36. Kapitel

Louis:

Was genau soll ich jetzt machen. Irgendwie habe ich ihm versprochen zu bleiben und irgendwie habe ich in diesem Moment absolut nicht darüber nachgedacht, was ich da eigentlich sage. Er schläft jetzt (was auch dringend notwendig war) und ich räume das Wohnzimmer wieder auf. Die Decke lege ich gefaltet aufs Sofa. Sie war vorher in irgendeiner Schublade, aber ich werde jetzt garantiert nicht einfach irgendwelche Schränke öffnen, um zu suchen, wo die Decke eigentlich hingehört. Die Fenster habe ich alle geöffnet, um einmal richtig durchzulüften.

Als ich dann auch noch seinen Müll runterbringe, realisiere ich endgültig, dass ich schon längt hätte verschwinden sollen. Seufzend lasse ich die Mülltonne zufallen und gehe wieder mit seinem Schlüssel in der Hand nach oben. Es ist inzwischen früher Abend. Es ist nicht so, als hätte ich heute noch etwas vor, ich würde einfach nur gerne nach Hause gehen. Obwohl es sich nicht gehört, gehe ich leise in Harrys Schlafzimmer und nehme mir sein Handy. Ich entsperre es, indem ich es kurz an seinen Daumen halte und verziehe mich damit anschließend wieder ins Wohnzimmer. Schnell finde ich Nialls Handynummer und tippe sie ab. Ich lege Harrys Handy zurück und lehne die Tür an, damit er nicht wach wird.

„Horan", meldet er sich ein paar Sekunden, nachdem ich seine Nummer gewählt habe. „Hi, hier ist Louis", sage ich direkt und sehe aus dem Fenster. Die Aussicht von hier oben ist wirklich gut. Die kostet wahrscheinlich mehr als meine Miete in einem ganzen Jahr. „Ah, hi. Wie geht es Harry?", fragt er mich sofort. „Er schläft und ist immer noch krank." – „Warst du bei ihm?" – „Bin ich immer noch", antworte ich ihm. „Immer noch?", fragt er irritiert. „Ich habe dich vor... über sieben Stunden in der Wache angerufen." – „Ja, ich weiß", seufze ich. „Er hat Suppe gegessen und Medikamente genommen. Er will allerdings nicht allein sein und ich würde gerne nach Hause." – „Er will was nicht? Moment, hat er das gesagt oder glaubst du das einfach nur?", will er von mir wissen und klingt dabei ziemlich ungläubig.

„Er meinte, er will nicht allein sein. Also, kannst du herkommen? Er ist schließlich dein Freund." – „Ihr seid doch auch irgendwie befreundet oder nicht?" – „Kann man so eigentlich nicht sagen", erwidere ich trocken und versuche, dieses seltsame Gefühl in meiner Brust zu ignorieren, als ich diese Worte ausspreche. „Und du bleibst trotzdem so lange bei ihm? Obwohl ihr keine Freunde seid?" – „Er ist krank und ich bin sehr hilfsbereit." Manchmal zu sehr. „Ah ja. Ich dachte eigentlich, dass du nur kurz die Sachen vorbeibringt und dann wieder gehst." – „Dachte ich auch", antworte ich schneller, als ich denken kann. Wieso genau rede ich mit Niall darüber? 

„Und er wollte wirklich, dass du bleibst?" – „Wie oft willst du das noch fragen? Ich wäre wohl kaum hier, wenn er mich nicht darum gebeten hätte", erwidere ich. „Es ist nur... seltsam." – „Was soll das denn heißen?" Er schweigt einen Moment. Dann sagt er: „Harry hat es nicht gerne, wenn jemand bei ihm zuhause ist, schon gar nicht, wenn es ihm schlecht geht. Nur seine Familie und Ausgewählte Leute dürfen zu ihm – abgesehen davon kommt das quasi nie vor." – „Weil er immer arbeitet." – „Auch."

