Kapitel 46

„Ist die Luft rein?", entkam es dem blonden Adelsmann, der vorsichtig den Kopf durch die schwere Salontür des Manors steckte.

Erleichtert nur seine Ehegattin darin vorzufinden, stieß er die angehaltene Atemluft aus.

„Wie du siehst..". antwortete Narzissa Malfoy unterkühlt, während sie sorgsam ihren Zauberstab schwang, um eine seltene venezianische Vase zu reparieren. Ihre Zauberstabbewegungen wirkten wütend.

„Gut.", antwortete Lucius Malfoy froh und schlenderte in die große, zeitlos elegant eingerichtete Räumlichkeit, die dem Ehepaar als Wohnzimmer diente.

Eine Hauselfe wuselte durch den großen Raum und führte ebenso einige Zauber durch, die zur Wiederherstellung der Inneneinrichtung dienten.

Der Hausherr ließ sich auf der großen Sofalandschaft nieder und sah seelenruhig dabei zu, wie die kleine flinke Hauselfe und seine Ehegattin in gemeinschaftlicher Arbeit den Wohnraum in seinen ursprünglichen Zustand zurück verwandelten.

„Unser Familienbild auf dem Beistelltisch hat noch eine gebrochene Glasscheibe, Zissy Liebes.", sprach Lucius entspannt auf dem Sofa zurückgelehnt und deutete neben sich auf den kleinen Tisch.

Die Angesprochene fuhr mit einem noch zornigeren Blick zu ihm herum.

Lucius hätte schwören können, dass seine Liebste vor Wut geknurrt hatte, während er nur erheitert darüber glucksen konnte.

„Warum. . . zur Hölle. . . machst. . . du. . . es . . . nicht selbst?", presste sie zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor.

„Och. Ich wollte mich in euren Aktivitäten nicht einmischen."

„Ich vergaß, du wolltest dich vorhin ja auch nicht einmischen und bist lieber feige abgehauen, um nach deinen Pferden zu sehen. Das kannst du offenbar äußerst gut, Lucius. Dich verdrücken. Hättest du das bei dem dunklen Lord ebenso erfolgreich geschafft, wäre unserer Familie eine Menge erspart geblieben."

Lucius, der bisweilen entspannt mit überschlagenen Beinen auf dem Sofa gesessen hatte, stand erbost auf.

„Jetzt wirst du unfair Zissy!", wand er vehement ein.

„Ich? Du bist unfair. Ich hätte vorhin deine Unterstützung durchaus gebrauchen können, Lucius.", wütete die blonde Adelsfrau.

„Du kannst als Frau einfach besser mit so einem weiblichen Tobsuchtsanfall umgehen."

„Wer sagt das?", konterte die blonde Hexe.

„Verdammt Narzissa. Wenn ich das Haus nicht verlassen hätte, wäre innerhalb 10 Minuten jemanden der Hals umgedreht worden. Und ich schwöre bei Salazar, das wäre nicht ich gewesen. Oder du. Soviel steht fest.", erwiderte Lucius eifrig. „Und dann hättest du mir gleich wieder eine Zelle in Askaban reservieren können. Aber dieses Mal dann bitte schön mit Meerblick."

Narzissa entkam ein verräterisches Schmunzeln über die Lippen.

„Die Räumlichkeiten sind wieder vollständig errichtet, Madame.", klinkte sich die kleine Hauselfe ins Gespräch.

„Danke dir Dibsy.", antwortete die Herrin milde lächelnd. „Du kannst gehen!"

Die Elfe verbeugte sich unterwürfig und disapparierte eilig.

Narzissa schlenderte zum gläsernen Barwagen und griff nach der Flasche Feuerwhisky, um sich und auch Lucius einen Tumbler voll einzuschenken. Lässig schritt sie zurück zu ihrem Mann, der wieder auf dem großem Sofa Platz genommen hatte und reichte ihm eines der Gläser.

„Ist es nicht etwas zu früh dafür, Liebes?"

