Kapitel 23

Es war ein Raum mit mindestens zwanzig Eisernen Tischen. Auf ihnen lagen meine Leute. Es waren die aus meinem Dorf. Ich erkannte Freya, die einst meine Nachbarin gewesen war. Sie lag direkt auf dem ersten Tisch. Von ihr hatten die Schreie gestammt. Ihre Brust war blutüberströmt.

Ich unterdrückte einen Schrei und schlug die Hand vor den Mund.

Ihr Kopf war so weit nach hinten in den Nacken gerückt, dass es fast unnatürlich aussah. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt.

War sie noch am Leben?

Ein schwarz gekleideter Mann, es war ein Schwarz Magier, was auch immer dies sein mochte, stand neben ihr und ließ dunkle Schatten in sie hineinfließen. Neben ihr auf dem Tisch lag ebenfalls jemand, nur war es ein Swaresk, der ebenfalls blutüberströmt auf einem Tisch festgekettet war.

Was hatte das zu bedeuten?

Als der Schwarz Magier und ein paar umher stehende Swaresk mich bemerkten, war es bereits zu spät. Sie kamen auf mich zugerannt. Ich drehte mich um wollte aus der Tür rennen als ich direkt in die Arme eines älteren Mannes rannte. Als ich erkannte wer es war gefror mir das Blut in den Adern.

Was? Das konnte doch nicht sein! Was hatte er hier zu suchen?

Ich war direkt in die Arme von Lord Kemmington gerannt.

„Hallo Grace, oder ist es dir lieber wenn ich dich Lydia nenne?", fragte er und fasste sich an das graue Kinn.

Ich stolperte zurück. „W- was tut Ihr hier?", stotterte ich.

Lord Kemmington grinste und winkte zwei schwarz Magier hinter sich hervor, die auf mich zu kamen. Lord Kemmington grinste nur und ich verspürte den unglaublichen Drang, ihm dieses Grinsen aus dem Gesicht zu schlagen. Ich stellte mich in Position und ein starker Wind kam auf. Mein Wind schleuderte die schwarz Magier zurück und drückte sie aus der Tür. Ein widerliches Knacken war zu hören, als die beiden in die dunkle Steinwand krachten. Zu meiner Genugtuung verschwand das Grinsen aus Lord Kemmingtons Gesicht und er wich zur Seite.

Ich stellte mich in Position, zum Kampf bereit.

„Grace?", hörte ich einen leisen Ruf aus der hintersten Ecke des Raums.

Ich kannte diese Stimme. Ich wirbelte herum und sah ihn. Jayden lag auf einem Tisch festgeschnallt in der hinteren Ecke und schaute mich ungläubig an.

„Jayden!", rief ich zur Antwort.

Ich konnte es nicht fassen! Jayden war hier und er lebte!

„Jayden!", rief ich nochmals und schlängelte mich so schnell es ging zwischen den Tischen hindurch bis ich bei Jayden ankam.

„Lasst sie nicht zu ihm!", hörte ich den Befehl von Lord Kemmington hinter mir.

Jayden hob den Kopf und sah mich an. Sein kurzes, wuscheliges Haar hing ihm in verfilzten Strähnen ins Gesicht. Sein Gesicht war von Schnittwunden und dunklen Blutergüssen übersät.

Was hatten sie ihm nur angetan? Was taten sie ihnen allen nur an?

Ich spürte wie mir Tränen das Gesicht hinunter liefen.

Ich fasste seine Hand, die auf dem Tisch festgeschnallt war.

„Grace!", flüsterte er. „Wie?" Er schluckte benommen. ,,Wie bist du hier hergekommen?"

Ich ignorierte seine Frage.

„Jayden! Was haben sie dir nur angetan?!", sagte ich lauter als beabsichtigt.

„WAS HABEN SIE DIR NUR ANGETAN?"

Die Tränen liefen meine Wangen nun wie ein reißender Wasserfall hinunter. Ich kniete mich neben ihm nieder. Ich ertrug es nicht sie alle so zu sehen.

„Es tut mir ja alles so Leid. Es tut mir so unendlich Leid, Jayden. Ich hätte dich nie zurück lassen dürfen.", schluchzte ich.

