4 - Du willst also in Gehirnen rum schnippeln?
Um kurz nach sieben betrat ich die Bar und sah mich um. Es war stickig und roch nach Alkohol, aber wenigstens nicht nach Rauch. Immerhin.
Kelly sah ich erst, als sie aufsprang und wie wild mit ihren Armen fuchtelte, was mich sofort dazu brachte den Kopf zu senken und die Augen zu verdrehen. Langsam ging ich auf sie zu und hob den Kopf erst wieder als ich vor ihr stand. "Schön dass du's geschafft hast, Louis! Setz dich doch, wir sind endlich vollzählig!" sagte sie und umarmte mich kurz, was mich sofort erstarren ließ.
Viel mehr jedoch ließ mich ihr "Wir sind endlich vollzählig" erstarren. Ich ließ meinen Blick zum Tisch gleiten und vier fremde Leute grinsten mich neugierig an.
Kelly setzt sich und ich ließ mich neben ihr nieder. "Das hier ist Louis. Von dem habe ich euch erzählt! Seid nett zu ihm, er ist neu!" wies sie die vier Männer zurecht und ihr Unterton war etwas streng, dennoch freundlich.
"Hey, ich bin Zayn." sagte der erste von ihnen, er saß direkt neben Kelly und grinste mich freundlich an. Ich nickte ihm zu und musterte ihn kurz. Er war unglaublich hübsch. Seine braunen Augen strahlten förmlich, seine Haut hatte einen tollen Teint und er wirkte sportlich. Die aufgestellten schwarzen Haare saßen perfekt. Er musste Südländer sein. Er sah unglaublich aus. "Das hier ist Luke." sagte er und zeigte auf einen blonden Jungen schräg vor mir. Er hatte ein Lippenpiercing und grinste breit. "Hey." sagte er nur und widmete sich dann wieder seinem Handy. Neben ihm saß ein ebenso hübscher Kerl mit kurz rasierten, hellbraunen Haaren. Er wirkte muskulös auf mich, dennoch hatte er ein jungenhaftes Gesicht. "Hallo, ich bin Justin." stellte er sich vor und ich nickte ihm ebenfalls zu. Wieso sahen die hier alle so hübsch aus!? Und wieso war Kelly umgeben von ausschließlich Kerlen?
"Ich bin Harry. Hallo." vernahm ich eine raue Stimme und mein Blick fiel auf den Jungen der mir direkt gegenüber saß. Seine grünen Augen stachen heraus und irgendwie kam er mir bekannt vor. Er hatte Locken, die er mit einem Bandana versucht hatte zu bändigen, was ihm offenbar mehr schlecht als recht gelungen war. Er grinste mich an und seine Grübchen stachen heraus. Kaum merklich zuckte mein Mundwinkel und ich widmete mich wieder Kelly. "Ich dachte wir wären allein?" fragte ich sie leise und sie lachte auf. "Wolltest du ein Date mit mir?"
Sofort lief ich knallrot an und schüttelte den Kopf. "So ein Quatsch!" verteidigte ich mich, was sie alle ein wenig zum Lachen brachte um mich herum. "Nicht?" fragte sie frech nach.
"Nein. Ganz bestimmt nicht. Dates sind Zeitverschwendung." erwiderte ich fest und der Lockenkopf vor mir hob eine Braue und musterte mich. "Zeitverschwendung?" mischte er sich in unser Gespräch ein und ich sah ihm in die Augen und nickte. "Jap."
"Aber wieso? Was ist daran Zeitverschwendung?" fragte er wieder nach und so langsam nervte er mich. Das ging ihn ja wohl nichts an!
"Weil Liebe und dieser ganze Kram nicht existieren! Ganz einfach." antwortete ich also mit genervtem Unterton und er lachte kurz auf. "Oh wow, dir muss eine aber mal richtig mies das Herz gebrochen haben dass du so denkst." gab er von sich und mein Gesicht fror praktisch ein. Ich senkte meinen Blick und schüttelte den Kopf. "Das geht dich nichts an." sagte ich unfreundlich und Kelly, die die Szene beobachtet hatte, regte sich neben mir. "Okay, wir sollten alle mal was trinken, findet ihr nicht? Ich bestell was. Louis, willst du auch ein Bier?" fragte sie an mich gewandt und ich schüttelte den Kopf. "Ich nehme eine Cola. Das reicht mir." antwortete ich und sie nickte leicht und sprang von ihrem Platz um zur Bar zu gehen.
