24. Um Leben feilschen
Ava spürte die vergehende Zeit kaum. In ihrem Kopfkino war es hell und freundlich. Die Müdigkeit war das einzige Zeichen ihrer schlaflosen Nacht. Gähnend setzte sie sich auf das Geländer der japanischen Brücke und ersann sich eine große, rote Rose.
Die Blütenblätter waren wie Seide in ihren Händen, sanft und beruhigend. William hatte ihr einmal eine rote Rose geschenkt. Zu einem Valentinstag. Ava hatte sie getrocknet und in der Wohnung ausgestellt. Würde sie je zurück zu dieser Wohnung gehen? Gab es nach allem, was sie erlebt hatte, denn ein zurück?
Ein Schauer lief über ihren Rücken. Natürlich konnte sie zurückkehren. Ihre Arbeit wartete. Marla und Basima und ihr Leben in Wien. Mit William. Sie sah zu seiner Mauer und hob verwundert die Augenbrauen.
Eine Gestalt schälte sich mit einiger Mühe aus der festen Umarmung der stürmischen Mauer und blieb keuchend davorstehen. Er sah älter aus, erschöpft, den Blick fest auf den Boden gerichtet. Sie spürte, wie er die Brücke zwischen ihnen festigte, ihr einen Teil der Arbeit abnahm und schließlich laut aufatmete.
"Will?" "Hey du. Lange nicht gesehen." William trat langsam näher. Sein Atem kam immer noch in angestrengten Wellen, Schweiß glitzerte auf seiner Stirn. Das leichte Zittern seiner Beine entging ihr nicht. Sorgenvoll sprang sie vom Geländer auf die Brücke und machte ein paar Schritte auf ihn zu.
"Bist du okay? Ich habe so lange auf dich gewartet. Ich dachte schon..." "Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht warten lassen.", er schenkte ihr ein kleines, trauriges Lächeln. Er wirkte nicht wie zuvor. Nicht kalt oder grausam, eher erschöpft und bekümmert. Zögerlich wich sie zurück, ein fauliges Gefühl im Magen.
"Das ist egal. Vollkommen egal. Jetzt bist du hier. Bei mir. Endlich." Da lag ein Gespenst in seinem Blick. Grauen, das wartete. Noch ein Schritt nach hinten würde sie kaum vor seinen Worten bewahren, aber ihre Reflexe schienen das zu denken.
"Geht es dir gut?" Wieder dieses Lächeln, als wäre seine Situation so hoffnungslos, dass nur noch ein Lächeln half. Es gefiel Ava ganz und gar nicht.
"Nein,...nein, mir geht es nicht gut. Ich habe Scheiße gebaut." Das konnte er laut sagen. Mit vorsichtigen Bewegungen kam er näher, stellte sich neben sie und starrte hinunter zum plätschernden Fluss, "ich habe mir noch eine Dosis Serum gespritzt."
"Ja, ich weiß. Ich habe die Einstichstelle gesehen. Will...was hast du dir dabei nur gedacht?" Für Minuten, die Ava wie Stunden vorkamen, sagte er nichts. Schließlich seufzte er.
"Ich kann mich an den Moment erinnern, ich weiß, woher ich das Serum hatte, wie ich es in eine Spritze gefüllt und zugestochen habe. Ich weiß es, ich kann mich an alles erinnern, aber ich verstehe es nicht. Ich würde so etwas doch nie tun? Nie...und jetzt fühlt sich mein Kopf wie eine tickende Zeitbombe an. Als könnte er jeden Moment platzen und mich endgültig töten."
Nachdem wie sein Verstand aussah, würde Ava ihm zustimmen. Die gewaltigen Stürme konnte Blutungen hervorrufen. So furchtbar es sich auch anhörte, der Tod war eine plausible Möglichkeit.