Ich bemerkte die Schritte hinter mir nicht, die auf mich zukamen. Ich spürte nur den harten Schlag auf dem Kopf und fühlte den stechenden Schmerz. Dann wurde mir schwarz vor Augen und ich brach auf dem Boden zusammen.

Als ich erwachte lag ich erneut festgeschnallt in einem Raum. Es war ein anderer und ich hatte keinerlei Orientierung. Mein Kopf dröhnte und ich konnte noch getrocknetes Blut darauf spüren. Ich rüttelte an den Schellen, die mich auf dem Tisch festketteten.

Ich hörte langsame Schritte hinter mir. Angst baute sich in mir auf.

Würden sie mich umbringen? Was hatten sie mit mir vor? Und mit den andern. Mit Jayden.

„Wo ist Jayden?", fragte ich.

Die Gestalt blieb vor mir stehen. Es war Lord Kemmington. Er konnte froh sein, dass ich gefesselt war, sonst wäre er schon längst tot.

War er für all diese grauenvollen Taten verantwortlich?

„In seiner Zelle.", sagte Lord Kemmington ruhig und stützte beide Hände auf dem Tisch ab. Er widerte mich an.

„Lasst mich zu ihm!", forderte ich. Er schüttelte den Kopf.

„Später.", er machte eine bedeutende Pause.

„Jetzt haben wir erst selbst noch etwas mit dir vor."

Angsterfüllt riss ich die Augen auf. „Was habt Ihr mit mir vor?" Ich spürte wie ich zitterte.

„Ach weißt du, Grace, es gibt so vieles was du noch nicht weißt.", er schüttelte wieder den Kopf.

„Es würde ewig dauern, es dir zu erklären."

„Ich möchte es aber wissen!"

Gebannt schaute ich ihm in die dunklen Augen und versuchte seine Gedanken zu erkennen, doch es gelang mir nicht. Mein Kopf dröhnte, mein Körper schmerzte und ich fühlte mich unglaublich schwach. Ausgelaugt.

„Ach willst du das wirklich?", fragte er bedrohlich und hob eine Augenbraue. „Ich glaube wenn du es wüsstest, würdest du dir wünschen es nie erfahren zu haben."

„Was habt ihr mit uns vor?" Ich musste es wissen.

„Wir brauchen eure Kräfte.", sagte er und lehnte sich weiter zu mir vor.

„Was? Das ist doch absurd! Was wollt ihr mit unseren Kräften?" Ich glaubte ihm nicht. Was wollten sie denn bitte schön mit unseren Kräften und wie wollten sie diese bitte bekommen?

„Der König braucht sie.", er machte eine bedrückende Pause, was mich so langsam verrückt machte. „Er braucht sie für seine Soldaten."

Ich verstand kein Wort. „Wie bitte? Für was brauchen seine Soldaten unsere Kräfte?" Vielleicht machte er mir aber auch nur etwas vor.

„Er braucht unbesiegbare Soldaten, Grace. Verstehst du? König Kiremsew ist dazu bestimmt über das ganze Land zu regieren, nicht nur über Santinija!"

Er wollte auch über Baradesch regieren, dass wusste ich, aber was hatte das mit seinen Soldaten zu tun?

Schließlich fuhr Lord Kemmington fort: „Und um die Soldaten aus Baradesch zu besiegen braucht er etwas spezielles und das sind eure Kräfte. Mit Hilfe eurer Kräfte könnten wir den Krieg gewinnen und die Macht über das ganze Land würde Kiremsew gehören. Gegen eure Kräfte haben die Menschen keine Chance."

Ich verstand. Aber wie wollte er unsere Kräfte bekommen? Er konnte sie doch nicht einfach aus uns heraus schneiden, oder nicht? Als hätte er meine Gedanken gelesen, fuhr er fort.

„Wie wir eure Kräfte bekommen?", er machte wieder diese Pause, die mich zur Weißglut brachte.

„Du weißt doch sicher etwas über Dertost, oder nicht?"

Ich schüttelte den Kopf, so gut es ging, doch es schmerzte noch immer jede Bewegung.