„Ich meinte vorhin einfach, dass du angerufen hast. Ich habe gesagt, er soll sich aufs Sofa legen und habe eine Suppe gekocht. Dann wollte er unbedingt so einen kitschigen Film schauen und ist dabei fast eingeschlafen." – „Du hast gekocht? In seiner Küche?" – „Wohl kaum in seinem Bad. Ja, in seiner Küche." – „Und er saß die ganze Zeit auf dem Sofa." – „Er hat Tee getrunken." – „Du hast auch Tee besorgt." – „Er ist krank, natürlich habe ich Tee besorgt", antworte ich ihm und lehne mich an die breite Fensterbank. „Ich bin nicht der beste Koch, aber eine Suppe kriege ich gerade noch so hin. Ich habe ihm einfach gesagt, er soll sich ausruhen und sie Suppe essen." – „Und er hat dir nicht widersprochen?", will er perplex wissen. „So langsam habe ich das Gefühl, du kennst ihn überhaupt nicht", antworte ich ihm skeptisch. „Ja, er hat die Suppe gegessen. Was ist daran so besonders?"

„Harry lässt sich nicht sagen, was er tun soll. Es ist, als wäre er allergisch dagegen, dass ihm jemand sagt, was er machen soll – immer. Und dass er nicht einmal widersprochen hat... das passt einfach nicht zu ihm." – „Er ist krank. Natürlich diskutiert er da nicht." – „Oh doch!", widerspricht er mir sofort. „Sag mal, ist das auch so, wenn er nicht krank ist? Also, wenn ihr euch sonst seht?" – „Was genau hat Harry dir erzählt?", will ich wissen, bevor ich antworte. Ich werde garantiert nicht einfach aus dem Nähkästchen plaudern, ohne zu wissen, was Harry ihm über... diese Situation erzählt hat. „Dass ihr euch immer wieder über den Weg lauft. Und Bekannte seid, also Freunde." Freunde. Dass ich nicht lache.

„Das solltest du ihn selbst fragen." – „Weißt du was, du hast recht. Ich bin auf dem Weg." – „Was?" Irritiert überlege ich, ob ich irgendetwas überhört habe. „Ich habe gerade Feierabend gemacht und du willst doch sowieso nach Hause. Ich komme vorbei, damit er nicht allein ist." – „Von mir aus." – „Bis gleich", verabschiedet er sich und legt auf. Kopfschüttelnd stecke ich mein Handy weg.

Niall braucht nur knapp 20 Minuten bis hier hin. Er klingelt. Idiot! Ich öffne die Tür wenig später steht er mir gegenüber. Scheiße. „Louis, oder? Hi." – „Komm rein", sage ich knapp und trete nur Seite. Ich hoffe einfach darauf, dass es lang genug her ist und er mich nicht mehr erkennt. Ich wusste es, er war damals auch dort. „Schläft er immer noch?" – „Ja", antworte ich und schließe die Tür. Niall sieht sich um. „Es sieht gar nicht mehr so scheiße hier aus." – „Ich habe aufgeräumt." – „Du bist doch nicht sein Angestellter." – „Und? Er schläft und ich habe nichts Besseres zu tun." Niall lässt sich auf das Sofa fallen. In dem Moment kommt Harry mit der Decke um die Schultern aus dem Flur zum Schlafzimmer geschlurft. Er hat die Schäfchen-Wärmflasche im Arm und die pinken Kuschelsocken an. Seine Locken stehen wild vom Kopf ab und verschlafen sieht er uns an.

