-21-

5 Tage vergingen. Endlos lange Tage, in denen Daxton nicht von meiner Seite wich. Er arbeitete von zu Hause. Meistens saß er mit seinem Laptop im Wohnzimmer. Wenn er doch einmal in sein Büro musste, nahm er mich mit. Es gab mir die Chance, mich unauffällig umsehen zu können. Trotzdem fühlte ich mich wie ein kleines Hündchen. Er beobachtete mich. Jeden Schritt, den ich machte.

Innerlich stand ich permanent in Flammen. Ich hielt diese ständige Kontrolle nicht mehr aus. Das erste, was ich früh morgens erblickte, war Daxtons überwachender Blick. Er lag auf mir wie eine Bürde, die ich tragen musste. Abends schlief ich mit unter diesem ein.

Diesen Morgen war es jedoch anders. Erschöpft öffnete ich meine Augen und drehte mich zu Daxton um. Er schlief zu meiner Verwunderung. Endlich gab das Universum mir wenigstens kurz Zeit, mich frei zu fühlen.

Meine Gedanken schweiften sofort zu Jace und meiner Aufgabe, den Schlüssel zu Daxtons Büro zu finden. Jace schrieb mir jeden Tag, ob ich bereits etwas gefunden hätte. Ich brachte es nicht über mein Herz, ihm zu sagen, dass mein besitzergreifender Ehemann gerade zu meinem zweiten Schatten wurde. Als würde einer mir nicht reichen. Dazu sah ich zwar öfter dabei zu, wie Daxton die Tür des Büros aufschloss. Der Schlüssel verschwand allerdings dann wie von Zauberhand und ich fand nicht heraus, wohin.

Nachdem ich einen tiefen Atemzug nahm, drehte ich mich zur Seite des Fensters. Ich starrte gedankenverloren hinaus in den Regen. Mein Gefühl sagte mir, dass mein Schatten sicher durchnässt dort draußen stand und ebenfalls zu meinem Fenster blickte. Es fühlte sich bedrückend an, erst Recht nach seinem letzten Brief, den ich in meiner Handtasche fand, kurz nachdem ich zu Hause ankam.

In diesem stand, ich solle mich nicht vor ihm verstecken, denn es würde ihn reizen, mich als Opfer zu sehen. Er amüsierte sich darüber, dass ich ihm schutzlos ausgeliefert wäre. Wie ein Reh, das die Autobahn überquert. Dazu bestimmt, es nicht zu überleben.

Wer auch immer mein Schatten war, er hatte nichts Gutes im Sinn.

Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, ergriff mich eine plötzliche Übelkeit. Ich sprang aus dem Bett, um auf wackeligen Beinen das Badezimmer aufzusuchen. Ein Schwindelgefühl überkam mich. Ich hatte Probleme, in meinem verdunkelten Feld überhaupt noch etwas erkennen zu können. Im Bad angekommen, ließ ich mich erschöpft auf meine Knie fallen und übergab mich in die Toilette.

Verlassen von meinen Kräften lag mein Kopf auf meinem Arm, der auf der Klobrille ruhte. Die Schwangerschaft war unfassbar anstrengend. Meine Hormone brachten mich um den Verstand. Dazu noch Daxton, der mich jederzeit im Auge behielt. Wutausbrüche und Stimmungsschwankungen waren vorprogrammiert und es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die Lage zuspitzen würde.

Schwere Schritte ertönten hinter mir. Ein Schauer legte sich über meinen Rücken. Als mich Daxtons Geruch umgab, öffnete ich flackernd meine Augen wieder.

"Was ist los? Geht es dir nicht gut?", fragte mich Daxton. Mit einem von Sorge gezeichneten Ausdruck kniete er sich neben mich. Er begann sanft mit seinen Fingern über mein Gesicht zu streichen, um einige von Schweiß klebenden Haarsträhnen hinter mein Ohr zu schieben.

"Alles bestens. Ich habe wohl nur falsch gegessen." Meine Worte klangen abgehackt, als mich eine erneute Welle der Übelkeit überkam. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Sofort erhob ich meinen Kopf und beugte mich erneut über die Toilette.

"Du solltest dich ausruhen. Ich rufe deine Eltern an und sage das Essen heute ab."

