komm zu mir, Riley”, setzte er nach. Seine Stimme wirkte monoton. Ich erhob mich widerwillig und lief um den Tisch herum auf ihn zu. Amy kam neben mir ins Esszimmer zurück, doch Daxton gab ihr ein Handzeichen zu verschwinden. Vor ihm angekommen blieb ich stehen und begutachtete das weiße Hemd und seine dunkle Krawatte.
“Kriege ich jetzt eine Antwort?” Er sah zu mir auf, während ich meine Hände an den Stoff seiner Krawatte legte. Ich richtete sie und legte den Kragen seines Hemdes ordentlich, woraufhin er meine Hüfte umfasste und mich seitlich auf seinem Schoß platzierte.
“Wir haben keine weitere Leiche gefunden”, flüsterte er ruhig und lehnte sich etwas vor, um mein Schlüsselbein entlang zu küssen. “Und selbst wenn, bräuchtest du dir niemals Gedanken darum zu machen. Ich habe dich im Auge, Riley. Immer und überall. Keiner wird dir je zu nahe kommen.” Sein warmer Atem zog eine Spur über meine Haut. Er küsste weiter bis runter zu meinem Ausschnitt. “Du bist bei mir in Sicherheit. Ich verspreche es dir.”
Genau wie du mir versprochen hast, dass der Dildo in meinem Arsch mir gefallen würde?!
Meine Hände legten sich auf seine Schulter. Ich versuchte ihn leicht von mir zu stoßen, da nahm er mein Kinn zwischen seine Finger und blickte mir tief in meine Augen. So tief, dass es weh tat, ihn in diesem blauen Ozean nicht mehr zu erkennen. Da war nichts mehr übrig, was Hoffnung darauf gab, mich wieder in ihn zu verlieben. Wobei Verliebtheit ein ziemlich großes Wort dafür war, was ich anfangs für ihn empfand.
“Ich liebe dich. Mit jeder Faser meines Daseins”, hauchte er und drückte mir seine Lippen leidenschaftlich auf meine. Ich erwiderte den Kuss, der den Geschmack von Kaffee auf meiner Zunge hinterließ. Irgendwann würde ich ihm wieder entkommen und ganz gleich welch kranker Psychopath mir Drohbriefe schreiben würde - ich würde nie wieder nach Hause zurückkehren.
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“Nein, du brauchst nicht vorbei zu kommen”, erklärte ich meiner Freundin Zara, die ganz aus dem Häuschen war, dass ich mich wieder in der Stadt befand. Daxton mochte es nicht, wenn ich Freunde einlud. Er dachte, jeder der die Villa betreten würde, wolle nur an sein Geld. Dabei kannte nicht einmal ich den Code für den Safe. Auch wusste ich nicht, wo sich der Schlüssel für sein Büro befand. Dort drinnen gab es auch nichts, was mich neugierig machte. Nur ein paar Schränke mit Waffen und Polizei Kram.
“Dann musst du kommen! Wir gehen heute Abend ins Autokino! Nur wir beide und meine Mutter.” Ihre Mutter mochte ich sehr, da sie irgendwie immer so locker und stets gut drauf wirkte.
“Welcher Film?”
“Sneak Preview”, hörte ich sie lachen, da verdrehte ich meine Augen.
“Ich soll also mit dir ins Autokino ohne zu wissen, was dort dann für ein Film läuft?”
“Wir holen dich um 20 Uhr ab! Bis später!” Aufgelegt. Sie hatte einfach aufgelegt, ohne mich ihr erklären zu lassen, dass Daxton mich ganz sicher nicht gehen lassen würde, nachdem ich mich monatelang vor ihm versteckt hatte. Frustriert schmiss ich das Haustelefon aufs Bett und drehte mich zum Fenster, um zu diesem zu laufen. Mein Blick fiel über die Mauer zu dem Teil der Straße, den ich sehen konnte und der zum Wald führte. Daxton würde sicher jeden Moment nach Hause kommen. Jeden Tag joggte er eine Stunde, bevor er sich eine weitere Stunde im Keller an seinen Fitnessgeräten austobte. Ganz egal ob morgens, mittags oder abends. Er nahm sich diese Zeit, die mir die liebste am Tag wurde.
