Kapitel 1
Wütend stampfte ich zum Auto. Dabei dachte ich immer wieder daran wie unfair das Leben war.
»Samantha, du weißt es ist nur zu deinem Besten!« erklärte mir meine Tante.
Ich überdrehte meine Augen und warf meinen Rucksack auf die Rückbank. Unsanft schlug ich die Autotür zu und blickte mit wütenden Augen in das Gesicht meiner Ersatz-Mutter.
»Ich war nicht schuld und das weißt du auch!« fuhr ich Tante Soph an. Ihr wirklich Name war Sophie aber jeder nannte sie Soph.
»Ich weiß aber deshalb wird dir diese Auszeit guttun.« gab sie mir als Antwort zurück.
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, riss ich die Tür auf und setzte mich in den roten Wagen. Stürmisch zog ich die Autotür zu und hörte den gewünschten Knall. Soph hasste es wenn ich das tat aber es beschrieb meine Wut sehr gut. Sie sollte spüren das ich sauer war.
Es dauerte nicht lange da nahm meine Tante am Steuer Platz. Sie sagte nichts. Kein einziges Wort. Lautlos startete sie den Motor und fuhr los.
In mir brodelte es. Die Wut wollte nach draußen. Wie schon so oft in meinem Leben. Nur dieses Mal wusste ich es würde nichts bringen. Tante Soph hatte ihren Entschluss gefasst und nichts würde sie davon abbringen.
Ich kramte mein Handy aus meiner Hosentasche und schaute nach meinen Nachrichten. Es waren zu viele. Alle wollten wissen was los war und weswegen ich nicht mehr in die Schule kam. Mein Blick wanderte aus dem Fenster. Wir waren gerade auf der Autobahn und ich sah wie die Bäume vorbeizogen. Der Himmel war in einem zartem blau gemalt. Die Welt schien in Ordnung und so glücklich.
Erneut sah ich auf mein Handy. Ich suchte mir meine beste Freundin Clara heraus und öffnete den Chat.
Clara: Samantha, was ist passiert? Hier in der Schule werden ganz viele Dinge über dich erzählt?!
Clara: Samantha? Du meldest dich seit 2 Tagen nicht mehr. Du bist nicht in der Schule und niemand weiß was mit dir ist oder wo du bist! Man sagt du seiest rausgeschmissen worden?!
Clara: Samantha??? Kannst du mir mal bitte antworten?
Clara: Was ist denn so schlimm das du mir nicht antworten kannst?
Clara: Langsam mache ich mir echt Sorgen!
Clara: Samantha????
Clara: Jetzt melde dich doch mal!
Die letzte Nachricht kam heute morgen. Clara und ich freundeten uns in der Hauptschule an. Sie hat mir geholfen taff zu werden. Wir waren das berühmte Trio. Clara, Julie und ich. Julie war eher der Mitläufer. Sie hielt sich immer im Hintergrund aber wenn es darauf ankam konnte man auf sie zählen. Wir waren die die perfekt gestylt waren, die immer gut aussahen und die weinten wenn ihnen ein geliebter Nagel abbrach.
Ich tippte schnell eine Antwort und sendete sie gleich.
Ich: Es ist zu viel um es dir zu schreiben. Vielleicht können wir telefonieren?
Für einen kurzen Augenblick schloss ich meine Augen. Dabei drückte ich auf den Knopf der mein Handy ausschaltete und ich ließ meinen Kopf zurückfallen.
»Alles oke, Samantha?« fragte mich Tante Soph.
»Nein, nichts ist oke!« fuhr ich sie an.
»Komm doch mal runter! Deine Mom hätte das bestimmt nicht gewollt das du so endest.« Soph's Stimme blieb ruhig, war aber dennoch streng und ernst.
»Lass meine Mom da raus!«
»Würde Alison noch leben...«
»Wage es ja nicht ihren Namen zu nennen!«
»Die nächsten Monate werden dir guttun. Kim ist sehr nett. Du wirst sehen es wird dir dort gefallen.«
Ich schüttelte meinen Kopf und blickte starr aus dem Fenster. Sie verstand nicht wie es ist alles zu verlieren. Meine Freunde, mein Leben, alles was mir wichtig war befand sich in der großen Stadt namens Belmoor. Das alles musste ich jetzt zurücklassen für etwas was ich nicht verdient hatte. Ich hatte mich gewehrt und alles was ich tat war gerechtfertigt. Doch niemand verstand es.
Die restliche Autofahrt schwiegen wir uns an. Wir beide wussten es würde nichts Gescheites dabei herauskommen. Das Auto wurde langsamer und Soph bog dann in eine Straße ein. Kurz darauf fand ich am Straßenrand eine Ortstafel. Darauf stand: Coastfield.
Das war der Ort in dem Kimberly, die beste Freundin von Tante Soph, wohnte. Dort würde ich wohl die nächsten Monate verbringen. Zu meinem Bedauern.
»Samantha, ich bitte dich benimm dich und mache es Kim nicht zu schwer, oke?«
»Ja, Tante« antwortete ich ihr schnippisch.