„Ach du scheiße", entfährt es Niall und am liebsten würde ich ihm dafür einen Schlag gegen den Hinterkopf geben. „Was ist hier los?", fragt Harry mit rauer Stimme. „Niall? Was machst du hier?" – „Louis hat angerufen?" – „Was?" – „Ich habe mir die Nummer aus deinem Handy geklaut", erkläre ich schnell. Er nickt nur. Niall sieht perplex zwischen uns hin und her. „Was ist?", will Harry wissen. Ich nehme das kleine Schaf aus seinem Arm und gehe in die Küche, um es wieder mit heißem Wasser zu füllen. „Du sagst dazu nichts? Es stört dich nicht, dass er an deinem Handy war?" – „Uhm... nein? Er wollte dich doch nur anrufen." – „Scheiße, was ist denn hier los?", fragt Niall und sieht aus, als würde er die Welt nicht mehr verstehen. Harry zieht die Decke enger um sich. „Niall, mach mal Platz, dass Harry sich aufs Sofa setzen kann!", entscheide ich aus der Küche und sehe, dass beide auf mich hören.

Es braucht einen Moment, bis das Wasser kocht. Außerdem mache ich noch einen Tee mit Honig dazu. Ich gehe zurück ins Wohnzimmer und gebe Harry das Schäfchen. Die Tasse stelle ich vor ihm auf dem Tisch ab. Niall mustert ihn. „Halt einfach die Klappe", sage ich, bevor er einen Kommentar abgeben kann. Was denkt er denn? Das Harry in Anzughose und Krawatte hier sitzen wird? Ich setze mich auf den Sessel und bemerke erst da Harrys Blick. Will er wirklich, dass ich mich jetzt zu ihm setze?

„Wie geht es dir, Harry?", fragt Niall in dem Moment. Er zuckt mit den Schultern. „Beschissen." Ich stehe auf und hole das Fieberthermometer. „Du merkst es nicht, oder?", höre ich Niall sagen, als ich ins Badezimmer gehe. „Was?" – „Du bist anders zu Louis." – „Stimmt gar nicht." – „Oh doch. Und du hast ihn auf diese Hochzeit mitgenommen." – „Und jetzt? Da ist doch nichts dabei", widerspricht Harry ihm. Dann fängt er an zu husten. Ich gehe zurück und stecke ihm das Thermometer in den Mund, als er wieder normal Luft bekommt. „Niall, holst du mal bitte den Fiebersaft?", bitte ich ihn, als die Temperaturanzeige immer höher steigt. „Der steht in der Küche neben dem Kühlschrank." – „Klar." Er geht in die Küche.

„Wieso hast du ihn angerufen?" – „Weil du nicht allein sein möchtest", antworte ich ihm ehrlich. Er verzieht unzufrieden den Mund. „Das heißt, du möchtest gehen, richtig?" – „Ich komme direkt von der Schicht. Ich möchte duschen und mich umziehen." – „Du kannst hier duschen", sagt er sofort und presst dann die Lippen zusammen. „Aber wenn du gehen willst... also... uhm..." – „Niall ist hier und dein Fieber geht langsam wieder runter", sage ich, obwohl es nur von 39,3°C auf 39,2°C gesunken ist. „Du bist also nicht allein." Er nickt stumm und nimmt sich den Tee. „Okay. Danke, dass du hier warst, und gekocht hast... und alles andere." Ich streiche ihm durch die Locken und er schließt einen Moment die Augen. „Kein Problem. Iss heute Abend noch einmal Suppe, okay?" Er nickt und will aufstehen. „Bleib ruhig sitzen. Ich finde allein raus", sage ich schnell. „Bis dann, Louis."

Ich ziehe meine Schuhe an und schnappe mir meine Sachen. „Gute Besserung, melde dich, wenn was ist." Ich sehe noch einmal zu Harry. Niall sitzt wieder neben ihm. Er hebt kurz die Hand und ich öffne die Tür. Harry winkt ein wenig länger. Dabei hat er den Löffel vom Fiebersaft im Mund und lächelt schief. Fuck, ich sollte das nicht süß finden.

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Niall ist total verwirrt und Harry checkt nicht, wie anders er sich verhält, wenn Louis dabei ist. Was haltet ihr davon? Meint ihr, Harry wird das noch verstehen? Und wird Niall bemerken, dass er Louis schon einmal über den Weg gelaufen ist? 

Love, L

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