59. Kapitel
Harry:
Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal derart überrascht wurde. Es muss ewig her sein. Ich hatte mit allem gerechnet, aber definitiv mit so einem Date. Es wäre mir selbst definitiv nie eingefallen, hierher zu kommen. Louis hält meine Hand, als wir zwischen den Ständen entlang schlendern. Auf dem Riesenrad, das wir gerade verlassen haben, ist mir aufgefallen, dass ich nicht mehr auf mein Handy geschaut habe, seitdem er mich abgeholt hat. Für einen kurzen Moment dachte ich, ich müsste meine Nachrichten checken, aber dann habe ich beschlossen, es für heute gut sein zu lassen. Das Projekt wird nicht in sich zusammenfallen, nur weil ich einen Abend ausnahmsweise nicht erreichbar bin, bis ich ins Bett gehe. Ich drücke seine Hand leicht und er sieht zu mir. Ich lächle ein bisschen und mein Blick fällt auf seine Lippen. Verdammt. Louis schmunzelt ein wenig. „Du kannst mich gerne küssen, wenn du das möchtest." Sofort spüre ich, wie meine Wangen wärmer werden. Habe ich ihn so lange angeschaut? Mist.
Er ist stehengeblieben und stellt sich mir gegenüber. „Küss mich." Ich liebe es, wenn er so mit mir spricht. Ich wollte es erst nicht wahrhaben, aber es bringt nichts, es zu bestreiten. Genauso wenig, wie es verhindern zu wollen. Also küsse ich ihn. Mein Herz schlägt schneller und als Louis mich zu sich heranzieht, erfasst ein warmer Schauer meinen Körper. Seine Arme legen sich um meine Taille und er lächelt ein bisschen. „Weißt du, wie schön es ist, wie du auf mich reagierst?", fragt er leise und schenkt mir süße Schmetterlingsküsse. Viele kleine Küsse direkt auf meinen Mund. „Ich habe eher das Gefühl, ich stelle mich dämlich und unbeholfen an", gebe ich zu und lächle schief. „Ganz und gar nicht", widerspricht er sofort und fängt meinen Blick. „Es ist sehr schön, dass du nicht alles zerdenkst, wenn wir unterwegs sind."
„Es ist wie eine Pause", antworte ich, ohne darüber nachzudenken. „Normalerweise habe ich immer die Kontrolle über alles. Ich weiß über jedes mögliche Szenario bescheid und habe Pläne für alles, was passieren könnte. Ich bin nie unvorbereitet", spreche ich weiter und zucke mit den Schultern. „Bei dir geht das irgendwie nicht." – „Ist das etwas Gutes oder etwas Schlechtes?", fragt er und streicht mit seinen Fingern sanft über meinen Rücken. „Etwas Gutes, definitiv." Es ist, als würde mein Verstand sich ausruhen können, wenn er bei mir ist.
Louis lächelt. „Das freut mich, Harry." Ich küsse ihn noch einmal sanft und bei dem Gedanken daran, mich nachher an ihn kuscheln zu können, breitet sich ein Kribbeln in meiner Brust aus. Ich habe nie viel von dieser Rosarotenwolke gehalten, die einen angeblich umgibt, sobald man Gefühle für jemanden entwickelt, aber inzwischen stecke ich selbst ganz tief drin. Ich möchte nie wieder auftauchen. Diese Realität ist so viel schöner als der triste Alltag, in dem ich mich bisher bewegt habe.
