31 - Matthias Green
Siren steckt mich in das gelbe Jet Team, aber nachdem ich ausgiebig mit der Dame von der IT flirte, verschiebt diese meinen Namen um ein paar Zeilen, sodass ich nicht bei den Rekruten lande, die mich am meisten hassen.
Stattdessen werde ich einem gewissen Booth unterstellt, dessen Name bei mir wage Erinnerungen an fleischfressende Schildkröten und fünf Rollen Panzertape heraufbeschwören.
Eine meiner kreativeren Ideen.
Ob sich das rote Team noch daran erinnert, wie ich heldenhaft meinen guten Ruf aufs Spiel gesetzt habe, um ihnen das Fliegen beizubringen?
Es gibt nur einen Weg, um das herauszufinden.
Als ich in die Cafeteria komme, schießt das Jet Team in die Höhe, als hätte ich sie allesamt – und nicht nur den Typ, der in der Küche geraucht hat - beim Gras verticken erwischt. Ich stehe also zwischen schlecht abgewischten Metalltischen, während Louis wahnsinnig unauffällig seine Drogen in seinen Schuh stopft, Panic seine Karten unter einem Besteckkasten versteckt und der Ire in Verteidigungshaltung geht.
„Hi", grüße ich in die Runde, „Habt ihr mich vermisst?"
Clara, die auf dem Fensterbrett sitzend einen verblassten Comic gelesen hat, steht auf und kommt herüber. Ihre Nase ist immer noch geschwollen, was ihr so ein bisschen das Aussehen eines hübschen Boxers verleiht.
„Können wir Ihnen helfen?", fragt Booth diplomatisch wie immer.
Er hat seinen Bleistift zerbrochen, als er mich gesehen hat, was wohl heißt, dass er sich sehr wohl daran erinnert, wer ihn kopfüber in Weavers Terrarium gehängt hat. Ist ja nicht so, als hätte ich ihn beim Völkerball spielen vorgewarnt.
So nachtragend, der Typ.
„Ich wurde degradiert", sage ich fröhlich, „Ich bin jetzt Student. Wann steigt die nächste Party?"
So dumm hat mich niemand mehr angeschaut, seit ich auf diesem Tanke Asteroiden angefangen habe meine Pole Dancing Fähigkeiten unter Beweis zu stellen (die im Übrigen wirklich vorhanden und überdurchschnittlich sind).
„Kommt schon", ich boxe Panic freundschaftlich, was damit endet, dass ihm ein paar Karten aus den Hosenbeinen fallen, „das wird lustig."
„Verarscht du uns?", fragt MacClara, die aus irgendeinem Grund nicht so gut drauf ist wie ich. Wobei das zugegebenermaßen für die meisten Menschen schwierig ist ohne Koffeinüberdosis und eine ganze Packung Antidepressiva, vor allem angesichts der Tatsache, dass das Universum langsam aber sicher den Bach runter geht.
„Keineswegs. Ich bin euer Mann. Euer Komilitone. Euer Bro."
„Hast du einen Ausweis?", fragt das Schneeflöckchen, anscheinend sicher, dass sie mich so überführen kann.
Ich wünschte mir ja auch, dass ich lüge, denke ich.
Aber was soll's, das Urteil der bösen Stiefmutter ist gefallen und ich bin nun einmal nicht per gläserner Kutsche zu meiner Hochzeit gekarrt, sondern zu den galaktischen Mörderwelpen gesteckt worden. Wortlos tippe ich auf meine DataWatch und zeige der versammelten Mannschaft das unsägliche Bild, das Siren von mir gemacht hat, um es in meine Datei einzutragen.
„Kann mich bitte wer schlagen", fordert Angel.
Der Kanadier mit grünem Irokesen und ADHS boxt die Scharfschützin halbherzig. Booth hat dramatisch den Kopf in den Nacken gelegt und murmelt etwas, das sich verdächtig nach ‚Wieso immer ich?!' anhört. Der kleine seltsame Rekrut namens Mouse hat bei meinem Anblick seine Tüte Gummibärchen fallen gelassen und robbt nun auf den Knien herum, um seine Süßigkeiten vom Boden er Cafeteria zu sammeln, was der Situation so ein bisschen den dramatischen Effekt nimmt.
„Na also", zumindest der Ire schient sich über meine Anwesenheit zu freuen, „endlich mal ein bisschen Glück, eh?"
„Glück?", Booth beißt die Zähne zusammen, als wolle er eigentlich noch mehr sagen.
Eine hitzige Diskussion darüber, ob meine Anwesenheit Fluch oder Segen sei, bricht aus. Ich pfeife leise vor mich hin und schlendere zur Kaffeemaschine hinüber. Dort muss ich feststellen, dass Siren mich meiner Vollbefugnis zu Luxusgütern an Bord enthoben hat. Die Maschine wagt es ernsthaft, mich nach meinen Kontodaten zu fragen, weil ich wie der letzte unfähige Rekrut jetzt anscheinend auch noch für dafür zahlen soll.