„Nein. Heute nicht.", entschied die Hexe, obwohl es noch nicht einmal Mittag war, stieß ihr Glas zuprostend gegen seines und schüttete den Whiskey undamenhaft die Kehle hinunter.

Lucius sah seine Gattin entgeistert und überfordert an, während diese mit geschlossenen Augen und zurückgelegtem Kopf das Brennen des alkoholischen Getränkes genoss.

Schließlich tat er es ihr gleich und schüttete das Getränk seine Kehle hinab.

Vielleicht war der Drink heute wirklich nötig.

Seit über zwei Wochen verbrachte Lucius Malfoy auffällig oft seine Zeit außerhalb des Manors. Mangelnder Möglichkeiten und Ideen vertrieb er sich die Zeit meist in seinem Pferdegestüt, welches Zwerge für ihn sorgsam hegten und pflegten.

Aufgrund der vielen Zeit, die er dort nun investierte, kam sich der Adelsmann mittlerweile wie ein gewöhnlicher Stallbursche vor. Keinesfalls wie ein angesehener Reinblutmagier von Zauberadel abstammend. In seiner krankhaften Vorstellung war es schon so weit gekommen, dass er mehrmals am Tag duschen ging, um ja den mutmaßlichen Stallgeruch abwaschen zu können. Seine Gattin schüttelte über seine exzentrische Verschrobenheit nur noch den Kopf. Sie hoffte gleichwohl, sobald ihr Sohn aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt war und das Familienleben wieder Akklimatisation und Normalität erfuhr, würde Besserung eintreten.

Ursprung der familiären Problematik war offensichtlich der kleine Scorpius Sirius Granger, wobei man dem kleinen Knirps eigentlich nicht die Schuld dafür zuschreiben konnte. Das eigentliche Problem ging tatsächlich weniger von ihm, als eher von Astoria Malfoy aus.

Narzissa und Lucius hatten sich mit dem unehelichen und halbblütigen Enkelkind weitgehendst angefreundet und abgefunden. Das Kind war schließlich da und konnte sich nicht einfach so in Luft auflösen. Bedauerlicherweise verstand das ihre Schwiegertochter keinesfalls.

Seit Bekanntwerden der Existenz des Kindes war die Luft im Herrschaftsanwesen der Malfoy dick geworden, welche tatsächlich stetig exponentiell angewachsen war und mit dem heutigen Artikel der „Hexenwoche" nun seinen Höhepunkt gefunden hatte.

Astoria war deswegen vollends ausgerastet, hatte mit Dingen, die sie in ihrem Wahn, Zorn und Groll in die Finger bekommen hatte, um sich geworfen. Sie hatte auch blindlings Zauber losgelassen, die das kostbare Mobiliar und die dekorative Verzierung regelrecht in seine Einzelteile zerstört hatte. Narzissa war ein solch erboster Ausraster ihrer Schwiegertochter bereits bekannt, der sich jedoch damals glücklicherweise nur auf ihren eigenen Wohnbereich beschränkt hatte. Nie hatte Astoria sich bisher in den Räumlichkeiten ihrer Schwiegereltern so gehen lassen und aufgeführt. In freigesetzter Rage und wie eine wildgewordene Furie war sie heute früh am Morgen in den Wohnbereich der älteren Zauberer gestürmt und hatte den Ursprung ihres Tobsuchtsanfalls auf den Wohnzimmertisch geknallt. Eine brandaktuell erschienene Ausgabe der Hexenwoche.

Auf insgesamt drei Doppelseiten dieses Boulevard-Magazins wurde über den Rehabilitationsaufenthalt des kleinen Scorpius Granger in den Vereinigten Staaten berichtet, wobei der Fokus und Schwerpunkt des journalistischen Artikels nicht explizit auf dem Kind selbst lag, sondern eindeutig bei dessen Eltern.

Wie dem Bericht deutlich entnehmbar, war dem Dreiergespann nach Texas ein verdeckter Journalist gefolgt, der die Reha-Einrichtung seither ausgekundschaftet und observiert hatte. Dem Reporter waren dazu auch etliche Fotos gelungen, die er ohne das Wissen der Porträtierten erlangt haben muss.