„Ist es seltsam für dich?", frage ich eine Weile später. „Was meinst du?" Irritiert sieht Louis mich an. Ich zögere kurz, bevor ich antworte: „Dass du bestimmst. Also mehr als ich." – „Du meinst beim Sex", versteht er. Ich nicke leicht. „Ich möchte, dass du es auch magst.", erkläre ich meine Gedanken. „Ich möchte nicht, dass es nur um mich geht und du keinen Spaß hast." – „Keinen Spaß?" Louis sieht mich amüsiert an. „Zum einen gefällt es mir, wenn es dir gefällt. Und zum anderen liebe ich es, dich zu provozieren und dich an deine Grenzen zu bringen. Es ist schön, dass du dich auf neue Dinge einlässt und die würde ich definitiv nicht machen, wenn sie mir nicht gefallen würden." – „Ich habe das Gefühl, es geht viel mehr um mich als um dich", antworte ich ihm. Sofort schüttelt er den Kopf. „Nein, das ist Quatsch. Es gefällt mir sehr gut, wenn du dich meinen Berührungen hingibst und mich machen lässt. Ich würde es nicht anders wollen." Er sieht mich direkt an und ich lächle ein wenig. „Okay, gut." – „Ich werde dir sagen, falls ich etwas nicht mag oder etwas anders ausprobieren möchte, ja? Offene Kommunikation ist mir sehr wichtig, genau wie Vertrauen." – „Mir auch", stimme ich zu.
„Möchtest du noch etwas essen oder zu einem anderen Stand?", fragt er mich wenig später. „Ich glaube, ich habe genug gegessen", antworte ich ihm. „Okay, dann lass uns dahin gehen." – „Dosenwerfen? Wirklich?" Amüsiert sehe ich ihn an. Wir sind doch keine Kinder mehr, was möchte er da. „Ja, Dosenwerfen. Ich wette, ich bin besser als du." – „Garantiert nicht", widerspreche ich sofort und er grinst. „Scheiße, du wusstest, dass ich darauf anspringe." – „Hast du damals beim Billard schon", erwidert er und zieht sein Portemonnaie aus der Tasche. Er bezahlt für zwei Runden und stellt sich neben mich.
„Du wirfst zuerst", lege ich fest und er nimmt sich den ersten Ball. Er trifft sofort. Fuck. Wieso genau habe ich gesagt, ich wäre besser als er? Ich habe keine Ahnung, ob das stimmt. Ich habe so etwas nicht mehr gemacht, seitdem ich ein Kind war. Louis trifft mit zwei Bällen alle Dosen. Den letzten Ball braucht er gar nicht mehr und gibt ihn mir. „Jetzt du." Ich nicke und ziehe. Nur eine Dose fällt um. Scheiße. Zwei Dosen bleiben am Ende stehen. Die ältere Dame hinterm Tresen lächelt und sagt: „Das passiert den besten. Sie dürften sich von dieser Reihe etwas aussuchen." Es sind Kleinigkeiten. Mein Blick fällt auf das Schaf zwei Reihen darüber. Es hat eine rosa Schleife um den Hals. Und ich bin ein erwachsener Mann. Ich wollte nicht so ein Schaf haben wollen.
„Harry?" Louis mustert mich. „Schon gut", antworte ich einen Ticken zu schnell. Er mustert mich und wendet sich dann der Dame zu. „Ich werfe noch eine Runde." – „Louis, du musst nicht..." – „Lass mich werfen. Ich muss mich konzentrieren", unterbricht er mich verschmitzt lächelnd. Ich nicke und sehe zu, wie er noch einmal alle Becher abräumt. Ich habe das Gefühl, ich sei in einer RomCom gefangen. Louis sucht sich das Schaf aus – natürlich. Er nimmt an sich und verschränkt unsere Finger miteinander. Erst, als wir ein paar Meter vom Stand weggegangen sind, bleibt er stehen. „Manchmal ist es, als würden deine Gedanken in Leuchtschrift über deinem Kopf stehen." – „Was?" – „Das ist ziemlich praktisch, zumindest für mich. Nur solltest du vielleicht nie Poker spielen." – „Ich kann Poker spielen", widerspreche ich. Er schmunzelt. „Dann solltest du nie Poker spielen, wenn ich dabei bin." Sofort erröte ich und sehe zur Seite. Um genau zu sein, sehe ich auf das Schaf, dass er immer noch in der Hand hält.