"Es hat mich viel Kraft gekostet zu dir zu kommen. Das Serum verwirrt mich. Sehr sogar. Ich habe Schwierigkeiten die Wahrheit von Einbildung zu unterscheiden, mein wahres selbst von der Person, die ich geworden bin. Ich habe dir wehgetan...ich habe anderen Menschen Schaden zugefügt. Ich bin ein Mörder. Und ich verstehe es nicht. Warum ich diese Gedanken habe...ich verstehe mich nicht."
Zaghaft legte sie eine Hand auf seine Schulter und zog ihn in eine feste Umarmung, streichelte liebevoll über die kurz geschorenen Haare und versteckte die tückischen Tränen in ihren Augen. Matthias hatte über Georgettes Verhalten in denselben Sätzen gesprochen, derselben furchtbaren Tatsache, dass sie ihrem Verstand beizeiten nicht vertrauen konnte.
Williams Zukunft wäre die ihrer Mutter. Gefürchtet, gehasst und wahnsinnig. Und dass alles wegen diesem Serum. Wegen IZANAGA und den Fehlern ihrer Eltern. "Du kannst nichts dafür. Nichts davon ist deine Schuld."
"Ich habe solche Angst zu verschwinden, Ava, einfach nicht mehr ich zu sein, sondern jemand anderes. Jemand dem es egal ist wie es anderen geht, jemand, den du hasst."
"Ich könnte dich niemals hassen. Ich liebe dich, Will. Egal was passiert. Ich bin an deiner Seite." Er schüttelte den Kopf, Tränen in den Augen. "Ich habe mich hierher gekämpft. Mit alles, was ich hatte. Wenn mein Bewusstsein zurück in meinen Verstand geht, verschwinde ich vielleicht. Ich könnte wieder dieses Arschloch sein, dass dir wehgetan hat."
Schockiert sah sie ihn an, realisierte den Moment mit all seinem Gewicht. Ihr William war dabei vom Serum umgeschrieben zu werden, alles, was von ihm noch übrig war, hielt sie in ihren Armen. Der Rest seines Selbst war bereits den Stürmen zum Opfer gefallen.
"Nein! Nein, es muss eine Möglichkeit geben...wir müssen etwas tun können. Wir machen es rückgängig." "Wie? Haben dir Isabella oder Matthias etwas gesagt mit dem wir arbeiten können?"
Warum zur Hölle fragte er gerade diese beschissene Frage. Ava spürte einen Schrei in sich. Fühlte ihn ihre Kehle emporsteigen und aus ihrem aufgerissenen Mund entfliehen. Warum taten sie ihr das an? Warum sollte sie den einzigen Menschen verlieren, den sie je wirklich geliebt hatte? NEIN! Schreiend umfasste sie ihren Kopf, stampfte mit den Füßen und ballte die nutzlosen Fäuste.
Es war niemand hier, den sie für diese Ungerechtigkeit verprügeln würde können. Es gab nur sie selbst. Sie konnte nur sich selbst verletzten. Bevor sie die Chance dazu hatte, packte William sie von hinten und hielt sie fest, während das Kopfkino um sie herum wackelte, die Wolken dunkel wurden, die Sonne verschwand.
"Ava, beruhig dich. Erzähl mir was los ist. Bitte." Ihr Atem kam in Stößen, die Wut saß tief in ihren Lungen, presste sie zusammen. "Wir sind am Arsch. Wir sind sowas von am Arsch."
"Gehts auch ein bisschen präziser?" Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und zwang sich ruhig zu werden. William spürte die Veränderung und lockerte seine Umklammerung.
"Ava, Liebste, bitte sag es mir. Ich will dich damit nicht allein lassen." Wenn sie die Worte aussprach, waren sie real. Es würde kein Zurück geben. In den dunklen Himmel starrend ließ sie los.
"Sie haben mir beide eine Option gegeben. Oder besser. Beth und Isabella haben mir eine Option gegeben. Matthias hat beschlossen sich rauszuhalten. Vermutlich nicht die schlechteste Idee, immerhin ist die ganze Situation eine Shitshow vom Feinsten."