"Nein, auf keinen Fall!", entkam es mir panisch. Wackelig fand ich den Weg zurück auf meine Beine. Durch den Schwindel geriet ich ins Wanken. Daxton musste mich am Arm festhalten, damit ich nicht drohte umzukippen. "Ich meine, ich habe sie lange nicht mehr gesehen. Erst Recht nicht, nachdem ich fast gestorben wäre. Lass uns bitte trotzdem zu ihnen." Ich schaute Daxton mit flehendem Ausdruck an, sodass er keine andere Wahl hatte, als mir zuzustimmen. Ganz gleich ob er es gut hieß oder nicht.

"Na gut, aber sobald es dir schlechter geht, fahren wir. Ohne Diskussion!"

"Abgemacht." Mein Gesicht verzog sich zu einem gespielten Lächeln, um ihn davon zu überzeugen, dass es mir tatsächlich gut ging. Er versuchte mich zu durchschauen. Seine Blicke durchbohrten mich. Er suchte nach einer List, doch ich ließ mein aufgesetztes Lächeln nicht verblassen, sodass er mir glaubte.

-

"Wie schön euch endlich wieder zu sehen, Riley. Es kommt mir viel zu lange her vor, dass ihr zu Besuch wart." Meine Mutter zog mich in eine liebevolle Umarmung. Es war wirklich lange her, dass ich meine Eltern besucht hatte. Daxton war aber nicht gerne hier. Seiner Meinung nach, wäre das Haus viel zu klein. Dabei war es ein sehr großes elegantes Stadthaus.

Meine Eltern schwammen nicht in Geld, wie Daxton oder Don. Dieser hatte das meiste Geld von Ur-Großvater geerbt und deswegen besaß er jetzt so viel. Als ich meinen Vater im Krankenhaus darauf angesprochen hatte, wieso unsere Seite der Familie nichts geerbt hatte, meinte er nur, es hätte alles seine Gründe. Welche verriet er mir nicht. Ich war trotzdem stolz darauf, was meine Eltern erreicht hatten und fand ihr Haus wunderschön, auch wenn ich wusste, dass Daxton sie unterstützt hatte.

Nachdem ich meinen Vater ebenfalls mit einer Umarmung begrüßt hatte, ging ich durch den langen Flur in das edle Esszimmer.

"Wo sind Matt und Jason?", fragte ich meine Mutter, die mir folgte. Daxton würde wie immer mit meinem Dad durch den Garten laufen und sich über die fehlende Minigolf- und Poolanlage beschweren.

"Deine Brüder übernachten heute bei Freunden, also haben wir das Haus ganz allein für uns."

Ich nahm am Tisch Platz und roch bereits den köstlichen Duft des Essens, welches bereits auf dem Tisch serviert stand. Meine Mutter kochte sehr oft und es schmeckte vorzüglich. Doch seitdem ich Daxton kannte, gingen wir oft aus und aßen nur selten bei meinen Eltern. Daxton fand das Essen eher zweitklassik.

"Wie läuft es denn mit Daxton? Nach dem Überfall ging es euch sicher nicht gut. Ich kann mir die Angst kaum vorstellen", fragte mich meine Mutter, während sie gegenüber mir am Tisch Platz nahm.

"Es läuft gut", erwiderte ich ihr kurz angebunden. Sie wollte gerade weiter nachhaken, als mein Dad und Daxton durch die Tür traten und ebenfalls am Tisch Platz nahmen. Daxton direkt neben mir. Mein Dad neben meiner Mutter. Sofort ergriff Daxton meine Hand und drückte sie fest.

"Worüber habt ihr gesprochen, Baby?" Daxton schaute mich erwartungsvoll an.

"Nur darüber-", setzte ich an, doch es war meine Mutter, die mich unterbrach.

"Ich habe Riley nur gefragt, wann ich Enkelkinder erwarten könnte. Weißt du, ihr seit schon so lange zusammen und es wäre ja an der Zeit. Man hat ja gesehen, wie schnell alles vorbei sein kann."

Alles in mir zog sich quälend zusammen. Ich verschluckte mich an dem Wasser, welches ich gerade trinken wollte. Ein Hustenanfall ergriff mich. Als ich wieder etwas freier atmen konnte, sah ich meine Mutter eindringlich an.