Grummelnd zahle ich und nehme mir vor, entweder Siren anzuschreien, Ava anzuflehen oder meine Verbindung in die IT auf einen kostenlosen Kaffee einzuladen, um meine Essensprivilegien zurückzubekommen.
Das Schneeflöckchen hat nur den Kopf über den Streit zwischen ihren Freunden geschüttelt, ihr zerlesenes Comicheft aufgeschlagen und sich zurück auf ihr Fensterbrett begeben. Mit meinem rechtschaffend erkauften Kaffee schlendere ich zu ihr hinüber. Ich nehme mir den Zuckerstreuer, der aus unerfindlichen Gründen neben ihrem Stiefel auf dem Fensterbrett steht und sehe zu, wie die Rekruten diskutieren.
„Die freuen sich nicht, mich zu sehen", stelle ich fest und zuckere meinen Kaffee, „Wieso nur? Ich bin doch immer so nett zu euch gewesen."
„Könnte daran liegen, dass du uns mehrmals fast umgebracht hast", sie blättert um, „Aber was weiß ich schon."
„Ach, komm, Schneekönigin", ich schnippe ihr gegen die Wade, „das wird witzig."
Sie tritt halbherzig nach mir, weswegen ich fast meinen teuren Kaffee verschütte.
Ich tätschle demonstrativ ihren Stahlkappenstiefel mit dem Zuckerstreuer.
„Ich bin ganz cool, wenn man mich mal Karaoke singen gehört hat."
„Klar doch. Wer nicht."
„Stepptanz kann ich auch. Und Pole Dance", ich stelle ihn auf ihrem Knie ab, „Horoskope lesen. Bomben entschärfen. Bomben bauen."
„Das Schweizer Taschenmesser unter den Idioten."
Ich gehe in die Hocke, um den Zuckerstreuer aufzufangen, bevor er auf dem Boden zerbricht. Wann hat mich das letzte Mal jemand so smart beleidigt?
Sympathisch.
„Hey", mache ich gespielt beleidigt, werfe den Zuckerstreuer in die Luft und verteile dabei eine Runde Zucker auf dem Boden, „Ich bin intelligent."
„Du weißt genau, was ich meine."
Ihr Blick ist schwer zu deuten, als sie sich Zucker von der Uniformhose wischt.
„Du hast Booth entführt und hattest den Spaß deines Lebens, während wir von Siren runtergeputzt wurden."
Ich versuche, mir mit der Zunge ein Stück Petersilie zwischen den Vorderzähnen hervorzuholen.
„Na ja, jetzt bin ich hier. Der Studentenausweis spricht für sich selbst."
„Mein Mitleid hält sich in Grenzen, bro."
Sie legt endlich das Comicheft weg und sieht zu ihren – unseren – Teamkollegen hinüber.
„Morgen hat Siren ein Nahkampftraining ansetzen lassen, bei dem uns allen hören und sehen vergehen wird. Sie will uns fertig machen und ihre Macht beweisen. Das ist deine Schuld. "
„Klar, ich bin immer schuld. Am Nahkampftraining, am intergalaktischen Krieg, am wässrigen Kaffee ..."
Zu spät merke ich, dass sie mich wirklich wütend anstarrt.
„Ja, ich bin schuld", lenke ich ein, „sorry."
„Sorry?!", fragt nun irgendwer von der anderen Seite des Raums. Es ist mein Lieblingsteamkapitän, der wohl immer noch ein Trauma von der Paintball Aktion hat. Er sieht aus, als würde er mir gerne an die Kehle gehen.
„War nicht korrekt von mir", entschuldige ich mich auch bei ihm, „Können wir jetzt Kartenspielen?"
Das aufgeregte „Ja!" vonseiten Panic wird durch einen mörderischen Blick des Klassensprechers abgewürgt.
„Du hast mich entführt", fängt er an und ich tue mein Bestes um nicht ‚Da war ja was' zu sagen.
„Ich wusste, dass du derjenige bist, der das Team zusammenhält", erkläre ich mich, „Ich wollte sehen, was passiert, wenn sie auf sich gestellt sind."
„Schildkröten", knurrt Booth nur.
„Das war künstlerische Freiheit", ich mache eine ausladende Geste mit der Kaffeetasse, „Gebe ich zu."
Booth starrt mich an. Dann schüttelt er den Kopf, sagt irgendwas von wegen ‚abreagieren' und verschwindet zur Tür hinaus. Panic mischt schon einmal Karten, doch ich habe noch etwas zu erledigen, bevor ich mich voll ins Glücksspiel werfe.
„Bin sofort wieder da", ich entschwebe in Richtung Tür, „Macht keinen Unfug, während ich weg bin."
Das Schweizer Taschenmesser unter den Idioten, denke ich, während ich dem Teamkapitän folge, na warte, MacClara.
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