"Na dann, erzähl doch mal was von dir!" hörte ich Zayn sagen, der mich nett anlächelte und ich seufzte. Auch das noch. "Ich komme eigentlich auch aus London, bin aber I praktisch heute erst von Doncaster wieder hierher gezogen. Ich werde hier studieren. Medizin." erklärte ich mit leiser Stimme und Zayn nickte anerkennend. "Wow. Das ist toll. Ich arbeite in einem Coffee Shop um die Ecke. Zum Studieren hat's nicht gereicht!" sagte er locker und ich nickte. Er wirkte auf mich nicht unbedingt dumm. Sicher lag es am Geld.
"Wieso Medizin?" warf Harry ein. Ich musterte ihn kurz und am Liebsten wäre ich aufgestanden und gegangen. Ich konnte ihn nicht ausstehen. Absolut nicht, das wurde mir jetzt klar.
"Weil es so ist." antwortete ich ihm und er verdrehte die Augen. "Was ist das für eine dumme Antwort? Wenn ich dir jetzt sage ich studiere Literatur. Dann wölltest du auch eine vernünftige Antwort darauf wieso ich das tue. Und dann würde ich sagen dass ich mein Leben lang schon schreibe und es für mich nichts Erfüllenderes gibt als meine Gedanken in poetischer Form auf Papier zu bringen!" sagte er und ich sah ihn verblüfft an, während die anderen drei Jungen in Gelächter verfielen. "Du studierst Literatur?" fragte ich.
"Natürlich nicht!" antwortete Harry lachend. "Ich studiere nicht." fügte er hinzu und ich nickte nur. "Und wieso studierst du nicht?"
"Keine Lust. Ist mir zu anstrengend." kam die prompte Antwort. "Harry ist aus dem Medizinstudium geflogen!" warf Justin ein und lachte, fing sich dadurch einen Schlag gegen den Arm von Harry ein. "Rausgeflogen? Wieso?" meine Neugierde war zu groß, das war mir klar und als ich Harry's ernsten Blick sah senkte ich sofort den Blick.
"Das geht dich wirklich nichts an. Aber trotzdem, sag es mir. Wieso Medizin?"
Ich seufzte und sah auf meine Finger. "Ich möchte Leben retten. Ich will Krankheiten heilen, Menschen retten die dem Tode sonst geweiht sind. Das möchte ich." erklärte ich.
Ich spürte seinen prüfenden Blick auf mir und, um ehrlich zu sein, es war mir verdammt unangenehm. Meine Beweggründe gingen niemanden etwas an. "Das ist der Standardspruch den jeder Medizinstudent bringt." hörte ich ihn sagen und blickte auf. Feindselig sah ich ihn an und zog die Augenbrauen zusammen. "Du scheinst viele Medizinstudenten zu kennen, huh?" fauchte ich und er grinste selbstbewusst und nickte. "Zugegeben, es sind einige." antwortete er ruhig.
"Dich geht es einen Scheiß an, weshalb ich Arzt werden will. Meine Beweggründe brauchst du nicht zu analysieren. Akzeptier es einfach!" sagte ich mürrisch und er hob lachend die Hände. "Schon gut!" sagte er entschuldigend und ich senkte den Blick wieder. Diese Leute würden mich hassen, ich wusste es jetzt schon.
Kelly setzte sich wieder neben mich und sah mich fragend an. "Alles gut?" fragte sie leise.
"Harry war wieder mal unverschämt!" gab Luke von sich und lächelte mich freundlich an. Verwirrt sah ich ihn an. Er verteidigte mich? Was war hier los?