Die unbemerkt erstellten Fotoaufnahmen wurden zweifelslos mit einer Muggelkamera aufgenommen, da ein heimliches Erstellen mit einer Zauberkamera aufgrund des unverkennbaren Knallgeräusches und dem grellen Blitzlicht schlicht und einfach nicht möglich gewesen wäre.

Hermine Granger oder Draco Malfoy wäre es natürlich augenblicklich aufgefallen, wenn ihnen ein magischer Reporter eine riesige Kamera vor die Nase gehalten hätte. Mit den kleinen kompakten Apparaten der Muggel hingegen, die über eine ausgesprochen hohe Qualität des Kamerazooms verfügten, konnten aus sicherer und gut versteckter Entfernung mit Leichtigkeit solche Bilder aufgenommen werden.

Und genau deshalb enthielt die neue Ausgabe der Hexenwoche, die Lucius Malfoy nur für ein billiges Schundheftchen hielt, zahlreiche unbewegte, aber gestochen scharfe Fotografien über Draco Malfoy, sowie Hermine und Scorpius Granger.

„Wann denkst du wird Justus wieder hier antanzen? Willst du vielleicht darum wetten?", unterbrach Narzissa die Stille im Raum, die kurzzeitig aufgekommen war, da jeder der Malfoys seinen eigenen Gedanken nachgehangen war.

Lucius sah seine Ehegattin etwas entgeistert an.

„Was denn?", meinte diese auf seinen Blick hin grinsend. „Ich gebe ihm noch höchstens eine Stunde."

Lucius seufzte ergeben und sank noch tiefer in die Kissen der Sofalandschaft.

Jedes verdammte Mal floh das „verwöhnte Püppchen" von Schwiegertochter zu ihrem Daddy, wenn etwas im Malfoy Manor nicht so lief, wie sie es sich wünschte. Da es bedauerlicherweise seit dem Bekanntwerden von Draco's unehelicher Vaterschaft zu einer Art Dauerzustand geworden war, trudelte regelmäßig Justus Greengrass ein, um sich über irgendetwas zu beschweren. Es zerrte an Lucius Nerven. Erschöpft massierte er sich die Schläfen. Er konnte doch auch nichts daran ändern. Er konnte schließlich wohl kaum den Jungen spurlos verschwinden und sich in Luft auflösen lassen, nur damit Astoria ihren Frieden fand. Sie musste sich endlich wie eine Dame ihres Standes verhalten und damit klarkommen. Vielleicht hätte er heute Morgen ein Machtwort sprechen müssen, als ihr Wutausbruch begonnen hatte. Aber er hatte es vorgezogen, sie toben zu lassen und sich währenddessen aus dem Anwesen zu verziehen, um sich ihr Gezeter nicht anhören zu müssen.

„Eine Halbe.", antwortete er schließlich ergeben, was seine Frau grinsen ließ.

„Der Wetteinsatz, Liebling?", fragte sie süffisant.

„Ernsthaft?"

„Durchaus Lucius. Durchaus."

„Wie du willst. Wenn ich gewinne und Justus ist innerhalb der nächsten 30 Minuten hier aufgeschlagen, gibt es heute Abend Austern.", erklärte er, woraufhin Narzissa angewidert ihren perfekt geschminkten Mund verzog. Sie hasste Austern.

„Nun gut.", antwortete sie nach einiger Bedenkzeit, während sie zeitglich versuchte, ihren aufgekommenen Ekel hinunter zu schlucken, der bei dem Gedanken an Austern ihre Kehle hoch gekrochen war.

„Sollte Justus in etwa 30 Minuten aufschlagen, plus minus eine viertel Stunde, werde ich den Elfen auftragen, heute Abend Austern zu servieren..", ging sie auf seinen Wunsch ein, worüber Lucius triumphierend grinste.