"Das heißt...sie haben keine gute Lösung für uns?" Er ließ sie los, vermied es ihr ins Gesicht zu sehen. Ava war ihm dankbar. Unaufhörlich flossen die Tränen über ihre Wangen und sie wollte sich das Chaos ihrer Haare nicht vorstellen. Ganz zu schweigen davon, dass ein einziger Blick seinerseits sie zerbrechen würde. Tausend kleine Haarrisse klirrten über ihr eisiges Herz, bereit den letzten Schlag aufzunehmen.
"Was sind unsere Optionen?" Sie erzählte ihm von dem Anti-Serum und seinen Folgen, ebenso wie Beths Vorschlag. William blieb still. Nichts deutete auf seine Anspannung hin, bloß das weiß seiner Knöchel, weil er das Geländer so fest umklammerte. Schließlich am Ende ihres traurigen Monologes, schüttelte William den Kopf.
"Das kann doch nicht alles sein. Wir müssen mehr Spielraum haben als das." "Mir fällt nichts mehr ein. Das Serum wütet in dir. Diese Mauer, deine starken Kräfte. Mir gefällt keine der Möglichkeiten, deshalb bin ich hier. Deshalb wollte ich dich so verzweifelt sehen. Es ist dein Leben. Ich kann das nicht für dich entscheiden. Nicht wirklich."
"Das sind keine besonders guten Wahlmöglichkeiten, aber wenn ich ehrlich bin, fällt mir auch nichts anderes ein." "Dann ist es das gewesen. Wir geben auf." Vor ihren Augen zerbrach das letzte bisschen Hoffnung, dass sie gehegt hatte. William umfasste ihr Gesicht mit seinen Händen und wischte die Tränen von ihren Wangen.
"Nicht aufgeben. Wir machen das Beste aus dem, was wir haben. Wir kriegen das schon irgendwie hin." "Du musst kämpfen, Will, versprich mir das. Ich kann das nicht alleine. Du musst kämpfen." Er küsste sie sanft, seine Verzweiflung schmeckte salzig.
"Das werde ich. Mit allem, was ich habe. Ich möchte Isabellas Angebot annehmen." "Das Anti-Serum? Es könnte dich töten. Matthias und Beth waren da eindeutig."
"Es könnte, aber es muss nicht. Vielleicht vertrage ich es besser als Beth." "Oder schlechter." "Das wissen wir nicht." Ava biss die Kiefer zusammen. Das Ganze hörte sich viel zu sehr nach russischem Roulette an. Und nichts hasste William mehr als Glücksspiel, das er nun bereit war, sich diesem Risiko zu stellen, sagte viel über ihre Optionen.
"Was ist mit Isabella? Sie ist nicht-" "-vertrauenswürdig. Ich weiß, aber ich vertraue mir selbst am wenigsten. Wenn ich mit dir und Beth verschwinde, bin ich über kurz oder lang euer Problem, eure Verantwortung. Und das werde ich auf keinen Fall zulassen. Du kannst nicht für meine Taten geradestehen, genauso wenig wie du es für Georgettes Taten hättest tun sollen. Nur hat die Welt dir nie eine Wahl gelassen. Du hast mir eine gegeben und ich wähle das Anti-Serum. Lass mich Isabellas Problem sein, sie soll eine Lösung für dieses Chaos finden. Ich weigere mich mehr Menschen zu verletzen. Gib mir das Anti-Serum. Vielleicht sorgt es auch dafür, dass ich mich mehr, wie mein früheres Ich verhalten kann."
"Das ist ein großes vielleicht.", unwillig schüttelte sie den Kopf. Sie hatte mit etwas anderem gerechnet, "Sie wird dich in einem Labor einsperren, Test an dir durchführen, dich missbrauchen. Du hast Matthias gehört, er hatte keine ruhige Minute und genauso wenig wirst du sie haben. Wir werden von Isabella abhängig sein."
"Nein, ich werde von ihr abhängig sein.", er trat einen Schritt zurück. Und noch einen und schließlich einen zu viel. Ava starrte ihn entgeistert an. "Was sagst du da?"