"Ach verdammt, Styles! Lass ihn bloß in Ruhe!" fauchte Kelly sofort und mein Blick galt ihr. Sie lächelte mich warm an und legte einen Arm um mich. "Du musst ihn entschuldigen. Er ist manchmal sehr direkt, eher unverschämt. Merkt es aber nicht."
"Das nennt man Selbstbewusstsein!" warf Harry ein und erntete einen Blick von Kelly, den ich um ehrlich zu sein nicht gerne bekommen würde. "Schon gut, es tut mir leid, ich werde mich benehmen!" sagte er schließlich und lächelte leicht. Ich war heilfroh als die Getränke kamen und setzte die Cola sofort an um einen großen Schluck zu trinken.
"Welche Fachrichtung soll es werden?" hörte ich ihn nach einigen Momenten fragen, in denen Kelly mit Justin, Zayn und Luke geplaudert hatte. Ich hob den Kopf, meine Hand krallte sich förmlich in das Glas vor mir. "Neurologie." antwortete ich leise und der gesamte Tisch verstummte.
"Neuro? Du meinst...Chirurg? Neurochirurg?" fragte er verblüfft, seine Augen wurden groß und ich nickte. "Wow. Du willst also in Gehirnen rum schnippeln, ja?"
Entgeistert sah ich ihn an. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Doch er schien nicht zu bemerken dass er mich gerade mächtig aus der Fassung brachte. "Holen Neurochirurgen nicht Tumore und sowas aus Gehirnen?"
Ich fing leicht an zu zittern, versuchte mich jedoch zu kontrollieren. Kelly schien zu spüren dass irgend etwas nicht richtig war, denn sie legte ihre Hand auf meinen Arm. "Harry es reicht." sagte sie eindringlich, doch der Lockenkopf sah mich mit leuchtenden Augen an, schien völlig begeistert davon zu sein. "Warum? Das ist total cool! Er hätte die Chance so viele Menschen von ihren Qualen zu befreien! Louis, ich hoffe du packst das. Das ist echt cool!"
Ich presste die Lippen aufeinander und nickte, während ich einen Geldschein aus meiner Hosentasche zog und ihn auf den Tisch lag. "Für die Cola. Ich muss jetzt los." sagte ich zu Kelly und stand auf. Sie stand ebenfalls auf. "Wieso willst du denn schon los? Du warst gerade mal eine halbe Stunde da! Lass dich doch von Harry den Abend nicht versauen!" sagte sie sofort und ich schüttelte nur den Kopf. "Ich muss eh gehen. Mein Dad braucht seine...ich muss zuhause sein." sagte ich, darauf bedacht nichts Falsches zu sagen. Es durfte keiner erfahren dass mein Dad seine Medikamente rechtzeitig bekommen musste.
Kelly umarmte mich überraschenderweise und ich winkte den anderen Jungen zu, ehe ich die Bar eilig verließ. Ich setzte mir die Kapuze auf, lief los als ich seine Stimme wieder hörte, die meinen Namen rief.
Ich wollte weiterlaufen, doch irgend etwas ließ mich stoppen und so drehte ich mich zu ihm um, neigte den Kopf leicht und sah so in seine Augen. "Was denn?"
"Es tut mir leid, okay? Mein Verhalten. Verzeih mir das bitte." sagte er ruhig und in seinem Blick erkannte ich, dass er es ernst zu meinen schien. "Ich muss jetzt wirklich los, Harry. Wir sehen uns." sagte ich deshalb einfach und sein Blick wurde fragend. "Wir gehen morgen alle zusammen zu Justin's Training. Willst du mit?"
Gedanklich ging ich meinen Zeitplan durch. Ich hatte morgen den ganzen Tag Uni und danach musste ich mit Dad zu einem Arzttermin. "Ich kann morgen nicht." sagte ich deshalb und er nickte, wirkte allerdings etwas enttäuscht. "Sag Kelly Bescheid wenn du mal wieder kannst. Bis bald, Louis!" sagte er, lächelte leicht und ging wieder in das Innere der Bar.
Perplex sah ich ihm noch ein wenig hinterher, ehe ich los lief.
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