"Ich möchte noch keine Kinder", erklärte ich mit fester Stimme. Dabei sah ich meiner Mutter mit einem mahnenden Ausdruck entgegen. Ich dachte, damit wäre die Diskussion beendet. Doch nicht für meine Mutter.

"Aber warum nicht? Ich meine du hast einen tollen Ehemann. Ihr habt ein wunderschönes Haus mit Garten. An Geld mangelt es euch ebenfalls nicht. Der nächste Schritt in einer Ehe wäre ein gemeinsames Kind."

Ich konnte ihr nichts erwidern. Ein schmerzhafter Druck breitete sich auf meinem Oberschenkel aus. Als ich an diesem herab sah, erkannte ich Daxton Hand, welche fest meinen Oberschenkel drückte.

"Ich bin mir sicher, bald ist es soweit, Doloris. Riley und ich haben gerade erst mit der Familienplanung begonnen. Es wird sicher nicht allzu lang dauern." Während Daxton mit jedem Wort stärker meinen Oberschenkel drückte und mittlerweile seine Fingernägel schmerzhaft in meine Haut schnitten, lächelte er überfreundlich meiner Mutter entgegen. Sie erwiderte sein Lächeln und freute sich sichtlich.

"Nicht wahr Riley?" Bei seiner Frage drückte er nochmal fester zu. Ich war mir sicher, dass ich morgen die Spuren seiner Gewalt zu sehen bekommen würde. Ich schluckte schwer, bevor ich ihm ein kurzes "Ja" erwiderte.

Meine Mutter ließ das Thema an dieser Stelle beruhen und wir aßen genüsslich zu Abend. Wir unterhielten uns über Daxtons Arbeit. Die Arbeit meines Vaters und die Pläne für zukünftige Reisen meiner Eltern.

Es war bereits kurz vor Mitternacht, als Daxton und ich wieder in unserem Haus ankamen. Daxton war angetrunken. Ich hatte Probleme, ihn festzuhalten, doch wir schafften es beide durch den Flur und die Treppen hoch. In unserem Schlafzimmer angekommen, zog Daxton mich nah an sich.

"Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe, Riley Chambers?", fragte er mich. Unsere Lippen - nur noch Millimeter voneinander entfernt. Er ließ mir keine Zeit, über seine Frage nachzudenken. Stattdessen küsste er mich und zog mich noch enger an sich, um mich zum Bett zu drängen. Ich schob ihn von mir und atmete hektisch von seinem Verhalten.

"Daxton ich bin müde. Ich will jetzt nicht-", versuchte ich ihm zu erklären. Doch ein lauter Knall übertönte meine Stimme und die Stille unseres Schlafzimmer. Mein Kopf flog zur Seite. Kurz darauf legte sich meine Hand auf meine schmerzende Wange. Er hatte mich geschlagen, obwohl er versprochen hatte, es nie wieder zu tun.

"Weise mich nie wieder ab, Riley! Und verdammt nochmal, komme nie wieder auf die Idee vor deinen Eltern zu behaupten du würdest kein Kind wollen!" Seine Stimme tobte voller Hass. Da war nichts von der angeblichen Liebe übrig, die er für mich empfand. Nur noch Zorn.

Tränen schossen mir in die Augen, bei dem Gedanken, dass ich bereits schwanger von ihm war. Ich wollte dieses Kind unter keinen Umständen. Doch hatte ich überhaupt eine Wahl?

Daxton würde mich töten, wenn er herausbekommen würde, ich hätte das Kind abgetrieben. Jedoch wusste er bisher nichts davon. Ich konnte darüber noch nicht in Ruhe nachdenken. Zu oft hallten mir Daxtons und die Worte meiner Mutter im Kopf herum. Sie wäre so enttäuscht von mir.

Daxton erhob erneut seine Hand und ich zuckte panisch zusammen. Die Angst vor einem erneuten Schlag brachte mich zum Zittern. Seine Hand schnellte durch die Luft. Ich wartete auf den Aufprall, doch es kam keiner. Er griff neben mir zu der Kommode und nahm seine Autoschlüssel. Ohne ein weiteres Geräusch verließ er das Schlafzimmer.

Zurück ließ er mich und mein zersplittertes Selbst. Die Nacht machte ich vor Angst, er würde wiederkommen und mich bestrafen, kein Auge zu. Stattdessen weinte ich alleine in mein Kissen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top