"Ich werde bleiben. Du wirst gehen. Es gibt keinen Grund, warum wir beide unser Leben wegschmeißen sollten. Du musst aus Bittraslutet verschwinden und ein neues Leben anfangen. Weit weg von IZANAGA und-"
"-dir. Du willst, dass ich dich verlasse.... Du willst, mich verlassen. Ist es das?" William schüttelte den Kopf. "Nein, du verstehst mich falsch."
"Aber wenn ich jetzt gehe, würde dir das nichts ausmachen? Unser gemeinsames Leben...unsere Zukunft. Wir...du würdest das alles aufgeben." Sie sah die Zweifel in seinem Blick, den Wunsch ihr nicht weh zu tun. Sie hatte diesen Blick vermisst. Ihn jetzt zu sehen, tat ihr in der Seele weh. William nahm ihre Hände, küsste die Handrücken und seufzte schwer.
"Denk nicht, dass mir das hier leichtfällt. Ich liebe dich mehr als ich in Worte fassen kann. Ich liebe dich mehr als mich selbst. Mein Leben...egal wohin es führt, für die nächste Zeit wird es düster und grausam. Ich will dich dabei nicht an meiner Seite haben. Meine Fehler sollen nicht deine sein. Also bitte ich dich um diese kleine Gnade. Geh und lebe und schau nicht zurück."
Das Blut wich aus ihren Gliedern, eisige Kälte kroch über die bleiche Haut. Ihr Herz schien vor ihr auf der Erde gestorben zu sein und nicht einmal Williams verzweifelter Blick konnte es wieder zum Schlagen bringen. Sie sah in sein Gesicht, sein gütiges, freundliches Gesicht. Die Lippen lachten nicht oft, aber wenn, dann mit aller Herzlichkeit. Die Stirn war zu oft in Nachdenklichkeit gerunzelt und die Augen stets voller Wärme. Sie liebte dieses Gesicht, sie liebte diesen Mann.
"Ich werde auf dich warte. Egal wie lange es dauert. Will, ich werde warten." "Tu es nicht. Lebe als wäre ich nicht da. Wenn es mir wieder gut geht,...falls es mir je wieder gut geht, können wir von neu anfangen. Ein neuer Start. Aber bitte vergiss mich...bis ich dich finde."
Ihn vergessen? Unmöglich. Einfach unmöglich, aber wenn es sein Wunsch war, würde Ava schweigen. Nickend strich sie über ihre Wange.
"Wir hatten eine schöne Zeit." "Die beste. Du hast mir beigebracht, was Liebe ist." Richtig, sie waren füreinander die erste Liebe gewesen. Die ersten Schmetterlinge.
Verzweifelt warf sie sich in seine Arme, drückte ihren Kopf an seine Brust, fühlte sein Herz schlagen. Es gab nur sie beide, alles andere rückte in den Hintergrund. Sie klammerten sich aneinander, hassten und liebten diesen Moment. Denn alles, was blieb, war ein bittersüßer Abschied, aber immerhin ein Abschied.
Ava öffnete die Augen und fand sich auf dem kalten Boden vor Williams Zelle wieder. Die Uhr über der Tür zeigte acht Uhr morgens. Die Nacht war vergangen und das Krankenhaus musste schon in vollem Betrieb sein. Isabella würde jeden Moment kommen, um bei William die erste Dosis Anti-Serum zu injizieren.
Die steifen Glieder streckend stand Ava auf und sah sich um. Alles war wie zuvor, ihr Abschied hatte nichts verändert, außer sie. Die Trauer lag schwer in ihrem Magen, Übelkeit und Erschöpfung machten sich breit. Sie sollte sich ausruhen, aber nie schien der richtige Zeitpunkt.
"Hallo, Ava.", überrascht wandte sie sich William zu. Ihr Herz hoffte auf den alten William. Derjenige mit Güte und Liebe für sie, doch ihr Herz hoffte vergebens. Ihr Geliebter hatte die Miene zornig verzogen, sein Blick hielt keine Liebe für sie.
