Bruno, ich gehe nicht weg. Wir können auch einfach schweigen, wenn dir das lieber ist.
~Pol Rubio~

Pol's POV:
In der Klasse herrschte mal wieder Unruhe. Jeder musste sich erzählen, was er am Wochenende so erlebt hat.
,, Attention. Es geht um die Klassenfahrt ", rief der Lehrer.
Unsere Klasse hält nie die Klappe. Aber sobald es um sowas wichtiges wie die Klassenfahrt geht, sind alle still und hängen an den Lippen des Lehrers.

,, Wir Lehrer haben uns für einen Campingausflug entschieden."
,, Uh, das klingt doch interessant. Tania wir teilen uns dann ein Zelt", lachte Marc.
,, Klar, immer doch ", lachte sie zurück.
Ich mochte Tania. Sie hatte Humor. Kein Wunder, dass Bruno mit ihr befreundet ist.

,, Pol, wir beide auch?"
Berta sah mich abwartend an und ich war einfach nur genervt von ihr.
,, Hust, Schlampe ", flüsterte Bruno.
Doch sie hörte ihn trotzdem und sah ihn richtig eingeschnappt an.
,, Immerhin will mich jemand. Dich hässlichen Streber würde nie jemand anfassen."

Leider hatte ich für dieses Drama kein Popcorn.

,, Immerhin habe ich keine Geschlechtskrankheiten", konterte Bruno.
Hätten die beiden ihre eigene TV Show, würden die Einschaltquoten in die Höhe schießen.

,, Ist auch schwer wenn man nie Sex hatte", lachte sie.
,, Du schreist immer so nach Aufmerksamkeit. Pol wird dich nie lieben und jemand anders erst recht nicht."

So kannte ich Bruno gar nicht.
Du kennst ihn doch gar nicht richtig ", rief mir meine innere Stimme zu.
Und leider musste ich ihr recht geben.

,, Du bist doch nur neidisch ", entgegnete sie.
,, Worauf? Auf deine Mittelmäßigkeit."
,, Nein auf meine Schönheit. "
Ihre Stimme brach mittlerweile.

,,Es reicht ihr beiden. Klärt eure Probleme in der Pause", schrie der Lehrer mittlerweile.
Auf einmal war es still im Klassenzimmer, doch ich hörte ein Schniefen von Berta.
Bruno jedoch knallte nur sauer seinen Kopf gegen die Tischkante.

Als es zur Pause klingelte, flitzte er schnell aus dem Raum, ohne mich oder jemand anderen zu beachten.
Ich fand ihn sitzend in einer Ecke auf dem Schulhof, die Kapuze seiner Jacke tief ins Gesicht gezogen und mit Kopfhörern im Ohr.

,, Nein, ich will nicht reden, Tania."
Er sah immer noch wütend aus. Langsam nahm ich sein Handgelenk und dann sah er mich einfach nur an, ohne irgendetwas zu sagen.
,, Ach, du bist es nur."

,, Nur ich. Bist du jetzt enttäuscht? ", lachte ich.
,, Sollte ich enttäuscht sein?", gab er die Frage zurück.
,, Also was ist los? Ist alles in Ordnung bei dir, Bruno?"
,, Natürlich ist es das. Nur manchmal kann ich meine Wut einfach nicht kontrollieren."

Doch er sah nicht so aus, als ging es ihm gut.
Ich wollte für ihn da sein und ihn ablenken, so wie er es Freitag für mich getan hat. Irgendwie vermisste ich sein Lächeln.

,, Du kannst mit mir reden, wenn du willst", bat ich ihm an.
Aber er schüttelte nur wild seinen Kopf.
,, Musst du nicht irgendwo hin? Mit Berta knutschen oder so. "

Bruno klang verbittert.
,, Nein, ich lasse dich nicht alleine."
,, Das ist echt süß, aber ich komme alleine klar",erwiderte er.
,, Bruno, ich gehe nicht weg. Wir können auch einfach schweigen, wenn dir das lieber ist.

,, Mein Leben ist einfach ein Scherbenhaufen. Es gab mal wieder Streit mit meinem Dad. "
,, Muss wohl ein heftiger Streit gewesen sein", seufzte ich.