„Sollte aber ich gewinnen und Justus erst in etwa einer Stunde kommen, möchte ich, dass du ohne Widerworte akzeptierst, dass ich für Scorpius ein Kinderzimmer einrichte."

„Was?", entkam es Lucius verdutzt.

„Du hast mich schon verstanden Lucius."

„Du willst für ihn ein Kinderzimmer einrichten?"

„Ja. Ich bin seine Großmutter und ich möchte den Jungen regelmäßig sehen. Miss Granger ist noch sehr jung und kann bestimmt immer wieder mal jemanden gebrauchen, der ihr den Jungen abnimmt. Denk daran, sie beginnt demnächst auf zutun von Draco eine Ausbildung als Tränkemeisterin in unserer Firma. Sie wird viel zu tun haben und einiges lernen müssen."

„Das ist mir bewusst.", murmelte Lucius.

„Und da kommen wir ins Spiel."

„Wir?", fragte Lucius perplex.

„Wir sind Scorpius Großeltern. Wir werden Hermine anbieten, Scorpius hin und wieder zu nehmen. Vielleicht mag der Junge auch irgendwann hier übernachten. Ich würde mich jedenfalls darüber freuen."

„Ich... was?", stammelte der blonde Zauberer überfordert.

„Ach tu nicht so Lucius. Mir ist sehr wohl bewusst, dass du den Jungen hinreißend findest. Auch wenn du und dein rassistischer Reinblutstolz es niemals zugeben würden. Nicht einmal dann wenn ich dich tagelang in deinen Folterkeller sperre."

„Ich habe überhaupt keinen Folterkeller.", entkam es dem Hausherrn immer noch völlig verdutzt.

„Du weißt was ich meine.", erwiderte die junge Großmutter hitzig.

„Tu ich das?"

„Ja!"

„Du willst für Draco's unehelichen Sohn ein Kinderzimmer hier im Manor einrichten, obwohl du weißt, dass deine Schwiegertochter allein bei der Erwähnung des Kindes schon Tobsuchtsanfälle bekommt?", wollte Lucius erstaunt wissen.

„Selbstverständlich werden Scorpius Räumlichkeiten in unserem Flügel sein. Ich werde sicher nicht in Draco und Astoria's Teil des Manors spazieren und dort ein Kinderzimmer einrichten. Ich bin ja nicht lebensmüde. Ich häng an meinen Vasen. Aber was wir in unserem Bereich tun und lassen, hat weder Astoria noch Justus Greengrass etwas zu kümmern. Soviel sei dir gesagt!", bekräftigte die Hexe energisch und stand vom Sofa auf.

„Dein Wort in Salazars Ohr.", murmelte Lucius in seinen nicht vorhandenen Bart.

Narzissa schickte sich an, den Wohnraum zu verlassen, als ihr Ehegatte noch einmal das Wort ergriff.

„Indem du dem Jungen, der von Astoria mehr als unerwünscht ist, nun auch noch ein Kinderzimmer in unserem Haus einrichtest, schüttest du nur noch mehr Öl ins Feuer. Bitte bedenke das bei deiner Entscheidung, Zissy."

Die Hausherrin blieb im Türrahmen stehen und wandte sich noch einmal ihren Gatten zu.

„Astoria muss endlich lernen, damit zurecht zu kommen. Wir haben ihr jetzt lange genug den Rücken gestärkt und ihr gewisse Narrenfreiheiten gelassen. Ich dulde nicht noch einmal die Zerstörung meiner Habseligkeiten. Auch wenn Magie sie vielleicht meist zu richten vermag. Aber langsam komme ich an meine Grenzen. Der Geduldsfaden endet. Das kannst du auch gerne deinem Freund Justus mitteilen, wenn er in einer Stunde hier aufschlägt."

„In einer halben Stunde.", erwiderte der Hausherr grinsend, um ihr zu verdeutlichen, wie sicher er war die Wette zu gewinnen.