"Wie ich sehe habt ihr mein Zimmer umdekoriert als ich geschlafen habe." "Wir hatten keine Wahl. So ist es am sichersten für dich und für die Menschen in diesem Krankenhaus." Er schnaubte abfällig und zehrte an den Fesseln. Ava trat näher.
"Bitte hör auf. Du tust dir nur selbst weh." "Dann lass mich raus!" "Das kann ich nicht." "Du willst nicht. Ich weiß, ich weiß. Isabella hat sie verdorben. Du hattest recht.", William sah sie nicht an, er schien mit etwas neben sich zu reden. Etwas, dass ihm wohl keine guten Nachrichten überbrachte. Ava sah, wie die Wut in ihm anstieg.
"Ich kann mir vorstellen, dass es nicht besonders schön ist in dieser Situation aufzuwachen. Eingesperrt. Aber du bist nicht allein. Ich bin hier und ich werde aufpassen, dass Isabella keine Scheiße baut. Sie kommt gleich mit dem Anti-Serum. Es wird dir helfen, oder besser es ist die Option, für die du dich entschieden hast."
"Ich soll mich dafür entschieden haben! Schwachsinn. Ich will hier raus, und zwar sofort. Von ihr habe ich so ein Verhalten erwartet, aber ich dachte du liebst mich! Ich dachte, ich würde dir etwas bedeuten und dann tust du so was. Kettest mich an. Spritzt mir Gift gegen meinen Willen."
"Nicht gegen deinen Willen. Du hast mir selbst gesagt, dass du es willst. Kannst du dich daran gar nicht mehr erinnern?" Verwirrung. Nichts weiter als Verwirrung blitzte in dem säuerlichen Gesicht auf. Sie trat noch einmal näher, versuchte seine Hand durch die Gitterstäbe zu erreichen, doch versagte. Seufzend senkte sie die Blick.
"Es tut mir leid. Wirklich. Ich...dachte auch das es anders läuft. Ich bleibe noch bis du deine erste Dosis hattest, danach muss ich gehen. Du wolltest es so und ich werde deinen Wunsch respektieren."
"Meinen Wunsch? Mein Wunsch ist es ein verlogenes, verräterisches Miststück Freundin zu schimpfen? Ich hoffe, du verschwindest und tauchst niemals wieder auf. Wenn du es doch tust, dann bring ich dich um."
Stumm sah sie ihn an, diesen Mann, der ihr noch vor wenigen Minuten ewige Liebe geschworen hatte. Seine Worte versanken in bodenlosen Trauer. "Ich wäre an deiner Seite geblieben.", flüsterte sie resigniert und wandte sich ab. Es gab nichts mehr zu sagen, nichts mehr zu tun. Zwischen ihnen war alles geklärt.
"Komm zurück, du verdammte Verräterin. Komm sofort wieder her und mach mich los!", schrie er ihr nach als sie den Raum verließ. Kaum war sie um die Ecke gebogen, bemerkte sie Isabella und dessen Ärzteteam. Hinter und vor ihr marschierten schwarz gekleidete Soldaten. Jeder von ihnen trug eine ernste Miene und geballte Feuerkraft. Sie hatte noch nie so viele Waffen an einer Person gesehen.
Isabella schien nicht überrascht ihr zu begegnen. Den mitleidigen Blick hätte sie sich allerdings sparen können. "Guten Morgen, meine Liebe. Wie war deine Nacht? Der Fußboden war hoffentlich nicht zu unbequem."
"Wieder mal am Spionieren?", sie spitzte die Lippen, "mir geht es gut." "Unser Patient ist wach? Hast du mit ihm geredet?" Geredet, geschrien, geweint. Und noch so viel mehr. Ava warf einen Blick über ihre Schulter. Die Tür zu Williams Zelle hätte genauso gut rot bemalt sein können. "Er ist wach."