Bis spät Nachmittags beschäftigte ich mich damit zu malen, bis ich die Haustür unten hörte und kurz darauf Daxton ins Schlafzimmer eintrat. Der Schweiß perlte aus seinen hellbraunen Haaren. Nach dem Frühstück fuhr er kurz zu einem Termin. Vor dem Joggen zog er sich seinen schwarzen Trainingsanzug an, dessen Oberteil er gerade vor mir auszog.
“Ich gehe heute Abend ins Autokino. Ist das okay?” Meine Stimme klang leiser, als ich beabsichtigte. Er hörte mich trotzdem klar und deutlich und nickte zu meiner Verwunderung.
“Unter zwei Bedingungen.” Ich glaubte kaum, dass er wirklich nichts dagegen hatte, befürchtete aber, er würde sich mir jetzt aufzwingen und mitkommen wollen.
“Die wären?”
Er legte ein Grinsen auf und ließ das schwarze, verschwitzte Oberteil fallen, um sich anschließend mit der Hand durch seine Haare zu fahren. Sie fielen ihm leicht zur Seite.
“Warte. Ich hole die Bedingungen.” Er verließ das Schlafzimmer, während ich irritiert zurückblieb. Langsam lief ich zur Mitte des Raumes, um in den Flur zu spähen. Ich hielt meine Atmung ruhig, um zu lauschen, hörte jedoch nicht das kleinste Geräusch. Erst, als hinter mir ein schriller Ton ertönte, schreckte ich zusammen und wandte mich zum Fenster. Mit großen Augen starrte ich hinaus und entdeckte den Raben auf dem Ast sitzen. Da mein Fenster gekippt war, hörte ich das Knacken der Zweige unter ihm.
“Setz dich.” Daxton kam zurück ins Schlafzimmer und ich erkannte etwas Schwarzes in seinen Händen, dass aussah, wie eine dicke Armbanduhr. Mir dämmerte, um was es sich handelte und fassungslos sah ich zu ihm auf.
“Das ist nicht nötig”, erklärte ich, doch er zeigte erneut zum Bett neben mir.
“Wer weiß, ob du nicht nochmal auf die Idee kommst, Hals über Kopf abzuhauen.”
“Daxton!”, wurde ich lauter. “Ich habe dir gesagt, dass es ein Fehler war! Ich bin wieder hier! Ich bin bei dir und habe nicht vor, wieder zu gehen!”
“Gut, dann bleibst du eben Zuhause.”
Er wollte sich gerade wieder zur Tür wenden, da hielt ich ihn aber zurück.
“Schön! Zieh mir die Fußfessel an als wäre ich eine Kriminelle!”
“Du bist eine”, entgegnete er mir und während ich mich auf der Bettkante niederließ, ging er vor mir in die Hocke. “Immerhin hast du mir mein Herz rausgerissen. Doch ich kann dir nicht lange böse sein.”
Zärtlich streichelte er über meine Wade, ehe er mir die Fußfessel anlegte und ein stolzes Schmunzeln auf seinen Lippen entstand. Wieder hatte er an Macht gewonnen, auch wenn ich dafür etwas mehr Freiheit bekam. Wobei Freiheit ein dehnbarer Begriff war, wenn man bedachte, dass ich quasi gefesselt draußen umherlaufen würde.
“Innerhalb des Ortes wird kein Alarm ausgelöst”, erklärte er zufrieden und erhob sich daraufhin, um triumphierend zu mir herabzusehen. “Also - sei ein braves Mädchen.”
Du kannst mich mal.
Er hauchte einen Kuss auf meine Stirn und lief Richtung Badezimmer. Ich stand auf und sah ihm hinterher.
“Und die zweite Bedingung?"
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“Ich hab dich damals schon davor gewarnt, diesen Mistkerl zu heiraten.”