Wir hielten an vor einem weißen Haus, jenes mit Holzdielen vertäfelt war. Mit einem Augenüberdrehen stieg ich aus und holte meine drei großen Koffer aus dem Kofferraum. Meinen weißen Rucksack, der auf der Rückbank lag, lud ich auf meine Schultern.
Soph nahm zwei meiner Koffer und öffnete dann das kleine weiße Eisentor. Es sah zerbrechlich aus und schien nur sehr wenig auszuhalten.
Ich atmete tief durch, richtete meinen Körper auf und stolzierte erhobenen Hauptes hinter meiner Tante her. Wir gingen den schmalen Schotterweg inmitten des Vorgartens entlang. Neben uns war ein kleiner Springbrunnen und eine weiße Hollywoodschaukel aus Holz. Es sah wunderschön aus...so gemütlich und liebevoll.
Wir kamen bei der Veranda an und Tante Soph klopfte an. Sofort kam eine Frau mittleren Alters und öffnete die Tür. Sie war etwas molliger und hatte braune lockige Haare. Als sie uns erblickte, lächelte sie sanft und begrüßte uns mit den Worten: »Ohh, Soph! Ich freue mich so dich wiederzusehen und du musst dann wohl Samantha sein. Deine Tante hat mir schon viel von dir erzählt. Ich freue mich das du ein paar Monate bei uns verbringst.«
»Hi, Kim. Danke das du auf sie aufpasst. Ich muss jetzt leider wieder zurück aber ich komme euch bald besuchen und dann bringe ich mehr Zeit mit.«
Soph verabschiedete sich von mir mit einem schnellen Kuss auf die Stirn, den ich sofort mit meinem Handrücken wegwischte.
»So, Samantha. Ich zeige dir jetzt dein Zimmer.«
Ich nickte flüchtig und hob meinen Koffer an. Kim nahm das restliche Gepäck und ging vor. Augenüberrollend trat ich durch die Türschwelle. Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und folgte Kim ins Wohnzimmer.
Sofort kam mir ein Geruch von frischgebackenem Brot entgegen. Diesen Duft hatte ich schon lange nicht mehr in der Nase. Er ließ mich etwas schmunzeln aber nach einer Millisekunde riss ich mich wieder zusammen und setzte mein Bitch-Face auf.
Mitten im Raum stand eine braune große Couch. Daneben standen jeweils ein großer brauner Ledersessel, die perfekt dazupassten. Die gesamte Einrichtung blickte Richtung Fernseher, der nicht zu übersehen war. An den Wänden hingen Bilder von einer glücklichen Familie. Bei diesem Anblick wurde mir etwas übel, denn wenn ich etwas in meinem Leben gelernt habe dann eines: Niemand kann glücklich sein. Man kann Glück vortäuschen und es für eine kurze Dauer fühlen aber länger als ein paar Momente hält es nicht an. Denn es gibt immer irgendjemanden der alles zerstört.
Ich schleppte meinen Koffer die Treppen hoch. Oben angekommen ließ ich ihn schnaufend auf den Boden fallen. Kim schien es nichts auszumachen gleich zwei Koffer auf einmal hochzubringen, denn sie war nicht einmal außer Puste oder nahm einen tiefen Atemzug. Nichts. Sie grinste mich nur mit einem fröhlichen Lächeln an und ging weiter.
Am Ende des Flurs öffnete Kim eine weiße Tür. Zuerst konnte ich nichts sehen aber als ich nach Kim in das Zimmer trat war ich erstaunt. Mir klappte die Kinnlade runter, die ich sofort wieder unter Kontrolle brachte.
»Das ist dein Zimmer. Ich weiß es ist etwas klein aber ich hoffe du fühlst dich trotzdem wohl.« erklärte mir Kim.
Sie hatte recht es war klein aber so schön. Die Wände waren weiß bis auf die Wand wo das Bett stand, die war in einem dunkleren Grün gestrichen. Das Bett war aus Holz und bezogen mit einer gelben Bettwäsche. Eine komische Farbkomie, die aber irgendwie gut zusammenpasste. Neben dem Bett war ein kleiner Nachtkasten, der aus demselben Holz bestand. Auf einer Seite war ein Fenster mit gelben Vorhängen, passend zu der Bettwäsche. An einer Wand war ein großer Kleiderschrank...immerhin viel Platz für meine Klamotten. Sonst war in dem Raum noch ein Schreibtisch, ein Ganzkörperspiegel und ein kuscheliger Teppich. Es passte alles gut zusammen und es wirkte sehr liebevoll eingerichtet.
»Wenn du willst kannst du hier alles umstellen und dekorieren wie du willst.« bot mir Kim an.
»Danke.«
»Gerne. Ich lass dich jetzt mal auspacken. In einer Stunde gibt es Abendessen.«
Ich nickte und wartete bis sie das Zimmer verlassen hatte und die Tür schloss. Keuchend ließ ich mich auf das Bett fallen und blickte auf die Decke. Meine Gedanken spielten wieder das Karussell ab...Warum ich?
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