"Und bereit für das Anti-Serum?" "Das kommt drauf an, wen wir fragen. Der schlafende William ist bereit. Der wache...nicht so ganz. Er ist nicht erfreut über die Aussicht mehr Spritzen zu bekommen."
Wissend sah Isabella ihr Ärzteteam an. Diese in weiße Kittel gehüllten Gestalten blieben emotionslos. "Willst du dabei sein?" Ja...Nein. Sie wollte nicht dabei sein, aber sie musste. Es war ihre Pflicht, ihr Versprechen.
Da gab es nur noch ein Problem. Wenn William das Anti-Serum schlecht vertrug, konnten Sekunden über Leben und Tod entscheiden. Die Ärzte, ohne alle Informationen gehen zu lassen, erhöhte das Risiko für ihn enorm. Aber dieses Stückchen Information war wertvoll, sehr wertvoll.
"Ich will Beth." Irritiert runzelte Isabella die Stirn und winkte ihr Team zur Seite. Dieses Gespräch war nur für sie beide bestimmt. "Beth? Sie ist ein wichtiger Teil meiner Forschung." "Ich will sie."
"Was bekomme ich im Gegenzug?" Natürlich verstand Isabella sofort. Niemand sonst verstand sich so gut darin zu handeln. Ava verschränkte die Arme. Wenn sie aus Bittraslutet verschwand, dann nicht ohne ihre Schwester. Beth hatte ein richtiges Leben verdient.
"Es könnte Komplikationen geben. Williams Körper reagiert möglicherweise anders auf das Anti-Serum als erwartet." "Möglicherweise anders? Hast du dafür Indikatoren?"
"Beth. Du hast ihr das Anti-Serum gegeben." Unbeeindruckt rollte Isabella mit den Augen. Nichts, was Ava sagte, war neu. Noch nicht. "Das war damals eine schnelle, unausgereifte Variante. Unser heutiges Anti-Serum ist viel besser."
"Es gibt noch einen anderen Grund." "Und der wäre?" Ihre Feindin rückte näher, leckte sich über die Lippen, schien zu spüren, dass nun das saftige Geheimnis kam. "Beths Reaktion hat mit ihrer Genetik zutun. Und der Tatsache, dass sie mit Serum im Körper auf die Welt gekommen ist."
Die Chefin von IZANAGA war nicht dumm und Ava sah die Zahnräder in ihren Kopf rattern. "Wie William. Und du? Könnte es sein, dass...?" "Ich will Beth. Ich will hier mit ihr rausgehen, ohne von dir behelligt zu werden."
Der Preis für ein Leben. Er war gezahlt worden und Isabella nickte bestätigend.
"Das wirst du. Ihr habt mein Wort.", ein Lächeln erschien auf den roten Lippen, "Georgettes kleine Mara. Lustig und ich dachte, sie sei gestorben. Und dabei hat sie die ganze Zeit gelebt. Hier, unter meiner Nase."
Neugierig sah sie zu Williams Zellentür. Ihre Möglichkeiten zur Forschung multiplizierten sich zunehmend. Ava hasste diesen Ausdruck auf dem Gesicht der gewissenlosen Mörderin. Er verhieß nichts Gutes für die Zukunft ihres Geliebten, doch die Würfel waren gefallen. Nun hieß es mit den Konsequenzen zu leben.
"Wollen wir anfangen?", Isabellas Vorfreude war nicht zu übersehen. Wie sehr wünschte sie sich die Frage zu verneinen, stattdessen nickte sie und ergab sich ihrem Schicksal. Sie hatte ein Versprechen zuhalten.
Anmerkung der Autorin: Sorry für die lange Pause. Zwei Dinge. Erstens beginnen jetzt die letzten Kapitel des Buches und das ist immer schwer für mich. Will nicht, dass es endet. Zweitens hab ich jetzt so was wie einen festen Freund (ist kompliziert und zeitaufwendig). Ich werde mein bestes geben, wieder regelmäßig zu schreiben.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top