„Ich freue mich sehr auf die Austern Liebes. Vergiss aber bitte nicht der Besorgungselfe den Auftrag zu geben, dass sie fangfrische vom Markt besorgt. Nicht, dass du dich feige vor deinen Wettschulden drückst und wir letzten Endes ohne Austern dastehen."

„Hab ich noch nie Lucius.", zwinkerte sie. „Und jetzt bitte entschuldige mich. Ich muss noch eine Vorauswahl treffen, was die Kindertapeten betrifft."

„Du richtest das Zimmer schon ein?", fragte der Blonde verblüfft.

„Natürlich.", entkam es Narzissa im Singsang.

„Du hast die Wette noch nicht gewonnen, Zissy."

„Der Wetteinsatz lautete auch nicht, dass ich bei Gewinn der Wette ein Kinderzimmer einrichten darf, sondern dass du es ohne zu meckern akzeptierst."

„Du bist ganz schön durchtrieben."

„Nein.", lächelte sie süßlich. „Nur eine Slytherin."

Lucius entfleuchte ein lauter Lacher, während er über seine Gattin nur noch den Kopf schütteln konnte.

„Wir sehen uns dann in Kürze zum Mittagessen, Liebling.", flötete sie glücklich und verließ den Wohnbereich.

Lucius Malfoy sah ihr einige Augenblicke nach, ohne dass das Lächeln von seinen Lippen verschwand. Schließlich fixierte er mit seinem Blick dieses vermaledeite Klatschblatt, dass unweit neben ihm auf dem Sofa lag.

Nachdem er es einige unsinnige Minuten recht erfolglos nieder gestarrt hatte und es aber bedauerlicherweise dadurch nicht in Flammen aufgegangen war, griff er letztlich danach und schlug es auf. Er blätterte langsam durch das Magazin und überflog aufmerksam die unterschiedlichsten Tratsch- und Klatschgerüchte der dort abgedruckten Persönlichkeiten.

Schließlich erreichte er den von ihm gesuchten Leitartikel, der bereits auf dem Titelblatt mit einer großspurigen Schlagzeile angekündigt worden war.

Konzentriert überflog er die Textpassagen, die über eine Seite lang ausführlich erläuterten, was sein eigener Sohn gemeinsam mit seinem Sprössling und dessen Mutter bisher während des Rehabilitationsaufenthaltes erlebt hatte.

Die Autorin, zweifelslos schwärmte sie für seinen Sohn, schrieb nur in den höchsten Tönen von Draco und dessen liebevoller Umgang mit dem kleinen Scorpius. Sie berichtete auch detailliert über verschiedenste Unternehmungen und Ausflüge, sowie den teilgenommenen Kursen der Reha-Einrichtung.

Es war für Lucius befremdlich seinen eigenen Sohn bei der Ausübung unterschiedlichster Aktivitäten der Muggel zu betrachten. Viele davon waren dem Zauberer kurzerhand nicht geläufig. Draco aber schien offenkundig große Freude dabei zu empfinden, denn Lucius hatte ihn selten so glücklich und unbeschwert erlebt. Eigentlich sollte sich er sich über die Tatsache, dass sein Sohn sich wie ein Muggel verhielt, empören, doch er kam nicht umhin, sich über dessen strahlendes Gesicht zu freuen. Seine Vorväter drehten sich höchstwahrscheinlich gerade im Grabe um.

Glücklicherweise enthielten alle abgedruckten Bilder kleine Untertitel, um den Lesern, die nicht mit den Muggelaktivitäten vertraut waren, eine Möglichkeit der Erklärung zu bieten. So auch für Lucius Malfoy.

Interessiert und eingehend studierte er die zahlreichen farbigen Fotografien.

Das erste Bild zeigte Draco reitend auf einem großen braunen Pferd, vor ihm sein kleiner Junge und beide trugen sie einen dieser texanischen Cowboyhüte in schwarz. Scorpius strahlte glücklich bis über beide Ohren, während ihn sein Vater schützend mit einem Arm sicherte. Miss Granger war darauf nicht zu sehen, dafür aber ein großer dunkelhäutiger Mann ebenfalls mit seinem Spross.