„Mäh." – „Was?" Er gibt es mir. „Es heißt Mäh." – „Du nennst es nicht wirklich Mäh", antworte ich und schüttle leicht den Kopf. „Wieso nicht?" – „Das ist wahnsinnig unkreativ!" Louis lacht und zuckt mit den Schultern. „Dann entscheide du. Es ist sowieso dein Schaf." – „Meins?" – „Natürlich deins. Du wolltest es doch, oder?" – „Uhm... also du hättest nicht...", stottere ich und merke erst einen Moment später, dass er mich mit Absicht provoziert. „Das ist fies." – „Ist es nicht", antwortet er und küsst mich. Wie kitschig soll es eigentlich noch werden? Who cares. Ich liebe es.
Das Schaf findet Platz auf meinem Sofa, als ich bei mir zuhause ankommen. „Ich muss duschen", sage ich müde und stelle meine Schuhe weg. „Gerne." – „Was?" – „Oh, war das keine Frage?" Louis sieht mich scheinheilig an. „Nein. Aber komm mit", beschließe ich, schnappe mir seine Hand und gehe mit ihm ins Bad. „Irgendwann müssen wir zusammen in diese Badewanne", beschließt er, als ich mein Hemd ausziehe. „Mit dem Badeschaum?", frage ich unbedacht und er nickt. „Natürlich mit dem Badeschaum."
Ich steige zuerst in die Dusche. Louis folgt mir kurz danach und stellt sich zu mir unter das warme Wasser. Er steht hinter mir und beginnt damit, meine Haare einzuschäumen. Ich seufze auf, als er meine Kopfhaut massiert. „Gut?" – „Mhm, ja." Meine Augen sind längst geschlossen und ich genieße jeden Augenblick. Er wäscht jeden Zentimeter meines Körpers. Er nimmt sich Zeit, mich dabei immer wieder überall zu küssen. Selten habe ich mich so gewollt gefühlt. Es ist ein wunderbares Gefühl.
„Darf ich auch?", frage ich ihn, als das Duschwasser den Schaum von mir wäscht. Fragend sieht er mich an. „Dir die Haare waschen", konkretisiere ich. „Natürlich." Ich bleibe ihm gegenüber stehen, als ich das Shampoo in seinen Haaren verteile. Dabei gleiten seine Finger immer wieder über meinen Körper. Ich zucke zusammen, als er mich in die Seite zwickt. „Louis!" – „Bist du kitzelig?" – „Nein." – „Du lügst." Ach was. Er fängt zum Glück nicht damit an, sondern streicht weiterhin sanft über meine Haut. Je länger er das macht, desto stärker wird das Bedürfnis, ihn zu berühren. Gleichzeitig bringt uns das aber in keinster Weise aus der Ruhe und wir duschen gemütlich zu Ende.
Erst als wir abgetrocknet in meinem Schlafzimmer stehen, zieht Louis mich zu sich heran und küsst mich innig. Sofort werden meine Knie weich und mein Herz schlägt schnell und heftig gegen meine Rippen. „Bitte"; bringe ich heraus. Mehr brauche ich nicht zu sagen, damit er mich zum Bett navigiert. Louis legt sich über mich und verwöhnt mich. Zu wissen, dass es ihm genauso gut gefällt wie mir, macht die Situation noch intensiver. Er mag es, mich zu leiten und zu bestimmen. Und er mag es zu sehen, wie ich mich ihm hingebe. Das tue ich auch jetzt, ich könnte gar nicht anders. Er küsst mich überall und ich winde mich unter ihm. Alles, was Louis mit mir macht, lässt mich in Höhen fliegen, die ich früher nicht einmal ansatzweise kannte.
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Finally, ein neues Kapitel! Ihr wisst gar nicht wie froh ich bin, endlich wieder eins geschrieben zu haben. Einige von euch haben es auf meinem Account vielleicht schon gelesen: Ich arbeite parallel noch an einem anderen Projekt. Was das sein wird, werde ich die nächsten Tage auf Instagram verraten :) (autorin.leabusch)
Love, L
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