Zara saß neben mir auf der Ladefläche des grünen Pickups, der ihrer Mutter gehörte. Ich erzählte ihr vieles von Daxton, jedoch nicht von der Gewalt. Im Grunde dachte sie, er wäre einfach ein ganz gewöhnliches Arschloch. Wüsste sie die Wahrheit, würde sie mich nie wieder nach Hause gehen lassen.
“Ich meine, was soll das?” Sie warf ihre roten Haare über die Schulter und zeigte vor uns zu Theodor. Er stand zwischen einigen Autos und sah sich aufmerksam um. Daxtons zweite Bedingung, als wäre die Fußfessel nicht demütigend genug.
“Ach, Zara”, beruhigte ich sie und sah zu ihr rüber. “Eine Frau wurde ermordet. Daxton will nur auf Nummer sicher gehen.”
Und schon verteidigte ich ihn und seine Handlungen. Absurd und doch normal, oder?
“Und das da ist seine Definition von Sicherheit?” Erneut nahmen wir Theodor ins Visier, der etwas ungeschickt in eine Pfütze trat und sein Bein schüttelte. Wir beide lachten auf.
“Hier sind eure Hot Dogs.” Zaras Mutter riss uns vom Anblick Theodors weg. Wir nahmen die Hot Dogs und die Getränke und platzierten alles ordentlich hinter uns auf der breiten Ladefläche. Ich achtete stets darauf, dass bei meinen Bewegungen mein langes, blaues Kleid nicht verrutschte. Ich fror zwar etwas um die Knöchel herum, doch bei einer Hose hätte Zara sicher die Fußfessel entdeckt. Das musste ich verhindern. Meinen schwarzen Mantel zog ich etwas enger, um mich dann in Ruhe in der Dunkelheit umzusehen.
Wir hatten uns einen Platz in der Mitte des ergattert. Die Leinwand zeigte noch nichts. Es würde aber sicher jeden Moment losgehen. Mein Blick fiel zu einer Gruppe Jugendlicher an der Seite von uns. Sie saßen verteilt auf mehreren Autos auf den Motorhauben und unterhielten sich gut amüsiert.
“Warum ist hier eigentlich so viel los?”, fragte ich an Zara gewandt, während ich mich weiter umsah und mich nicht erinnern konnte, so viele Menschen auf diesem Platz gesehen zu haben.
“Hast du es nicht gehört. Das Autokino drüben in Winskan ist geschlossen worden.”
Das erklärte einiges. Der Film begann und ich ließ mir meinen Hotdog schmecken, bis mir bewusst wurde, dass es sich um einen Horrorfilm handelte. Mit hochgezogener Braue drehte ich mich zu Zara, die ein schiefes Grinsen auflegte und meine Schulter leicht stieß.
“Sorry. Aber da musst du jetzt wohl durch.” Mit einem Lächeln auf den Lippen schüttelte ich den Kopf. Ich mochte keine Horrorfilme. Aber besser sich diesen anzusehen, als Zuhause alleine vor dem Fenster zu stehen.
Immer wieder erschrak ich und zuckte zusammen, als der Killer des Films aus den dunklen Ecken gestürmt kam. Er hatte keine Probleme damit, seine Opfer zur Strecke zu bringen, da sie allesamt keinen intelligenten Eindruck machten.
Als ich schließlich zur Seite blickte, da ein Jugendlicher eine Flasche fallen ließ, erkannte ich in der Finsternis meinen Großonkel Don, der abseits stand und sich mit einer Frau unterhielt, bei der es sich nicht um Evelyn handelte. Eine Bekannte? Oder hatte er eine Affäre? sie gingen ziemlich vertraut miteinander um. Immer wieder kicherte die Frau und er ließ es sich nicht nehmen, immer wieder ihren Arm zu streichen.
“Soll ich euch noch etwas zu trinken holen?”, riss Zaras Mutter mich von Dons Anblick los.
“Schon gut, Mama. Ich muss sowieso aufs Klo.” Zara erhob sich und lief an mir vorbei nach hinten. Ich sah ihr kurz nach, wollte jedoch erneut nach Don sehen. Dieser war aber spurlos verschwunden.
“Beobachtest du meinen Vater?”
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