Weitere Bilder zeigten Draco zusammen mit Miss Granger und dem Jungen bei diversen sportlichen Aktivitäten, bei denen sie stets im passenden Partnerlook gekleidet waren, die den Eltern und Kindern offenbar von der Einrichtung zur Verfügung gestellt worden waren.

Dem Artikel war auch zu entnehmen, dass die Eltern in Gruppen gegeneinander antraten und aufgrund der besseren Unterscheidung der Teams verschiedene Farben trugen. Eine Fotografie davon zeigte Draco bei einem Baseballspiel, in dem er und Miss Granger offenbar als Sieger hervorgegangen waren, da sein Sohn die junge Hexe gerade siegesfreudig und jubelnd in die Höhe hob.

Bei einem Fußballspiel der Eltern, Lucius war diese Sportart tatsächlich ein Begriff, traten die Väter in pinken Trikots gegen die Mütter in blauen Mannschaftsdressen an. Die Momentaufnahme zeigte Miss Granger, die gerade versuchte an Draco mit dem Ball vorbeizukommen, während der Blonde lachend probierte die junge Mutter zu foulen.

Es folgten weitere fotografische Aufnahmen.

Draco, mit anderen Männern scherzend, in einem enganliegenden blauen Overall mitsamt Motorradhelm auf einer Rennstrecke beim Go-Kart-Fahren. Ein anderes Mal auf einer geländegängigen Motorcross im Wüstengelände mit Miss Granger als Sozius dabei, deren Arme sich während der rasanten Fahrt von hinten ängstlich um seinen Bauch klammerten.

Das Dreiergespann in einem Fahrzeug der Muggel mit Draco am Steuer, während er über einen Highway fuhr. Die Hexenwoche beschrieb das zur Fortbewegung dienende Muggelgerät als Cabrio, ein Muggelfahrzeug mit abnehmbarem Dach.

Der junge Zauberer trug dabei glückliche und so auffällig entspannte Züge auf dem gebräunten Gesicht, die man auch noch trotz der großen Pilotensonnenbrille erkennen konnte, dass es Lucius ganz schwer in der Brust wurde. Die braunen Haare der jungen Hexe wehten im Fahrtwind und auch ihrem Gesicht war Glück, Harmonie und innerer Frieden entnehmbar. Der kleine Junge im hinteren Teil des Wagens juchzte offenbar fröhlich.

Es gab weitere Ablichtungen, die Draco mit Miss Granger dokumentierten. Zum einen wurden sie tanzend in einem Westernsalon abgelichtet, während sie sich gegenseitig anstrahlten und lachten. Beide trugen, durchgängig wie alle anderen Gäste, stilechte Westernkluft. Die andere Aufnahme zeichnete die Beiden bei einem Wettkampf der Eltern auf, an dem die Väter die Mütter Huckepack auf dem Rücken trugen und über verschiedenste Parcours um die Wette laufen mussten.

Natürlich konnte Lucius die Proteste seiner Schwiegertochter zum Teil verstehen. Den eigenen Ehemann möchte man nicht unbedingt mit einer anderen Frau in einem Klatschmagazin abgelichtet haben, aber man konnte Draco keinesfalls einen Strick daraus drehen, denn die Abbildungen waren weder unangebracht, noch in irgendeiner Form prekär oder gar moralisch verwerflich. Er bezweifelte sehr, dass Draco etwas unüberlegtes tat, was über eine Freundschaft mit Miss Granger hinausging. Es hätte so und so keine Zukunft und würde die oberflächlich gepflegte Freundschaft mit der Mutter seines unehelichen Sohnes nur gefährden. Und dessen war sich der junge Vater durchaus bewusst.

Draco hatte schließlich keinerlei Berechtigung bezüglich des Sorgerechtes, denn jeder einzelne Kontakt mit seinem Jungen wurde ihm von Miss Granger freiwillig zugebilligt.