Dertost ist schwarze Magie. Und diese Magie beherrschen einige unserer Männer, die sogenannten Schwarzmagier."

Das war es also was sie beherrschten. Die Schatten die uns auslaugten, war schwarze Magie.

„Diese Magie laugt euch Bändiger auf eine gewisse Weise aus, Grace, sodass ihr für einen Moment eure Kräfte nicht einsetzten könnt. Wenn wir allerdings auf härtere Gegner treffen, wie dich zum Beispiel, dann setzten die schwarz Magier sie auch zur Ohnmacht ein. Uns Menschen dagegen kann schwarze Magie nichts anhaben."

Nein, das konnte nicht sein. Schwarze Magie war nichts natürliches. Sie war etwas dass die Menschen, geschweige denn die Bändiger, nicht anrühren sollten. Es könnte große Folgen haben. Es widersprach schlicht der Natur.

„Was meint ihr mit stärkeren Gegnern wie mich?"

Ich schluckte. Mir kam alles so unwirklich vor, als wäre alles nur ein Traum, doch die Schmerzen erinnerten mich daran, dass es die Realität war.

„Du bist die Einzige." Erstickende Pause. „Du bist die Einzige, die Stärkste, das wussten wir von Anbeginn. Du", er zog dieses Wort in die Länge „kannst die Elemente aus dem Nichts erzeugen. Du bist genau das, was wir brauchen." Er legte wieder dieses hämische Grinsen auf.

„Wie habt Ihr von meinen Kräften erfahren?", fragte ich, wobei die Antwort fast schon auf der Hand lag.

„Als du hier aufgetaucht bist, haben wir längst vermutet, dass du die verschwundene Bändigerin bist, die wir suchen. Nur haben wir durch unsere Beobachtungen entdeckt, dass du deine Kräfte nicht wirklich richtig einsetzten kannst und wussten dass du anders bist. Wir haben dich Tag für Tag beobachtet und als du dann eines Tages deine Kräfte aufrufen konntest und wir festgestellt haben, dass du die Elemente aus dem Nichts erzeugen kannst, wussten wir dass du das bist was wir brauchen."

Sie hatten mich die ganze Zeit beobachtet? Jeden Tag? Ich konnte es nicht fassen.

„Und wieso habt Ihr so lange gewartet, bis Ihr mich hier her gebracht habt?", fragte ich ängstlich. Ich konnte alles nicht fassen. Natürlich ergab nun auf einmal alles einen Sinn, doch ich konnte nicht glauben dass es wirklich so war.

„Weil wir gewartet haben bis du stärker wurdest. Wir haben gewartet, bis du deine Kräfte so gut kontrollieren konntest, dass du uns auch wirklich von Nutzen bist." Er grinste. Ich konnte sein hässliches Gesicht nicht weiter sehen und wendete den Blick ab. Ich konnte einfach nicht glauben, dass sie dies wirklich taten.

„Es war amüsant mit anzusehen, wie du und Damien so langsam eine engere Beziehung entwickelt habt.", sagte er.

Ich wusste dass er mich damit nur ärgern wollte. Schnell drehte ich meinen Kopf wieder zu ihm und schaute ihm hasserfüllt in die dunklen Augen, die amüsiert aufblitzten. Ein stechender Schmerz fuhr mir in Mark und Knochen. Er wagte es... Wenn ich hier jemals lebend heraus kam, würde ich ihn umbringen!

„Was habt ihr mit Damien vor?", fragte ich. Ich hoffte noch immer, dass sie nicht von seinen Kräften erfahren hatten. Er hatte seine Kräfte nie angewendet, außer in der Nacht als er von meinen Kräften erfahren hatte.

„Nichts, außer dass wir ihn wahrscheinlich in sein Zimmer einsperren werden, dass er nicht versucht dich zu befreien.", sagte er beiläufig. „Er hat schließlich nichts getan, außer dir zu helfen besser mit deinen Kräften zu recht zu kommen, oder nicht? Und das war ja nur an Vorteil für uns." Innerlich war ich erleichtert. Sie wussten nicht von Damiens Kräften. Damien war in Sicherheit. Ich hoffte nur, dass er nun keine Dummheiten beging und sich nicht selbst verriet.