Er zog die Jacke aus, obwohl es doch nicht so warm war.
,, Merlí, manipuliert einfach jeden in seinem Umkreis. Weißt du, ich dachte meine Mum hat mich vergessen. Sie hat mir einfach keine Briefe geschrieben oder mir eine WhatsApp geschrieben. Kein Wunder, wenn Merlí alle Briefe versteckt und einfach mein Handy nimmt, um ihre Nummer zu blockieren. Ich hab einfach genug von seinem Verhalten und dann kommt noch diese dumme und macht mich in der Klasse blöd an. "

,, Das ist so krass. Aber naja mit deinen Kommentaren zu Berta hattest du schon irgendwie recht"
Er grinste. Langsam rückte ich näher um ihn zu umarmen.
,, Lass mich bitte nicht los", flüsterte Bruno gegen meine Schulter.

Brunos Augen waren mittlerweile rot, doch ich sprach ihn nicht darauf an. Wir redeten nicht mehr und ich ließ ihn auch nicht los.
Sonst umarmte ich nie irgendwelche Menschen. Aber bei ihm störte mich der Körperkontakt nicht ein Stück.

,, Sag mal. Findest du mich auch so hässlich, wie Berta es vorhin gesagt hat?"
Ich musste lachen. Das konnte er nicht wirklich ernst meinen.

,, Ach komm. Das willst du nicht wirklich wissen. Natürlich nicht, Bruno. Du bist einer, der hübschesten Jungs, die ich kenne und kannst jeden mit deinem Lächeln um den Finger wickeln. Früher war ich sogar neidisch auf dich. "
,, Auf mich? Du bist ein Trottel, aber danke."
Er lachte wieder. Und dieses Mal war es sein richtiges Lachen. Das Lachen, das er immer nur mir zeigt.

,, Und was machst du jetzt wegen Merlí? "
,, Ihn erstmal ignorieren. Kann ich heute Nachmittag mit zu dir? Du bringst mich momentan echt auf andere Gedanken."
,, Ich muss arbeiten, aber komm doch mit in die Bar. Vorher können wir was essen gehen."

Viele Schüler gingen an uns vorbei, die uns aber nicht mal einen Blick zuwarfen.
Jetzt war sein Blick auf einmal richtig teuflisch. Dieser Junge war ein Mysterium. Und irgendwann werde ich all seine Geheimnisse knacken.

,, Als Rache habe ich von Merlí 300 € genommen. "
,, Du bist so ein Rebell", grinste ich.
,, Dein schlechter Einfluss, Pol. "
,, Fragt sich, wer hier auf wen den schlechten Einfluss hat."
,, Einigen wir uns auf ein Unentschieden? Wir sind beide totale Rebellen", grinste er.

Wir konnten über jeden Scheiß reden und trotzdem wurde es einfach nicht langweilig.

,, Wollen wir in so ein fancy Restaurant? ", fragte ich ihn.
,, Ich sehe schon, wir verstehen uns."

Leider klingelte es wieder zum Unterricht.
,, Was haben wir jetzt eigentlich?"
,, Keine Ahnung", grinste Bruno.
Er zog mich hoch und gemeinsam gingen wir zum Klassenraum, der aber noch relativ leer war.

Nur Tania und Berta saßen schon auf ihren Plätzen.
Und beide waren nicht wirklich froh mich und Bruno gemeinsam reinkommen zu sehen.

,, Wie kannst du mit so einem Schwein abhängen? ", warf Berta mir an den Kopf.
,, Wer bist du, dass du mir Vorwürfe machen kannst, mit wem ich abhänge? Es ist mein Leben und somit auch meine Entscheidung", rief ich mittlerweile zornig zurück.

,, Berta, halt mal den Ball flach. Er ist nicht dein Freund und du hast kein Recht Ansprüche zu stellen."
Brunos Stimme war noch ruhig, doch er lächelte wieder sein Fake Lächeln.
Bitte lass es nicht schon wieder eskalieren.

,, Pol, hat nur Mitleid mit dir", entgegnete sie.
,, Und mit dir nicht? Eigentlich ist die Schule für dich unnötig, du endest sowieso als Nutte in einem Bordell. "

Sie ging auf ihn los. Und vom Lehrer und meinen Mitschülern war einfach keine Spur.
,, Bruno, lass es einfach. Sie ist es nicht wert."
Ich zog ihn am Arm weg von ihr.

Am Morgen hatte ich nicht geahnt, dass ein Montag so dramatisch sein kann.