Sollte die Kameradschaft zerbrechen, wäre die Gefahr gegeben, dass Draco das Kind nicht mehr zu Gesicht bekommen würde. Diese Situation würde zwar seiner Schwiegertochter mehr als zusprechen, doch Lucius bezweifelte mittlerweile sehr, ob das auch seinen Sohn auf Dauer glücklich machen würde. Draco hing wirklich sehr an Scorpius, das musste mittlerweile auch Lucius zugeben.

Es gab auch Bilder, die die kleine „Familie" beim gemeinsamen und kindergerechten Kochen mit den anderen Teilnehmern in einer riesigen Großraumküche zeigte, sowie den kleinen Scorpius beim Streicheln diverser Tiere, die auf der Ranch lebten.

Hell leuchtende Kinderaugen, die seines Sohnes so ähnlich, strahlten Lucius auf einer weiteren Fotografie entgegen, auf der der kleine Mann auf den Schultern seines Daddys saß. Beide trugen sie nur Badeshorts und Draco watete gerade lachend vom Wasser zurück ans Ufer des Badesees.

Als würde eine Aufnahme mit seinem halbnackten Sohn in diesem Schundheftchen nicht schon reichen, hatte man tatsächlich noch ein weiters Bild in Bademode abgedruckt. Miss Granger, in einem hübschen schwarzen Einteiler, schlenderte zusammen mit den beiden Blonden, die Badeshorts in derselben Farbe trugen, am Strand entlang.

Sein Blick weilte einen Moment zulange auf dieser Aufnahme, sodass Lucius eiligst und etwas beschämt die nächste Seite aufblätterte.

Angetan betrachtete er den neuen Schwung an Bildern. Es waren auch schlichte Aufnahmen darunter, die Draco und Miss Granger bei banalen Tätigkeiten zeigte, wie das gemeinsame Verlassen ihrer Hütte oder beim Beisammensein am Lagerfeuer mit den anderen teilnehmenden Eltern, sowie beim Barbecue auf einer großen Terrasse. Da die jungen Eltern niemals den Blick direkt in die Kamera gerichtet hatten, war es nur zu deutlich, dass ihnen nicht bewusst war, fotografiert worden zu sein. Es fand sich auch ein Abzug darunter, auf dem nur der kleine Granger mit einigen Kindern beim Malen abgelichtet worden war.

Lucius nahm an, Draco würde sich dieses Nachspionieren keinesfalls gefallen lassen und sobald er von diesem Bericht erfahren würde, gerichtlich gegen dieses windige Blatt vorgehen. Es würde zwar streng genommen nicht mehr rückgängig gemacht werden können, aber die Redaktion der Hexenwoche dürfe ruhig eine saftige Entschädigungszahlung blechen, um nicht noch einmal auf die Idee zu kommen, solch einen Persönlichkeitsrecht verletzenden Report zu veröffentlichen.

Mit Faszination blieb er an einigen Aufnahmen hängen, die laut den Untertiteln erst kürzlich aufgenommen worden waren.

Lucius musste zweimal hinsehen, um seinen Sohn richtig zu erkennen. Irritiert und doch zeitgleich voller Erstaunen schlich sich ein lauter Lacher aus seinem Mund.

Sein Sohn war tatsächlich als Indianer verkleidet. Er trug eine beigefarbene Fransenhose in Wildlederoptik mit integriertem Hosenlatz an der Vorderseite, sowie einem geflochtenen Stoffgürtel. Sein ärmelloses Oberteil war ebenfalls in Beige und Wildlederoptik mitsamt den dazugehörigen Fransen, bestach jedoch zusätzlich noch aus farbigen Schmuckborten an Brust und Schultern mit detailliertem Stickmuster. Dazu trug er ein indianertypisches Stirnband mit einer Feder und Oberarmbänder.

Der kleine Scorpius glich seinem Vater eins zu eins, auch er trug solch ein indianertypisches Kostüm. Miss Granger hingegen steckte in einem hinreißendem ärmellosen braunen Indianerkleid mit bunt besticktem Taillengürtel, welches vorne am Rock spitz zulief. Auch sie trug zarten Kopfschmuck und flatternde Oberarmbänder.