„Und wie wollt Ih die Kräfte von uns bekommen?" Meine Stimme zitterte und ich musste mich anstrengen meine Tränen zurück zu halten.

„Das wirst du heraus finden wenn es so weit ist.", sagte er beiläufig und stellte sich aufrecht hin.

„Wird es uns umbringen?" Ich fragte es, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich die Antwort darauf hören wollte.

Lord Kemmington antwortete nicht auf meine Frage, sondern winkte zwei Swaresk und einen schwarz Magier zur Tür herein. Sie lösten meine Fesseln und zerrten mich grob vom Tisch. Jede Bewegung schmerzte. Ich ließ mich von ihnen mitschleifen, denn gegen einen Schwarzmagier konnte ich nichts ausrichten.

Wo würden sie mich hinbringen? Würden sie mich umbringen?

Sie zerrten mich an Beiden Armen zur Tür hinaus und durch die Gänge. In meinem Kopf hämmerte es so sehr, dass ich Angst hatte er könnte womöglich platzen. Als ich zwischen den beiden Swaresk den Gang entlang stolperte, wurde ich mir bewusst dass ich keine Ahnung hatte, wie lang ich schon hier unten war. Es gab keine Fenster, als konnte ich nicht einmal sagen ob es Tag oder Nacht war.

Wie lange war ich schon hier? Und wo befand ich mich?

Doch eine Frage beschäftigte mich schon die ganze Zeit. Sagte Lord Kemmington die Wahrheit über alles und was war wirklich mit Damien geschehen? Ich hoffte er war unversehrt und würde seine Kräfte nicht einsetzen.

Sie zerrten mich durch die schmalen, dunklen Gänge. Wir bogen ein paar Mal ab und durch meine Kopfschmerzen bemerkte ich, dass ich die Orientierung bereits verloren hatte.

Nach ungefähr einer Ewigkeit blieben wir schließlich stehen und einer der beiden Swaresk die mich festhielten, öffnete die Tür. Sie stießen mich hinein und folgten mir. Ich schaute mich in diesem Raum um. Der Raum war in zwei Hälften geteilt. Es gab zwei feste Türen aus Stahl die jeweils in einen der zwei Abteile führten. Was sollte ich hier bloß? Ich schaute mich um. Die beiden Swaresk schauten mich so düster an, sodass ich Angst hatte, wenn ich eine falsche Bewegung machte, sie mich umbringen würden. Lord Kemmington kam mit zwei Schwarzmagiern im Schlepptau zur Tür herein.

Mein einziger Gedanke war: Was haben sie mit mir vor?

Lord Kemmington stellte sich mit beiden Schwarzmagiern in die hintere Ecke vor der hinteren Stahltür. Ich schaute sie angespannt an und hoffte sie konnten meine panische Angst nicht sehen, die ich verspürte.

„Wir werden dich nun testen, Grace. Wenn du dich benimmst wird es schmerzlos von statten gehen.", sagte Lord Kemmington. Er wechselte kurz einen Blick mit den Schwarzmagiern, dann rief er zwei Männer herein. Sie waren deutlich jünger als er, aber widerten mich genauso an wie er. Alle samt trugen schwarze Uniformen mit dem Wappen des Königs auf der Brust.

Sie liefen in den hintern Raum und schlossen die Tür hinter sich. Lord Kemmington wendete sich wieder mir zu.

„Wir werden nun deine Kräfte testen, also bitte begib dich in den vorderen Abteil des Raums.", befahl er.

Was würde mich darin erwarten?

Ich schaute zu den Swaresk die mich grimmig musterten und die Tür bewachten. Lord Kemmington hatte sich bereits der Tür zugewandt. Mir blieb wohl nichts anderes übrig. Ich zitterte und jeder Schritt tat mir weh, auch wenn ich nicht wusste woran das lag, doch ich zwang mich dazu in den vorderen Abteil zu gehen.

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Hey:)

Es interessiert mich sehr, wie euch meine Geschichte gefällt, also lasst doch gerne etwas Feedback in den Kommentaren da oder schreibt mir eine private Nachricht, ich würde mich sehr freuen.

LG Crownqueen144 ;)


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