Scorpius, der inmitten seiner Eltern stand, hielt artig die Hand seines Vaters und seiner Mutter und Lucius Knoten in der Brust schnürte sich noch enger. Die jungen Eltern wirkten so zufrieden und glücklich, dass er beinahe nachvollziehen konnte, wie schwer es Astoria fiel, diese Bilder zu betrachten. Obwohl keines der Bilder, auch nicht dieses sehr familiär wirkende Portrait, auf etwas unsittliches, anstößiges oder despektierliches für Draco's Ehe hindeutete, war es dennoch nur sehr schwer zu verkraften.

Es trug auch nicht positiv dazu bei, dass die Berichtverfasserin noch einmal darauf hinwies, wie sehr die Beiden zusammenpassen würden und wie bedauerlich und tragisch es sei, dass Draco bereits in eine unliebsame Ehe gezwungen worden war. Die Reporterin nannte es auch übertrieben: „Die Buße des Todessers, der nicht die Richtige lieben durfte".

Lucius schüttelte entgeistert den Kopf über so viel journalistischen Unsinn und ausschweifender Übertreibung.

Sein Blick konzentrierte sich auf die letzte Fotografie der Bilderreihe, welche erneut eine Aufnahme aus dem Indianerwochenende zeigte, was noch einmal in einer kleinen Textpassage genau erläutert wurde.

Draco saß dort mit Miss Granger, Scorpius und einer weiteren Familie am Lagerfeuer. Im Hintergrund der Aufnahme konnte man tatsächlich mehrere große Tipi Zelte erkennen und Lucius nahm an, dass dies für die Kinder ein ungeheures Abenteuer sein musste, in diesen Zelten zu schlafen. Draco und der dunkelhäutige Mann, der auch schon auf anderen Abzügen zu sehen war, halfen ihren Sprösslingen dabei ein Stockbrot über dem Feuer zu grillen, was den Kindern offensichtlich gut gefiel. Miss Granger saß neben einer hellblonden Frau, mit der sie sich angeregt zu unterhalten schien, während sie ein kleines ebenso hellblondes Mädchen in den Armen hielt, das fasziniert das Flackern des Feuers bestaunte.

„Wer hätte das gedacht?", durchbrach Narzissa plötzlich die Stille und Lucius Malfoy's Kopf schoss ertappt hoch, die Zeitschrift gleichzeitig hektisch versteckend.

Seine Aufmerksamkeit war bisweilen hochkonzentriert auf das Heft vor sich gerichtet gewesen, sodass er alles um sich herum vollkommen ausgeblendet und vergessen hatte.

„Was?", brummte er irritiert, während er ertappt versuchte, die Zeitschrift unbemerkt weit von sich zu schieben.

„Doch noch auf den Geschmack gekommen, Liebling? Ist manchmal doch ganz interessant, oder? So ein Schundheftchen.", säuselte sie neckend und benutzte seine Bezeichnung für die Hexenwoche.

„Nein!", pulverte er einwendend, seine blassen Wangen verdächtig gerötet.

„Eine grauenhaft schlechte journalistische Darbietung, die weit unter deinem Niveau liegt Narzissa. Oder meiner.", erklärte er beschämt und erhob sich vom Sofa.

„Kein respektabler Zauberer, der noch einen Funken Stolz in sich trägt und etwas auf sich oder seine Herkunft hält, würde ein Abonnement dieser unwürdigen, niveaulosen und drittklassigen Unterhaltungsschundzeitschrift abschließen.", brummte er hitzig vor sich hin.

„Natürlich.", lächelte sie süß, was Lucius eine Augenbraue hochziehen ließ.

„Zweifelst du an meinen Worten, Zissy?", wollte er brummend wissen.

„Nie Liebster. Nie", gluckste sie und fügte hinzu, bevor er das Wort erneut ergreifen konnte: „Komm zu Tisch. Es ist angerichtet."

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